177.
Brief
28.
September 2007
Das in Berlin/Brandenburg ansässige Länderinstitut für Bienenkunde Hohen Neuendorf e.V. meldet sich einmal wieder zum Thema Gentechnik und Bienen zu Wort. Vor Jahren hatten Institutseigene Wissenschaftler sich schon einmal blamiert mit Untersuchungen, die zwar sehr aufwendig gestaltet worden waren und auch dem Auskommen des Bieneninstitutes gut gedient hatten, und natürlich der Gentechnik-Industrie das lieferten, was sie hören wollten: nämlich daß der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen, insbesondere gentechnisch veränderter Raps völlig unbedenklich sei, - nur mit einer fundierten wissenschaftlichen Untersuchung hatte das nicht das geringste zu tun(1). Solche an den Haaren herbeigezogenen Schlußfolgerungen sind längst widerlegt, sogar die Gentechnik-Industrie wurde gerichtlich gezwungen geheime Untersuchungen zu Nebenwirkungen der GMO zu veröffentlichen, wie aktuelle Berichte und Untersuchungen aus den USA zeigen (2,3)
Seltsam, aber nicht verwunderlich ist es daher, dass Dr. Rer. Nat. Elke Genersch, stellv. Direktorin am Länderinstitut für Bienenkunde Hohen Neuendorf e.V. ihrem Institut alle Ehre macht mit ihrem Ausspruch: „Es gibt keinen Nachweis der Schädlichkeit ". Sie hat Molekularbiologie/Genetik studiert und ihre Promotion an der Ludwig-Maximilian-Universität München und am Max Planck-Institut für Biochemie in Martinsried angefertigt, einer Gentechnik Hochburg in Bayern. Nun ist sie stellv. Direktorin am Länderinstitut für Bienenkunde Hohen Neuendorf e.V., welches maßgeblich daran beteiligt ist, dass Brandenburg nun die meisten Flächen mit gentechnisch veränderten Pflanzen in der ganzen Bundesrepublik Deutschland aufweist.
In der Tageszeitung vom 27. August 2007 sagt sie: „Es gibt gerade jetzt zu genmanipulierten Pflanzen extrem gute Studien. Aber gerade, weil sie so gut sind und zeigen, daß es keine negativen Effekte gibt, die schlimmer sind als die Effekte der Pestizide, werden sie als Auftragsforschung diffamiert. ... Vom wissenschaftlichen Standpunkt her ist gegen Mon 810 [Mais d. Saatgutkonzerns Monsanto, der mit einem Giftgen gegen den Maiszünsler ausgestattet wurde; Anm. G. G.] nichts zu sagen. ... Und die DNA der Pflanze befindet sich im Pollen, und etwas davon befindet sich auch im Honig. Aber das ist kein Problem! Es gibt keinen Nachweis der Schädlichkeit." - es gibt ihn eben doch den Nachweis der Schädlichkeit, wie die neuen Untersuchungen aus den USA belegen (4).
Frau Dr. Rer. Nat. Elke Genersch gibt sogar zu, daß sie auf dem Gebiet der Lebensmittelsicherheit im Grunde ahnungslos ist: „Natürlich, ich kann nur gute, fundierte Antworten liefern in dem Gebiet, das ich beherrsche. Das sind die Bienenkrankheiten. Das sind nicht Pflanzenschutzmittelvergiftungen und Ähnliches. Aber ich interessiere mich dafür, halte mich auf dem Laufenden." - Das Interesse scheint sich aber in Grenzen zu halten und aktuelle Kentnisse sehen anders aus.
Sie unterscheidet nicht zwischen dem natürlichen Bacillus thuringiensis und dem gentechnisch veränderten Bt: „Die Imker behandeln ihre Waben mit einem Pulver, das Bacillus thuringiensis enthält. Dasselbe Bacillus thuringiensis, das im BT-Mais MON 810 ist. Wenn aber die Imker ihre Waben damit behandeln, dann kräht kein Hahn danach, dass ich dann diese DNA von diesem Bacillus thuringiensis aufnehme, das gilt als biologische Bekämpfung".
Sie wettert als Bienenforscherin über die Imker, die sie eigentlich in Schutz nehmen sollte und die Ängste der Verbraucher: „Dass man im Honig was findet, ist schon richtig, weil dieses Konstrukt, was da in die Maispflanze eingebaut wurde, das befindet sich ja dann in der DNA der Pflanze . Und die DNA der Pflanze befindet sich im Pollen, und etwas davon befindet sich auch im Honig. Aber das ist kein Problem! Es gibt keinen Nachweis der Schädlichkeit .... Aber wenn die Imker weiter so auftreten und dauernd behaupten, das sei eine Gefahr und der Verbraucher könne das fordern, dann bekommen sie ein Problem. Ja sicher, diese Verbraucher gibt es, das ist die Klientel" - Es besteht allerdings eine reale Gefahr, wenn gentechnisch veränderter Pollen verzehrt wird: Dies belegen Fütterungsversuche an verschiedenen Tieren (5).
Auch die Bienen sind ihr im Grunde gleichgültig: „Überleben können wir ohne sie." Es sollten allerdings wenigstens so viele übrigbleiben, daß die Auftragsforschung im Länderinstitut für Bienenkunde Hohen Neuendorf e.V. gewährleistet ist.
Frau Dr. Rer. Nat. Elke Genersch ist auch nicht in der Lage zu unterscheiden zwischen Züchtung und Gentechnik: „Zucht ist immer eine genetische Veränderung. ... Ob diese Pflanze durch Züchtung oder durch Gentechnik hergestellt wurde, ist für mich egal." (aus: Taz vom 27. August 2007)
Peinlich wird es dann, wenn solche Falschaussagen von Nicht-Wissenschaftlern aufgegriffen und auch noch gehörig breitgetreten werden. Was dabei herauskommt, ist der reine Quark:
„Was Elke Genersch der Reporterin
erzählte, liest sich wie ein Freispruch erster Klasse für die
Grüne Gentechnik" (6).
______________
1) Thiele, M. 2001: Gentechnik
und Bienen. Apiservices,
virtual beekeeping gallery 2001.
2) Apicultural
Review Letters (2007,
Vol. 6, #170)
3) Science Review Letters
(2007, Vol. 6, Nr.156-159)
4) ibd.
5) ibd.
6) "Die Weisheit der Bienenforscherin"
in der „Welt" vom 30.08.2007. Damit sich jeder überzeugen kann, was
für ein Quark zum Thema Wissenschaft, Gentechnik und Bienen in der
"Welt" gedruckt wurde, hier ein kurzer Ausschnitt: "Es klappt einfach nicht.
Seit Jahr und Tag versuchen deutsche Anti-Gentechnik-Aktivisten, endlich
ein Opfer der Grünen Gentechnik ausfindig zu machen. Sie mühen
sich redlich und schlagen beim geringsten Verdacht Alarm. Und sie blamieren
sich immer wieder aufs Neue. Ihr Antichrist heißt BT-Mais – eine
Maissorte, der ein Gen des im Öko-Landbau verwendeten Bacillus thuringiensis
eingebaut wurde. Wilde Anschuldigungen wurden gegen die Schreckenspflanze
vorgebracht, die Millionen deutsche Nordamerika-Touristen in Form von Gebäck
und Cornflakes bereits gegessen haben. BT-Mais, wurde behauptet, habe sich
im Tierversuch als giftig erwiesen, rotte hübsche Schmetterlinge aus
und habe die Kühe eines hessischen Bauern gekillt, der eine Zeit lang
ernst genommen und gern auf Anti-Gentechnik-Aktionen mitgeschleppt wurde.
Alle Anschuldigungen konnten wissenschaftlich widerlegt werden. ... Diese
Woche nun lasen wir in der „taz" ein höchst informatives Interview
mit einer deutschen Bienenforscherin, die zur Weltelite ihres Fachs gehört
und vor den Toren Berlins am Länderinstitut für Bienenkunde arbeitet.
Was Elke Genersch der Reporterin erzählte, liest sich wie ein Freispruch
erster Klasse für die Grüne Gentechnik. Wieder hat sich ein reflexhaft
erhobener Verdacht in Luft aufgelöst. „Es gibt", sagt die Wissenschaftlerin,
„gerade jetzt zu genmanipulierten Pflanzen extrem gute Studien. Aber gerade
weil sie gut sind und zeigen, dass es keine negativen Effekte gibt, die
schlimmer sind als die Effekte der Pestizide, werden sie als Auftragsforschung
diffamiert." Neben diesen wissenschaftlichen Studien spreche schon die
Plausibilität gegen den Verdacht, denn nur auf 0,16 Prozent der Fläche
in Deutschland werden gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut, die
Winterverluste waren jedoch flächendeckend. Für die Imker-Aktivisten
hat sie einen guten Rat: „Wenn ich aus ideologischen Gründen einen
bestimmten Schuldigen anprangere, dann kann es mir passieren, dass ich
den wahren Schuldigen laufen lasse." Und dann verrät sie noch ein
für Laien überraschendes Verfahren aus der Imkerei: „Die Imker
behandeln ihre Waben mit einem Pulver, das Bacillus thuringiensis enthält."
Derselbe Wirkstoff wie im BT-Mais – nur eben nicht gentechnisch erzeugt.
Danke, „taz", für dieses Stück Aufklärung. Im Frühjahr,
als der Verdacht gestreut wurde, lasen wir in diversen Artikeln dazu kein
Zitat von Deutschlands führender Bienenforscherin. Seltsam. Mal sehen,
wofür der BT-Mais als Nächstes verdächtigt wird. Wir sind
gespannt. Die Zeit drängt, denn im Südwesten der Republik könnte
er sich bald höchster Beliebtheit erfreuen. In der Bodenseeregion
ist der aus Mittelamerika stammende Maiswurzelbohrer aufgetaucht, ein gefürchteter
Käfer, der Maispflanzen zerstört. Der Schädling tritt so
massiv auf, dass die Behörden ihn mit großen Mengen Pestizid
bekämpfen. Mal sehen, wann die ersten Bauern auf BT-Mais umstellen,
der einen Befall durch Maiswurzelbohrer größtenteils überlebt.
Falls die Anti-Gentechnik-Aktivisten nicht vorher die Felder zertrampeln."
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die Gesamtausgabe der Briefe erscheint in der Fachzeitschrift "Apikultur"