Science Review Letters
(Kritische Wissenschaftsbriefe)

146. Brief
1. August 2007

Pro-Gentechnik

Die grüne Gentechnik und ihre compères: Prof. Dr. Klaus-Dieter Jany und sein "Wissenschaftlerkreis Grüne Gentechnik e.V." Sicherheitsberater Joachim Schiemann von der EFSA, gemeinnützigen Verein „Innoplanta" von Pflanzenschutzfirmen und Wissenschaftlern, Annette Schavan, Christian Schwägerl, Frau Dr. Christel Happach-Kasan läßt auch die Imker nicht ungeschoren: Imker sollten sich gefälligst nicht so anstellen, wenn ein paar gentechnisch veränderte Pollen im Honig sind. Gentechnik habe im Honig nun einmal etwas zu suchen, daran bestehe überhaupt kein Zweifel. Überhaupt sollten die Imker lieber sehen, daß sie nicht ganz aussterben anstatt sich über solche Kleinigkeiten wie verseuchte Lebensmittel aufzuregen. - Die grüne Gentechnik und die Atomkraft zählen nachweislich zu den gefährlichsten Technologien der Neuzeit. - Dies gilt für Nahrungsmittel genauso wie für nachwachsende Rohstoffe. Grüner wird die grüne Gentechnik nicht - auch nicht durch die sogenannte „noch grünere Gentechnik"

Nach Tschernobyl ist schlagartig klar geworden, daß Atomkraft eine der gefährlichsten Arten der Energiegewinnung darstellt. Viele Länder - so auch Deutschland - sind ausgestiegen oder gar nicht erst eingestiegen. Es pfeifen schon die Spatzen von den Dächern, daß die Nukleartechnologie zu einer der gefährlichsten Technologien der Neuzeit zählt. Nur die Ewiggestrigen und die Kernkraftbetreiber halten noch daran fest.

Ähnlich verhält es sich mit der grünen Gentechnik: Abgehalfterte Professoren wie Dr. Jany, ahnungslose Politiker und Sicherheitsberater wie Joachim Schiemann von der EFSA, die trotz wissenschaftlicher Bedenken, gentechnisch verändertes Saatgut zulassen und dazu beitragen die Landschaft zu verseuchen und die Lebensmittel unsicherer zu machen, lassen sich von der Gentechnikindustrie vor den Karren spannen.

Grüner wird die grüne Gentechnik dadurch nicht - auch nicht durch die sogenannte „noch grünere Gentechnik" (FAS 2007/Nr. 28, p. 57). Ganz im Gegenteil: Der Druck der Bevölkerung auf die Politiker wächst. Hatten Forschungsministerin Annette Schavan (CDU) und das Kanzleramt einen Abstand von nur 50m verlangt (Frau Schavan dachte ursprünglich sogar nur an 5m, da dies für ihr Schoßhündchen und ihr Verständnis von Wissenschaftlichkeit vollkommen ausgereicht hätte), soll er nun 300m zu Nachbarflächen betragen, „wenn dort nach den Regeln des Ökolandbaus gewirtschaftet wird" (FAS 2007/Nr. 29, p. 1). - Auch dieser Sicherheitsabstand ist aus wissenschaftlicher Sicht zu gering, zumindest müsste er generell gelten.

Es nutzt alles nichts - die FDP-Abgeeordnete Dr. Christel Happach-Kasan*, eine fast schon militante Gentechnikbefürworterin, mag auf die Politiker eindreschen so viel sie mag und Christian Schwägerl** der Pro-Gentechnik-Publizist der FAZ mag so viel greinen wie er will; die Spatzen pfeifen es auch hier bereits von den Dächern: Die grüne Gentechnik ist genauso zu meiden wie die Atomkraft; die grüne Gentechnik und die Atomkraft zählen nachweislich zu den gefährlichsten Technologien der Neuzeit. - Dies gilt für Nahrungsmittel genauso wie für nachwachsende Rohstoffe.

Die Gentechnikbefürworter können einem fast schon leid tun: vor einigen Jahren haben sie einen gemeinnützigen Verein gegründet („Innoplanta") von Pflanzenschutzfirmen und Wissenschaftlern mit 100 Mitgliedern (FAZ 2007/Nr. 168, p. 3) - Haustiere nicht mitgerechnet.

Dort wird verständlicherweise viel gegreint: über die vielen Möglichkeiten, die nur durch die neuen Technologien möglich würden. Doch leider werde die Diskussion über Gentechnik so „unglaublich emotional" geführt, und überhaupt tue die Bundesregierung wenig, daran etwas zu ändern. Mit Tränen in den Augen ruft ein Molekularbiologe aus: „Der gentechnikfeindliche Kurs wird uns noch teuer zu stehen kommen!" (ibd.). Er (der Molekularbiologe von Innoplanta) „könne sich überhaupt nicht vorstellen, wie die wachsende Weltbevölkerung inmitten des Klimawandels ohne Gentechnik ernährt und mit Energie versorgt werden könne" (ibd.) - Immerhin hat die Gentechnik die Selbstmordrate in Indien nach oben schnellen lassen, was sich - nach Innoplanta - positiv auf eine wachsende Weltbevölkerung auswirkt. Aber davon will er nichts wissen. Kaum hörbar haucht er noch: Das Ertragspotential von Reis sei seit 30 Jahren nicht gestiegen, ohne Gentechnik werde das auch so bleiben (ibd.) - zumindest sinkt es nicht oder laugt die Böden aus wie dies mit Gentechnik der Fall wäre! (vergl. FAZ 2007/Nr. 164, p. N1).

Für viele Pflanzenschutzfirmen ist es natürlich zu umständlich, bei jedem Treffen von Innoplanta Jemanden aus der Firma vorbeizuschicken, nur um sie zusammen greinen zu lassen. Deshalb hat zum Beispiel die BASF eine Sprecherin, die für das Greinen zuständig ist, eine Hauseigene Greinerin sozusagen. Ihr Name ist Susanne Benner und sie versteht ihr Handwerk vortrefflich: „Die Leute wissen viel zu wenig über die Produktion von Nahrungsmitteln und darüber, wie Züchtung funktioniert" (FAS 2007/Nr. 29, p. 4) - Man nehme sich nur ein Beispiel an Nestle: sie stellen so ein außerordentlich gutes Müsli für Kinder her, dessen Zutaten in der Lage sind, die Immunabwehr der Kinder auszuschalten, was sich letztlich auch positiv auf eine wachsende Weltbevölkerung auswirkt! - „Nichts anderes ist die Biotechnologie ja: die Weiterführung der modernen Züchtung" (Ibd.) - eben nur mit höheren Risiken verbunden, die sich aber formell leicht ausschalten lassen, wenn man an die richtige Lebensmittelsicherheitsbehörde gerät, zum Beispiel die EFSA.

Nachdem die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ein so schönes Gutachten über die BASF-Kartoffel geschrieben und bestätigt hat, daß sie so sicher für Mensch, Tier und Umwelt sei wie jede andere Kartoffel auch, selbst wenn man sie essen würde (ibd.), sind formell alle Zweifel ausgeräumt. Damit dieses Gutachten nicht doch angezweifelt werden kann, sollte man aber mindestens zwei Augen zudrücken, den gesunden Menschenverstand komplett ausschalten und sein Verständnis von Wissenschaftlichkeit auf das von Annette Schavan herunterfahren.

Dazu greint Frau Benner: schließlich „komme das Gen ja auch in der Natur vor" (ibd.) - nur sind die Gene in jedem Lebewesen geordnet (auch wenn die BASF oder Monsanto unter Ordnung etwas anderes verstehen) und werden nicht wie in der Gentechnik bunt durcheinander gewürfelt.

Was sind das nur für seltsame Wissenschaftler, die sich in Vereinen zusammenschließen, um miteinander zu greinen; was sind das für Politiker, die ihr Verständnis von Wissenschaftlichkeit auf ein so geringes Niveau herunterfahren, daß sie die Aussagen der EFSA für bare Münze nehmen - welches letztlich zu einer Art „Schoßhündchenpolitik" führt - nicht nur einzelner Politiker sondern der WTO und EU-Kommission ebenso.
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*) Neuerdings läßt Frau Dr. Christel Happach-Kasan auch die Imker nicht ungeschoren. Aus alten Worthülsen hat sie sich ein recht ansehnliches römisches Kurzschwert gebastelt, mit dem sie nun beliebig mal auf Politiker mal auf Imker und sogar auf Richter eindrischt: Imker sollten sich gefälligst nicht so anstellen, wenn ein paar gentechnisch veränderte Pollen im Honig sind. Sie würde ihn trotzdem essen. Gentechnik habe im Honig nun einmal etwas zu suchen, daran bestehe überhaupt kein Zweifel; es solle noch einmal ein Richter wagen dies anzuzweifeln, dann bekomme er es aber mit ihr und Herrn Dr. Jany zu tun! Überhaupt sollten die Imker lieber sehen, daß sie nicht ganz aussterben anstatt sich über solche Kleinigkeiten wie verseuchte Lebensmittel aufzuregen (Dbj 8/2007, p. 349).

**) Als greinender Gentechnikbefürworter ist Christian Schwägerl durchaus schon bekannt. Sätze wie: Dieser Kurs werde sich bald rächen, denn eine wachsende Menschheit sei auf kreative Gentechniker angewiesen (FAZ 2007/Nr. 171, p. 33) sind bekannt. Neu ist, daß sich bei ihm häufiger fatalistische Züge im Text wiederfinden lassen. Ein gewisser Gentechnik-Fatalismus kann ihm nicht mehr abgesprochen werden; er sagt nämlich: Gentechnik sei doch nicht die Pest oder Schlimmeres, es gebe doch immerhin zusammen mit ihm selbst einige Menschen, die keine Angst vor Gentechnik in Lebensmitteln hätten, als da wären zum Beispiel Leute die bei Fastfood-Ketten frühstückten, schimmeliges Brot äßen und sich auch sonst nicht sonderlich darum scherten, was sie ihrem Körper zumuteten (ibd.) oder: "In Deutschland gibt es Lebensmittel im Überfluß. Ob hier Gentech-Mais angebaut wird oder nicht, ist im Grunde völlig egal" (ibd.).
 
 

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