61.
Brief
27.
September 2006
Alle Untersuchungen zu Genpflanzen insbesondere Genraps zeigen deutlich, daß die Umweltrisiken gentechnisch veränderter Pflanzen nicht beherrschbar sind. So auch eine Studie, die britische Agrarökologen im Auftrag der Europäischen Umweltagentur (EEA) über das Auskreuzungsverhalten von genmanipulierten Pflanzen erstellt haben. An dieser Studie war sogar Herr Dr. Jeremy Sweet, ursprünglich im National Institute of Agricultural Botany (NIAB) in Cambridge beheimatet, nun Vize-Präsident der EFSA, in irgendeiner Form beteiligt.
Für Pro-Gentechnik-Internet-Portale wie „Biosicherheit-Gentechnik-Pflanzen-Umwelt" und Gentechnikbefürworter wie Herr Jeremy Sweet und Herr Joachim Schiemann sind solche Studien natürlich eine mittlere Katastrophe. Denn diese Studien besagen ja, daß nichts unter Kontrolle ist und man sich von der Gentechnik in der Landwirtschaft besser ganz verabschiedet. Doch Herr Jeremy Sweet ist ein Meister, wenn es darum geht Interpretationen an den Haaren herbeizuziehen: Auf die Frage „Ist transgener Raps gefährlich?" versucht er zu beschwichtigen: „In dem EEA-Report wird transgener Raps nicht als "hoch riskante Pflanze" eingestuft" sondern es wird ja nur davon gesprochen, „dass bei Raps generell ein hohes Risiko für eine Genübertragung durch Pollenflug vorhanden ist". Er fährt fort mit der Haarspalterei: „Dies bedeutet aber nicht, dass allein dadurch negative Auswirkungen auf die Umwelt, eine direkte Gefahr, abgeleitet werden könnte". Außerdem glaube er, daß durch Gottes Fügung vielleicht „eine Introgression von Rapsgenen in den Hederichbestand" wohl nicht statt finde.
Kürzlich hat die Umweltschutzorganisation Greenpeace eine Studie vorgelegt, in der Forschungsergebnisse zu gentechnisch verändertem Bt-Mais Mon810 zusammengefasst und ausgewertet werden. Fazit: Es bestehe ein hohes Risiko für Natur, Tier und Mensch. Jeder, der nicht gerade Gentechnik-Befürworter ist, wird das einsehen. Die Ergebnisse aktueller Untersuchungen, u.a. auch der vom Bundesforschungsministerium geförderten Projekte zur biologischen Sicherheit transgener Pflanzen, belegen laut Greenpeace Effekte auf das ganze Ökosystem. Insbesondere Honigbienen, geschützte Schmetterlingsarten und Bodenorganismen seien unmittelbar bedroht. Die Umweltschutzorganisation kommt zu ähnlichen Schlußfolgerungen wie unser Zentrum für Bio-und Lebensmittelsicherheit: sie schließt aus, "dass auch durch umfassende Untersuchungen die komplexen Umweltfolgen des Gen-Mais-Anbaus ausreichend abgeschätzt oder gar kontrolliert werden können." Dies trifft auf den Genraps Anbau natürlich erst recht zu. Vor dem Hintergrund der neu zu beantragenden Zulassung von Mon810 im Frühjahr nächsten Jahres, fordert Greenpeace, die Neuzulassung zu stoppen und den Mais vom Markt zu nehmen. Der Zulassungsbehörde wird vorgeworfen, dass sie die Auswirkungen des gv-Maises auf die biologische Vielfalt in Europa bisher nicht ausreichend geprüft habe.
Es ist natürlich verständlich, daß Wissenschaftler von staatlich geförderten (subventionierten) Forschungsanstalten weiter forschen möchten. Herr Ingolf Schuphan (RWTH Aachen), Koordinator des Verbundvorhabens "Sicherheitsforschung und Monitoring zum Anbau von Bt-Mais (2001-2004)" hatte sich schon so gut eingearbeitet. Auch Wissenschaftler der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL) in Braunschweig wollen weitermachen: Christoph Tebbe und Susanne Baumgarte untersuchten mit ihrer Arbeitsgruppe immerhin schon über mehrere Jahre, wie lange Bt-Toxin im Boden überdauert und ob Auswirkungen auf Bodenmikroorganismen zu erwarten sind.
Es wurden auch allgemein
bekannte Sachverhalte nocheinmal untersucht: die Auswirkungen von transgenem
Raps-Pollen auf Bienen von der Biologische Bundesanstalt für Land-
und Forstwirtschaft (BBA), Institut für integrierten Pflanzenschutz,
Kleinmachnow. Es wundert daher auch niemanden, wenn sie folgendes
herausbekommen: „Alle untersuchten Bienenarten haben transgenen Rapspollen
aus den Versuchsparzellen gesammelt und an ihre Brut verfüttert. Während
bei der Honigbiene und der Erdhummel die Anteile etwa drei Prozent betrugen,
wurde von den Mauerbienen (Osmia rufa) bis zu elf Prozent transgener Pollen
gesammelt. Die Untersuchungen haben zudem gezeigt, dass die Barrierefunktion
einer Mantelsaat aus konventionellem Raps nicht ausreicht, um eine Pollenausbreitung
in angrenzende Kulturflächen zu verhindern." Auch diese Wissenschaftler
möchten gerne weiterforschen; sie fördern zwar nichts Neues zutage,
aber für die Wissenschaftler mag es eine einigermaßen interessante
Tätigkeit sein, und solange Forschungsgelder fließen ...
Gefährlich
wird es erst wenn Sonntagswissenschaftler wie Joachim Schiemann (wurde
kürzlich zum "Ehrenwissenschaftler" gekürt) anfangen blindlings
irgendwelche folgenschweren Entscheidungen zu treffen, zum Beispiel als
Entscheidungsträger bei der EFSA . (vergl. Science Review Letters
2006,5,Nr.20 und Apicultural Review Letters 2006,5,Nr.70)
Denn wenn es nach Herrn Joachim Schiemann ginge, sollte möglichst jedes Lebewesen in irgendeiner Form gentechnisch verändert sein. Zu diesem Zweck reist er gerne zu verschiedenen Kongressen, Tagungen und Symposien und berichtet auch gerne davon, zum Beispiel auf Pro-Gentechnik-Internet-Portalen wie „Biosicherheit-Gentechnik-Pflanzen-Umwelt" :
„Bei den ersten Symposien ging es noch um Untersuchungen, die im Labor stattfanden. Dann kam die Begleitforschung von experimentellen Freilandversuchen hinzu und im Augenblick haben wir international eine intensive kommerzielle Nutzung gentechnisch veränderter Pflanzen - und damit wiederum neue Fragestellungen. Aber auch transgene Insekten oder Fische waren Themen für die Sicherheitsforschung – und auf unseren Symposien vertreten. Künftig werden wir uns stärker mit langfristigen Auswirkungen beschäftigen. Inzwischen haben wir ja einen großflächigen Anbau transgener Pflanzen und können im Rahmen des Monitoring neue Erkenntnisse gewinnen. Wir werden uns um neue Anwendungen kümmern wie das Molecular Pharming . Und wir brauchen auch verbesserte Verfahren für die Sicherheitsbewertung. Das ist auch deswegen wichtig, weil wir die Balance zwischen Sicherheit auf der einen Seite und regulatorischen Hürden auf der anderen Seite wahren müssen. Neue, verbesserte experimentelle Verfahren können dazu beitragen, den regulatorischen Aufwand zu reduzieren".
Herr Schiemann sieht die Biologische Sicherheitsforschung als eine gute Möglichkeit, die Gentechnik weiter zu verbreiten. Man spricht vom „sicheren Rahmen", so daß die Menschen sich in Sicherheit wiegen und kann so klammheimlich genmanipulierte Lebewesen in die Umwelt einschleusen, wie dies in China und den USA ja auch schon praktiziert wird:
„Es geht darum, diese neue Technologie in einem sicheren Rahmen einzuführen und zu nutzen. Deswegen fördern Länder wie USA und China Biologische Sicherheitsforschung sehr intensiv. ... Unser siebtes Symposium in Peking hat zu einem starken Aufschwung der Biologischen Sicherheitsforschung in China geführt." Auch für neue Methoden, um Zulassungsbehörden auszutricksen, hat Herr Schiemann immer ein offenes Ohr: „Wir diskutieren intensiv über – wie ich es nennen würde - precision biotechnology, also neue, verbesserte Methoden, um auf molekularbiologischer Ebene präziser und zielgenauer arbeiten zu können. Letztendlich könnten damit auch die regulatorischen Hürden reduziert werden, sowohl für den Antragsteller als auch für die Wissenschaftler, die für die Risikobewertung verantwortlich sind."
Selbstverständlich gibt sich Herr Joachim Schiemann nicht mit alten genmanipulierten Pflanzen geschweige denn überhaupt nicht gentechnisch veränderten Pflanzen ab, sondern ihn interessieren die aktuell neu manipulierten „Pflanzen der zweiten und dritten Generation":
„Natürlich interessieren wir uns jetzt für die Pflanzen der zweiten und dritten Generation, also vereinfachend gesagt, Pflanzen mit veränderten Inhaltsstoffen. Obwohl das erst in der Zukunft relevant werden könnte, beschäftigen wir uns schon jetzt damit, welche sicherheitsrelevanten Fragestellungen damit aufgeworfen werden. Bei neuen Pflanzen, mit denen man industrielle oder pharmazeutische Produkte herstellt, könnten wir es in einigen Fällen mit ganz neuen Sicherheitsanforderungen zu tun haben."
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