Akademie der Kunst und Philosophie | Academy of Arts and Philosophy
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Kurs Nr. 654 St. Augustine / San Agostino / St. Aurelius Augustinus III

De trinitate, De civitate dei, Philosophie der Kunst 


Augustinus wendet sich gegen die Verdrehungskünste einiger fehlgeleiteter Christen, aber auch wie vorwegnehmend gegen die, die später als Sarazenen oder Muslime auftreten und mit ihrem Koran ein Musterwerk der Verdrehungskunst schaffen werden:: "Wer diese meine Abhandlung über die Dreieinigkeit lesen will, soll zuerst wissen, dass meine Feder wachsam sich gegen die Verdrehungskünste jener wendet, welche es verschmähen, vom Glauben auszugehen, und so durch ihr vorwitziges und verkehrtes Verlangen nach Verstehen in Irrtum fallen. Einige von ihnen versuchen das, was sie von den stofflichen Dingen, sei es durch die Erfahrung der Leibessinne wissen, sei es durch die natürliche Kraft der menschlichen Begabung und durch lebendigen Fleiß oder durch die Hilfe der Kunst sich angeeignet haben, auf die unstofflichen und geistigen Dinge zu übertragen, so dass sie nach den ersteren die letzteren messen und deuten wollen. Es gibt auch andere, welche sich ihre Meinung über Gott gemäß der Natur der menschlichen Seele und ihren Neigungen bilden, wenn sie sich überhaupt eine Meinung bilden. Aus diesem Irrtum heraus verleiben sie ihrer Rede, wenn sie von Gott sprechen, abwegige und falsche Regeln ein. Wiederum gibt es eine andere Art von Menschen, solche, die zwar über die ganze Schöpfung, die in der Tat wandelbar ist, hinauszugehen suchen, um den Blick zu der unwandelbaren Substanz, die Gott ist, zu erheben; aber durch der Sterblichkeit Last niedergedrückt — da sie sowohl, was sie nicht wissen, zu wissen scheinen wollen, wie auch, was sie wollen, nicht wissen können —, behaupten sie allzu kühn ihre vorgefassten Meinungen und verschließen sich so die Zugänge zur Einsicht, mehr darauf bedacht, ihre verkehrte Ansicht nicht zu verbessern, als die von ihnen verteidigte Lehre aufzugeben." Augustinus, de trinitate

 

 
 
 
 
 

 

Aus dem Inhalt:
 
 
 

1. Vorkämpfer des Augustinus: Philo, Tertullian, Cyprian, Laktantius, Marius Viktorinus, Optatus, Hieronymus, Hilarius, Ambrosius, Origenes, Basilius, Gregor von Nazianz, Chrysostomus; Nachfolger: mittelalterliche Scholastik und Mystik, Anselm von Canterbury, Petrus Lombardus, Thomas von Aquin, Eckhart, Tauler, Ruysbroek, Katharina von Siena 

Das ganze Werk schließt wie das gleichnamige des heiligen Hilarius von Poitiers mit einem Gebete an den dreieinigen Gott. Die lange Abfassungszeit, die häufigen Unterbrechungen und die oft nach langen Pausen erfolgte Wiederaufnahme der Arbeit machen es begreiflich, dass das Werk nicht in geradlinigem Fortschritt seinem Endziel zueilt. Zahlreich sind die Abschweifungen vom Thema, ebenso zahlreich die Wiederholungen. Im fünfzehnten Buche gibt Augustinus selbst eine kurze Inhaltsangabe der vorausgehenden Bücher. Mitten zwischen Erörterungen über die Ewigkeit des Sohnes sind solche über die Menschwerdung und das Erlösungswerk eingeschaltet. Irgendein Gedanke, der beiläufig aufblitzt, gibt Anlaß zu langen, anscheinend außerhalb des Hauptthemas liegenden Untersuchungen. Es kommt hier aber ein wesentlicher Charakterzug des Augustinischen Schrifttums zur Geltung. Augustinus kann nicht ohne nach rechts und links zu blicken den Weg eines Gedankenverlaufs bis zum Ende verfolgen. Dafür ist er zu sehr an jedem neuen Ausblick, der sich ihm nach Gott hin auftut persönlich interessiert. Als Augustinus sein Trinitätswerk verfasste, waren die schwersten trinitarischen Kämpfe ausgefochten. Die Entscheidung des Nizänums (325) lag schon mehr als zwei Menschenalter zurück. Den Männern, die ihm in hartem Ringen zum Siege verhalfen, Athanasius (gest. 373), Eustathius von Antiochien (gest. vor 337), Marzell von Ancyra (gest. ca. 374), Basilius (gest. 379), Gregor von Nazianz (gest. ca. 390) und Gregor von Nyssa (gest. ca. 394), Hilarius von Poitiers (gest. um 367), hatte der Tod die Feder aus der Hand genommen. Augustinus hätte blind und taub sein müssen, wenn er an der Arbeit dieser Philosophen und Kirchenlehrer achtlos vorübergegangen wäre. Wie sehr es ihm darum zu tun war, die seinem eigenen Werke vorausgegangenen trinitarischen Abhandlungen kennenzulernen, spricht er an verschiedenen Stellen seines Trinitätswerkes und auch anderwärts (De fide et symbolo, c. 9 n. 18 f. ) aus. Zu seinen literarischen Vertrauten gehören auf lateinischer Seite Tertullian, Cyprian, Laktantius, Marius Viktorinus, Optatus, Hieronymus, Hilarius, Ambrosius, auf griechischer Seite Origenes, Basilius, Gregor von Nazianz, Chrysostomus. Das große Trinitätswerk des Hilarius, das Augustinus eingehend studierte, steht stark unter griechischem Einfluss, verrät aber doch einen selbständigen Denker. Für das Verständnis der Augustinischen Trinitätslehre ist von entscheidender Bedeutung die Feststellung, dass er in der Dreipersönlichkeit nicht eine zu dem einen Gott hinzugefügte, zufällige Wirklichkeit sieht, sondern dass ihm der eine Gott selbst wesenhaft und notwendig der dreipersönliche ist. In seiner Einheit ist er dreipersönlich. In seiner Dreipersönlichkeit ist er der eine Gott. Die eine Wirklichkeit Gott ist in dem einen Bereiche absolut eins, in dem anderen dreipersönlich. Es scheint mir einen lebendigen Sinn für die eine göttliche Wirklichkeit zu verraten, wenn Augustinus nicht nach dem heute in den dogmatischen Lehrbüchern geübten Brauch die Gotteslehre von der Trinitätslehre trennt, sondern je nach den Bedürfnissen der Darstellung bald von der Dreiheit, bald von der Einheit spricht. [1]

In dem arianischen Streit spielen eine große Rolle die Gotteserscheinungen im Alten Testamente. Darüber war man sich zwar auf katholischer Seite immer klar, dass Gott in seinem Wesen nie geschaut werden kann. Augustinus beruft sich für die Unsichtbarkeit der ganzen Dreieinigkeit auf Ambrosius, Hieronymus, Athanasius, Gregor von Eliberis. Trotzdem glauben die Väter vor Augustinus fast ausnahmslos, in den Gotteserscheinungen des Alten Testamentes sei der Sohn Gottes erschienen, der zu diesem Zwecke eine sinnlich wahrnehmbare Gestalt angenommen habe, während der Vater über ein solches Eingehen in die Welt erhaben gewesen sei. Justin, Irenäus, Theophil, Clemens von Alexandrien, Origenes, Tertullian, Cyprian erklärten die Theophanien in dieser Weise. Später war diese Anschauung nicht minder allgemein. Sie bildete einen kräftigen Beweis gegen den Sabellianismus. Der Arianismus suchte aus ihr Kapital zu schlagen und bewies aus der Tatsache, dass der Sohn erschienen sei, der Vater nicht, die Verschiedenheit der Naturen. Einige katholische Schriftsteller ließen die alte Erklärung fallen, beherrscht von dem Gedanken der Gleichwesentlichkeit der Personen. Aber die meisten behielten die alte Ansicht bei und wussten auch mit ihr sich des Arianismus zu erwehren. Das innerste Wesen der Dinge baut sich in einer Dreiheit auf. Das Gesetz der Dreiheit beherrscht das Sein. Es ist ein metaphysisches Gesetz. Der Glaube allein befähigt uns ja, in den irdischen Dreiheiten Bilder der göttlichen Dreieinigkeit zu sehen. Den Ungläubigen wie den Muslimen oder heutigen "Sarazenen der Wissenschaft" führt die Entdeckung der irdischen Dreiheiten zwar zu einer tieferen Einsicht in das Wesen der Natur, aber nicht in das Wesen Gottes. [2]

Die Gedanken schauen wir mit der Einsicht. Einsicht (intelligentia) besagt das unmittelbare Schauen. Sie ist verschieden von der Verstandeserkenntnis, der ratio, die das diskursive, schlussfolgernde Erkennen bedeutet. Das Wort intelligentia oder intellectus lebt im Sinne von intuitiver Erkenntnis fort in der mittelalterlichen Scholastik und noch mehr in der Mystik. Augustins Gedanken haben der Folgezeit ihren Stempel aufgedrückt. Vermehrt um die geistigen Entdeckungen und Formulierungen des Boëthius, leben sie in allen folgenden Jahrhunderten weiter. Zunächst erlahmte das Interesse und die Kraft für die Fragen der spekulativen Trinitätslehre. Erst Anselm von Canterbury (gest. 1109) erfasst die augustinischen Ideen wieder in ihrer ganzen Tiefe, ohne sie freilich wesentlich weiterzubilden. Einen weiten Raum nimmt die augustinische Trinitätslehre in den Summen und Sentenzen des zwölften Jahrhunderts ein. Von größter Bedeutung wurde, dass sie Petrus Lombardus in sein Sentenzenwerk aufnahm. Von da aus ging sie in die großen Sentenzenwerke des zwölften und dreizehnten Jahrhunderts über. Ihre vollendetste Form und ihre Systematisierung fand sie in der Summa theologica des heiligen Thomas von Aquin. Von einer kaum überschätzbaren Fruchtbarkeit zeigt sich die augustinische Trinitätslehre für das mystische Leben bei Eckhart, Tauler, Ruysbroek, Katharina von Siena, um nur die bedeutendsten Namen zu nennen. [3]

Ähnlich wie Ambrosius rezipiert Augustinus auch Philon von Alexandria. Philon von Alexandria, latinisiert Philo Alexandrinus oder Philo Iudaeus; hebräisch Yedidia (um 15/10 v. Chr. bis nach 40 n. Chr.), war ein einflussreicher jüdischer Philosoph und Theologe. Er ist der bekannteste Denker des hellenistischen Judentums. Philo meint, man könne zwar nie das Sein selbst, also Gott, wahrnehmen, aber doch seine Kräfte (dynameis). Diese Kräfte sind biblisch auch durch die Gottesnamen theos und kyrios ausgedrückt. Obwohl die Kräfte eigentlich ohne Zahl seien, nennt Philon meistens drei. Seine Dreizahl der Kräfte Gottes wurde bei der Ausformulierung der christlichen Trinitätslehre aufgegriffen. Die Trias besteht bei Philon meistens aus Gottes Güte und Autorität, die beide durch Gottes Logos zusammengehalten werden. Aus dem Logos der alten jüdischen Tradition wird im Christentum Jesus. Im Johannesprolog heisst es: Am Anfang war das Wort. Der Logos ist der Aspekt Gottes, der in Beziehung zur geschaffenen Welt steht; manchmal wird er jedoch auch als eigene Hypostase behandelt und bisweilen sogar deuteros theos (zweiter Gott) genannt. Die Kräfte Gottes, mit denen er in der Welt wirkt, identifiziert Philon dann auch mit den Engeln der Bibel sowie mit den daimones der griechischen Philosophie. Im Judentum verschwand Philon sehr bald aus dem kulturellen Gedächtnis. Im Christentum hat Philon dagegen eine große Wirkung entfaltet – seine Schriften sind von der christlichen Kirche überliefert. Clemens von Alexandria nimmt in den Stromateis sehr ausführlich auf ihn Bezug. Eusebius erörtert die Frage nach den Therapeuten in Philons Vita Contemplativa und zitiert aus verlorenen Schriften Philons in der Praeparatio Evangelica. Auch Origenes, Gregor von Nyssa, Ambrosius von Mailand, Hieronymus und Augustinus hatten ihm vieles zu verdanken, besonders die allegorische Bibelauslegung. Philons Logosbegriff konnte für die Christologie ausgewertet werden, seine triadische Struktur der Kräfte Gottes für die Trinitätslehre. Durch seine Beliebtheit bei den frühen christlichen Literaten wurde Philo quasi zum Kirchenvater honoris causa. Von manchen griechischen Katenenhandschriften wurde Philon tatsächlich als Bischof angesehen. Man sieht also, ein Dialog mit dem Judentum ist möglich, was man vom Islam allerdings nicht behaupten kann. Denn der engstirnige Monotheismus des Islam macht einen Dialog unmöglich, wie später auch Thomas von Aquin feststellen sollte. Wie Philo auf Augustinus, so übte Augustins Trinitätslehre im Morgenland und im Mittelalter großen Einfluss aus. Seit dem Ende des 13. Jahrhunderts begannen die byzantinischen Theologen sich in das Augustinische Trinitätswerk zu vertiefen und es zu übersetzen. Was die hier gebotene Übersetzung angeht, so sollte nur so weit vom Wortlaut Augustins abzuweichen sein, als es das deutsche Sprachgefühl erfordert. Ratio bedeutet Verstand (- Vermögen, zu urteilen, Schlussfolgerungen zu ziehen), intellectus wird mit Vernunft übersetzt (- intuitives Vermögen; intelligentia mit Einsicht, cogitatio mit Gedanke, cognitio mit Erkenntnis, notitia mit Kenntnis.  [4]
 
 

2. Gründe für die irrigen Anschauungen über Gott, "behaupten sie allzu kühn ihre vorgefassten Meinungen und verschließen sich so die Zugänge zur Einsicht, mehr darauf bedacht, ihre verkehrte Ansicht nicht zu verbessern, als die von ihnen verteidigte Lehre aufzugeben"

Augustinus wendet sich gegen die Verdrehungskünste einiger fehlgeleiteter Christen, aber auch wie vorwegnehmend gegen die, die später als Sarazenen oder Muslime auftreten und mit ihrem Koran ein Musterwerk der Verdrehungskunst schaffen werden:: "Wer diese meine Abhandlung über die Dreieinigkeit lesen will, soll zuerst wissen, dass meine Feder wachsam sich gegen die Verdrehungskünste jener wendet, welche es verschmähen, vom Glauben auszugehen, und so durch ihr vorwitziges und verkehrtes Verlangen nach Verstehen in Irrtum fallen. Einige von ihnen versuchen das, was sie von den stofflichen Dingen, sei es durch die Erfahrung der Leibessinne wissen, sei es durch die natürliche Kraft der menschlichen Begabung und durch lebendigen Fleiß oder durch die Hilfe der Kunst sich angeeignet haben, auf die unstofflichen und geistigen Dinge zu übertragen, so dass sie nach den ersteren die letzteren messen und deuten wollen. Es gibt auch andere, welche sich ihre Meinung über Gott gemäß der Natur der menschlichen Seele und ihren Neigungen bilden, wenn sie sich überhaupt eine Meinung bilden. Aus diesem Irrtum heraus verleiben sie ihrer Rede, wenn sie von Gott sprechen, abwegige und falsche Regeln ein. Wiederum gibt es eine andere Art von Menschen, solche, die zwar über die ganze Schöpfung, die in der Tat wandelbar ist, hinauszugehen suchen, um den Blick zu der unwandelbaren Substanz, die Gott ist, zu erheben; aber durch der Sterblichkeit Last niedergedrückt — da sie sowohl, was sie nicht wissen, zu wissen scheinen wollen, wie auch, was sie wollen, nicht wissen können —, behaupten sie allzu kühn ihre vorgefassten Meinungen und verschließen sich so die Zugänge zur Einsicht, mehr darauf bedacht, ihre verkehrte Ansicht nicht zu verbessern, als die von ihnen verteidigte Lehre aufzugeben. Das ist ja doch die Krankheit aller drei Menschenarten, die ich vorgeführt habe: derjenigen, welche von Gott wie von einem Körper denken; derjenigen, welche von ihm wie von einem geistigen Geschöpfe denken, wie es die Seele ist; derjenigen endlich, welche von Gott weder wie von einem Körper noch wie von einem geistigen Geschöpfe denken und doch Falsches von ihm glauben, von der Wahrheit um so weiter entfernt, als das, was sie meinen, weder im körperlichen noch im gewordenen und geschaffenen geistigen Sein noch im Schöpfer selbst sich findet. Wenn jemand zum Beispiel Gott für weiß oder rot hält, täuscht er sich, aber diese Bestimmungen finden sich immerhin im körperlichen Sein. Wenn ferner jemand von Gott glaubt, jetzt vergesse er, jetzt erinnere er sich, oder etwas dergleichen, so ist er gleicherweise im Irrtum befangen." [5]

Natürlich sagen die Irrlehrer wie die Sarazenen oder Muslime, "unser Herr Jesus Christus sei nicht Gott oder sei nicht wahrer Gott oder nicht mit dem Vater der eine und alleinige Gott oder er sei, weil wandelbar, nicht wirklich unsterblich", jedoch sind diese Meinungen "durch die Stimme der göttlichen Zeugnisse klar und eindeutig widerlegt worden. Dahin gehören die Worte: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.“(Joh. 1, 1) Es ist nämlich offenkundig, dass wir unter dem Worte Gottes den einzigen Sohn Gottes zu verstehen haben, von dem es nachher heißt: „Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt“, (Joh. 1, 14) wegen seiner Menschwerdung nämlich und Geburt, die in der Zeit aus der Jungfrau erfolgte. An dieser Stelle aber erklärt die Schrift, dass er nicht nur Gott ist, sondern dass er auch von derselben Substanz ist wie der Vater. Denn nachdem sie gesagt hat: „Und Gott war das Wort“, fährt sie fort: „Dies war im Anfang bei Gott, alles ist durch es geworden, und ohne es ist nichts gemacht“ ( Joh. 1, 2 f) Sie versteht ja unter „alles“ nichts anderes als die gewordene Wirklichkeit, das heißt die ganze Schöpfung. Daraus ergibt sich klar und bestimmt, dass er selber nicht geworden ist, wo doch alles durch ihn geworden ist. Wenn er aber nicht geworden ist, dann ist er kein Geschöpf; wenn er aber kein Geschöpf ist, dann ist er von derselben Substanz wie der Vater. Denn jede Substanz, die nicht Gott ist, ist Geschöpf, und die nicht Geschöpf ist, ist Gott. Wenn also der Sohn nicht von derselben Substanz ist wie der Vater, dann ist er eine gewordene Substanz; wenn er eine gewordene Substanz ist, dann ist nicht alles durch ihn geworden. Nun aber „ist alles durch ihn geworden“.(Joh. 1, 3) Also ist er von einer und derselben Substanz wie der Vater. Daher ist er nicht nur Gott, sondern auch wahrer Gott. Ebenso schildert Johannes den Sachverhalt mit ganz durchsichtigen Worten in seinem Briefe: „Wir wissen, dass der Sohn Gottes gekommen ist und uns Einsicht gegeben hat, dass wir den wahren Gott erkennen und in seinem wahren Sohn Jesus Christus sind. Dieser ist der wahre Gott und das ewige Leben.“ (1 Joh. 5, 20) Und so ist auch der "alleinige und wahre Gott" nicht eine Luzifer-Gottheit wie Allah sondern die Dreieinigkeit: "Bewahre das Gebot ohne Fehl und Tadel bis zum Erscheinen unseres Herrn Jesus Christus, den zu seiner Zeit kundtun wird der selige und alleinige Gebieter, der König der Könige und der Herr der Herrscher, der allein Unsterblichkeit besitzt, der im unzugänglichen Lichte wohnt, den kein Mensch gesehen hat noch sehen kann. Ihm sei Preis und Ruhm in Ewigkeit! Amen“(1 Tim. 6, 14-16) In diesen Worten ist weder vom Vater, noch vom Sohne, noch vom Heiligen Geiste für sich gesondert die Rede, sondern vom „seligen und alleinigen Gebieter, dem König der Könige und Herrn der Herrscher“, welcher der eine und alleinige und wahre Gott ist, eben die Dreieinigkeit...Man darf auch nicht auf den Gedanken verfallen, dass diesen Sinn des Schriftwortes die folgenden Worte: „den kein Mensch gesehen hat noch sehen kann“ in Frage stellen, da sich ja nach meiner Annahme dieses Wort auch auf Christus hinsichtlich seiner Göttlichkeit bezieht; was nämlich die Juden sahen, war nicht die Göttlichkeit; vielmehr sahen und kreuzigten sie die menschliche Natur. Die Göttlichkeit aber kann mit menschlicher Schau in keiner Weise geschaut werden, sie läßt sich vielmehr nur mit einer Schau schauen, darin die Schauenden nicht mehr bloße Menschen, sondern Über-Menschen sind. Mit Recht wird also unter „dem seligen und alleinigen Gebieter“ der Dreieinige Gott verstanden, der „die Ankunft unseres Herrn Jesu Christi zu seiner Zeit“ kundtat. Denn das Schriftwort: „der allein Unsterblichkeit besitzt“ ist im gleichen Sinn zu verstehen wie das Wort: „der allein Wunder wirkt“. Ps. 71, 19 [hebr. Ps. 72, 19]. Ich möchte doch wissen, von wem man dieses Wort verstehen soll: Versteht man es vom Vater allein, wie bleibt dann noch wahr, was der Sohn selbst sagt: „Was nämlich immer der Vater tut, das gleiche tut auf die nämliche Weise der Sohn?“ (Joh. 5, 19) Gibt es unter den Wundern etwas Wunderbareres als Tote erwecken und beleben? Nun sagt aber eben der Sohn: „Wie der Vater Tote erweckt und lebendig macht, so macht auch der Sohn lebendig, die er will.“(Joh. 5, 21) Wie sollte man also annehmen, dass nur der Vater Wunder wirkt, wo doch diese Worte weder vom Vater allein noch vom Sohn allein verstanden werden können, sondern ohne Zweifel nur von dem einen, wahren, alleinigen Gott, das heißt vom Vater, Sohne und Heiligen Geiste?" [6]

In ähnlicher Weise wurden die Zeugnisse über den Heiligen Geist gesammelt, welche die vor uns diese Fragen erörternden Schriftsteller in ziemlich großem Umfange verwendeten: Nach ihnen ist auch er Gott und kein Geschöpf. Weil er aber kein Geschöpf ist, ist er nicht nur Gott - auch die Menschen werden ja Götter genannt -, sondern auch wahrer Gott. "Er ist also Vater und Sohn vollkommen gleich und in der Einheit der Dreieinigkeit von gleichem Wesen und gleicher Ewigkeit. Am klarsten erhellt die Wahrheit, dass der Heilige Geist kein Geschöpf ist, aus der Stelle, wo uns geboten wird, nicht einem Geschöpfe, sondern dem Schöpfer zu dienen, nicht so wie uns geboten ist, einander mit Liebe zu dienen, was im Griechischen [douleuein] heißt, sondern so, wie man nur Gott dient, was im Griechischen [latreuein] heißt. Deshalb heißen Götzendiener diejenigen, welche Götzenbildern einen Dienst erweisen, welcher nur Gott gebührt. Dieser Dienst ist nämlich gemeint, wenn es heißt: „Du sollst den Herrn deinen Gott anbeten und ihm allein dienen.“ [7]
 

3. Wer ist in den einzelnen Gotteserscheinungen erschienen?; die Erscheinung des Lot; die Erscheinung im Dornbusch; Erscheinung Gottes in der Feuersäule, Erscheinung auf dem Sinai; Schismatiker, Häretiker oder Leugner der Auferstehung haben keine Gotteserscheinungen; Vision des Daniel

Zunächst nun wird in der Genesis erzählt, dass Gott mit dem Menschen, den er aus Staub gebildet hatte, geredet habe. Früher waren die Menschen natürlicherweise noch mit Gott verbunden und konnten mit ihm kommunizieren. "Wenn wir den erzählten Vorgang nicht nur symbolisch erklären wollen, sondern auch am Wortlaut festhalten, dann hat, wie man sieht, Gott in der Gestalt eines Menschen damals mit dem Menschen gesprochen. Das steht nicht ausdrücklich in der Genesis. Aber es klingt doch heraus aus der Schilderung der Umstände, von denen der Leser erfährt, insbesondere aus der Erzählung, dass Adam die Stimme des im Garten gegen Abend lustwandelnden Gottes gehört habe und dass er sich mitten unter den Bäumen des Gartens verborgen habe und dass er Gott auf die Frage: „Adam, wo bist du?“,(Gen. 3, 9 f.) geantwortet habe: „Ich habe deine Stimme gehört und habe mich vor deinem Angesichte verborgen, weil ich nackt bin.“ Wie nämlich dieses Wandeln und Sprechen Gottes wörtlich verstanden werden könnte, wenn Gott nicht in menschlicher Gestalt erschienen wäre, vermag ich nicht einzusehen." [8]

Zwei erscheinen also, beide werden Engel genannt. Sie werden bei der Einladung in der Mehrzahl angesprochen. "In der Unterhaltung spricht Lot immer in der Mehrzahl mit ihnen, bis sie Sodoma verlassen. Da nun fährt die Heilige Schrift fort: „Und es geschah, als sie sie hinausführten, sagten sie: Rette dein Leben! Schau’ nicht zurück! Bleibe nirgends in der ganzen Gegend stehen! Gehe in das Gebirge! Dort wirst du gerettet werden, damit du nicht auch umkommest. Lot antwortete ihnen: Ich bitte dich, Herr! Dein Knecht hat Gnade vor dir gefunden.“ (Gen. 19, 17-19) Was hat das Wort, das er zu ihnen sagt: „Ich bitte dich, Herr“, für einen Sinn, wenn derjenige, welcher der Herr ist, schon weggegangen war und nur seine Engel gesandt hatte? Warum heißt es: „Ich bitte dich, Herr“? und nicht: Ich bitte euch, ihr Herren? Wenn er aber nur einen ansprechen wollte, warum sagt dann die Schrift: „Es sprach Lot zu ihnen: Ich bitte dich, Herr! Dein Knecht hat Gnade vor dir gefunden.“ Oder müssen wir auch hier die Mehrzahl von den zwei Personen verstehen? Wenn aber diese beiden gleichsam zu einer zusammengezogen werden, müssen wir dann an den einen Gott und Herrn mit der einen göttlichen Substanz denken? An welche beiden Personen sollen wir aber dabei denken? An die Person des Vaters und Sohnes oder an jene des Vaters und Heiligen Geistes oder an jene des Sohnes und Heiligen Geistes? Die letzte Vermutung ist wohl am zutreffendsten. Die beiden sagen nämlich, dass sie gesandt seien. Das Gesandtwerden sagen wir jedoch nur vom Sohne und Heiligen Geiste aus. Denn vom Vater lesen wir nirgends in der Heiligen Schrift, dass er gesandt wird." [9]

Als Moses gesandt wurde, um das Volk Israel aus Ägypten zu führen, da erschien ihm nach dem Berichte der Schrift der Herr. „Moses aber hütete“, so heißt es, „die Schafe seines Schwiegervaters Jethro, des Priesters von Madian. Er führte die Schafe in die Wüste und kam zum Berge Gottes, Horeb. Da erschien ihm der Engel des Herrn inmitten einer Feuerflamme in einem Dornbusch. Er sah, dass der Dornbusch brannte, aber der Dornbusch wurde vom Feuer nicht verzehrt. Moses sagte: Ich will hingehen und dieses seltsame Schauspiel ansehen, dass der Dornbusch nicht verbrennt. Als nun der Herr sah, dass er hinantrat, um nachzusehen, rief ihm der Herr aus dem Dornbusch heraus zu: Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs!“ (Exod. 3, 1-6) Hier ist zuerst vom Engel Gottes die Rede, dann von Gott. "Ist also der Engel der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs? Man kann darunter mit Recht den Erlöser selber verstehen, von dem der Apostel sagt: „Ihnen gehören die Väter an, und von ihnen stammt dem Fleische nach Christus, der da ist über allem, Gott, gelobt in Ewigkeit.“(Röm. 9, 5) Es ist daher gut begründet, wenn man hier unter dem Gott Abrahams, dem Gott Isaaks und dem Gott Jakobs den gleichen versteht, der über allem ist, Gott, gelobt in Ewigkeit. Warum hieß er aber dann vorher Engel des Herrn, als er aus dem Dornbusch in Feuerflammen erschien? Etwa, weil er einer von vielen Engeln war, der aber durch eine Dienstleistung seinen Herrn vertrat? Oder hatte er etwa nur eine geschöpfliche Wirklichkeit angenommen, damit er für die gegenwärtige Aufgabe sichtbar erscheinen konnte, eine Wirklichkeit, aus der die sinnlich wahrnehmbare Stimme erklang, in welcher die Gegenwart des Herrn durch das diesem Zwecke dienende Geschöpf auch den leiblichen Sinnen des Menschen kundgemacht wurde, so wie es diesen entsprach? Wenn er nämlich einer von den Engeln war, wer könnte dann leicht sagen, ob ihm bei dem Worte: „Ich bin der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs“ der Auftrag zuteil wurde, die Person des Sohnes zu offenbaren oder jene des Heiligen Geistes oder jene Gottes des Vaters oder jene der ganzen Dreieinigkeit, welche der eine und alleinige Gott ist? ... Ich erinnere mich freilich nicht, dass der Heilige Geist irgendwo Engel genannt wird. Doch kann man diese Bezeichnung aus einer Tätigkeit erschließen. Es heißt nämlich von ihm: „Das Kommende wird er euch verkündigen“ (Joh. 16, 13) Das griechische Wort „Engel“ (angelus) wird aber im Lateinischen mit „Bote“ (nuntius) übersetzt. Vom Herrn Jesus Christus jedoch lesen wir ganz klar beim Propheten, dass er „Engel des großen Rates“ (Is. 9, 6) heißt. Doch ist auch der Heilige Geist und der Sohn Gottes Gott und Herr der Engel." [10]

Ebenso wird vom Auszug des Volkes Israel aus Ägypten erzählt: „Der Herr zog vor ihnen her, bei Tag in einer Wolkensäule, um ihnen den Weg zu zeigen, und bei Nacht in einer Feuersäule. Und es wich nicht bei Tag die Wolkensäule und bei Nacht die Feuersäule von der Spitze des Volkes.“(Exod. 13, 21f.) Wer könnte hier noch zweifeln, dass Gott durch ein hierzu verwandtes, und zwar durch ein körperliches Geschöpf, nicht durch seine Substanz den Augen der Sterblichen erschien? Ob jedoch der Vater oder der Sohn oder der Heilige Geist oder ob die Dreieinigkeit selbst, der eine Gott, läßt sich auch hier nicht sagen. Das läßt sich nach meiner Meinung auch an folgender Stelle nicht entscheiden: „Und die Herrlichkeit des Herrn erschien in der Wolke. Und der Herr sagte zu Moses: Ich habe das Murren der Israeliten gehört“ usw. (Exod. 16, 10-12)  [11]

Nun wollen wir reden von den Wolken und Stimmen und Blitzen, vom Posaunenschall und Rauch auf dem Berge Sinai, worüber die Schrift berichtet: „Der Berg Sinai aber war ganz in Rauch gehüllt, weil der Herr im Feuer auf ihn herabgestiegen war. Rauch quoll von ihm auf wie der Rauch eines Schmelzofens. Und das ganze Volk wurde von großem Schrecken erfüllt. Der Posaunenschall wurde immer stärker. Moses redete, und Gott anwortete ihm im Donner.“ (Exod. 19, 18 f.) Und gleich darauf wurde das Gesetz mit den Zehn Geboten gegeben; "dann heißt es: „Und das ganze Volk nahm die Donnerschläge, die Blitze, den Posaunenschall und den rauchenden Berg wahr.“(Exod. 20, 18) Und gleich darauf: „Das Volk blieb in der Ferne stehen. Moses aber trat in das dunkle Gewölk, in dem Gott war. Da redete Gott zu Moses“ (Exod. 20, 21 f. ) usw. Was soll ich dazu sagen? Niemand wird so wahnwitzig sein und glauben, der Rauch, das Feuer, die Wolken, das dunkle Gewölk und die sonstigen Erscheinungen seien die Substanz des Wortes und der Weisheit Gottes, die Christus ist, oder des Heiligen Geistes. Von Gott Vater haben das auch die Arianer niemals zu behaupten gewagt. Also ist all das geschehen, indem die Schöpfung dem Schöpfer diente. In passender Anordnung wurde es den menschlichen Sinnen dargeboten. Man müsste schon eine ganz fleischliche Denkweise haben, wenn man das Wort: „Moses aber trat in das dunkle Gewölk, in dem Gott war“, so erklären wollte, dass das Volk zwar das dunkle Gewölk gesehen habe, Moses aber innerhalb des dunklen Gewölkes mit seinen leiblichen Augen den Sohn Gottes geschaut habe, den manche rasend gewordene Häretiker in seiner Substanz gesehen werden lassen wollen. Mag Moses ihn mit leiblichen Augen gesehen haben, wenn er mit leiblichen Augen gesehen werden kann. Dann war es aber nicht die Weisheit Gottes, welche Christus ist, sondern die Weisheit irgendeines weisen Menschen, oder man müsste aus der Erzählung der Schrift, dass „die Ältesten Israels den Ort sahen, wo der Gott Israels stand“ und „unter seinen Füßen ein Gebilde, das Saphirplatten glich und einen hellen Glanz ausstrahlte wie der Himmel“, (Exod. 24, 10) die Berechtigung des Glaubens ableiten, dass das Wort und die Weisheit Gottes mit ihrer Substanz an einem bestimmten, räumlich umschriebenen Ort gestanden habe, die Weisheit, die „von einem Ende zum anderen reicht und alles in Sanftmut ordnet“, und dass das Wort Gottes, durch das alles geworden ist, so wandelbar sei, dass es sich bald zusammenzieht, bald ausdehnt - der Herr möge die Herzen seiner Gläubigen von solchen Vorstellungen reinigen! In Wahrheit wurden alle diese sichtbaren und sinnfälligen Vorgänge, wie wir schon mehrfach sagten, durch eine hierzu verwandte geschöpfliche Wirklichkeit dargestellt, auf dass sie die Gegenwart des unsichtbaren, geistigen Gottes ankündigten, und zwar nicht nur des Vaters, sondern auch des Sohnes und des Heiligen Geistes, Gottes, aus dem, durch den und in dem alles ist, mag auch das, was an Gott unsichtbar ist, seine ewige Macht und Göttlichkeit, seit der Erschaffung der Welt durch seine Werke erkennbar geschaut werden! Was jedoch die Frage angeht, die wir uns hier gestellt haben, so sehe ich auch bei den schreckhaften Erscheinungen, die den Sinnen der Sterblichen auf dem Berge Sinai zuteil wurden, nicht, ob eigentlich der dreieinige Gott oder der Vater oder der Sohn oder der Heilige Geist gesprochen hat. Wenn wir uns jedoch hierüber, ohne eine gewagte Behauptung aufstellen zu wollen, in Schwanken und Zagen eine Vermutung gestatten dürfen und die Erscheinungen von einer Person der Dreieinigkeit gelten lassen wollen, warum sollen wir da nicht besonders an den Heiligen Geist denken, wo es doch heißt, dass das dort gegebene Gesetz vom Finger Gottes auf steinerne Tafeln geschrieben wurde? Das ist nämlich, wie wir wissen, ein Name, mit dem der Heilige Geist im Evangelium bezeichnet wird. Ferner sind von der Tötung des Lammes und der Feier des Osterfestes bis zum Tage, an dem die Ereignisse auf dem Berge Sinai begannen, fünfzig Tage vergangen. Ebenso sind nach dem Leiden des Herrn von seiner Auferstehung an fünfzig Tage vergangen, bis der verheißene Heilige Geist kam. Und eben bei seiner Ankunft, die in der Apostelgeschichte erzählt wird, erschienen feurige Zungen, die sich verteilten und auf jedem von ihnen niederließen. Damit stimmt überein, was im Exodus berichtet wird: „Der Berg Sinai aber war ganz in Rauch gehüllt, weil der Herr im Feuer auf ihn herabgestiegen war.“ Und ein wenig später heißt es: „Der Anblick der Herrlichkeit des Herrn war wie brennendes Feuer auf dem Gipfel des Berges vor den Israeliten.“(Exod. 24, 17) Wenn aber diese Erscheinungen andeuten sollten, dass so weder der Vater noch der Sohn geoffenbart werden könne ohne den Heiligen Geist, durch den das Gesetz geschrieben werden musste, dann erkennen wir zwar, dass da Gott erschienen ist, nicht in seiner Substanz, die unsichtbar und unwandelbar bleibt, sondern durch jene geschöpfliche Gestalt. Aber eine bestimmte Person der Dreieinigkeit können wir an einem gerade ihr eigentümlichen Zeichen nicht erkennen, soweit meine Erkenntniskraft zu sehen vermag."  [11]

Das ist es, was Gott nachher zu Moses sagt: „Du kannst mein Angesicht nicht schauen und leben. Denn kein Mensch sieht mein Angesicht und bleibt am Leben.“ Weiter sagteder Herr: „Siehe, bei mir ist Platz. Da magst du dich auf den Felsen stellen. Wenn dann meine Herrlichkeit vorüberzieht, werde ich dich in die Höhlung des Felsens stellen und meine Hand über dich decken, bis ich vorüber bin. Wenn ich dann meine Hand zurückziehe, wirst du meinen Rücken schauen, denn mein Angesicht darf niemand schauen.“ (Exod. 33, 20-23) Solange wir aber fern vom Herrn und im Glauben wandeln, nicht im Schauen, müssen wir den Rücken Christi, das ist sein Fleisch, in eben dem Glauben sehen, das heißt auf dem festen Fundament des Glaubens stehend; dies bezeichnet ja das Wort Fels. "Von einer so gesicherten Warte aus wollen wir auf die irdische Wirklichkeit Christi hinschauen, in der katholischen Kirche nämlich, von der das Wort gilt: „Und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen.“ (Matth. 16, 18.) Um so sicherer nämlich lieben wir das Antlitz Christi, das zu schauen wir verlangen, je mehr wir an seinem Rücken erkennen, wie sehr uns Christus zuerst geliebt hat. Aber der Glaube an seine Auferstehung in eben diesem Fleische rettet und rechtfertigt uns. Der Apostel sagt: „Wenn du mit deinem Herzen glaubst, dass Gott ihn von den Toten auferweckt hat, dann wirst du gerettet werden.“(Röm. 10, 9) Und wiederum: „Der um unserer Sünden wegen dahingegeben ward und um unserer Rechtfertigung willen auferstand.“(Röm. 4, 25) Das Verdienst unseres Glaubens ist also die Auferstehung des Leibes Christi. dass nämlich jener Leib beim Kreuzesleiden starb, das glauben auch seine Feinde; dass er aber auferstanden ist, das glauben sie nicht. Indem wir diese Tatsache in überzeugtestem Glauben bejahen, blicken wir gleichsam von einem unerschütterlichen Felsen herab. In sicherer Hoffnung erwarten wir daher die Annahme an Kindes Statt, die Erlösung unseres Leibes. Wir erhoffen ja das für die Glieder Christi, die wir selber sind, was wir an ihm, unserem Haupte, in gesundem Glauben als vollendet erkennen. Daher will er, dass wir bei seinem Vorübergang seinen Rücken nur sehen, damit wir an seine Auferstehung glauben. Pascha ist nämlich ein hebräisches Wort, das Vorübergang heißt. Darum sagt auch der Evangelist Johannes: „Es war vor dem Paschafeste, da Jesus wusste, dass für ihn die Stunde gekommen war, aus dieser Welt zum Vater zu gehen.“ [12]

Da Schismatiker, Häretiker oder Leugner der Auferstehung keine Gotteserscheinungen haben können, hatte auch Mohammed der Lügenprophet keine, sondern nur Wahnvorstellungen, die, wenn er einen Vater gehabt hätte, ihm durch eine schallende Ohrfeige ausgetrieben  worden wären, wie schon verschiedene Schriftsteller erkannten. "Wenn jemand diesen Glauben hat, aber nicht in der katholischen Kirche steht, sondern in einem Schisma oder in einer Häresie, dann schaut er den Rücken des Herrn nicht von dem Platze aus, der bei ihm ist. Denn was bedeutet sonst das Wort des Herrn: „Siehe, bei mir ist Platz. Da magst du dich auf den Felsen stellen“? Denn was soll der irdische Ort, der beim Herrn ist, anderes bedeuten als, dass beim Herrn ist, was ihn geistig berührt? Denn welcher räumlich umgrenzte Ort wäre nicht beim Herrn, der von einem Ende zum andern reicht mit Kraft und alles mit Sanftmut ordnet, dessen Sitz der Himmel, dessen Fußschemel die Erde heißt, der sagte: „Welches Haus wollt ihr für mich bauen? Oder welcher Ort wird meiner Ruhe dienen? Hat nicht meine Hand das alles geschaffen?“ (Is. 66, 1 f. ) Naturgemäß versteht man jedoch unter dem Orte, der bei ihm ist, wo man auf einem Felsen steht, die katholische Kirche, in welcher derjenige heilbringend das Pascha des Herrn, das heißt den Vorübergang des Herrn, sieht und seinen Rücken, das heißt seinen Leib, welcher an seine Auferstehung glaubt."  [13]

Zur Vision Daniels sagt Augustinus: "Doch ich kann nicht verstehen, wie die eben genannten Leute die Erscheinung erklären, die Daniel vom „Hochbetagten“ (Dan. 7, 9) hatte, von dem der Menschensohn, der zu werden er sich unsertwegen herbeiließ, das Reich empfangen hat; er empfing es ja von dem, der in den Psalmen zu ihm sagt: „Mein Sohn bist du, heute habe ich dich erzeugt; so heische nur von mir; ich werde dir die Heidenvölker zum Erbe geben.“ (Ps. 2, 7 f.) Wenn also Daniel in sichtbarer Gestalt der Vater erschien, der das Reich verlieh, und der Sohn, der es empfing, wie können da jene noch behaupten, der Vater sei den Propheten niemals erschienen, und deshalb dürfe man nur in ihm den Unsichtbaren sehen, „den kein Mensch gesehen hat noch sehen kann“? (1 Tim. 6, 16) Daniel erzählt ja folgendes: „Ich sah, wie Throne aufgeschlagen waren, und ein Hochbetagter saß darauf, und sein Gewand war weiß wie Schnee und sein Haupthaar wie die Wolle rein; sein Thron bestand aus Feuerflammen; seine Räder waren brennendes Feuer, ein Feuerfluss zog vor seinem Antlitz her; tausend mal tausend dienten ihm, und zehntausend mal zehntausend standen bei ihm. Er hielt nun Gericht, und Bücher wurden aufgeschlagen.“(Dan. 7, 9 f) Und gleich darauf: „Ich schaue in nächtlichem Gesichte, und siehe, mit den Wolken des Himmels kam einer wie ein Menschensohn, und er gelangte bis zum Hochbetagten, und er wurde ihm zugeführt. Da wurde ihm gegeben Herrschaft, Ehre und Reich, und alle Völker, Nationen und Zungen sollten ihm dienen. Seine Herrschaft sollte ewige Macht sein, die nicht vergehen wird, und sein Reich soll unzerstörbar sein.“(Dan. 7, 13 f.). [14]
 
 

4. Der göttliche Wille ist die höchste Ursache alles Geschehens in der Körperwelt; nichtiges Gerede der Philosophen bzw. Wissenschaftler, die für den Willen Gottes gar keinen Blick haben, die nicht eine sachliche Prüfung der stofflichen Dinge und Vorgänge vornehmen, sondern nur ihr eigenes Vorurteil und irriges Denken gebracht haben; "der sündige und fahnenflüchtige vernunftbegabte Lebensgeist", also der eines Abtrünnigen oder Muslims

Das nichtige Gerede der Philosophen bzw. Wissenschaftler, die für den Willen Gottes gar keinen Blick haben, die nicht eine sachliche Prüfung der stofflichen Dinge und Vorgänge vornehmen, sondern nur ihr eigenes Vorurteil und irriges Denken gebracht haben, kritisierten schon Aristoteles und später Thomas von Aquin, Leibniz, Goethe, Hegel, Schelling, Fichte. Augustinus schreibt dazu: "Anders äußert sich jedoch die Ordnung der Natur bei der Umwandlung und Veränderung der Körper, wo sie, zwar auch dem Winke Gottes dienstbar, jedoch durch die gewohnte beharrliche Wiederkehr das Auffallende verloren hat — so ist es bei den Veränderungen, die in ganz kurzen oder jedenfalls in nicht langen Zwischenpausen am Himmel, auf der Erde oder im Meere sich begeben, mag es sich um Geburten oder Untergänge oder sonst irgendwie in Erscheinung tretende Vorgänge handeln —, anders bei den durch die gleiche Ordnung bedingten Ereignissen, die sich in längeren Zwischenpausen wiederholen und uns daher weniger gewohnt sind. Mögen viele über sie in Staunen geraten, von den Erforschern dieser Welt werden sie begriffen, und je häufiger sie sich im Fortgang der Geschlechter wiederholen und je öfter man von ihnen erfährt, um so weniger fallen sie auf. So ist es mit der Verfinsterung der Himmelskörper, mit manchen seltenen Sterngebilden, mit den Erdbeben, Missgeburten und ähnlichen derartigen Vorkommnissen, von denen keines eintritt, es sei denn auf Grund des göttlichen Willens, was freilich viele nicht durchschauen. Es blieb daher dem nichtigen Gerede der Philosophen vorbehalten, sie auch anderen Ursachen zuzuschreiben, sei es wahren, aber dann eben nur den nächsten, während sie für die alle anderen überragende Ursache, das ist den Willen Gottes, gar keinen Blick hatten, sei es falschen, auf die sie nicht eine sachliche Prüfung der stofflichen Dinge und Vorgänge, sondern nur ihr eigenes Vorurteil und irriges Denken gebracht hat." [15]

Den Körper lenkt die ihm eingehauchte Seele, die Geistseele, die jener unwandelbaren Weisheit teilhaft werden kann, zumindest wenn sie sich mit christlicher Philosophie beschäftigt und nicht dem Atheismus oder Islam verhaftet bleibt. "Ich will, so gut ich kann, das Gesagte durch ein Beispiel erläutern, damit es verständlich wird. Zweifellos besitzt der menschliche Körper eine bestimmte Menge Fleisch, eine bestimmte äußere Gestalt, ein Unterschieden- und Zueinandergeordnetsein der Glieder, eine bestimmte gesundheitliche Beschaffenheit. Diesen Körper lenkt die ihm eingehauchte Seele, und zwar die Geistseele, Wenn diese auch wandelbar ist, so kann sie doch jener unwandelbaren Weisheit teilhaft werden, auf dass sie „Teilnahme sei an ihm selbst“,Ps. 121, 3 [hebr. Ps. 122, 3] wie es im Psalm von allen Heiligen heißt, aus denen wie aus lebendigen Steinen jenes Jerusalem aufgebaut wird, unsere ewige Mutter im Himmel. So singen wir ja: „Jerusalem ist aufgebaut als Stadt, ist Teilnahme an ihm selbst,“ Unter „an ihm selbst“ ist an dieser Stelle jenes höchste, unwandelbare Gut zu verstehen, das Gott ist, und seine Weisheit und sein Wille. Ihm singen wir an einer anderen Stelle: „Du veränderst sie, und sie werden verändert werden; du aber bleibst derselbe.“Ps. 101, 27 f. [hebr. Ps. 102, 27 f.]." [16]

Augustinus gibt ein Beispiel: "Nehmen wir also einen ganz weisen Menschen an, dessen Geistseele schon der unwandelbaren, ewigen Wahrheit teilhaftig geworden ist, so dass er sie für alle seine Handlungen um Rat angeht und gar nichts tut, ohne zuvor in ihr erkannt zu haben, dass es getan werden soll, und daher in Gehorsam und Unterwürfigkeit gegen sie recht handelt. Wenn nun dieser nach Befragen der obersten Grundsätze der göttlichen Gerechtigkeit, die er geheimnisvollerweise mit dem Ohre seines Herzens hört, auf ihr Geheiß ein Werk der Barmherzigkeit unternimmt und dadurch seinen Körper überanstrengt und sich eine Krankheit zuzieht, die Ärzte zu Rate zieht und dann der eine die Trockenheit des Körpers, der andere ein Übermaß an Feuchtigkeit als Krankheitsgrund angibt, dann gibt zwar der eine eine richtige Krankheitsursache an, der andere eine unrichtige, beide jedoch nennen nur die unmittelbaren, nämlich die körperlichen Ursachen. Wenn man aber nach der Ursache jener Trockenheit fragt und auf die freiwillig übernommene Anstrengung kommt, dann ist man schon zu einer höheren Ursache vorgedrungen, die, von der Seele ausgehend, den der Leitung der Seele unterworfenen Körper beeinflußt. Aber auch jetzt ist noch nicht die erste Ursache gefunden. Diese liegt ohne Zweifel höher, nämlich in der unwandelbaren Weisheit selbst. Ihr in Liebe dienend und ihrem wortlosen Gebot gehorchend, hat ja die Seele des Weisen die freiwillige Anstrengung auf sich genommen. So stellt sich heraus, dass die erste Ursache jener Krankheit in Wirklichkeit nichts anderes ist als der göttliche Wille. Hätte jener Weise bei seinem diensteifrigen und gottgefälligen Werke Diener verwendet, die bei diesem Werke mit ihm sich abmühten, jedoch nicht mit derselben Bereitwilligkeit Gott dienten, sondern von dem Wunsche beseelt waren, die Erfüllung sinnlichen Begehrens zu erlangen oder sinnlichen Unannehmlichkeiten zu entgehen..." [17]

Alle Körper werden durch den Lebensgeist gelenkt, der vernunftlose Lebensgeist durch den vernunftbegabten Lebensgeist, "der sündige und fahnenflüchtige vernunftbegabte Lebensgeist", also der eines Abtrünnigen oder Muslims, durch den "treuen und gerechten vernunftbegabten Lebensgeist", dieser aber durch Gott selbst: "Was wir also von dem einen Weisen, der freilich noch einen sterblichen Leib trägt und erst stückweise erkennt, beispielshalber angenommen haben, das können wir auch von einem Hause, in dem eine Gemeinschaft solcher weiser Leute besteht, oder von einer Stadt oder auch von dem ganzen Erdkreis annehmen, vorausgesetzt, dass die Herrschaft und die Leitung der menschlichen Angelegenheiten in den Händen der Weisen und der unverbrüchlich und vollkommen Gott gehorsamen Männer liegt. Weil es jedoch diesen Zustand noch nicht gibt — wir müssen ja auf unserer Pilgerschaft zuerst in diesem sterblichen Leibe geübt und durch Geißeln in den Kräften der Sanftmut und Geduld unterwiesen werden —, so wollen wir an die höhere, himmlische Heimat denken, von der uns die Ferne unserer Pilgerschaft trennt. Denn dort regiert der Wille Gottes, der „zu seinen Engeln wehenden Geist und zu seinen Dienern lohendes Feuer macht“,Ps. 103, 4 [hebr. Ps. 104, 4]. unter den durch tiefsten Frieden und innigste Freundschaft miteinander verbundenen, durch die geistige Flamme der Liebe zu einem Willen verschmolzenen Geistern wie auf einem erhabenen, heiligen, geheimnisvollen Throne, wie in seinem Hause und seinem Tempel, verströmt sich von hier aus durch genau geordnete Bewegungen der Geschöpfe, zuvörderst durch geistige, dann aber auch durch stoffliche über alles hin und gebraucht alle Dinge nach dem unwandelbaren Wohlgefallen seines Ratschlusses, die körperlosen sowohl wie die stofflichen, die vernunftbegabten wie die vernunftlosen Geister, die guten und die schlechten, die ersteren durch seine Gnade, die letzteren durch ihren eigenen freien Willen bewegend. Wie jedoch die gröberen und niedrigeren Körper durch die feineren und mächtigeren in einer bestimmten Ordnung gelenkt werden, so werden alle Körper durch den Lebensgeist gelenkt, der vernunftlose Lebensgeist durch den vernunftbegabten Lebensgeist, der sündige und fahnenflüchtige vernunftbegabte Lebensgeist durch den treuen und gerechten vernunftbegabten Lebensgeist, dieser aber durch Gott selbst. So wird die gesamte Schöpfung durch ihren Schöpfer gelenkt, aus dem, durch den und in dem sie auch geschaffen und eingerichtet wurde." [18]
 

5. Wunder der Natur, Wunder der Zauberer; "die guten Engel tun das nur, soweit es ihnen Gott gebietet, die bösen Engel in unrechtem Sinnen nur, soweit Gott in gerechtem Wollen es zulässt"

Die Natur steckt voller Wunder, nur erkennen wir sie nicht als Solche. Nur die Verschiedenheit der Wirkweise bedingt das Wunder.  "Wenn das gleichsam im ununterbrochenen Laufe der dahingleitenden und dahinfließenden Ereignisse und der aus dem Verborgenen in die Sichtbarkeit heraustretenden, aus der Sichtbarkeit in die Verborgenheit zurücktretenden, auf gewohnten Pfaden vorübereilenden Dinge geschieht, dann spricht man von natürlichen Vorgängen. Wenn aber das gleiche in ungewohnter Folge vor die Augen der Menschen zu ihrer Belehrung hingestellt wird, dann redet man von Wunderwerken." [19]

Was ist von den Wundern der Zauberer zu halten? Augustinus meint, letztlich wirkt Gott auch die Wunder der Zauberer. "Man darf sich jedoch durch solche Vorkommnisse nicht zu der Meinung verführen lassen, als ob die sichtbare körperliche Welt dem Willen der widersetzlichen Engel dienstbar wäre. Sie ist vielmehr nur Gott dienstbar, von dem diese Macht verliehen wird, soweit der Unveränderliche es auf seinem erhabenen geistigen Throne für gut findet. Steht doch auch den zur Arbeit in den Erzbergwerken verurteilten Verbrechern Wasser, Feuer und Erde zur Verfügung, so dass sie daraus machen können, was sie wollen, freilich nur soweit man es ihnen gestattet. Auf keinen Fall kann man jene bösen Engel Schöpfer nennen, weil mit ihrer Hilfe die dem Diener Gottes sich widersetzenden Zauberer Frösche und Schlangen hervorbrachten. Denn nicht sie waren es, die diese Tiere schufen. Es sind nämlich von allen Dingen, die im Bereiche des Körperlichen und Sichtbaren werden, in den stofflichen Elementen dieser Welt gewisse unsichtbare Samen verborgen. Manche von diesen Samen sind für unsere Augen schon wahrnehmbar an den Pflanzen und Tieren, andere sind uns verborgen und sind Samen dieser Samen. So brachte auf Geheiß des Schöpfers das Wasser die ersten schwimmenden und fliegenden Tiere, die Erde die ersten Pflanzen ihrer Art und die ersten Tiere ihrer Art hervor. Und diese hervorgebrachten Wesen wurden damals nicht in der Weise mit Fruchtbarkeit ausgestattet, dass in den von ihnen hervorgebrachten Dingen die hervorbringende Kraft aufgebraucht wurde. Doch fehlen vielfach für fruchtbare Vermischung die passenden Gelegenheiten, durch welche die Dinge ihre fruchtbare Kraft betätigen und ihre Art weitergeben würden. So ist ein ganz kleiner Setzling ein Same. Wenn man ihn nämlich richtig in die Erde steckt, dann treibt er einen Baum. Der feinere Same dieses Setzlings aber ist ein Kern von derselben Art. Dieser ist uns noch sichtbar. Den Samen dieses Kerns jedoch können wir zwar mit den Augen nicht mehr wahrnehmen, wohl aber mit dem Verstande erschließen. Wenn es nämlich nicht irgendeine fruchtbare Kraft in den Elementen gäbe, dann würden nicht manchmal Dinge aus dem Boden herauswachsen, die dort gar nicht gesät sind. Ebensowenig würden auf der Erde und im Wasser so viele Tiere entstehen, ohne dass eine Verbindung von männlichen und weiblichen Tieren vorausging. Diese Tiere wachsen und bringen in geschlechtlicher Verbindung andere hervor, während sie selber ohne diese entstanden sind... Ebenso dürfen wir weder die guten noch die bösen Engel für Schöpfer halten, wenn sie gemäß der Feinheit ihres Wahrnehmens und ihres Körpers die uns verborgenen Samen kennen und, indem sie die Elemente entsprechend mischen, verborgene Saaten legen und so Anlass geben für Entstehen und beschleunigtes Wachsen der Dinge. Aber die guten Engel tun das nur, soweit es ihnen Gott gebietet, die bösen Engel in unrechtem Sinnen nur, soweit Gott in gerechtem Wollen es zulässt. Die Bosheit des Ungerechten macht nämlich seinen Willen ungerecht. Macht bekommt er jedoch nur aus gerechtem Grunde, sei es zu seiner eigenen oder zu anderer Wesen Strafe oder zur Bestrafung der Bösen oder zum Lobe der Guten." [20]
 

6. Göttliche Wissenschaft im Gegensatz zu einer Wissenschaft der "Lügenherrschaft" und "Aufgeblasenheit", mit "trügerischen Zeichen und Lügenwundern", die irdische "Körper, mit Hilfe einiger Kunstgriffe und Taschenspielereien verändert"; andere umgarnen die Menschen "durch unheilige Heiligtümer" wie die Muslime, die in ihren Moscheen Luzifer, den "Mittler des Todes" verehren; er "betört und betrügt die wissbegierigen und hochmütigen Seelen und richtet sie zugrunde, so seine Herrschaft aufrechterhaltend"; christliche Würdenträger unterstützen diese Entwicklung und wundern sich warum ihnen die Gläubigen in Scharen davon laufen

Ein heutiger Biotech-Wissenschaftler, der zweifelhafte mRNA Impfstoffe herstellt oder mit der Genschere herumexperimentiert, kennt die Wege nicht, "die er beschreiten muss, um zu Heil und Kraft zu kommen." Augustinus beneidet sie daher nicht: "Vor dem Wissen um die irdischen und himmlischen Dinge pflegen die Menschen eine große Achtung zu haben. Dabei sind wahrlich diejenigen besser, die diesem Wissen das Wissen um sich selbst vorziehen, und preiswürdiger ist ein Geist, dem die eigene Unkraft bekannt ist, als einer, der, von ihr nichts wissend, die Bahnen der Gestirne durchschreitet, um sie kennenzulernen oder um das schon erworbene Wissen zu sichern, und dabei die Wege nicht kennt, die er beschreiten muss, um zu Heil und Kraft zu kommen. Wer aber schon wach geworden ist für Gott, von der Wärme des Heiligen Geistes aufgeweckt, und in der Liebe zu ihm seinen eigenen Unwert fühlte und, erfüllt vom Willen und von der Kraft, bei ihm einzutreten, von seinem Lichte getroffen, auf sich acht hat und zu sich selber findet und die Unvergleichlichkeit seines Krankseins mit Gottes Heiligkeit erkannt hat, den überkommt ein süßes Weinen, dem entringt sich das Gebet, dass Gott unaufhörlich Erbarmen mit ihm habe, bis er sein ganzes Elend abgetan habe; sein Bitten ist von Zutrauen getragen, da er ja schon das freigeschenkte Unterpfand des Heiles empfing, in Christus, dem einzigen Erlöser und Lichtbringer der Menschen. Wer so handelt und bereut, den bläht das Wissen nicht auf, weil ihn die Liebe erbaut. Er zieht nämlich die eine Wissenschaft der anderen vor, das Wissen um seine Schwachheit dem Wissen um die Mauerwehr der Welt, um die Fundamente der Erde, um den Scheitel des Himmels. Indem er sich dieses Wissen beilegt, legt er sich den Schmerz bei, den Schmerz des Wandernden, den die Sehnsucht nach der Heimat und nach ihrem Schöpfer, seinem seligen Gott, treibt. Wenn ich zu dieser Menschenart, zur Familie deines Gesandten gehöre, Herr, mein Gott, wenn ich unter den Armen seufze, dann gib mir, dass ich von deinem Brote denen darbiete, die nicht hungern und dürsten nach Gerechtigkeit, sondern gesättigt sind und Überfluß haben. Es sättigte sie aber der Trug ihrer Sinne, nicht deine Wahrheit, die sie von sich stoßen und fliehen; so fallen sie in ihre Leere. Ich weiß gut, wie viele Einbildungen das menschliche Herz gebiert, und was wäre mein Herz anders als ein menschliches Herz? Aber darum bitte ich den Gott meines Herzens, dass ich von diesen Einbildungen nichts für feste Wahrheit in meine Schriften aufnehme, sondern dass, was immer über mich den Weg zu den Menschen finden soll, von dort her in meine Bücher komme, von wo aus auch mir, obwohl ich von dem Angesichte deiner Augen verstoßen bin und aus der Ferne zurückzukehren versuche auf dem Wege, den die Göttlichkeit seines Eingeborenen in ihrer Menschheit bahnte, der Duft der Wahrheit entgegengetragen wird. Diese Wahrheit trinke ich in dem Maße, in dem ich, wenngleich ich wandelbar bin, sie frei weiß von jeder Wandelbarkeit, von der Wandelbarkeit durch Zeit und Ort — ihr unterliegen die Körper —, von der Wandelbarkeit durch die Zeit allein und gleichsam durch den Ort — ihr unterliegen die Gedanken unseres Geistes —, frei auch von der Wandelbarkeit durch die Zeit allein und jeglichen, auch den nur in der Vorstellung existierenden Raum — sie beherrscht manche Schlussfolgerungen unseres Denkens. Denn das das Sein Gottes bedingende Wesen Gottes hat nichts Wandelbares an sich, weder in seinem ewigen Bestande noch in seiner Wahrheit, noch in seinem Willen. Denn ewig ist dort die Wahrheit, ewig die Liebe, und wahr ist dort die Liebe, wahr die Ewigkeit, und liebeerfüllt ist dort die Wahrheit, liebeerfüllt die Ewigkeit."  [21]

Antichristliche Wissenschaftler bauen an einer Wissenschaft der "Lügenherrschaft" und "Aufgeblasenheit", mit "trügerischen Zeichen und Lügenwundern", andere umgarnen die Menschen "durch unheilige Heiligtümer" wie die Muslime, die in ihren Moscheen Luzifer, den "Mittler des Todes" verehren; er "betört und betrügt die wissbegierigen und hochmütigen Seelen und richtet sie zugrunde, so seine Herrschaft aufrechterhaltend." Christliche Würdenträger unterstützen diese Entwicklung und wundern sich warum ihnen die Gläubigen in Scharen davon laufen: "Das ist der wahre Friede und unsere feste Verbindung mit unserem Schöpfer, wenn wir durch den Mittler des Lebens entsündigt und versöhnt sind, wie wir, durch den Mittler des Todes sündig und fremd geworden, uns von Gott entfernt hatten. Wie nämlich der Teufel in seiner Überheblichkeit den sich überhebenden Menschen zum Tode hinführte, so führte Christus in seiner Demut den gehorsamen Menschen zum Leben zurück. Denn wie jener in seinem Hochmut fiel und den zu ihm Haltenden zu Falle brachte, so stand Christus nach seiner Demütigung wieder auf und richtete den an ihn Glaubenden wieder empor. Der Teufel war nämlich nicht bis dorthin gekommen, wohin er den Menschen gebracht hatte — er musste zwar den Tod des Geistes ertragen infolge seiner Gottlosigkeit, aber nicht erlitt er den Tod des Leibes, weil er ja auch nicht das Gewand des Leibes angezogen hatte. Deshalb kam dem Menschen der Fürst unter den Legionen der Dämonen groß vor, durch welche er seine Lügenherrschaft ausübt. Er macht den Menschen stolz durch herrschsüchtige Aufgeblasenheit, so dass er mehr auf Macht als auf Gerechtigkeit bedacht ist, oder bläht ihn auf durch trügerische Weisheit, oder er umgarnt ihn durch unheilige Heiligtümer, zu denen auch die trügerischen Zaubereien gehören, betört und betrügt die wissbegierigen und hochmütigen Seelen und richtet sie zugrunde, so seine Herrschaft aufrechterhaltend."  [22]

Die "Wissenschaft" der Biotechnologen bzw. Gentechniker, die irdische "Körper, mit Hilfe einiger Kunstgriffe und Taschenspielereien verändert" ist natürlich wie "die Wunder der Teufel" zu verachten. "Den bösen Geistern ist es nämlich ein leichtes, mit Hilfe von luftförmigen Körpern allerlei Gebilde hervorzubringen, welche die Bewunderung der durch die sichtbare, irdische Körperwelt bedrückten Seelen erregen, auch wenn sie von besseren Neigungen beherrscht sind. Wenn nämlich schon die irdischen Körper, mit Hilfe einiger Kunstgriffe und Taschenspielereien verändert, bei Schauspielen in den Theatern den Zuschauern solche Wunder vorzutäuschen vermögen, dass die, welche so etwas noch nie gesehen haben, kaum die Erzählungen hiervon zu glauben vermögen, was bedeutet es da Großes für den Teufel und seine Engel, wenn sie aus stofflichen Bestandteilen in den luftförmigen Körpern Gebilde formen, über die ein fleischlicher Sinn in Erstaunen gerät, oder auch durch geheime Vorspiegelungen, um mit den menschlichen Sinnen ein Spiel zu treiben, sinnliche Vorstellungen hervorrufen, durch welche der Teufel die Menschen im Wachen und im Schlafen betört oder ihre Leidenschaft erregt! Aber wie es geschehen kann, dass ein Mensch von besserem Lebenswandel verdorbene Leute auf dem Seile wandeln und in allerlei körperlichen Bewegungen viele unglaubliche Kunststücke vollführen sieht und doch keinerlei Verlangen verspürt, es ihnen gleichzutun, und sie nicht wegen dieser Werke für besser hält als sich, so wird eine gläubige, fromme Seele, nicht nur wenn sie die Wunder der Dämonen sieht, sondern auch dann, wenn sie vor ihnen wegen der Schwäche der menschlichen Natur erschrickt, kein Bedauern empfinden, weil sie solches nicht kann, und diese nicht für besser halten als sich. Sie gehört ja zur Gemeinschaft der Heiligen, die durch die Kraft Gottes, dem alles unterworfen ist, Wundertaten vollziehen, und zwar viel größere und keine trügerischen, mögen es nun Menschen oder gute Engel sein." [23]
 

7. Weder diese Art von Wissenschaft noch ein sogenannter "falscher Mittler", der wie Mohammed vorgibt, die Seelen zu retten, in Wirklichkeit sie aber nur sammelt um sie Luzifer bzw. Allah zum Fraß vorzuwerfen, kann ein Mittler sein; zudem kann der falsche Mittler "ja nicht in die Region des Höheren emportragen, vielmehr versperrt er, sich entgegenstellend, den Weg hierzu," indem er die Menschen in vermeintliche Gotteshäuser (Moscheen) lockt für "gottlose Gottesdienste"; Obwohl Sekten wie der Islam längst von Philosophen wie Johannes von Damaskus, Thomas von Aquin, Cusanus usw. widerlegt worden sind, treibt auch jetzt noch der Teufel bzw. Allah "sein Spiel mit seinen Anhängern, wenn er ihnen durch seine Gottesdienste als falscher Mittler entgegentritt... um sie noch mehr zu verstricken und noch tiefer zu stürzen, indem er sie wegen ihres Hochmutes leicht dazu überredet, den Tod Christi zu verlachen und zu verachten"


Weder diese Art von Wissenschaft noch ein sogenannter "ein falscher Mittler", der wie Mohammed vorgibt, die Seelen zu retten, in Wirklichkeit sie aber nur sammelt um sie Luzifer bzw. Allah zum Fraß vorzuwerfen, kann ein Mittler sein; zudem kann der falsche Mittler "ja nicht in die Region des Höheren emportragen, vielmehr versperrt er, sich entgegenstellend, den Weg hierzu," indem er die Menschen in vermeintliche Gotteshäuser (Moscheen) lockt. "Nicht also durch gottesschänderische Gleichnisse, nicht durch gottlose Kunststücke, nicht durch zauberhafte Weihungen werden die Seelen entsündigt und mit Gott versöhnt; ein falscher Mittler kann ja nicht in die Region des Höheren emportragen, vielmehr versperrt er, sich entgegenstellend, den Weg hierzu, indem er seinem Anhang Gelüste einflößt, die um so schlimmer sind, je hochmütiger sie sind, die nicht die Fittiche der Tugend zum Fluge in die Höhe stärken, sondern vielmehr die Last der Sünden häufen, die in die Tiefe zieht, unter deren Gewicht die Seele um so tiefer sinken wird, je erhabener sie sich dünkte. Wir müssen es daher so machen, wie es die Magier auf göttliche Anregung hin machten, welche der Stern zur Anbetung des demütig gewordenen Herrn geführt hatte. Wir dürfen nicht auf dem Wege, auf dem wir gekommen sind, sondern müssen auf einem anderen in die Heimat zurückkehren, auf einem Wege, den uns der demütige König lehrte und den der hochmütige König dem demütigen König nicht feindlich verlegen kann. Uns erzählten nämlich, damit wir den demütigen Christus anbeten, die Himmel die Herrlichkeit Gottes, da in alle Lande hinaustönt ihr Schall und bis zur Grenze des Erdkreises ihr Laut. Durch die Sünde in Adam wurde uns der Weg zum Tode aufgetan. Denn „durch einen Menschen ist die Sünde in die Welt gekommen und durch die Sünde der Tod, und so ist der Tod auf alle Menschen übergegangen, in dem alle gesündigt haben“.(Röm. 5, 12.) Der Mittler dieses Weges war der Teufel, der Anreger zu der Sünde, der Führer in den Tod. Auch er hat, unseren zweifachen Tod zu wirken, seinen einfachen Tod auf sich genommen. Durch seine Gottlosigkeit starb er nämlich im Geiste; dem Fleische nach ist er nicht gestorben. Uns aber überredete er zur Gottlosigkeit und bewirkte, dass wir durch sie auch den Tod des Leibes verdienten. Eines also haben wir auf sündigen Rat hin angestrebt, etwas anderes aber ist in gerechtem Gerichte über uns gekommen." [24]

Mohammed im Auftrag von Luzifer, "Jener Betrüger also, der dem Menschen Mittler wurde zum Tode und sich trügerisch auf dem Wege zum Leben entgegenstellt, unter dem Vorgeben, durch gottlose Gottesdienste ... durch die sich Hochmütige verführen lassen, Entsündigung zu bringen, konnte weder Anteil haben an unserem Tode noch die Auferstehung von seinem eigenen gewinnen und vermochte so zwar durch seinen einfachen Tod uns in einen zweifachen Tod zu stürzen. Eine einfache Auferstehung aber, welche das Geheimnis unserer inneren Erneuerung bedeutet und ein Beispiel für unsere eigene zukünftige Auferweckung ist, vermochte er nicht zu gewinnen. Jener indes, welcher, lebendig dem Geiste nach, seinen toten Leib wiedererweckte, der wahre Mittler des Lebens, hat den dem Geiste nach Toten und den Mittler zum Tode von den an ihn glaubenden Geistern weggejagt, so dass dieser nicht mehr in ihrem Innern herrscht, sondern nur noch von außen her angreifen kann, ohne sie zu bezwingen." [25]

Obwohl Sekten wie der Islam längst von Philosophen wie Johannes von Damaskus, Thomas von Aquin, Cusanus usw. widerlegt worden sind, treibt auch jetzt noch der Teufel bzw. Allah "sein Spiel mit seinen Anhängern, wenn er ihnen durch seine Gottesdienste als falscher Mittler entgegentritt, angeblich um sie zu entsündigen, in Wirklichkeit, um sie noch mehr zu verstricken und noch tiefer zu stürzen, indem er sie wegen ihres Hochmutes leicht dazu überredet, den Tod Christi zu verlachen und zu verachten. Je weiter er selber vom Tode entfernt ist, um so heiliger und göttlicher gilt er seinen Anhängern. Doch sind nur ganz wenige bei ihm geblieben, da die Heiden ihr Heil erkannten und in frommer Demut es schöpften, im Vertrauen auf Christus ihren Feind verließen und zu ihrem Erlöser eilten. Der Teufel weiß ja nicht, wie die erhabene göttliche Weisheit seine Nachstellungen und Rasereien für das Heil ihrer Gläubigen verwertet, indem sie von der höchsten Grenze, welche mit der geistigen Schöpfung beginnt, bis zur niedersten Grenze, dem Tode des Leibes, alles kraftvoll lenkt und mit Sanftmut ordnet. Sie dringt nämlich überall hin wegen ihrer Reinheit, und nichts Beflecktes geht in sie ein. Dem Teufel aber, welchem der Tod des Leibes fremd ist und der deshalb allzu hochmütig einherschreitet, wird ein Tod ganz anderer Art im ewigen Feuer der Hölle bereitet, wo nicht nur die Geister mit erdhaften Körpern, sondern auch jene mit luftförmigen gepeinigt werden können. Die hochmütigen Menschen aber, die Christus, weil er starb, für nichts erachten, wo er doch gerade dadurch uns um einen hohen Preis erkaufte, müssen den irdischen Tod auf sich nehmen und so der mühsalbeladenen menschlichen Natur wie die übrigen Menschen ihren Tribut zollen — er stammt von der Sünde — und werden mit dem Teufel noch in jenen anderen Tod gestürzt. Diesen zogen sie deshalb Christus vor, weil er sie in den irdischen Tod hineinstieß, dem er infolge seiner anders gearteten Natur nicht verfiel, während Christus unsertwegen in unendlichem Mitleid in diesen Tod hinabstieg. Trotzdem tragen sie kein Bedenken zu glauben, dass sie besser seien als die Dämonen, und hören nicht auf, sie mit allen möglichen Verwünschungen zu verfolgen und zu verfluchen, sie, von denen sie wissen, dass ihnen jedes irdische Todesleiden unzweifelhaft fremd ist, um dessentwillen sie eben Christus verachten. Sie wollen nicht begreifen, wie das in sich verharrende und in sich ganz und gar unwandelbare Wort Gottes eine niedere Natur annehmen und so ein niedriges Leiden auf sich nehmen konnte, das der unreine Geist, weil er keinen irdischen Körper hat, nicht auf sich nehmen kann. So können sie, während sie doch besser sind als die Dämonen, sterben, weil sie einen Leib haben, während die Dämonen, die keinen Leib tragen, nicht sterben können. Wenn sie sich auf den Tod bei ihren Opfern viel zugute tun, so merken sie nicht, dass sie diese für trügerische und hochmütige Geister schlachten, oder wenn sie es merken, dann geben sie sich dem Glauben hin, dass ihnen auch die Freundschaft von hinterhältigen und neiderfüllten Wesen Nutzen bringen könne, die keine andere Aufgabe verfolgen, als unsere Rückkehr zu hindern." [26]
 
 

8. Wie die Zukunft vorhergewusst werden kann und wie man zur unwandelbaren Wahrheit gelangt; Heilmittel; Plato's Timaeus

Nicht jedem Propheten kann man trauen. Augustinus erklärt wieso: "Es ist ein großer Unterschied, ob man auf Grund von bisherigen Erfahrungen das Zukünftige erschließt — so sehen die Ärzte vieles voraus, legen es auch schriftlich nieder, weil sie aus ihren Erfahrungen darum wissen; ebenso können die Bauern und Schiffer manches voraussagen; wenn es für eine sehr ferne Zukunft geschieht, spricht man von Ahnungen — oder ob das Zukünftige schon heranschreitet und, von der Ferne in seinem Kommen gesehen, auf Grund geschärfter Sehorgane geschaut und mitgeteilt wird — wenn die Mächte der Lüfte das tun, spricht man von ahnen —, wie wenn jemand von einem Berggipfel aus einen von weither kommen sieht und den in der Nähe in der Ebene Weilenden davon erzählt, oder ob es von heiligen Engeln, denen es Gott durch sein Wort und seine Weisheit offenbart — dort hat die Vergangenheit und Zukunft ein stehendes Sein —, einzelnen Menschen vorherverkündet wird oder, von ihnen vernommen, wieder an andere Menschen weitergegeben wird, oder ob der Geist mancher Menschen selbst im Heiligen Geiste so erhoben wird, dass sie die bestehenden Ursachen des Zukünftigen nicht nur durch die Vermittlung der Engel, sondern unmittelbar in ihnen selber schauen, auf dem höchsten Gipfel der Dinge stehend." [27] 

Auch viele Philosophen kann man nicht befragen, warum? Weil sie unfähig waren, "auf die ewige, geistige und unwandelbare Natur das Auge ihres Geistes mit solcher Festigkeit zu richten, dass sie in der Weisheit des Schöpfers und Lenkers des Alls den Lauf der Zeiten sahen, die dort schon ein Sein, und zwar ein immerwährendes Sein haben, hier jedoch noch der Zukunft angehören und daher noch kein Sein besitzen, und dass sie dort die Fortschritte der Seelen und auch der menschlichen Leiber bis zu ihrer ihnen jeweils zukommenden Vollendung schauten, — da sie also zu dieser Schau in keiner Weise fähig waren, wurden sie auch nicht für würdig gehalten, diese Dinge durch heilige Engel zu erfahren, sei es von außen her durch die Sinne des Körpers, sei es durch innere, geistig ausgedrückte Offenbarungen. So wurde die Zukunft unseren mit wahrer Frömmigkeit ausgestatteten Vätern gezeigt, die sie vorherverkündeten und durch gegenwärtige Zeichen oder rasch folgende, ihrer Verkündigung entsprechend eingetretene Ereignisse sich Glauben schufen und sich ein solches Ansehen erwarben, dass ihnen noch in der fernsten Zukunft bis ans Ende der Zeiten Glauben geschenkt wird. Die hochmütigen und trügerischen Mächte der Lüfte aber sind, auch wenn sich herausstellt, dass sie etwas über die Gemeinschaft und das Reich der Heiligen und über den wahren Mittler von den heiligen Propheten und Engeln erfahren und durch ihre Seher verkünden, darauf ausgegangen, durch die ihnen fremde Wahrheit auch die Gläubigen Gottes, wenn sie könnten, zu ihren Irrtümern zu verführen. Gott aber geht, ohne dass sie es wissen, dabei darauf aus, dass die Wahrheit von überall her klingt, den Gläubigen zur Hilfe, den Gottlosen zur Überführung." [28] 

Wie die Zukunft vorhergewusst werden kann, haben wir gesehen und wie man zur unwandelbaren Wahrheit und zu wirkungsvollen Heilmitteln gelangt, zeigt Augustinus hier. "So ist ja auch die Gesundheit von der Krankheit ganz verschieden, und doch muss das Heilmittel der Krankheit angepasst sein, wenn es die Gesundheit herbeiführen soll. Wertlose Heilmittel aus dem Reiche des Zeitlichen täuschen die Kranken, wertvolle verhelfen zur Genesung und führen die Geheilten in das Reich des Ewigen. Die Geistseele nun muss, wenn sie entsündigt ist, den ewigen Dingen in der Beschauung, den zeitlichen, damit sie entsündigt wird, im Glauben begegnen. So sagte ja auch einer von denen, die man einst bei den Griechen zu den Weisen zählte: „Was für das Entstandene die Ewigkeit ist, ist für den Glauben die Wahrheit.“ (Plato Timaeus 29 C nach Cicero Tim. 3, 8) Das ist wirklich ein wahrer Ausspruch. Was wir „zeitlich“ nennen, das heißen jene „entstanden“. Zu dieser Art des Seienden gehören auch wir, nicht nur sofern wir einen Leib haben, sondern auch sofern wir eine wandelbare Seele haben. Im eigentlichen Sinne kann man nämlich von Ewigkeit nur dort sprechen, wo sich keinerlei Wandel begibt. Soweit wir also wandelbar sind, sind wir der Ewigkeit ferne. Wir haben aber die Verheißung, dass wir zum ewigen Leben kommen durch die Wahrheit, von deren unmittelbarer Erfassung wieder unser Glaube so verschieden ist wie die Sterblichkeit von der Ewigkeit. Jetzt also begegnen wir den um unsertwillen in der Zeit geschehenen Ereignissen im Glauben und werden so entsündigt. Wenn wir dann zum Schauen kommen, dann wird, wie auf den Glauben die unverhüllte Wahrheit folgt, auf die Sterblichkeit die Ewigkeit folgen. Unser Glaube entwickelt sich also fort zur unverhüllten Wahrheit, wenn wir zu jener Wirklichkeit gelangen, die unserem Glauben verheißen ist — verheißen ist uns aber das ewige Leben. Deshalb sagte die Wahrheit, nicht jene, zu der sich unser Glaube in der Zukunft fortentwickeln wird, sondern die Wahrheit, die immer ist, weil bei ihr Ewigkeit herrschet: „Das aber ist das ewige Leben, dass sie dich, den einen wahren Gott erkennen, und den du gesandt hast, Jesus Christus.“ (Joh. 17, 3) Wenn also unser Glaube im Schauen zur unverhüllten Wahrheit sich entwickelt hat, dann wird unsere umgestaltete Sterblichkeit von der Ewigkeit umfangen werden. Bis dies geschieht, und damit es geschieht, sprechen wir zu den Heilsdingen, die einen Anfang nahmen, unser gläubiges Ja, wie wir hinsichtlich der ewigen Dinge auf die unverhüllte Schau der Wahrheit hoffen. Damit nun kein Missklang besteht zwischen dem sterblichen Leben des Glaubens und dem ewigen Leben der unverhüllten Wahrheit, hat die Wahrheit, die ewig ist wie der Vater, von der Erde einen Anfang genommen, indem der Sohn Gottes so in die Welt kam, dass er Menschensohn wurde und unseren Glauben auf seine eigene Persönlichkeit richtete, damit er uns so zu seiner Wahrheit führe, er, der unsere Sterblichkeit angenommen hatte, ohne seine Ewigkeit zu verlieren. Was nämlich für eine Wirklichkeit, die einen Anfang hat, die Ewigkeit ist, das ist für den Glauben die unverhüllte Wahrheit. Wir mussten also in der Weise entsühnt werden, dass jener für uns einen Anfang nahm, der zugleich in seiner Ewigkeit verharrte, damit es nicht ein anderer ist, dem wir im Glauben begegnen, ein anderer, dem wir in der unverhüllten Wahrheit begegnen. Wir könnten ja, weil wir einen Anfang genommen haben, nicht in das Reich des Ewigen eingehen, wenn nicht ein Ewiger einen Anfang genommen hätte wie wir und so mit uns verbunden wäre und uns zu seiner Ewigkeit hinführte. Jetzt sind wir also in einer gewissen Weise dorthin im Glauben gefolgt, wohin er kam durch seine Auffahrt, er, an den wir gläubig geworden sind, der einen Anfang nahm, starb, auferstand, auffuhr. Die beiden ersten dieser vier Wirklichkeiten kennen wir aus eigenem Erleben. Wir wissen ja, dass die Menschen geboren werden und sterben. Die zwei anderen, nämlich das Auferstehen und Auffahren, erhoffen wir uns mit Recht von der Zukunft, weil wir glauben, dass sie an ihm geschahen. In ihm wird also, weil das, was an ihm einen Anfang nahm, in die Ewigkeit einging, auch was an uns vergänglich ist, in die Ewigkeit eingehen, wenn unser Glaube zur unverhüllten Wahrheit gelangt. Zu den schon gläubig Gewordenen sagt er ja, damit sie am Worte des Glaubens halten und so zur Wahrheit und dadurch zur Ewigkeit geführt und von dem Tode befreit werden, folgendes: „Wenn ihr euch an mein Wort haltet, seid ihr wahrhaft meine Jünger.“ Und gleich als ob sie fragten: Mit welchem Gewinn?, fährt er fort: „Ihr werdet die Wahrheit erkennen.“ Und wiederum, gleich als ob sie sagten: Was nützt den Sterblichen die Wahrheit?, spricht er: „Und die Wahrheit wird euch frei machen.“ (Joh. 8, 31 f.) Wovon? Doch nur vom Tode, von der Vergänglichkeit, von der Wandelbarkeit. Die Wahrheit ist ja unsterblich, unvergänglich, unwandelbar. Wahre Unsterblichkeit, wahre Unvergänglichkeit, wahre Unwandelbarkeit aber ist Ewigkeit." [29] 
 
 

9. Philosophie der Kunst; die Natur hilft uns bei Kunst und Wissenschaft; Augustinus

Nach Schopenhauer und Augustinus hilft die Natur uns bei Kunst und Wissenschaft, "dieses Entgegenkommen der Natur, die Bedeutsamkeit und Deutlichkeit ihrer Formen, aus denen die in ihnen individualisirten Ideen uns leicht ansprechen" (Schopenhauer), auch wenn viele Menschen, insbesondere Pseudowissenschaftler vom RKI, sich leicht täuschen lassen und eine gewisse "Freude in Geistesgestörtheit" empfinden, obwohl außer dem Menschen keinem anderen sterblichen Lebewesen eine wunderbare Geistesgabe gegeben wurde. Aber sie nutzen sie nicht und jenes umkörperliche Licht vermögen sie nicht zu erfassen. [30] 
"Wie sehr man nun erst das Wissen liebt und welchen Widerwillen die menschliche Natur gegen die Täuschung hat, lässt sich schon daraus erkennen, dass jedermann Trauer bei gesundem Geiste der Freude in Geistesgestörtheit vorzieht. Diese mächtige und wunderbare Geistesgabe ist unter allen sterblichen Lebewesen allein dem Menschen eigen; wenn auch manche von ihnen einen viel schärferen Gesichtssinn haben zum Schauen des körperlichen Lichtes, zu dem unkörperlichen Licht vermögen sie doch nicht vorzudringen, durch das unser Geist gleichsam bestrahlt wird, so dass wir über all das richtig urteilen können. Denn insoweit wir dieses Licht erfassen, sind wir zu solchem Urteil fähig. Jedoch findet sich in den Sinnen der vernunftlosen Lebewesen, wenn auch kein Wissen in irgendeiner Weise, so doch immerhin etwas dem Wissen Ähnliches. Die übrigen körperhaften Wesen aber heißen nur deshalb Sinneswesen, weil sie auf die Sinne einwirken, nicht als ob sie selbst Sinne hätten. Unter ihnen zeigt sich wiederum bei den Pflanzen insofern etwas den Sinnen Ähnliches, als sie sich nähren und fortpflanzen. Übrigens haben sie und alle körperlichen Dinge ihre in der Natur verborgenen Ursachen; ihre Formen jedoch, durch die der sichtbare Bau dieser Welt sich formenschön gestaltet, bieten sie den Sinnen zur Wahrnehmung dar, so dass sie, wie zum Ersatz für das ihnen mangelnde Wissen, Gegenstand des Wissens sein zu wollen scheinen. Wir aber erfassen sie zwar mit dem leiblichen Sinne, urteilen aber darüber nicht mit dem leiblichen Sinne. Denn wir besitzen noch einen anderen, über diesen weit erhabenen Sinn, den Sinn des inneren Menschen, kraft dessen wir das Rechte und das Unrechte empfinden, das Rechte an der Übereinstimmung mit der übersinnlichen Form, das Unrechte an der Abweichung davon. Dieser Sinn betätigt sich, ohne dass er der Schärfe des Auges bedürfte oder der Ohröffnung oder des Einatmens durch die Nase oder des Geschmackes im Gaumen oder irgendeiner körperlichen Berührung. In ihm bin ich gewiß, dass ich bin, dass ich das weiß; in ihm liebe ich Sein und Bewusstsein und bin ich auch darüber gewiss, dass ich dies liebe." -  Augustinus, De civ. Dei, XI, 27
Nach Schopenhauer und Augustinus tritt das Versetzen in den Zustand des reinen Anschauens am leichtesten ein, wenn die Gegenstände demselben entgegenkommen, "d. h. durch ihre mannigfaltige und zugleich bestimmte und deutliche Gestalt leicht zu Repräsentanten ihrer Ideen werden, worin eben die Schönheit, im objektiven Sinne, besteht. Vor Allem hat die schöne Natur diese Eigenschaft und gewinnt dadurch selbst dem Unempfindlichsten wenigstens ein flüchtiges ästhetisches Wohlgefallen ab: ja, es ist so auffallend, wie besonders die Pflanzenwelt zur ästhetischen Betrachtung auffordert und sich gleichsam derselben aufdringt, dass man sagen möchte, dieses Entgegenkommen stände damit in Verbindung, dass diese organischen Wesen nicht selbst, wie die thierischen Leiber, unmittelbares Objekt der Erkenntnis sind, daher sie des fremden verständigen Individuums bedürfen, um aus der Welt des blinden Wollens in die der Vorstellung einzutreten, weshalb sie gleichsam nach diesem Eintritt sich sehnten, um wenigstens mittelbar zu erlangen, was ihnen unmittelbar versagt ist. Ich lasse übrigens diesen gewagten und vielleicht an Schwärmerei grenzenden Gedanken ganz und gar dahingestellt sein, da nur eine sehr innige und hingebende Betrachtung der Natur ihn erregen oder rechtfertigen kann Um so mehr erfreut und überrascht mich jetzt, 40 Jahre nachdem ich obigen Gedanken so schüchtern und zaudernd hingeschrieben habe, die Entdeckung, dass schon der heilige Augustinus ihn ausgesprochen hat: Arbusta formas suas varias, quibus mundi hujus visibilis structura formosa est, sentiendas sensibus praebent; ut, pro eo quod nosse non possunt, quasi innotescere velle videantur. (De civ. Dei, XI, 27.). Solange nun dieses Entgegenkommen der Natur, die Bedeutsamkeit und Deutlichkeit ihrer Formen, aus denen die in ihnen individualisirten Ideen uns leicht ansprechen, es ist, die uns aus der dem Willen dienstbaren Erkenntnis bloßer Relationen in die ästhetische Kontemplation versetzt und eben damit zum willensfreien Subjekt des Erkennens erhebt: so lange ist es bloß das Schöne, was auf uns wirkt, und Gefühl der Schönheit was erregt ist. Wenn nun aber eben jene Gegenstände, deren bedeutsame Gestalten uns zu ihrer reinen Kontemplation einladen, gegen den menschlichen Willen überhaupt, wie er in seiner Objektität, dem menschlichen Leibe, sich darstellt, ein feindliches Verhältniß; haben, ihm entgegen sind, durch ihre allen Widerstand aufhebende Uebermacht ihn bedrohen, oder vor ihrer unermeßlichen Größe ihn bis zum Nichts verkleinern; der Betrachter aber dennoch nicht auf dieses sich aufdringende feindliche Verhältniß zu seinem Willen seine Aufmerksamkeit richtet; sondern, obwohl es wahrnehmend und anerkennend, sich mit Bewußtsein davon abwendet, indem er sich von seinem Willen und dessen Verhältnissen gewaltsam losreißt und allein der Erkenntnis hingegeben, eben jene dem Willen furchtbaren Gegenstände als reines willensloses Subjekt des Erkennens ruhig kontemplirt, ihre jeder Relation fremde Idee allein auffassend, daher gerne bei ihrer Betrachtung weilend, folglich eben dadurch über sich selbst, seine Person, sein Wollen und alles Wollen hinausgehoben wird: – dann erfüllt ihn das Gefühl des Erhabenen, er ist im Zustand der Erhebung, und deshalb nennt man auch den solchen Zustand veranlassenden Gegenstand erhaben. Was also das Gefühl des Erhabenen von dem des Schönen unterscheidet, ist dieses: beim Schönen hat das reine Erkennen ohne Kampf die Oberhand gewonnen, indem die Schönheit des Objekts, d. h. dessen die Erkenntnis seiner Idee erleichternde Beschaffenheit, den Willen und die seinem Dienste fröhnende Erkenntnis der Relationen, ohne Widerstand und daher unmerklich aus dem Bewußtsein entfernte und dasselbe als reines Subjekt des Erkennens übrig ließ, so dass selbst keine Erinnerung an den Willen nachbleibt: hingegen bei dem Erhabenen ist jener Zustand des reinen Erkennens allererst gewonnen durch ein bewußtes und gewaltsames Losreißen von den als ungünstig erkannten Beziehungen desselben Objekts zum Willen, durch ein freies, von Bewußtsein begleitetes Erheben über den Willen und die auf ihn sich beziehende Erkenntnis. Diese Erhebung muss mit Bewußtsein nicht nur gewonnen, sondern auch erhalten werden und ist daher von einer steten Erinnerung an den Willen begleitet, doch nicht an ein einzelnes, individuelles Wollen, wie Furcht oder Wunsch, sondern an das menschliche Wollen überhaupt, sofern es durch seine Objektität, den menschlichen Leib, allgemein ausgedrückt ist. Träte ein realer einzelner Willensakt ins Bewußtsein, durch wirkliche, persönliche Bedrängniß und Gefahr vom Gegenstände: so würde der also wirklich bewegte individuelle Wille alsbald die Oberhand gewinnen, die Ruhe der Kontemplation unmöglich werden, der Eindruck des Erhabenen verloren gehen, indem er der Angst Platz macht, in welcher das Streben des Individuums, sich zu retten, jeden andern Gedanken verdrängte. – Einige Beispiele werden sehr viel beitragen, diese Theorie des Aesthetisch-Erhabenen deutlich zu machen und außer Zweifel zusetzen; zugleich werden sie die Verschiedenheit der Grade jenes Gefühls des Erhabenen zeigen. Denn da dasselbe mit dein des Schönen in der Hauptbestimmung, dem reinen, willensfreien Erkennen und der mit demselben notwendig eintretenden Erkenntnis der außer aller durch den Satz des Grundes bestimmten Relation stehenden Ideen, Eines ist und nur durch einen Zusatz, nämlich die Erhebung über das erkannte feindliche Verhältniß; eben des kontemplirten Objekts zum Willen überhaupt, sich vom Gefühl des Schönen unterscheidet; so entstehen, je nachdem dieser Zusatz stark, laut, dringend, nah, oder nur schwach, fern, bloß angedeutet ist, mehrere Grade des Erhabenen, ja Uebergänge des Schönen zum Erhabenen. Ich halte es der Darstellung angemessener, diese Uebergänge und überhaupt die schwächeren Grade des Eindrucks des Erhabenen zuerst in Beispielen vor die Augen zu bringen, obwohl Diejenigen, deren ästhetische Empfänglichkeit überhaupt nicht sehr groß und deren Phantasie nicht lebhaft ist, bloß die später folgenden Beispiele der höheren, deutlicheren Grade jenes Eindrucks verstehen werden, an welche allein sie sich daher zu halten und die zuerst anzuführenden Beispiele der sehr schwachen Grade des besagten Eindrucks auf sich beruhen zu lassen haben. Wie der Mensch zugleich ungestümer und finsterer Drang des Wollens (bezeichnet durch den Pol der Genitalien als seinen Brennpunkt) und ewiges, freies, heiteres Subjekt des reinen Erkennens (bezeichnet durch den Pol des Gehirns) ist; so ist, diesem Gegensatz entsprechend, die Sonne zugleich Quelle des Lichtes, der Bedingung zur vollkommensten Erkenntnisart, und eben dadurch des erfreulichsten der Dinge, – und Quelle der Wärme, der ersten Bedingung des Lebens, d. i. aller Erscheinung des Willens auf den höheren Stufen derselben. Was daher für den Willen die Wärme, das ist für die Erkenntnis das Licht. Das Licht ist eben daher der größte Demant in der Krone der Schönheit und hat auf die Erkenntnis jedes schönen Gegenstandes den entschiedensten Einfluß: seine Anwesenheit überhaupt ist unerläßliche Bedingung; seine günstige Stellung erhöht auch die Schönheit des Schönsten. Vor allem Andern aber wird das Schöne der Baukunst durch seine Gunst erhöht, durch welche jedoch selbst das Unbedeutendste zum schönsten Gegenstande wird. – Sehen wir nun im strengen Winter, bei der allgemeinen Erstarrung der Natur, die Strahlen der niedrig stehenden Sonne von steinernen Massen zurückgeworfen, wo sie erleuchten, ohne zu wärmen, also nur der reinsten Erkenntnisweise, nicht dem Willen günstig sind; so versetzt die Betrachtung der schönen Wirkung des Lichtes auf diese Massen, uns, wie alle Schönheit, in den Zustand des reinen Erkennens, der jedoch hier durch die leise Erinnerung an den Mangel der Erwärmung durch eben jene Strahlen, also des belebenden Princips, schon ein gewisses Erheben über das Interesse des Willens verlangt, eine leise Aufforderung zum Verharren im reinen Erkennen, mit Abwendung von allem Wollen, enthält, eben dadurch aber ein Uebergang vom Gefühl des Schönen zu dem des Erhabenen ist. Es ist der schwächste Anhauch des Erhabenen am Schönen, welches letztere selbst hier nur in geringem Grade hervortritt. Ein fast noch eben so schwaches Beispiel ist folgendes. Versetzen wir uns in eine sehr einsame Gegend, mit unbeschränktem Horizont, unter völlig wolkenlosem Himmel, Bäume und Pflanzen in ganz unbewegter Luft, keine Thiere, keine Menschen, keine bewegte Gewässer, die tiefste Stille; – so ist solche Umgebung wie ein Aufruf zum Ernst, zur Kontemplation, mit Losreißung von allem Wollen und dessen Dürftigkeit: eben dieses aber gibt schon einer solchen, bloß einsamen und tiefruhenden Umgebung einen Anstrich des Erhabenen. Denn weil sie für den des steten Strebens und Erreichens bedürftigen Willen keine Objekte darbietet, weder günstige noch ungünstige, so bleibt nur der Zustand der reinen Kontemplation übrig, und wer dieser nicht fähig ist, wird der Leere des nichtbeschäftigten Willens, der Quaal der Langenweile, mit beschämender Herabsetzung Preis gegeben. Sie gibt insofern ein Maaß unseres eigenen intellektualen Werthes, für welchen überhaupt der Grad unserer Fähigkeit zum Ertragen, oder Lieben der Einsamkeit ein guter Maaßstab ist. Die geschilderte Umgebung gibt also ein Beispiel des Erhabenen in niedrigem Grad, indem in ihr dem Zustand des reinen Erkennens, in seiner Ruhe und Allgenugsamkeit, als Kontrast, eine Erinnerung an die Abhängigkeit und Armsäligkeit des einen steten Treibens bedürftigen Willens beigemischt ist. – Dies ist die Gattung des Erhabenen, welche dem Allblick der endlosen Prärien im Innern Nord-Amerikas nachgerühmt wird. Lassen wir nun aber eine solche Gegend auch der Pflanzen entblößt sein und nur nackte Felsen zeigen; so wird, durch die gänzliche Abwesenheit des zu unserer Subsistenz nöthigen Organischen, der Wille schon geradezu beängstigt: die Oede gewinnt einen furchtbaren Charakter; unsere Stimmung wird mehr tragisch: die Erhebung zum reinen Erkennen geschieht mit entschiedenerem Losreißen vom Interesse des Willens, und indem wir im Zustande des reinen Erkennens beharren, tritt das Gefühl des Erhabenen deutlich hervor. In noch höherem Grade kann es folgende Umgebung veranlassen. Die Natur in stürmischer Bewegung: Helldunkel, durch drohende schwarze Gewitterwolken; ungeheure, nackte, herabhängende Felsen, welche durch ihre Verschränkung die Aussicht verschließen; rauschende schäumende Gewässer; gänzliche Oede; Wehklage der durch die Schluchten streichenden Luft. Unsere Abhängigkeit, unser Kampf mit der feindlichen Natur, unser darin gebrochener Wille, tritt uns jetzt anschaulich vor Augen: so lange aber nicht die persönliche Bedrängniß die Oberhand gewinnt, sondern wir in ästhetischer Beschauung bleiben, blickt durch jenen Kampf der Natur, durch jenes Bild des gebrochenen Willens, das reine Subjekt des Erkennens durch und faßt ruhig, unerschüttert, nicht mitgetroffen ( unconcerned), an eben den Gegenständen, welche dem Willen drohend und furchtbar sind, die Ideen auf. In diesem Kontrast eben liegt das Gefühl des Erhabenen. Aber noch mächtiger wird der Eindruck, wenn wir den Kampf der empörten Naturkräfte im Großen vor Augen haben, wenn in jener Umgebung ein fallender Strom durch sein Toben uns die Möglichkeit die eigene Stimme zu hören benimmt; – oder wenn wir am weiten, im Sturm empörten Meere stehen: häuserhohe Wellen steigen und sinken, gewaltsam gegen schroffe Uferklippen geschlagen, spritzen sie den Schaum hoch in die Luft, der Sturm heult, das Meer brüllt, Blitze aus schwarzen Wolken zucken und Donnerschläge übertönen Sturm und Meer. Dann erreicht im unerschütterten Zuschauer dieses Auftritts die Duplicität seines Bewußtseins die höchste Deutlichkeit: er empfindet sich zugleich als Individuum, als hinfällige Willenserscheinung, die der geringste Schlag jener Kräfte zertrümmern kann, hülflos gegen die gewaltige Natur, abhängig, dem Zufall Preis gegeben, ein verschwindendes Nichts, ungeheuren Mächten gegenüber; und dabei nun zugleich als ewiges ruhiges Subjekt des Erkennens, welches, als Bedingung des Objekts, der Träger eben dieser ganzen Welt ist und der furchtbare Kampf der Natur nur seine Vorstellung, es selbst in ruhiger Auffassung der Ideen, frei und fremd allem Wollen und allen Nöthen. Es ist der volle Eindruck des Erhabenen. Hier veranlasst ihn der Anblick einer dem Individuo Vernichtung drohenden, ihm ohne allen Vergleich überlegenen Macht. Auf ganz andere Weise kann er entstehen bei der Vergegenwärtigung einer bloßen Größe in Raum und Zeit, deren Unermeßlichkeit das Individuum zu Nichts verkleinert. Wir können die erstere Art das Dynamisch-, die zweite das Mathematisch-Erhabene nennen, Kants Benennungen und seine richtige Eintheilung beibehaltend, obgleich wir in der Erklärung des innern Wesens jenes Eindrucks ganz von ihm abweichen und weder moralischen Reflexionen, noch Hypostasen aus der scholastischen Philosophie einen Antheil dabei zugestehen. Wenn wir uns in die Betrachtung der unendlichen Größe der Welt in Raum und Zeit verlieren, den verflossenen Jahrtausenden und den kommenden nachsinnen, – oder auch, wenn der nächtliche Himmel uns zahllose Welten wirklich vor Augen bringt, und so die Unermeßlichkeit der Welt auf das Bewußtsein eindringt, – so fühlen wir uns selbst zu Nichts verkleinert, fühlen uns als Individuum, als belebter Leib, als vergängliche Willenserscheinung, wie ein Tropfen im Ocean, dahin schwinden, ins Nichts zerfließen. Aber zugleich erhebt sich gegen solches Gespenst unserer eigenen Nichtigkeit, gegen solche lügende Unmöglichkeit, das unmittelbare Bewußtsein, dass alle diese Welten ja nur in unserer Vorstellung dasind, nur als Modifikationen des ewigen Subjekts des reinen Erkennens, als welches wir uns finden, sobald wir die Individualität vergessen, und welches der notwendige, der bedingende Träger aller Welten und aller Zeiten ist. Die Größe der Welt, die uns vorher beunruhigte, ruht jetzt in uns: unsere Abhängigkeit von ihr wird aufgehoben durch ihre Abhängigkeit von uns. – Dieses Alles kommt jedoch nicht sofort in die Reflexion, sondern zeigt sich als ein nur gefühltes Bewußtsein, dass man, in irgend einem Sinne (den allein die Philosophie deutlich macht), mit der Welt Eines ist und daher durch ihre Unermeßlichkeit nicht niedergedrückt, sondern gehoben wird. Es ist das gefühlte Bewußtsein Dessen, was die Upanischaden der Veden m so mannigfaltigen Wendungen wiederholt aussprechen, vorzüglich in dem schon oben beigebrachten Spruch: Hae omnes creaturae in totum ego sum, et praeter me aliud ens non est - Alle diese Geschöpfe insgesamt bin ich, und außer mir ist kein anderes Wesen. ( Oupnek'hat, Bd. 1, S. 122). Es ist Erhebung über das eigene Individuum, Gefühl des Erhabenen. Auf eine ganz unmittelbare Weise erhalten wir diesen Eindruck des Mathematisch-Erhabenen schon durch einen Raum, der zwar gegen das Weltgebäude betrachtet klein ist, der aber dadurch dass er uns unmittelbar ganz wahrnehmbar geworden ist, nach allen drei Dimensionen mit seiner ganzen Größe auf uns wirkt, welche hinreicht, das Maaß unsers eigenen Leibes fast unendlich klein zu machen. Dies kann ein für die Wahrnehmung leerer Raum nie, daher nie ein offener, sondern nur ein durch die Begränzung nach allen Dimensionen unmittelbar wahrnehmbarer, also ein sehr hohes und großes Gewölbe, wie das der Peterskirche in Rom, oder der Paulskirche in London. Das Gefühl des Erhabenen entsteht hier durch das Innewerden des verschwindenden Nichts unsers eigenen Leibes vor einer Größe, die andererseits selbst wieder nur in unserer Vorstellung liegt und deren Träger wir als erkennendes Subjekt sind, also hier wie überall durch den Kontrast der Unbedeutsamkeit und Abhängigkeit unseres Selbst als Individuums, als Willenserscheinung, gegen das Bewußtsein unserer als reinen Subjekts des Erkennens. Selbst das Gewölbe des gestirnten Himmels wirkt, wenn es ohne Reflexion betrachtet wird, nur eben so wie jenes steinerne Gewölbe, und nicht mit seiner wahren, sondern nur mit seiner scheinbaren Größe. – Manche Gegenstände unserer Anschauung erregen den Eindruck des Erhabenen dadurch, dass, sowohl vermöge ihrer räumlichen Größe, als ihres hohen Alters, also ihrer zeitlichen Dauer, wir ihnen gegenüber uns zu Nichts verkleinert fühlen, und dennoch im Genüsse ihres Anblicks schwelgen: der Art sind sehr hohe Berge, Aegyptische Pyramiden, kolossale Ruinen von hohem Alterthume. Ja, auch auf das Ethische läßt unsere Erklärung des Erhabenen sich übertragen, nämlich auf Das, was man als den erhabenen Charakter bezeichnet. Auch dieser nämlich entspringt daraus, dass der Wille nicht erregt wird durch Gegenstände, welche allerdings geeignet wären, ihn zu erregen; sondern das Erkennen auch dabei die Oberhand behält. Ein solcher Charakter wird demnach die Menschen rein objektiv betrachten, nicht aber nach den Beziehungen, welche sie zu seinem Willen haben könnten: er wird z. B. ihre Fehler, sogar ihren Haß und ihre Ungerechtigkeit gegen ihn selbst, bemerken, ohne dadurch seinerseits zum Haß erregt zu werden; er wird ihr Glück ansehen, ohne Neid zu empfinden; er wird ihre guten Eigenschaften erkennen, ohne jedoch nähere Verbindung mit ihnen zu wünschen; er wird die Schönheit der Weiber wahrnehmen, ohne ihrer zu begehren. Sein persönliches Glück oder Unglück wird ihn nicht stark affiziren, vielmehr wird er sein, wie Hamlet den Horatio beschreibt." [31] 
 
"For thon hast been
As one, in suffering all, tat suffers noting;
A man, tat fortune's beffets and rewards
Hast ta'en with equal thanks" - William Shakespeare, Hamlet III, 2 

(Denn du warst stets als hättest,
Indem dich Alles traf, du nichts zu leiden:
Des Schicksals Schläge und Geschenke hast
Mit gleichem Dank du hingenommen, u. s. w.)


 
 

Anmerkungen

[1] Augustinus, de trinitate, Einleitung; Des heiligen Kirchenvaters Aurelius Augustinus fünfzehn Bücher über die Dreieinigkeit / aus dem Lateinischen übers. und mit Einl. versehen von Michael Schmaus. (Des heiligen Kirchenvaters Aurelius Augustinus ausgewählte Schriften Bd. 11-12; Bibliothek der Kirchenväter, 2. Reihe, Band 13-14) Kempten; München : J. Kösel : F. Pustet, 1935; Wissenschaftsbriefe / Science Review Letters 2022, 21, Nr. 1324, vgl. Kurse Nr. 654 St. Augustinus III, Nr. 564 St. Augustinus I, Nr. 601 St. Augustinus IINr. 616 St. Gregor von Nazianz, Nr. 613 St. Gregor von Nyssa, Nr. 612 St. Johannes Chrysostomos, Nr. 627 St. Basilius der Große, Nr. 653 St. Cyprianus, Nr. 609 St. Athanasius der Große, Nr. 577 Petrus Lombardus, Nr. 570 St. Hilarius von Poitiers, Nr. 572 Anselm von Canterbury, Nr. 501 St.Thomas von Aquin II,  Sth I., Nr. 502 St.Thomas von Aquin III, Sth. I-II, Nr. 582 St.Thomas von Aquin IV, Sth II-II, Nr. 583 St.Thomas von Aquin V, Sth. III, Nr. 566 Meister Eckhart,  Akademie der Kunst und Philosophie
[2] Ib.
[3] Ib.
[4] Ib.
[5] De trinitate I, 1-6
[6] Ib.
[7] Ib.
[8] II, 10-18
[9] Ib.
[10] Ib.
[11] Ib.
[12] Ib.
[13] Ib.
[14] Ib.
[15] III, 1-4; zu: Das nichtige Gerede der Philosophen bzw. Wissenschaftler, die für den Willen Gottes gar keinen Blick haben, die nicht eine sachliche Prüfung der stofflichen Dinge und Vorgänge vornehmen, sondern nur ihr eigenes Vorurteil und irriges Denken gebracht haben, kritisierten schon Aristoteles und später Thomas von Aquin, Leibniz, Goethe, Hegel, Schelling, Fichte, vgl. Kurse Nr. 533 Aristoteles, Nr. 501 St.Thomas von Aquin II,  Sth I., Nr. 502 St.Thomas von Aquin III, Sth. I-II, Nr. 582 St.Thomas von Aquin IV, Sth II-II, Nr. 583 St.Thomas von Aquin V, Sth. III, Nr. 567 Gottfried Wilhelm Leibniz, Nr. 551 G.W.F. Hegel, Nr. 511 J.G.Fichte, Nr. 509 F.W.J. Schelling I, Nr. 510 F.W.J. Schelling II, Nr. 513 F.W.J. Schelling III, Johann Wolfgang von Goethe I-II, Ib.
[16] Ib.
[17] Ib.
[18] Ib.
[19] III, 5-8
[20] Ib.
[21] IV, Vorbemerkung -10
[22] Ib.
[23] IV, 11-13
[24] Ib.
[25] Ib.
[26] Ib.
[27] IV, 17-18
[28] Ib.
[29] Ib.
[30] Augustinus, De civitate dei XI, 27; Augustinus von Hippo (354-430), De Civitate Dei,  In: Des heiligen Kirchenvaters Aurelius Augustinus zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat. Aus dem Lateinischen übers. von Alfred Schröder. Des heiligen Kirchenvaters Aurelius Augustinus ausgewählte Schriften 1-3, Bibliothek der Kirchenväter, 1. Reihe, Band 01, 16, 28, Kempten, München 1911-16; Arthur Schopenhauer, Die Welt als Wille und Vorstellung I, 3, §. 39; vgl. Kurse Nr. 564 St. Augustinus I, Nr. 601 St. Augustinus II, Nr. 654 St. Augustinus III, Nr. 663 Arthur Schopenhauer III, Ib.
[31] Ib.
 
 



Benozzo Gozzoli: St Augustine teaching in Rome
 


Botticelli, the coronation of the virgin, san marco altarpiece detail, with St. Augustine
 
 
 
 


Murillo, Madonna del latte

Maria Lactans und die Gottesgelehrten in der Kunst und in Dantes Commedia, Paradiso XXIII - XXX: Die Erfahrungen des "Jenseitswanderer Dante im Paradies" sind mitunter unbegreiflich. "Dennoch, oder vielleicht gerade deshalb, überrascht uns Dante mit einer Sprache der Nähe, der Einfachheit." Nicht Mutter steht da, sondern „mamma“, reimend auf „infiamma“ (entflammt). Nachdem es an der Brust getrunken hat, streckt das Kind die Arme nach der Mutter aus, und so wird die Liebe, die sein Gemüt bewegt, auch nach außen hin sichtbar. "Tatsächlich kommen Brüste in Paradiso XXIII dreimal vor. Und dreimal inszeniert der Gesang eine nährende Beziehung zwischen Mutter und Kind: Beatrice ist wie eine Vogelmutter, die ihr Junges (Dante) nähren will, die Musen erquicken die Dichter mit ihrer Milch, die im Paradies weilenden Seligen strecken ihre Flammenkörper hin zur Muttergottes, wie ein Kind die Arme nach der Mutter(-brust) ausstreckt."  Es geht nicht nur um Liebe, sondern um göttliches Wissen oder geistige Nahrung. Beatrice spricht von den Scharen, die "in Christi Siegeszug" kommen. Dante beschreibt sie so: "Ihr Antlitz strahlte mir, als stünd's in Flammen / und ihre Augen so voll Fröhlichkeit / dass ich's nicht schildern kann und schweigen muss." 

Dante beschreibt das Paradies und die Hierarchie der Engel im Sinne der christlichen Philosophen und Gottesgelehrten, insbesondere beruft er sich im X. Gesang auf Dionysius Areopagita, aus dessen Werk De coelesti hierarchis auch von anderen Gottesgelehrten wie Albertus Magnus, Petrus Lombardus, Boethius, Isidor von Sevilla (gest. 636), Beda Venerabilis (gest. 735), Richard von St. Victor (gest. 1173) und Thomas von Aquin (Paradiso X  und XIII) zitiert wird. Im XII. Gesang treten auch die großen Gottesgelehrten Hugo von St. Victor, Johannes Chrysostommos, Anselm von Canterbury, Bonaventura von Bagnorea (1221-74), im XI Gesang Franz von Assisi und Domenicus von Calahorra, im 22. Gesang der heilige Benedikt auf.  Viele dieser Gottesgelehrten bezeichneten schon die heiligen Schriften der Bibel als eine Milchnahrung, die man bedenkenlos auch weniger erfahrenen Lesern verabreichen könne. "Überliefert ist aber auch die Legende der Maria lactans, der zufolge Maria die von ihr privilegierten Heiligen mit der eigenen Milch ernährt – sprich: ihnen mystisches Wissen und außergewöhnliche Rhetorik verschafft. Dass Dante sich selbst als einen dieser Privilegierten sieht, sagt er später, in Paradiso XXX, deutlich. Hier vergleicht er seinen eigenen Wissensdurst mit dem eines Kindes, das sich auf die Mutterbrust stürzt." Wer als christlicher Dichter und Philosoph nach Weisheit strebt, sehnt sich quasi nach jenen metaphorischen Brüsten, die eben die der Muttergottes sind. "Der Dichter fällt zurück in kindliches Lallen („mamma“), der Wanderer in kindliche Gier. Diese Gier ist bedingungslose Liebe und völliges Ausgeliefertsein, weil von ihr das Überleben abhängt. Das kaum Fassbare – die Vision Christi in Paradiso XXIII, der Lichtstrom in Paradiso XXX – wird von Dante mit einer Erfahrung verglichen, die (ob Brust oder Fläschchen) jede/r von uns gemacht hat. In Italien streitet man gerade darüber, ob man Dante aktualisierend lesen, ihn zum Zeitgenossen machen dürfe. Die Hüter der Tradition plädieren dafür, den Autor der Commedia in seiner historischen Distanz nicht anzutasten. Dante hätte das nicht gewollt." Er wollte ein populärer Autor sein, deshalb wählte er für seine Komödie die Volkssprache. "Auf die Vorwürfe seines Bewunderers Giovanni del Virgilio, er werfe damit Perlen vor die Säue, antwortete Dante in zwei lateinischen Eklogen. Darin ist von Schafen die Rede und auch wieder von Milch – und Brot." Ähnlich wie heute hatte man zu Dantes Zeit diese wichtige Geistesnahrung, die von Kirchenvätern wie Augustinus beschrieben wurde, verschmäht. Schon damals kümmerte sich der Papst wenig um die Befreiung des Heiligen Landes und des südöstlichen Mttelmeers ("erstreckt sich zwischen feindlichen Gestaden") vom Islam sondern nur um den Missbrauch innerhalb der Kirche: "Um das der Papst sich jetzt so wenig kümmert. / In deiner Stadt, gehegt, gepflanzt von jenem (Luzifer), / der seinem Schöpfer bald den Rücken wandte, / voll Neid, zum großen Jammer aller Zeiten, / ja dort entsteht und wuchert das verfluchte / geblümte Guldenkraut (Münze), durch das die Herde / missleitet und der Hirt ein Wolf ist worden. / Verlassen liegen Evangelien und / die großen Kirchenväter... / um Nazareth, wohin den Engel Gabriel / die Flügel trugen, kümmern sie sich nicht." (Paradiso IX) In der Kunst wird Maria lactans von Raffael, Jan van Eyck, Murillo, Dürer und vielen anderen Künstlern dargestellt. Vgl. Kurse Nr. 562 Dante Alighieri II, Nr. 577 Petrus Lombardus, Nr. 572 Anselm von Canterbury, Nr. 579 St. Albertus Magnus, Nr. 500 St. Thomas von Aquin I, ScG, Nr. 612 St. Johannes Chrysostomos, Nr. 654 St. Augustinus III, Nr. 595 Jan van Eyck, Nr. 635 Rogier van der Weyden, Nr. 522 Raffael (Raffaello Sanzio), Nr. 589 Albrecht Dürer, Nr. 639 Bartolomé Esteban Murillo, Akademie der Kunst und Philosophie
 
 


Juan de Borgona, Sant Agostino
 
 


Claudio Coello, El triunfo de San Augustin,1664

Der Triumpf des Heiligen Augustinus, dessen Gedenktag der 28. August ist, über die Wesen der Hölle, dargestellt als Drachen; er wendet sich in seinen Werken De trinitate, Enchiridion, Tractatus in Iohannis Evangelium, De utilitate credendi, De haeres., De fide et operibus, De vera religione gegen die Verdrehungskünste einiger fehlgeleiteter Christen, die heute sogar Muezzinrufe in Europa zulassen aber auch wie vorwegnehmend gegen die, die später als Sarazenen oder Muslime auftreten und mit ihrem Koran ein Musterwerk der Verdrehungskunst schaffen werden und die Trinität und die Göttlichkeit Christi leugnen: "Wer diese meine Abhandlung über die Dreieinigkeit lesen will, soll zuerst wissen, dass meine Feder wachsam sich gegen die Verdrehungskünste jener wendet, welche es verschmähen, vom Glauben auszugehen, und so durch ihr vorwitziges und verkehrtes Verlangen nach Verstehen in Irrtum fallen. Einige von ihnen versuchen das, was sie von den stofflichen Dingen, sei es durch die Erfahrung der Leibessinne wissen, sei es durch die natürliche Kraft der menschlichen Begabung und durch lebendigen Fleiß oder durch die Hilfe der Kunst sich angeeignet haben, auf die unstofflichen und geistigen Dinge zu übertragen, so dass sie nach den ersteren die letzteren messen und deuten wollen. Es gibt auch andere, welche sich ihre Meinung über Gott gemäß der Natur der menschlichen Seele und ihren Neigungen bilden, wenn sie sich überhaupt eine Meinung bilden. Aus diesem Irrtum heraus verleiben sie ihrer Rede, wenn sie von Gott sprechen, abwegige und falsche Regeln ein. Wiederum gibt es eine andere Art von Menschen, solche, die zwar über die ganze Schöpfung, die in der Tat wandelbar ist, hinauszugehen suchen, um den Blick zu der unwandelbaren Substanz, die Gott ist, zu erheben; aber durch der Sterblichkeit Last niedergedrückt — da sie sowohl, was sie nicht wissen, zu wissen scheinen wollen, wie auch, was sie wollen, nicht wissen können —, behaupten sie allzu kühn ihre vorgefassten Meinungen und verschließen sich so die Zugänge zur Einsicht, mehr darauf bedacht, ihre verkehrte Ansicht nicht zu verbessern, als die von ihnen verteidigte Lehre aufzugeben." St. Augustinus, de trinitate

Vgl. Kurse Nr. 564 St. Augustinus I, Nr. 601 St. Augustinus II, Nr. 654 St. Augustinus III, Akademie der Kunst und Philosophie
 
 


 St. Augustinus
Akademie der Kunst und Philosophie / Academy of Arts and Philosophy
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Zur Philosophie und Kulturgeschichte von Byzanz, des Mittelalters, der Schule von Chartres, der Renaissance, des Barock, der Aufklärung, des Idealismus, der Romantik vgl. Kurse:Nr. 551 G.W.F. Hegel I, Nr. 660 G.W.F. Hegel II, Nr. 511 Johann Gottlieb Fichte I, Nr. 658 Johann Gottlieb Fichte II, Nr. 509 F.W.J. Schelling I, Nr. 510 F.W.J. Schelling II, Nr. 513 F.W.J. Schelling III, Nr. 505 Arthur Schopenhauer I-II, Nr. 663 Arthur Schopenhauer III, Nr. 531 Platon, Nr. 533 Aristoteles, Nr. 623 Johann Ludwig Wilhelm Müller, Nr. 020 Johann Wolfgang von Goethe I-II, Nr. 673 Johann Wolfgang von Goethe III, Nr. 553 Friedrich Schiller I-II, Nr. 675 Friedrich Schiller III, Nr. 554 Friedrich Hölderlin I-II, Nr. 512 Novalis I, Nr. 671 Novalis II, Nr. 677 Jean Paul, Nr. 667 Romantische Kunst und Philosophie I, Nr. 669 Romantische Kunst und Philosophie II, Nr. 630 Johann Ludwig Tieck, Nr. 631 Adelbert von Chamisso,Nr. 567 Gottfried Wilhelm Leibniz, Nr. 665 Molière, Nr. 622 Victor Hugo I, Nr. 674 Victor Hugo II, Nr. 629 Voltaire I-II, Nr. 679 Laurence Sterne, Nr. 621 Lord Byron I, Nr. 676 Lord Byron II, Nr. 628 Percy Bysshe Shelly, Nr. 561 Sir Walter Scott, Nr. 555 Angelus Silesius, Nr. 634 Hans Sachs, Nr. 619 Franz Werfel, Nr. 680 Nikos Kazantzakis, Nr. 588 Johann Wilhelm Ludwig Gleim, Nr. 550 Fjodor M. Dostojewskij I-II, Nr. 506 Wladimir Sergejewitsch Solowjow, Nr. 664 Philosophie der Kunst, Nr. 661 Philosophie der Geschichte I, Nr. 686 Philosophie der Geschichte II, Nr. 687 Philosophie der Geschichte III, Nr. 687 Philosophie der Geschichte IV, Nr. 687 Philosophie der Geschichte V, Nr. 659 Wissenschaftslehre I, Nr. 666 Wissenschaftslehre II, Nr. 681 Wissenschaftslehre III, Nr. 682 Wissenschaftslehre IV, Nr. 683 Wissenschaftslehre V, Nr. 684 Wissenschaftslehre VI, Nr. 685 Wissenschaftslehre VII, Nr. 545 Sittenlehre I-II, Nr. 614 Sittenlehre III, Nr. 544 Staats- und Rechtslehre I-II, Nr. 641 Staats- und Rechtslehre III, Nr. 644 Staats- und Rechtslehre IV, Nr. 655 Staats- und Rechtslehre V, Nr. 618 St. Ephraim der Syrer, Nr. 617 St. Cyrill von Alexandrien, Nr. 616 St. Gregor von Nazianz, Nr. 613 St. Gregor von Nyssa, Nr. 612 St. Johannes Chrysostomos, Nr. 611 St. Johannes Cassianus, Nr. 627 St. Basilius der Große, Nr. 625 Theodorus Abucara, Nr. 624 Byzantinische Wissenschaft / Philosophie, Nr. 653 St. Cyprianus, Nr. 609 St. Athanasius der Große, Nr. 605 St. Irenaeus von Lyon, Nr. 604 St. Hildegard von Bingen, Nr. 600 St. Johannes von Damaskus,Nr. 599 St. Petrus Venerabilis, Nr. 581 Bernhard von Chartres, Nr. 580 Wilhelm von Conches, Nr. 578 Pierre Abaelard, Nr. 574 Johannes von Salisbury, Nr. 577 Petrus Lombardus, Nr. 576 Gilbert de la Porrée / Gilbert von Poitiers, Nr. 565 Johannes Scotus Eriugena, Nr. 575 Thierry de Chartres, Nr. 571 Alanus ab Insulis, Nr. 572 Anselm von Canterbury, Nr. 570 St. Hilarius von Poitiers, Nr. 568 Nicolaus Cusanus I, Nr. 568 Nicolaus Cusanus II, Nr. 568 Nicolaus Cusanus III, Nr. 564 St. Ambrosius, Nr. 564 St. Augustinus I, Nr. 601 St. Augustinus II, Nr. 654 St. Augustinus III, Nr. 579 St. Albertus Magnus, Nr. 500 St. Thomas von Aquin I, ScG, Nr. 501 St.Thomas von Aquin II,  Sth I., Nr. 502 St.Thomas von Aquin III, Sth. I-II, Nr. 582 St.Thomas von Aquin IV, Sth II-II, Nr. 583 St.Thomas von Aquin V, Sth. III, Nr. 566 Meister Eckhart, Nr. 562 Dante Alighieri I-II, Nr. 672 Dante Alighieri III, Nr. 558 Calderón de la Barca, Nr. 648 Calderón de la Barca II, Nr. 650 Calderón de la Barca III, Nr. 651 Calderón de la Barca IV, Nr. 563 Miguel de Cervantes I, Nr. 645 Miguel de Cervantes II, Nr. 637 Lope de Vega I, Nr. 638 Lope de Vega II, Nr. 642 Lope de Vega III, Nr. 643 Lope de Vega IV, Nr. 652 Juan Ruiz de Alarcón, Nr. 632 Ginés Pérez de Hita, Nr. 633 Luis Vaz de Camões, Nr. 678 François Rabelais, Nr. 557 Ludovico Ariosto I-II, Nr. 668 Ludovico Ariosto III, Nr. 556 Torquato Tasso, Nr. 552 William Shakespeare I-II, Nr. 559 Wolfram von Eschenbach, Nr. 560 Walter von der Vogelweide, Nr. 662 Gottfried von Strassburg, Akademie der Kunst und Philosophie / Académie des sciences

Nr. 320 Romanische Kunst und Architektur, Nr. 350 Byzantinische Kunst und Architektur, Nr. 325 Kunst und Architektur der Gothik, Nr. 326 Kunst und Architektur der Renaissance, Nr. 586 Tizian, Nr. 591 Paolo Veronese, Nr. 597 Correggio, Nr. 670 Annibale Carracci, Nr. 520 Rembrandt, Nr. 598 El Greco, Nr. 620 Giovanni Battista Tiepolo, Nr. 590 Giovanni Bellini, Nr. 656 Andrea Solari, Nr. 657 Bernadino Luini, Nr. 587 Andrea Mantegna, Nr. 595 Jan van Eyck, Nr. 635 Rogier van der Weyden, Nr. 640 Stefan Lochner, Nr. 646 Michael Pacher, Nr. 647 Peter Paul Rubens, Nr. 649 Giotto di Bondone, Nr. 626 Luca Signorelli, Nr. 610 Piero della Francesca, Nr. 596 Perugino, Nr. 522 Raffael (Raffaello Sanzio), Nr. 523 Sandro Botticelli, Nr. 602 Benozzo Gozzoli, Nr. 606 Fra Angelico, Nr. 607 Pinturicchio, Nr. 608 Domenico Ghirlandaio, Nr. 593 Filippo Lippi, Nr. 594 Filippino Lippi, Nr. 589 Albrecht Dürer, Nr. 603 Bernard van Orley, Nr. 615 Ambrogio da Fossano detto il Bergognone, Nr. 636 Eugène Delacroix, Nr. 639 Bartolomé Esteban Murillo, Akademie der Kunst und Philosophie



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Letzte Bearbeitung:06.05.2022