4.
Brief
11.
November 2005
Was verstehen Bio-Imker oder Mitglieder der Bioland-Imkergruppe unter Begriffen wie „Imkereikompetenz" , „imkerlicher Kultivierung", „artgerechte, aber handhabbare Bienenhaltung" „Brutnest als Einheit"?
Franz Jung, Mitglied der Bio-Imkergruppe sagt von sich, daß er die „Bio-Imkerei fruchtbar diskutieren" (Dbj 7/05, S. XX) wolle. Die Ökologische Imkerei beruhe auf drei Säulen, die „miteinander in einem inneren Zusammenhang stehen" Eine davon sei: „Es ist gute imkerliche Praxis, das Brutnest als Einheit zu betrachten."
Man fragt sich, wieviel Torheiten müssen nicht in einem Kopfe Quartier machen ehe eine solche Platz findet?
Es wird eben nicht als Einheit betrachtet, und zwar von herkömmlichen Imkern und Bio-Imkern gleichermaßen. Es ist gerade der Verdienst von Herrn Dr. Gerhard Liebig, daß er dies klar dargelegt hat (Dbj 5/05, S. 204-207). „In etlichen Punkten unterscheiden sich die Richtlinien der Bioverbände nur wenig von der konventionellen Imkerei" Die Gabe von gedrahteten Rähmchen und Mittelwänden ist generell zulässig - auch bei Demeter. Das heißt doch, in das gesamte Volk werden mit Drähten durchzogene Holzstückchen zusammen mit vorgestanzten Wachsplatten hineingehängt. Nur Demeter versucht mit längeren Waben zu arbeiten, die jedoch gänzlich unpraktisch sind und nicht ausschließlich als wesensgemäß bezeichnet werden können. Demeter schreibt zwar in seinen Richtlinien vor, daß „Waben und Brut über den Bau von Naturwaben gemäß dem Entwicklungsverlauf des Bienenvolkes wachsen können müssen, ohne von Rähmchenleisten durchtrennt zu werden", dennoch laufen die Waben nicht natürlich nach unten aus, sondern sind in Draht und Rähmchen eingefaßt.
Als wesensgemäßer kann der natürliche Wabenbau zum Beispiel in einem Strohkorb (Stabilbau) oder einer Oberträgerbeute (Mobilbau), den sogenannten Top-bar-hives, wie sie im Zentrum für wesensgemäße Bienenhaltung aufgestellt sind, bezeichnet werden.
Herr Jung will die Bio-Imkerei in besonders rosigem Lichte erscheinen lassen, damit er sich „klar abgrenzen und den Schritt zu den Öko-Imkern wagen kann". Er definiert die Öko-Imkerei als „eine artgerechte, aber handhabbare Bienenhaltung", die in seiner ganzen Größe bei ihm zu hause zu besichtigen sei. Dort könne sich jeder „ein umfassendes Bild über eine ökologische Imkerei machen".
Ein Commander of the British Empire und Nobelpreisträger hatte einmal gesagt: „Hütet euch vor dem Autor, der euch sein ‘Anliegen’ aufzudrängen versucht, der keinen Zweifel an seinem menschlichen Wert, an seiner Nützlichkeit, seinem Altruismus aufkommen läßt, der sein Herz auf dem Rechten Fleck zu haben behauptet und der dafür sorgt, daß man es in seiner ganzen Größe sehen muß: es pulsiert dort, wo eigentlich seine Charaktere zu sehen sein sollen. Was einem da mit viel Zeitaufwand als ein Gefäß aktiven und positiven Denkens vorgestellt wird, ist in Wahrheit ein in leere Definitionen und Klischees hoffnungslos verstrickter Mensch."
Alles nur leere Definitionen? Alles wohlklingend und alles erlogen? Bioland-Imker Franz Jung jedenfalls spricht von „imkerlicher Kultivierung" und meint damit das Kunstschwarmverfahren. Er redet sehr schön vom „Bien" und der „Poesie der Landwirtschaft" aber der instrumentellen Besamung der Königin, dem Umlarven oder einer unnatürlichen Schwarmverhinderung ist er auch nicht abgeneigt. Er benennt Unterschiede zwischen ökologisch und konventionell, wo keine sind, und verallgemeinert, wo differenziert werden muß.
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die Gesamtausgabe der Briefe erscheint in der Fachzeitschrift "Apikultur"