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Nr. 613 St. Gregor von Nyssa


"...wer dies alles mit dem geistigen Auge der Seele anschaut, wird er nicht durch seine Beobachtungen zur klaren Erkenntnis geführt, dass eine wahrhaft göttliche Kraft, mit unendlicher Weisheit und Kunst überall waltend, sowohl die Teile dem Ganzen anpasst als auch das Ganze durch die Teile vollendet, und dass das Universum durch eine einzige Kraft regiert wird, durch die es in sich selbst beharrt und um sich selbst bewegt wird, und dass es diese Bewegung auch nicht aufgibt noch seinen ihm angewiesenen Platz jemals verlässt?“ - Gregor v. Nyssa, Dialogus de anima et resurrectione 

"Freilich könnte es dir niemals eine solche Anschauung durch sich selbst verschaffen, wenn nicht etwas wäre, das sich des Auges als eines Mittels bedient, um zu sehen, und dem die sinnliche Wahrnehmung nur der Wegweiser ist, um durch das Sichtbare zum Unsichtbaren vorzudringen. Was soll ich noch die geometrischen Beweisgänge anführen, die uns an der Hand der sinnlichen Figuren zu übersinnlichen Erkenntnissen hinleiten, und ausserdem noch unzählig anderes, woraus hervorgeht, dass durch die Funktionen unseres Leibes das geistige Wesen sich kundgibt, das in unserer Natur verborgen ist?“- Gregor v. Nyssa, Ib.

"Kunst ist eine Art sicheren Denkens, das planmäßig durch die Materie nach Verwirklichung strebt" Ib.

Gregor von Nyssa, Fresko aus dem 14. Jahrhundert

 

 
 
 
 
 

 

Aus dem Inhalt:

Gregor von Nyssa, auch Gregorius oder Gregorios (* um 335/340; † nach 394) war ein christlicher Bischof, Heiliger und Kirchenlehrer. Er war ein jüngerer Bruder des Basilius von Caesarea und ein guter Freund Gregors von Nazianz. Diese drei werden als die kappadokischen Väter bezeichnet. Eine besonders hohe Wertschätzung genießen sie in der orthodoxen Kirche. Gregor wurde 372 Bischof von Nyssa. Er nahm am Ersten Konzil von Konstantinopel teil und verteidigte das Bekenntnis von Nicäa gegen die Arianer. Seine Gotteslehre stellt einen ersten Höhepunkt der Verschmelzung christlichen und platonischen Denkens dar. Gregor gilt als größter christlich-philosophischer Denker seiner Zeit. Anfang der 360er Jahre war er kirchlicher Lektor. Er wurde zeitweilig Rhetor und heiratete Theosebia. In seinen Schriften hat er sich intensiv mit philosophischer Bildung beschäftigt. Dann gab er aber seinen Beruf auf und zog sich vorübergehend in die Einsamkeit des Mönchslebens zurück. Seit 371/372 wirkte Gregor als Bischof von Nyssa am Halys. Gregor wurde 375 von seinen arianischen Gegnern beschuldigt, Kirchengut verschwendet zu haben. 376 wurde er deswegen auf einer Synode der pontischen und galatischen arianischen Bischöfe zu Nyssa in Abwesenheit abgesetzt. Nach dem Tod des pro-arianisch eingestellten Kaisers Valens kehrte Gregor als Bischof nach Nyssa zurück. 379 besuchte er die Synode von Antiochia, im selben Jahr war Basilius gestorben. Nach dessen Tod führte Gregor die Auseinandersetzung mit dem Arianer Eunomius fort und entwickelte die Trinitätslehre weiter. Den theologischen Ansätzen seines Bruders Basilius blieb Gregor sein Leben lang treu. Dabei zeigt er sich aber zugleich als ein bemerkenswerter Denker. Gregor verteidigt gegen Eunomius die volle Gottheit und die volle Menschheit Christi, so wie Bischöfe das heute gegen die Moslems tun müssten. Gregors Stellung in der griechisch sprechenden Kirche war nun ungewöhnlich einflussreich. 381 reiste Gregor im Auftrag des Konzils in die römische Provinz Arabien. Er besuchte auf dieser Reise auch Jerusalem und wurde dort in theologische Streitigkeiten verwickelt. Von dem Besuch der heiligen Stätten war er tief berührt. Er nahm auch an den Religionsverhandlungen 383 in Konstantinopel teil. Dass er bei der Synode von 383 anwesend war, ist durch seine Ansprache De deitate filii et spiritus sancti belegt. Gregors Frau Theosebia starb 385. Er hatte die Ehe wohl bis zu ihrem Tode weitergeführt, was damals in der Kirche selbst für einen Bischof noch möglich war. 386 hielt er der Prinzessin Pulcheria und kurz darauf der Kaiserin Aelia Flaccilla die Leichenrede. Letztmals wird er 394 in den Akten einer Synode in Konstantinopel erwähnt. Über sein genaues Todesdatum ist nichts bekannt. Zu Gregors großen literarischen Werken gehören die Auslegungen der Genesis, des Hohenlieds, der Psalmeninskriptionen, des Predigers Salomo, des Vaterunsers und der Seligpreisungen. Bedeutend sind auch seine Schrift Über die Seele und die Auferstehung sowie der Antirrheticus gegen Apolinarius von Laodicea. [1]

Gregor von Nyssa ist nicht zu verwechsln mit Gregor "Thaumaturgos", deutscher Beiname: "der Wundertäter". Theodor (Geburtsname) war Sohn einer heidnischen Familie. Im Alter von 14 Jahren bekehrte er sich zum Christentum. Dann studierte er zusammen mit seinem Bruder Athenodorus in Athen Rhetorik, Latein und Jura, anschließend bei Origenes in Cäsarea Naturwissenschaften, griechische und christliche Philosophie. Er gewann Origenes' Freundschaft. Nach der Rückkehr wurden beide Brüder durch Bischof Phaedimus von Amasia - dem heutigen Amasya - zu Bischöfen geweiht, Gregor für seine überwiegend heidnische Heimatstadt. Die von Gregor vollbrachten Wundertaten, die ihm seinen Beinamen einbrachten, verschafften ihm Anerkennung. Als Gegengewicht zu den heidnischen Feiern führte er Feste zur Verehrung der Märtyrer ein. 264 nahm er teil an der Synode in Antiochia - dem heutigen Antakya. Er hinterließ zahlreiche Schriften. 
 

1. Der Gottesbeweis ist zugleich ein Beweis für die Unsterblichkeit der Seele

Sodann müssen sie aber auch bezüglich der göttlichen Natur zu denselben Behauptungen sich versteigen. Denn wie können sie annehmen, dass die geistige, immaterielle und gestaltlose Natur das Nasse und Weiche und Warme und Feste durchdringe und so alles Seiende in seinem Bestande erhalte, wenn sie weder mit den Dingen, in denen sie ist, Verwandtschaft hat noch wegen ihrer Ungleichartigkeit in ihnen sein kann? Darum sollen sie aus ihrer Lehre auch die Gottheit streichen, durch welche alles erhalten wird. Gregor erwiderte: „Darauf kommt es eben an! Wie könnte unseren Gegnern als zweifellose Wahrheit bewiesen werden, das Universum stamme von Gott und werde von ihm erhalten oder es existiere etwas Göttliches, das über die Natur der Dinge erhaben sei?“ Sie antwortete aber: „Am besten wäre es, zu solchen Dingen zu schweigen und so törichte und gottlose Fragen keiner Antwort zu würdigen, zumal ein göttlicher Ausspruch verbietet, dem Toren auf seine Torheit hin zu antworten (Prov./ Sprichw. 26, 4); ein Tor aber ist jedenfalls der, der da sagt, es gäbe keinen Gott (Ps. 52, 2 [hebr. Ps. 53, 2]). Da ich mich aber auch dazu äussern muss, so will ich dir eine Rede kundtun, aber nicht von mir, auch nicht die von einem anderen Menschen, ein solcher ist stets klein und unbedeutend, selbst wenn er groß zu sein scheint, sondern die Rede, welche die Schöpfung durch ihre Wunder hält, welche das Auge vernimmt und die auf Grund des Gesehenen als eine Rede voll Weisheit und Macht in unseren Herzen widertönt. Klar verkündet ja die Schöpfung den Schöpfer, weil die Himmel selbst, wie der Prophet sich ausdrückt, die Herrlichkeit Gottes mit Worten erzählen, die nicht gesprochen werden (Ps. 18, 2 [hebr. Ps. 19, 2]). Denn wer die Wunder am Himmel und auf Erden betrachtet, und wie die von Natur aus einander widerstrebenden Elemente kraft einer geheimnisvollen Zusammengehörigkeit doch alle zu dem nämlichen Zwecke sich verbinden und ein jegliches mit der gerade ihm eigentümlichen Kraft zur Erhaltung des Ganzen beiträgt, und wie weder das Unvermischbare und das zu einer Verbindung Unfähige gemäß der besonderen Eigenschaften sich voneinander fernhält noch bei vorkommender Verbindung der entgegengesetzten Beschaffenheiten gegenseitig sich zerstört, wie vielmehr einerseits das von Natur aufwärts Strebende in die Tiefe steigt, z. B. die Sonnenwärme, welche in den Strahlen herabströmt, andererseits schwere Körper leicht werden, indem sie sich zu Dünsten verfeinern, so dass sowohl das Wasser gegen seine Natur in die Höhe steigt und auf Winden durch die Luft schwebt, als auch das ätherische Feuer zur Erde sich senkt, damit auch die Tiefe der Wärme nicht entbehre; wer ferner beobachtet, wie das in Regengüssen auf die Erde strömende Nass, obgleich es seiner Natur nach nur eines ist, zahllose verschiedene Pflanzenarten erzeugt, indem es sich mit ihren Wurzeln auf die entsprechende Weise verbindet, wer dann den reissendschnellen Umschwung des Himmels und die umgekehrte Bewegung der inneren Kreisbahnen, sowie den Lauf und die Begegnung der Gestirne samt deren harmonischen Abstand voneinander betrachtet, wer dies alles mit dem geistigen Auge der Seele anschaut, wird er nicht durch seine Beobachtungen zur klaren Erkenntnis geführt, dass eine wahrhaft göttliche Kraft, mit unendlicher Weisheit und Kunst überall waltend, sowohl die Teile dem Ganzen anpasst als auch das Ganze durch die Teile vollendet, und dass das Universum durch eine einzige Kraft regiert wird, durch die es in sich selbst beharrt und um sich selbst bewegt wird, und dass es diese Bewegung auch nicht aufgibt noch seinen ihm angewiesenen Platz jemals verläßt?“ [2]

Dazu Gregor von Nyssa: „Und wie beweist der Glaube an Gott zugleich das Dasein der menschlichen Seele (da doch die Seele nicht identisch mit Gott ist), so dass mit dem Bekenntnis an die Existenz des einen zugleich die Existenz des andern anerkannt werden müsste?“ Darauf erwiderte sie: „Alle Weisen geben zu, dass der Mensch eine Welt im kleinen (Mikrokosmus) sei, da er diejenigen Elemente in sich enthält, aus denen das Weltall besteht. Ist aber dieses Wort wahr,  und es scheint so, so bedürfen wir kaum eines anderen Beweismittels für unsere Anschauung über die Seele. Wir sind aber dafür eingetreten, dass die Seele neben dem gröberen Körper auf Grund einer von ihm getrennten und andersartigen Natur für sich allein existiere. Wie wir nämlich, falls wir mittels unserer sinnlichen Wahrnehmung die Welt betrachten, durch unsere Sinnestätigkeit selbst zu einer übersinnlichen Sache und Idee hingeführt werden und das Auge zum Dolmetscher der allmächtigen Weisheit wird, welche sich im Universum offenbart, und auf jenen, der durch sie das Universum erhält, durch sich selbst hinweist, so können wir, falls wir die Welt in uns ins Auge fassen, mächtige Veranlassungen finden, von dem aus, was in die Erscheinung tritt, auf das zu schließen, was sich verborgen hält. Verborgen ist aber das, was, weil an sich geistig und unsichtbar, der sinnlichen Wahrnehmung sich entzieht.“ Dazu Gregor: „Allerdings wegen der weisen und kunstvollen Ordnungen, welche in dieser Weltharmonie die Natur der Dinge uns deutlich vor Augen führt, müssen wir auf die über dem Universum thronende Weisheit schließen. Aber wie sollten wir auf dem besagten Wege, der uns aus den sichtbaren Erscheinungen auf ein unsichtbares Wesen zuführt, auf Grund von Beobachtungen am Körper eine Kenntnis der Seele gewinnen?“ Die Jungfrau erwiderte darauf: „Gewiss finden alle, welche nach dem alten weisen Worte sich selbst kennenlernen wollen, an der Seele selbst eine treffliche Lehrerin hinsichtlich der Ansichten über die Seele in der Richtung, dass sie etwas Immaterielles und Körperloses ist, dass sie wirken und sich bewegen kann, wie es ihrer besonderen Natur entspricht, und dass sie ihre Bewegungen durch die körperlichen Organe verrät. Zwar findet sich diese organische Ausstattung auch bei den Toten in nicht geringerem Maße, aber sie bleibt ohne Leben und ohne Tätigkeit, weil die von der Seele ausgehende Kraft nicht mehr in ihr ist. Nur solange kann sie in Tätigkeit treten, als in den Organen Empfindung vorhanden ist, und durch die Empfindung Geisteskraft strömt, die mittels ihrer eigenen Anregungen die Sinnesorgane nach ihrem Willen in Bewegung setzt.“[3]
 

2. Die Tätigkeit der Seele überragt die der Sinne; durch die Funktionen unseres Leibes gibt sich das geistige Wesen kund, das in unserer Natur verborgen ist

„Was ist also die Seele, wenn sich ihre Natur überhaupt mit Worten umschreiben lässt, damit wir durch diese Umschreibung einen noch besseren Begriff von der Sache gewinnen?“ Die Antwort der Lehrerin lautet also: „Die einen haben diesen, die anderen jenen Begriff von der Seele aufgestellt, je nach der Vorstellung, die sie sich von ihr gemacht hatten. Unsere Anschauung geht dahin: die Seele ist ein gewordenes Wesen, und zwar ein Wesen lebendig und denkfähig und das dem mit Organen und Sinneswerkzeugen ausgerüsteten Körper die Lebenskraft verleiht und jene Sinneswerkzeuge befähigt, sich zu betätigen, solange der Körper sich in einem entsprechenden Zustand befindet.“ Während sie das nun Folgende sprach, zeigte sie mit der Hand auf den Arzt, den sie zur Kur des Leibes beigezogen hatte und der neben ihr saß. „Nahe liegt die Bestätigung meiner Worte! Denn wie vermag dieser Mann, indem er mit dem Finger den Puls befühlt, durch den Tastsinn gleichsam zu hören, was die Natur zu ihm spricht und was sie von ihrem Befinden berichtet, nämlich dass die Körperschwäche zunimmt, dass die Krankheit von diesen Eingeweiden ausging und das Fieber diesen Grad erreicht? Auch durch das Auge erfährt er noch einiges andere nach dieser Richtung, wenn er auf die Art des Liegens hinschaut oder auf die Abmagerung des Fleisches, und wie der innere Zustand sich kundgibt in dem Aussehen der Hautfarbe, wenn dieselbe gelblich und gallicht wird, ebenso durch den Blick der Augen, wenn derselbe bei Trauer und Schmerz sich unwillkürlich verzieht. In ähnlicher Weise unterrichtet auch das Gehör über dergleichen, indem es an dem häufigen und beklommenen Atmen und durch das Stöhnen, das mit dem Atmen verbunden ist, das Leiden erkennt. Man könnte aber sagen, nicht einmal der Geruch ist für den Kundigen hierzu ungeeignet, das Leiden zu bestimmen, vielmehr schließt er aus einer bestimmten Beschaffenheit der Ausatmung auf das im Innern sitzende Übel. Wie könnte all das stattfinden, wenn nicht eine geistige Kraft vorhanden wäre, welche jede Sinnestätigkeit begleitet?“ [4]

„Wie könnte uns die Hand durch sich allein eine Kunde verschaffen, wenn nicht Denken das Tasten zur Erkenntnis des betreffenden Gegenstandes emporleitete? Oder wie würde das Gehör, getrennt vom Denken, oder das Auge oder die Nase oder sonst ein Sinneswerkzeug zur Erkenntnis der Sache verhelfen, die zur Untersuchung steht? Vielmehr ist vollkommen wahr, was bereits einer der heidnischen Weltweisen trefflich gesagt haben soll, der Geist sei es, der sieht, der Geist, der hört. Gäbe man die Berechtigung dieses Ausspruches nicht zu, wie könntest du dann, wenn du die Sonne so, wie du es von deinem Lehrer gelernt hast, anschauest, bestimmt erklären, sie sei nicht so klein an Umfang, wie es der Menge erscheint, sondern vielmal größer als die Erde? Nicht etwa deshalb, weil du, von den Erscheinungen zwar ausgehend, der Art der Bewegung, den zeitlichen und räumlichen Abständen und den Ursachen der Verfinsterung mit deinem Denken nachspürest, kannst du kühn behaupten, dass es sich so verhalte? Desgleichen wirst du, wenn du die Ab- und Zunahme des Mondes überlegst, auf Grund der äußeren Erscheinung desselben andere Kenntnisse von ihm gewinnen (als es durch die bloße Sinneswahrnehmung möglich wäre), nämlich dass er seiner eigenen Natur nach ohne Licht ist und sich im Kreise um die Erde bewege, sein Licht aber von den Sonnenstrahlen empfange, wie es bei Spiegeln zu geschehen pflegt, welche, wenn die Sonne auf sie scheint, zwar keine Strahlen aus sich selbst aussenden können, aber doch die des Sonnenlichtes, das von dem glatten und blinkenden Körper zurückgeworfen wird. Freilich jenen, welche den Mond bloß anschauen, ohne näher zu prüfen, scheint er den Glanz von sich selbst aus zu verbreiten. dass dem aber nicht so ist, erhellt daraus, dass, wenn er der Sonne gerade gegenübersteht, seine ganze Scheibe durchleuchtet ist, welche er uns zuwendet. Da aber der Kreis, den er zu durchlaufen hat, kleiner ist und darum in kürzerer Zeit durchmessen werden kann, so durchwandert er seine Bahn mehr als zwölfmal, ehe die Sonne nur einmal die ihrige zurücklegt. Daher kommt es, dass dieser Himmelskörper nicht immer vollständig durchleuchtet ist; denn bei der Oftmaligkeit seines Umlaufes nimmt er der Sonne gegenüber, welche erst in einem langen Zeitraume ihre Kreisbahn vollendet, während er die seinige in kurzer Zeit oftmals durchläuft, nicht immer die gleiche Stellung ein, sondern wie jene Stellung, in welcher er der Sonne gerade gegenüber sich befindet, den ganzen uns zugekehrten Teil des Mondes durch die Sonnenstrahlen durchleuchten ließ, so muss, wenn er in schräge Richtung zur Sonne kommt, die jeweilig ihr zugekehrte Hälfte des Mondes von ihren Strahlen beschienen werden, die uns zugekehrte dagegen in den Schatten treten, indem der Glanz von dem der Sonne abgewendeten Mondteil auf den ihr zugewendeten Teil übergeht, bis der Mond ganz unter die Sonnenscheibe getreten ist und nun auf der Rückseite die Strahlen aufnimmt, so dass die obere Hälfte ganz beleuchtet, der untere uns zugekehrte Teil aber dunkel wird, da er eben überhaupt an sich selbst glanz- und lichtlos ist; dies heißt dann die völlige Abnahme des Mondes oder Neumond. Wenn er aber gemäß der Bewegung seines Laufes wieder mehr neben die Sonne und in schräge Richtung zu den Strahlen getreten, so beginnt der vor kurzem noch dunkle Teil wieder zu leuchten, da die Strahlen von dem beleuchteten Abschnitt auf den bisher noch dunklen übergehen.“ „Siehst du also, in welch bedeutenden Dingen das Auge ein Lehrmeister für dich wird? Freilich könnte es dir niemals eine solche Anschauung durch sich selbst verschaffen, wenn nicht etwas wäre, das sich des Auges als eines Mittels bedient, um zu sehen, und dem die sinnliche Wahrnehmung nur der Wegweiser ist, um durch das Sichtbare zum Unsichtbaren vorzudringen. Was soll ich noch die geometrischen Beweisgänge anführen, die uns an der Hand der sinnlichen Figuren zu übersinnlichen Erkenntnissen hinleiten, und ausserdem noch unzählig anderes, woraus hervorgeht, dass durch die Funktionen unseres Leibes das geistige Wesen sich kundgibt, das in unserer Natur verborgen ist?“ [5]
 

3. Kunst

„Da bei der sinnlich wahrnehmbaren Natur der Elemente die Materialität zwar überall die gleiche ist, aber doch in jeder Art von Materie im besonderen ein großer Unterschied herrscht (denn es ist bei ihnen sowohl die Bewegung eine verschiedene, nämlich hier aufwärts, dort abwärts, als auch die Gestalt und Qualität nicht dieselbe), wie nun, wenn deshalb jemand behaupten würde, eine von solch stofflichen Elementen ausgehende Kraft sei es, welche jene Vorstellungen und Denkbewegungen aus ihrer eigenen natürlichen Beschaffenheit und Fähigkeit erzeugt, wie wir ja auch aus den Händen der Mechaniker Werke hervorgehen sehen, welche, in kunstvoller Weise hergestellt, die Natur nachahmen, und zwar in solchem Grade, dass die Ähnlichkeit nicht bloß in der Gestalt, sondern auch in der Beweglichkeit sich zeigt und sie sogar einen bestimmten Ton hervorbringen, indem der hierzu eingerichtete Teil der Maschine Laute hören lässt; und doch können wir bei diesen Erscheinungen von einer übersinnlichen Kraft nicht reden, welche durch sich Gestalt und Aussehen, Ton und Bewegung bewirken würde. Wenn wir nun behaupten wollten, ein gleiches fände bei der Maschine unseres menschlichen Leibes statt, ohne dass hierzu die Mitwirkung eines besonderen geistigen Wesens erforderlich wäre, sondern infolge einer mit der Natur unserer Grundstoffe von selbst gegebenen bewegenden Kraft, und als Endresultat ergäben sich die angestaunten menschlichen Leistungen, welche nichts anderes wären als das Produkt von Bewegungen und Antrieben, welche in uns die Erkenntnis von all dem hervorriefen, was uns frommt, was würde nun dadurch eher bewiesen: die besondere Existenz jener geistigen und unkörperlichen Wesenheit der Seele oder ihre Nicht-Existenz überhaupt?“ [6]

„Gerade die Fähigkeit, den seelenlosen Stoff so zu behandeln und zu ordnen, dass die in den Maschinen niedergelegte Kunstfertigkeit beinahe zur Seele für den Stoff wird, so dass er Bewegung und Ton und Gestalt und anderes Ähnliches nachahmt, dürfte ein Beweis dafür sein, dass ein Etwas in uns Menschen lebt, das imstande ist, durch die Kraft des Nachdenkens und Erfindens zuerst im Geiste Maschinen zu entwerfen und in Gedanken schon vorher zusammenzustellen, dann mit Hilfe großer Gewandtheit zu fertigen und so Gedanken durch den Stoff darzustellen. Denn zuerst musste der Mensch beobachten, dass man Odem zur Hervorbringung benötige; dann durchforschte er, um Luft für die Maschine zu beschaffen, die Natur der Elemente und fand, dass nichts in der Welt leer sei, sondern das Leichte im Vergleich zum Schwereren für leer angesehen würde, da ja sogar die Luft ihrem Wesen nach dicht und voll sei; denn ein Gefäß, in dem keine Flüssigkeit ist, heißt nur uneigentlich leer; der Unterrichtete weiß aber auch von einem solchen Gefäß, dass es voll ist, nämlich erfüllt von Luft. Beweis hiefür ist der Umstand, dass ein in einen Teich geworfener Krug sich nicht sogleich mit Wasser füllt, sondern anfangs auf der Oberfläche schwimmt, indem die darin befindliche Luft das Hohlgefäß oben erhält, bis der Krug, etwa von menschlicher Hand niedergedrückt, in die Tiefe geht und nunmehr durch die Mündung Wasser aufnimmt. Bei diesem Vorgang zeigt es sich dann deutlich, dass der Krug auch vor Aufnahme des Wassers nicht leer war. Denn man kann bei der Mündung einen Kampf zwischen den beiden Elementen wahrnehmen, indem das Wasser durch seine Schwere sich in die Höhlung drängt und hineinströmt, die in der Höhlung zuvor befindliche Luft aber neben dem Wasser mit Gewalt herausströmt, so dass das Wasser dadurch gehemmt wird und beim Andrang der Luft schäumend aufgurgelt. Auf Grund solcher Beobachtung gelangte er durch Nachdenken darauf, wie er Luft in die Maschine brächte. Er stellte nämlich eine Höhlung aus festem Stoffe her, schloß darin die Luft undurchdringlich von allen Seiten ein und brachte durch die Mündung eine nach Maßgabe des Bedürfnisses bestimmte Quantität Wasser in die Höhlung. In einer daneben angebrachten Röhre gibt er auf der entgegengesetzten Seite der eingeschlossenen Luft einen Ausweg; die Luft aber, die mittels des Wassers gewaltsam herausgepresst wird, wird zum Hauche, der dann in die Vorrichtung an der Röhre (Pfeife) drängt und einen Ton erzeugt.“ [7]

„Sieht man nicht deutlich aus diesen offenbaren Tatsachen, dass im Menschen neben dem offen Wahrnehmbaren ein von ihm verschiedener Geist wohnt, der in seiner gestaltlosen und unkörperlichen Natur all diese Dinge denkend entwirft und sodann diese Entwürfe mit Hilfe des Stoffes zum sichtbaren Ausdrucke bringt. Denn wenn gemäß der gegnerischen Meinung die Elemente durch ihre eigene Natur solche erstaunliche Wirkungen hervorbrächten, so würden wohl derartige Maschinen von selbst entstehen, und es würde das Erz nicht auf die Kunst warten, um Menschengestalt anzunehmen, sondern schon gleich durch seine Natur dazu kommen; ebensowenig bedürfte die Luft der Pfeife, um zu tönen, sondern sie würde dies von selbst vermögen, wie sie auch sonst verschiedenartig weht und sich bewegt. Desgleichen brauchte das Wasser in einer Röhre nicht in die Höhe getrieben werden, indem die Kunst durch Druck ihm diese widernatürliche Bewegung aufzwingt, sondern von selbst ginge es in die Maschine, um durch seine eigene Natur in die Höhe zu steigen. Wenn aber hievon nichts durch die Natur der Elemente von selbst geschieht, sondern all das durch die Kunst nach der freien Entscheidung der Menschen zustande kommt, Kunst aber eine Art sicheren Denkens ist, das planmäßig durch die Materie nach Verwirklichung strebt, das Denken aber nur eine dem Geiste eigene Tätigkeit und Bewegung ist, dann hat sogar die aus den Einwürfen gegen uns gezogene Konsequenz die Verschiedenheit des Geistes von der Erscheinung bewiesen.“ [8]
 

4. Verwandtschaft zwischen dem göttlichen und menschlichen Geist

Gergor: „Ich selbst gestehe nun, dass dem so sei, nämlich dass das Erscheinende und [S. 259] Nicht-Erscheinende nicht das gleiche seien; doch vermag ich in dieser Darlegung noch nicht das Gewünschte zu sehen. Denn es ist mir noch nicht klar, wofür man jenes Nicht-Erscheinende halten soll, nur dass es nichts Materielles ist, habe ich durch die bisherige Untersuchung erfahren, keineswegs aber, was man (positiv) von ihm zu halten habe. Aber gerade dies möchte ich wissen, was es ist, nicht bloß, was es nicht ist!“ Darauf erklärte sie: „Vieles lernen wir auch durch eine solche Definition, bei der wir vom Wesen des betreffenden Gegenstandes nur angeben, das oder jenes sei es nicht. Denn nennen wir jemand untadelig, so erklären wir ihn als gut; und nannten wir jemand unmännlich, so haben wir ihn als feig gekennzeichnet. Es ließen sich noch viele ähnliche Bestimmungen anführen, bei denen wir durch die Negation des Schlechten auf das Vorhandensein einer guten Eigenschaft hinweisen, oder umgekehrt durch die Negation des Guten etwas als schlecht hinstellen. Daher wird auch bei unserer gegenwärtigen Untersuchung jemand nicht leicht die richtige Erkenntnis des Gegenstandes, der in Frage steht, verfehlen. Zur Untersuchung steht aber die Frage, was wir als das eigentliche Wesen des Geistes bezeichnen. Wer nun die Existenz unseres zur Erörterung stehenden Gegenstandes wegen seiner Tätigkeit, die sich uns kundgibt, nicht bezweifelt, aber auch noch sein Wesen erkennen möchte, dürfte diese Kenntnis schon gewinnen, wenn er weiß, was es nicht ist, nämlich nicht etwas, was schon die Sinneswahrnehmung erfasst, also nicht Farbe, nicht Gestalt, nicht Härte, nicht Schwere, nicht Größe, nicht die dreifache Ausdehnung, nicht die örtliche Lage, nicht überhaupt etwas von dem, was man an der Materie beobachtet, d. h. wenn es ausserdem noch etwas anderes gibt.“ [9]

Gergor fiel ihr nun in die Rede mit folgenden Worten: „Ich weiß nicht, ob nun dadurch, dass wir all dies in Gedanken aufheben, nicht auch unser Gegenstand selbst beseitigt wird. Denn welches Bild sich unser Vorstellungsvermögen nach Aufhebung der genannten Attribute noch machen könnte, kann meines Erachtens wenigstens noch nicht angegeben werden. Denn überall, wo wir bei Untersuchung der Dinge mit dem forschenden Verstande wie Blinde, die an den Wänden zur Türe sich hinleiten, nach ihrem Begriff und Wesen tasten, treffen wir eine der erwähnten Bestimmungen an, sei es, dass wir auf Farbe stoßen oder auf Gestalt oder Größe oder auf eine andere der Eigenschaften, die du aufgezählt hast. Wenn wir aber von einem Wesen annehmen, es habe nichts von all dem, so werden wir von Kleinmut befallen und von der Ansicht versucht, es existiere überhaupt nicht.“ Unwillig mich unterbrechend erwiderte sie: „Wehe über einen solchen Unverstand! Wohin führt doch eine derartige kleinliche und niedrige Beurteilung der Dinge? Denn wer alles, was er nicht mit den Sinnen wahrnimmt, aus der Liste des Seienden streicht, der dürfte auch jener Kraft, welche das Universum regiert und trägt, das Sein nicht zuerkennen, sondern müsste, sobald er über ihre Unkörperlichkeit und Gestaltlosigkeit belehrt wird, daraus den Schluss ziehen, sie existiere überhaupt nicht. Wenn nun das Nicht-dieses-Sein keineswegs mit dem Nicht-Sein gleichbedeutend ist, wie dürfte man den menschlichen Geist aus dem Reiche des Seienden deshalb verdrängen, weil ihm körperliche Eigenschaften abgesprochen werden müssen?“  „Demnach“, sprach ich, „tauschen wir durch diese Schlussfolgerung für eine Verkehrtheit eine andere ein. Denn das Resultat unserer Erörterung geht dahin, dass wir unseren menschlichen Geist für identisch mit dem göttlichen Geiste zu halten hätten, weil wir durch Aufhebung der sinnlichen Eigenschaften zur rechten Vorstellung des einen wie des anderen gelangen sollen.“ [10]

Da sprach seine Lehrerin: „Sage nicht, dass Gott und Seele gleich seien, denn dies wäre ein frevelhaftes Wort, sondern, wie das göttliche Wort dich unterrichtet, dass beide ähnlich sind. Denn was nach dem Ebenbilde geschaffen wurde, besitzt nur Ähnlichkeit mit seinem Ur- und Vorbild, wenngleich eine weitgehende: das Geistige mit dem Geistigen, das Körperlose mit dem Körperlosen; wie dieses ist es frei von Schwere und erhaben über alle Dimensionen. Dennoch sind sie dadurch voneinander verschieden, dass jedem von beiden eine eigene Natur zukommt; denn die Seele wäre nicht bloß mehr Ebenbild, wenn sie in allen Stücken mit Gott übereinstimmen würde. Aber indem sie nicht alle, sondern nur manche Vorzüge, die das betrachtende Auge in der unerschaffenen Natur als dem Urbild erblickt, ebenfalls besitzt, erweist sie sich als deren geschaffenes Abbild. Und wie man oft in einem Stückchen Glas, wenn es gerade vom Sonnenstrahl getroffen wird, die ganze Sonnenscheibe sieht, wenn sie dabei auch nicht in ihrer vollen wirklichen Größe erscheint, sondern in einem weit geringeren Umfang, welcher der Kleinheit des Glases entspricht, so spiegeln sich auch in der Beschränktheit unserer Natur die Abbilder jener unaussprechlichen göttlichen Eigenschaften wider, so dass die Vernunft an der Hand dieser Eigenschaften, vorausgesetzt, dass sie bei der Untersuchung jede körperliche Bedingtheit für die Begriffsbestimmung ausscheidet, sicher zu einer richtigen Erkenntnis vom Wesen der Seele gelangen kann, andererseits wird sie auch nicht die Gleichstellung der geringen und hinfälligen Natur mit der unendlichen und ewigen Natur vollziehen, sondern ihr Wesen zwar als geistig auffassen, weil sie ja auch das Abbild einer geistigen Substanz ist, aber nimmermehr als identisch mit dem Urbild erklären.“ [11]

Zur Verbindung der Seele mit dem menschlichen Leibe vor und nach dem Tode: „Wie wir nun auf Grund der unaussprechlichen Weisheit Gottes, die in dem Universum sich offenbart, nicht daran zweifeln können, dass die göttliche Natur und Macht allem Seienden innewohne, damit alles im Sein zu verharren vermöge, so ist es auch keineswegs unglaubhaft, dass für die Wesenheit der Seele, auch wenn sie etwas anderes ist, für was man immer sie halten mag, der Umstand, dass die sinnlich wahrnehmbaren Elemente der Welt entsprechend dem Begriff ihrer Natur mit ihr nicht übereinstimmen, kein Hindernis für ihre Existenz bildet.“ „Denn wie bereits gesagt, nicht einmal in den lebendigen Körpern, welche aus einer Vermengung von Elementen bestehen, tritt eine Vermengung der einfachen und gestaltlosen Seele mit den massigen Bestandteilen des Körpers ein, und doch bezweifelt niemand, dass in letzteren die Seele wohnt ihrer Lebenstätigkeit nach, auf Grund einer Verbindung, die den menschlichen Verstand überragt.“ [12]

„Darum wird auch, wenn die Elemente des Körpers wieder auseinandergehen, das Band, das die belebende Seelentätigkeit um dieselben geschlungen hat, nicht völlig der Auflösung verfallen. Im Gegenteil, gleichwie, solange die Elemente miteinander im Körper vereinigt sind, die einzelnen Teile dadurch beseelt werden, dass die Seele alle zum Körper gehörigen Teile auf gleiche und ähnliche Weise durchdringt, und trotzdem niemand dieselbe weder für starr und fest erklären wird, weil sie mit Erdhaftem verbunden ist, noch für nass oder kalt oder warm, weil sie allen diesen Qualitäten innewohnt und ihnen die Lebenskraft einflößt, so ist auch die Vermutung nicht als ganz grundlos zu verwerfen, jene einfache und von aller Zusammensetzung freie Natur werde, auch wenn die Vereinigung der körperlichen Bestandteile aufgehoben ist und dieselben verwandten Stoffen sich zugesellen, noch jedem dieser Teile gegenwärtig bleibe; vielmehr liegt die Meinung nahe, dass sie, nachdem sie einmal mit den Elementen, solange diese beisammen waren, auf geheimnisvolle Weise vereinigt war, auch für beständig bei jenen verharre, mit denen sie verbunden war, und durch nichts aus der Verbindung gerissen werde, in der sie einmal gestanden hatte. Denn es ist keine Gefahr vorhanden, es werde das Nicht-Zusammengesetzte ebenfalls aufgelöst werden, wenn das Zusammengesetzte der Auflösung anheimfällt.“ [13]

Dazu Gregor: „Gewiss dürfte der Ansicht, dass die Elemente des Körpers sich zusammenfinden und auch wieder sich trennen, und dass hiedurch der Leib entsteht und stirbt, wohl niemand entgegentreten. Da aber zwischen diesen ein großer Unterschied festzustellen ist, weil sie in bezug auf örtliche Lage, verschiedene Eigenschaften und Bestimmtheiten voneinander abweichen, so ist zwar richtig, dass, wenn die Elemente sich um den Grundstoff versammelt haben, jene geistige und ausdehnungslose Natur, die wir Seele nennen, mit allen zum Körper vereinigten Bestandteilen sich innig verwächst; wenn dieselben aber wieder voneinander getrennt werden und dahin gehen, wohin die Natur ein jedes führt, wie wird es ihr alsdann ergehen, wenn ihr das Fahrzeug in alle Windrichtungen zerstreut wird? Wie ein Schiffer, wenn sein Fahrzeug durch Schiffbruch zerschellt, da er nicht auf allen da- und dorthin im Meere umhergeschleuderten Teilen des zertrümmerten Schiffes zugleich schwimmen kann, jedenfalls halt den nächsten besten ergreifen und die anderen den Wogen überlassen wird, ebenso wird die Seele, da sie bei der Auflösung der Elemente sich nicht mit denselben auflösen kann, jedenfalls, wenn sie wirklich vom Körper untrennbar ist, mit irgendeinem Elemente sich verbinden und von den anderen sich trennen. Und so kommen wir schließlich zu dem Ergebnis, dass wir ebensowenig an ihre Unsterblichkeit glauben, weil sie mit einem Körperbestandteil verbunden lebt, als an ihre Sterblichkeit, weil sie in den übrigen nicht lebt.“ [14]

„Doch“, sagte sie, „das Geistige und Ausdehnungslose zieht sich weder zusammen, noch dehnt es sich aus, nur Körpern kommt ja Zusammenziehung und Ausdehnung zu, sondern infolge seiner unsichtbaren und körperlosen Natur ist es sowohl den im lebendigen Körper vereinigten Elementen, als den nach dem Tode getrennten Bestandteilen gleichmäßig gegenwärtig; sie fühlt sich weder beengt, wenn sie im Körper vereinigt sind, noch verlassen, wenn sie beim Scheiden zu den ihnen verwandten und gleichartigen Stoffen zurückkehren, wie sehr sie auch wegen ihrer verschiedenartigen Natur voneinander abstehen. Sehr verschieden ist ja das aufwärts Strebende und Leichte von dem Schweren und Erdhaften, das Warme vom Kalten, das Nasse vom Trockenen. Aber für die geistige Natur ist es keine Mühe, jedem Teile gegenwärtig zu bleiben, mit dem sie in der Körpermischung verwachsen war; auch berührt sie die Verschiedenheit der Elemente nicht. Denn wenn man auch bei denselben im Hinblick auf die räumliche Entfernung und auf ihre eigentümliche Beschaffenheit einen großen Unterschied annehmen muss, so kann sich doch die ausdehnungslose Seele leicht mit dem räumlich Getrennten verbinden, da es auch jetzt dem Geiste vergönnt ist, sowohl den Himmel zu betrachten, als auch in wissbegierigem Forschen bis an die äussersten Grenzen der Erde zu eilen, während doch der betrachtende Teil unserer Seele nicht zerrissen wird, auch wenn er sich in solche Weiten ausdehnt. Demnach steht der Seele nichts im Wege, den Elementen des Leibes nahe zu sein, mögen sie nun vereint und verbunden oder aufgelöst und zerstreut sein.“ „Denn wie man bei Verschmelzung von Gold und Silber eine gewisse künstlerische Macht bemerkte, welche die Stoffe zusammenschmilzt, und die Idee der Kunst auch dann, wenn der eine Stoff von dem anderen wieder geschieden wird, bei jedem derselben bleibt, und der Stoff zwar der Trennung unterliegt, die Kunst aber nicht zugleich zerteilt wird (denn wie sollte das Unteilbare geteilt werden), ebenso wird die geistige Natur der Seele sowohl in der Verbindung der körperlichen Elemente vorgefunden, als auch bei deren Zerfall nicht weggestoßen, sondern, in ihnen bleibend, wird sie, obgleich sie doch beim Auseinandergehen dieser Urbestandteile dieselben begleitet, gar nicht zerstückelt, noch etwa nach der Zahl derselben in Teile und Teilchen zerkleinert. Letzteres kann bei der körperlichen und ausgedehnten Natur vorgenommen werden, dagegen die geistige und von der Ausdehnung freie Natur ist über räumliche Bestimmungen erhoben. Demnach verharrt die Seele in den Verbindungen, in die sie einmal eintrat, da sich keine Notwendigkeit einsehen lässt, welche dieselben zerstören könnte. Was ist also Trauriges daran, wenn gegen das Wahrnehmbare das Unwahrnehmbare eingetauscht wird, und warum ist dein Gemüt so gegen den Tod erbittert?“ [15]
 

5. Die Grundkräfte der Seele

Gregor nahm im Geiste den Begriff, den sie früher von der Seele gegeben hatte, wieder auf und gestand, dass ihre Erklärung, die Seele sei ein geistiges Wesen und bringe in den organisch ausgestatteten Körper Lebenskraft, um die Sinneswerkzeuge zu ihrer Tätigkeit zu befähigen, mich nicht genügend über die Kräfte unterrichtet habe, welche an der Seele hervortreten. Denn nicht bloß mit Denken zum Zwecke des Erforschens und Verstehens beschäftigt sich unsere Seele, indem sie in ihrem geistigen Teile nach solcher Richtung tätig ist, auch lenkt sie nicht allein die Sinneswerkzeuge zu der ihrer Natur entsprechenden Tätigkeit, sondern man bemerkt auch in ihrer Anlage eine starke Tätigkeit des Begehrens sowie eine ebenso starke Tätigkeit des Zürnens; und da beide sich in umfassender Weise in uns auswirken, so beobachten wir Äusserungen derselben, die ebenso häufig als mannigfaltig sind; viele Handlungen gehen ja aus der Begierde, viele aus dem Zorn hervor. Und nichts von alldem ist körperlich; das Unkörperliche ist aber geistig; nun ist unsere Seele nach der gegebenen Definition etwas Geistiges. Daraus folgt aber notwendig, dass von zwei Ungereimtheiten die eine auftauchen muss: entweder auch der Zorn und die Begierde seien noch andere Seelen in uns, so dass wir mehrere Seelen statt einer bekämen, oder aber das, was in uns denkt, sei keine Seele. Denn dadurch, dass die Geistigkeit auf alle Seelenvermögen übertragen wird, werden entweder alle als Seelen erklärt oder es wird allen ausnahmslos das eigentümliche Wesen der Seele gleichmäßig abgesprochen. [16]

Sie gab hierauf folgende Erwiderung: „So hast denn auch du einen Punkt, der bereits von vielen anderen besprochen wurde, zur Untersuchung gestellt, nämlich, wofür man den Zorn und das Begehrungsvermögen halten solle: sei es, dass man beides als zum Wesen der Seele gehörig und als von vorneherein mit ihrem Entstehen vorhanden betrachte, sei es, dass man beides als etwas von ihr Verschiedenes auffasse, das erst später zu ihr hinzugekommen sei. Denn dass man jene Kräfte an der Seele wahrnehme, wird von allen gleichmäßig zugestanden; aber was man von ihnen zu halten habe, konnte die Untersuchung noch nicht so genau feststellen, so dass sich eine feste und bestimmte Ansicht gebildet hätte, vielmehr gehen die Meister in irrtümlichen und verschiedenen Meinungen auseinander. Wenn für uns die heidnische Philosophie, welche diese Frage kunstgerecht behandelt, beweiskräftig wäre, so würde es für uns wohl überflüssig sein, überhaupt eine Erörterung über die Seele anzustellen. Da aber heidnische Philosophen ihre Lehrsätze über die Seele, welche den Eindruck der Folgerichtigkeit erwecken, in uneingeschränkter Freiheit entwickeln, wir jedoch eine solche Freiheit nicht besitzen (ich meine die Freiheit, alles anzunehmen, was uns nur immer einfällt), vielmehr die Heilige Schrift als Richtschnur und Gesetz bezüglich aller Lehrsätze betrachten, so richten wir unseren Blick auf dieselbe notwendig auch in der vorliegenden Frage und nehmen nur das an, was mit dem Geiste der Schriftworte übereinstimmt; darum verzichten wir auf den Wagen Platos und das Zwiegespannmit den beiden jugendlichen, ungleich ausgreifenden Rossen davor und dem Wagenlenker darüber, jene Gleichnisse, in welchen er über die Seele philosophiert. Verzichten wir desgleichen auf die Ansichten seines Nachfolgers in der Philosophie, der allen Erscheinungen genau nachging und sorgfältig unser gesamtes Leben prüfte, aber dennoch lehrte, die Seele sei sterblich! Indem wir auch die Vorgänger und die Nachfolger der genannten Philosophen, mögen sie in Prosa oder in Rhythmus und Versmaß ihre Meinungen vortragen, beiseite lassen, wollen wir unsere Erörterung unter die Aufsicht und Hut der von Gott eingegebenen Schrift stellen, welche als auszeichnendes Merkmal der Seele nur gelten lässt, was auch Gott zukommt. Denn dadurch, dass er (Moses oder der Heilige Geist) die Seele als das Ebenbild Gottes erklärte, hat er auch erklärt, dass alles Gottwidrige aus dem wesentlichen Bereich der Seele ausscheidet; die Ebenbildlichkeit würde ja nicht gewahrt, falls eine Gegensätzlichkeit zwischen göttlichem und menschlichem Geist vorhanden wäre. Da nun Derartiges (Gottwidriges) an der göttlichen Natur nicht angenommen werden darf, so wird man solches auch nicht als zum Wesen der Seele gehörig betrachten dürfen.“ „Ein Verfahren also, das mit dialektischer Gewandtheit durch syllogistische und analytische Kunst auch unsere Glaubenssätze begründen möchte, erachten wir zum Erweise der Wahrheit als ungenügend und verdächtig; deshalb lehnen wir einen solchen Aufputz der Erörterung ab. Allen ist ja hinreichend bekannt, dass die dialektische Spitzfindigkeit nach beiden Seiten gleiche Kraft besitzt, nämlich zum Umsturz der Wahrheit wie zur Widerlegung der Lüge. Infolgedessen bringen wir die Wahrheit selbst, dadurch dass sie mit solch dialektischer Kunst vorgetragen wird, nicht selten in Verdacht, so dass eine derartige Fertigkeit unser Denken sogar abstoßen und um die Wahrheit bringen könnte. Wenn man aber nur eine Erörterung zulassen will, die jeden Aufputz verschmäht und sich keiner Kunstgriffe bedient, so müssen wir mit aller Entschiedenheit reden und die Untersuchung über unsere Fragen Schritt für Schritt unter der Leitung der Heiligen Schrift anstellen.“ [17]

„Was ist nun unsere Anschauung? dass dieses vernünftige Lebewesen, der Mensch, die Fähigkeit zu denken und zu erkennen besitzt, ist auch von denen zugegeben, welche unserer Glaubenslehre fernestehen; diese Umschreibung unserer Natur könnte die Definition niemals geben, wenn Zorn und Begierde und anderes Derartiges zu unserer Natur wesentlich gehören würden. Auch über andere Dinge stellt man keine Definition auf, welche das Allgemeine statt des Besonderen enthielte. Da nun Zorn und Begierde ohne Unterschied sowohl bei der vernunftbegabten wie bei der vernunftlosen Natur sich findet, so geht es nicht an, das Besondere durch das Allgemeine zu bestimmen und zu kennzeichnen. Was aber bei der Umschreibung der Natur überflüssig und weglassbar erscheint, wie könnte dieses als ein Wesensbestandteil der Natur gelten und dazu berechtigen, die Definition umzustürzen. Denn jede Bestimmung des Wesens fasst das Besondere des Gegenstandes ins Auge, der in Betracht kommt. Was immer ausserhalb des Eigentümlichen und Besondern liegt, kommt bei der Begriffsbestimmung nicht in Betracht. Nun ist einmütig zugestanden, dass die Tätigkeit des Zornes und des Begehrens auch jeder unvernünftigen Natur zukommt; was aber allgemein ist, gilt nicht als Besonderes. Darum ist es notwendig, Zorn und Begierde nicht unter die Eigentümlichkeiten zu rechnen, die die menschliche Natur vornehmlich kennzeichnen. Wie derjenige, welcher Empfindung, Ernährung und Wachstum in uns beobachtet, noch keineswegs berechtigt ist, ihretwegen unsere Definition von der Seele umzustürzen, so gibt auch die Beobachtung, dass Zorn und Begierde natürliche Bewegungen in uns sind, keineswegs das Recht, gegen unsere Definition anzukämpfen, als ob sie das Wesen der Seele nur mangelhaft bezeichne.“  [18]

Gregor stellte die Frage an seine Lehrerin: „Als was soll man nun Zorn und Begierde anerkennen? Denn ich vermag nicht einzusehen, mit welchem Rechte man Tätigkeiten, die nun einmal in uns sind, abweist, als ob sie nicht zu unserer Natur gehören würden.“  „Du siehst, dass unsere Vernunft gegen Zorn und Begierde gleichsam Krieg führt und darauf ausgeht, die Seele davon zu befreien. Manchen ist dieses Streben auch geglückt, wie wir von Moses hören, dass er über Zorn und Begierde den Sieg errang; denn die Geschichte stellt ihm das Doppelzeugnis aus, dass er gegen alle Menschen sanftmütig war, wer es nämlich durch Sanftmut zur Gelassenheit gebracht, hat unleugbar die Zornmütigkeit überwunden, und dass er kein Begehren nach dem trug, worauf, wie das tägliche Leben zeigt, das Verlangen der meisten gerichtet ist. Eine solche Nachricht wäre nicht möglich, wenn Zorn und Begehren Wesensbetätigungen wären und zum Begriffe unserer Menschennatur gehören würden. Denn wer seine Natur aufgegeben hätte, würde notwendig auch das Sein aufgeben; nun verblieb Moses im Sein, nicht aber in jenen Seelenbewegungen. Sie sind also etwas anderes als die Natur und nicht Natur. Denn die wahre Natur ist das, woran das Sein des Wesens geknüpft ist. Von jenen Affekten können wir uns frei machen, und zwar in der Weise, dass wir hiedurch keinen Schaden leiden, sondern durch ihre Ausrottung unserer Natur großen Nutzen bereiten. Sonach ist es klar, dass Zorn und Begierlichkeit nicht Wesenheit sind, sondern zu den Anhängseln gehören, die wir an unserer Natur beobachten können, indem sie sich als Leidenschaften derselben darstellen; mit Wesenheit nämlich bezeichnet man das, was die Seele selbst ist.“ „Der Zorn aber ist nach der Ansicht der meisten ein Aufwallen des Herzblutes, nach der Meinung mancher aber das Streben, dem wehe zu tun, der uns zuvor wehe getan hat; wie wir selbst annehmen, ist der Zorn das Trachten, Böses mit Bösem zu vergelten; auf keinen Fall hat der Zorn etwas mit dem Begriffe der Seele zu tun. Wollen wir nun das Wesen der Begierde bestimmen, so möchten wir sie ein Verlangen nach dem nennen, was uns fehlt, oder ein Streben nach Lustgenuss oder eine Trauer darüber, dass wir nicht besitzen, was wir wünschen, oder ein gewisses Verhalten gegenüber dem Angenehmen, dessen Genuss uns nicht gewährt wird. All das und ähnliches weist auf ein Begehren hin, hängt aber mit dem Begriff der Seele nicht zusammen, so wenig wie viele andere Eigenschaften, welche, Gegensätze bildend, an unserer Seele sich zeigen können, wie Feigheit und Mut, Trauer und Freude, Furcht und Verachtung und noch manche derartige Regungen, welche mit Zorn und Begierde verwandt zu sein scheinen, aber doch durch besondere Grenzbestimmung ihr eigenes Wesen umschreiben. Denn Kühnheit und Stolz bedeuten ein Aufleuchten der Zornesregung; letztere lässt nach oder verschwindet, wenn Feigheit oder Furchtsamkeit sich geltend macht. Schmerz aber kann aus Zorn und aus Begierde entstehen: denn der Zorn lässt, falls er sich zu ohnmächtig fühlt, den Feind abzuwehren, Schmerz zurück; aber dieselbe traurige Stimmung wird in uns hervorgebracht, wenn wir die Hoffnung auf das, was wir ersehnten, aufgeben mussten, oder wenn wir verlieren, was wir hochschätzten und liebten. Doch auch das Gegenteil von Schmerz, das Gefühl der Freude entspringt teils aus Zorn, teils aus Begierde, je nachdem diese oder jene Regung den Affekt hervorruft. All das ist an der Seele, ist aber nicht die Seele selbst." [19]

Da sprach Gregor zur Jungfrau: „Und doch sehen wir, wie tugendhaften Menschen aus ihnen kein geringer Gewinn für das Seelenheil erwächst. So war die Begierde für Daniel ein Lob (Dan. 9, 23 u. 10, 11, 19), und Phinees vermochte durch Zorn Gott zu versöhnen (Num. 25, 11), und vollends heisst es von der Furcht, dass sie der Anfang der Weisheit ist (Prov. 9, 10). Auch von Paulus hören wir, dass die gottgemäße Traurigkeit zum Heile führt (2 Kor. 7, 10), und das Evangelium gebietet, uns nicht vor Schrecknissen zu fürchten (Matth. 10, 28; 28, 5. Luk. 21, 9), und Schrecknisse nicht fürchten, ist eine bloße Umschreibung des Mutes, den die Weisheit unter die guten Eigenschaften zählt. Hierdurch zeigt also das Wort Gottes deutlich, dass wir die genannten Seelenregungen nicht für krankhafte Zustände halten dürfen; denn solche können nicht zum Aufbau der Tugend verwendet werden.“ Meine Lehrerin sprach nun zu mir: „Wie es scheint, habe ich selbst die hier vorliegende Gedanken-Verwirrung verschuldet, weil ich in meiner Rede hierüber keine so scharfe Unterscheidung gemacht habe, welche in die Erörterung die richtige Ordnung und Konsequenz hätte bringen können. Von nun an soll daher auf eine solche Ordnung in der Darstellung Bedacht genommen werden, damit bei folgerichtigem Fortgang der Untersuchung kein Raum mehr für solche Einwände bleibt. Wir behaupten nämlich, der Seele sei ein Erfassungs- und Unterscheidungs- und Betrachtungs-Vermögen eigen und naturgemäß, und hiedurch trage sie das Ebenbild der göttlichen Schönheit in sich, denn auch vom göttlichen Geist, was er auch sein mag, machen wir uns die Vorstellung, dass er imstande sei, alles zu überschauen und das Gute vom Bösen zu unterscheiden, alles aber, was auf dem Grenzgebiet der Seele liegt und seiner Natur gemäß der Biegung nach beiden Seiten fähig ist, so dass es ja nach der Anwendung sowohl zum Guten als auch zum Bösen dienen kann, wie z. B. der Zorn und die Furcht oder andere derartige Regungen der Seele, zu denen jegliche Beobachtung der menschlichen Natur führt, von dem meinen wir, dass es von aussen an die Seele herangekommen sei, weil sich solche Bewegungen an ihrem Urbild, das ewig schön und vollkommen ist, nicht finden. Die Ausführung hierüber lassen wir einstweilen auf dem Kampfplatz stehen, um den Schmähungen verleumderischer Zungen zu entkommen.“  [20]

„In einer gewissen Ordnung und Stufenfolge ist Gott zur Erschaffung des Menschen fortgeschritten. Denn nachdem die Erde stand, erscheint, wie der Bericht erzählt, nicht sogleich der Mensch auf ihr, sondern ihm gingen die Tiere, und diesen die Pflanzen voraus. Hierdurch zeigt, wie ich glaube, die Schrift zur Genüge darauf hin, dass die Lebenskraft in einer gewissen Stufenfolge sich mit der Natur der Körper verband, indem sie zuerst in Geschöpfe einzog, welche der Sinneswahrnehmung entbehren, dann zu solchen mit Sinneswahrnehmungen fortschritt, und endlich zum geistigen und vernünftigen Lebewesen emporstieg. Demnach ist ein Teil der Geschöpfe körperlich, der andere rein geistig; von den körperlichen ist ein Teil seelenlos, der andere beseelt; beseelt nenne ich aber schon das, was Leben hat. Von den lebendigen sind einige mit Sinneswahrnehmung ausgestattet, andere haben an letzterer keinen Anteil. Von den mit Sinneswahrnehmung beschenkten Wesen sind die einen vernünftig, die anderen vernunftlos.“ „Da nun das Leben, welches der Sinneswahrnehmung mächtig ist, nicht wohl ohne Materie bestehen konnte, aber auch das Geistige, falls es sich mit dem sinnlichen Leben verbinden sollte, ebenfalls in einem Körper seine Herberge aufschlagen musste, so stellt die Erzählung der Bibel die Erschaffung des Menschen als die Schlusskrone der ganzen Schöpfung dar, weil derselbe jede Art des Lebens in sich schliesst, sowohl jenes, das in den Pflanzen sich findet, als auch jenes, das in den Tieren sich offenbart. Ernährung nämlich und Wachstum hat der Mensch mit den Pflanzen gemeinsam, beides kann man auch an den Pflanzen beobachten, welche durch die Wurzeln gleichsam Nahrung aufnehmen und das für die Entwicklung Unbrauchbare durch Blätter und Früchte ausscheiden, die Lenkung auf Grund der Sinneswahrnehmung aber teilt er mit den Tieren; seine Denkfähigkeit und Vernünftigkeit aber ist ein Gut, das weder den Pflanzen noch den Tieren, sondern ihm allein zukommt und auch eigener Würdigung bedarf. Aber wie unsere Natur die Fähigkeit hat, nach dem zu streben, was zum materiellen Leben nötig ist, welche Fähigkeit wir Begehrungsvermögen nennen, dieses eignen wir dem Leben der Pflanzen zu, da sich auch an diesen manche Triebe zeigen, die in der Sättigung mit Verwandtem und im Streben emporzuwachsen sich betätigen, so sind auch die genannten Eigentümlichkeiten der vegetabilischen Natur mit der denkenden Seele verbunden. Bei den Tieren nun“, fuhr sie fort, „zeigt sich der Zorn, bei ihnen die Furcht, bei ihnen all die Regungen, welche sowohl nach dem Guten wie nach dem Bösen sich ausstrecken; ausgenommen sind nur Vernunft und Verstand, die den Vorzug unseres Menschenlebens bilden und die, wie gesagt, das Abbild der göttlichen Natur in sich tragen. Da aber, wie bereits hervorgehoben, die Denkkraft dem Körper nur auf Grund des Sinnenlebens innewohnen kann, das Sinnenleben aber bereits in der Vorstufe des Tierreiches vorhanden ist, so kommt unsere Seele dadurch, dass sie mit dem einen, dem Sinnenleben, sich verbindet, notwendig auch mit anderen Eigentümlichkeiten der tierischen Natur in Berührung.“ „Alle diese Erscheinungen werden Affekte oder Leidenschaften genannt; sie gereichen dem menschlichen Leben nicht ganz und gar zum Unheil, denn an den Sünden wäre tatsächlich der Schöpfer schuld, wenn von ihnen Nötigungen zu Verfehlungen ausgingen und diese in unsere Natur eingepflanzt wären, sondern je nach dem Gebrauche, den unser freier Wille von ihnen macht, werden die genannten Regungen Hilfsmittel zur Tugend oder aber zu Lastern, wie z.B. auch das Eisen, das der Schmied nach seinem Gutdünken formt, die Gestalt annimmt, die ihm derselbe geben will: entweder die eines Schwertes oder die einer Pflugschar. Wenn nun also die Vernunft, welche eben der Vorzug unserer Natur ist, über jene von außen in uns gekommenen Affekte die Oberherrschaft führt, wie das Schriftwort symbolisch durch den Befehl andeutet, über alle Tiere zu herrschen, so wird wohl keiner derselben zum Dienste der Sünde in uns wirksam werden, indem alsdann Furcht Gehorsam bewirkt, Zorn mannhaften Mut, Zaghaftigkeit Behutsamkeit, der Begehrungstrieb aber uns auf die göttliche und unvergängliche Wonne und Freude hinweist. Wenn dagegen die Vernunft wie ein Wagenlenker die Zügel fallen lässt, der alsdann selbst unter das Fuhrwerk kommt und hinter demselben geschleift wird, wohin die Zugtiere in ihrer Unvernunft das Gespann gerade reißen, dann verwandeln sich jene Bewegungen in Leidenschaften, deren Unwesen man auch an den unvernünftigen Tieren sehen kann. Denn da Vernunft ihre Naturtriebe nicht lenkt, so bereiten die wilden Tiere, von Zornwut getrieben, einander den Untergang; anderseits vermögen die großen und starken Tiere aus ihrer Kraft keinen Nutzen zu ziehen, sondern gehen wegen ihrer Unvernunft in den Besitz und Gebrauch des vernunftbegabten Menschen über; auch mit ihrer Begierde und Lust sind die Tiere nicht imstande, sich zu Edlerem emporzuschwingen, noch liegt dem gesamten Leben der Tiere, soweit wir es verfolgen können, irgendeine Rücksicht auf höheren Gewinn zugrunde. So ist es auch bei uns: wenn unsere Leidenschaften nicht, wie es sich geziemt, durch die Vernunft gelenkt werden, sondern umgekehrt die Leidenschaften über die Vernunft herrschen, so sinkt der Mensch von der Höhe des Denkens und der Gottähnlichkeit zu Unvernunft und Unverstand herab, weil er sich durch die Leidenschaften um die Besinnung bringen ließ.“ Man entfernt sich auch von dieser Ähnlichkeit und sinkt zu "Unvernunft und Unverstand herab" wenn man in seiner Leidenschaftlichkeit leichtfertig an einen Götzen glaubt wie die Moslems.  [21]

Durch die gegebenen Ausführungen lebhaft angeregt, sprach Gregor: „Jedem Verständigen vermag deine Rede, die so einfach und schmucklos, dabei aber ganz folgerichtig fortschreitet, die Überzeugung beizubringen, dass du recht hast und in keinem Punkte von der Wahrheit abirrst. Da nun zwar denjenigen, welche für schulgerechte Beweisgänge eingenommen sind, die Schlußfolgerungen genügen, um zum Glauben daran zu gelangen, wir aber bekennen, die Beweisführung durch die in der Heiligen Schrift enthaltenen Lehren gebe eine größere Zuverlässigkeit als alle Künste der Schule, so müssen wir auch, wie ich meine, noch untersuchen, ob die gemachten Darlegungen mit der Heiligen Schrift übereinstimmen.“ Sie entgegnete: „Wer möchte bestreiten, dass in dem allein die Wahrheit liege, auf das das Siegel des Schriftzeugnisses aufgedrückt ist? Ist es also notwendig, zur Bekräftigung unserer Darlegungen etwas aus der Lehre des Evangeliums beizubringen, so dürfte uns die Betrachtung der Parabel vom Unkraut (Matth. 13, 24) nicht unpassend sein.“ „Dort säte nämlich der Hausvater guten Samen, der Feind hingegen wartete den Schlaf der Leute ab und säte unter den nahrungbringenden Samen einen nutzlosen, d. h. Unkraut unter den Weizen. Beide Samenarten wuchsen miteinander auf; denn mit Naturnotwendigkeit musste der in den Weizen gestreute Unkrautsame mit jenem aufgehen. Der Aufseher über das Feld verbot aber den Knechten, das Unkraut auszujäten, weil die Wurzeln beider Samen miteinander verwachsen waren, damit nicht mit der schlechten auch die gute Saat ausgerottet werde. Ich vermute nun, dass jene Seelenregungen mit den guten Samenkörnern gemeint sind, von denen bei guter Pflege jedes die Frucht der Tugend in uns hervorbringen wird. Da nun unter diese zugleich der Irrtum in der Beurteilung des Guten eingesät und durch die mitaufsprossende Saat des Irrtums das wahrhaft und seiner inneren Natur nach allein Gute verdunkelt wurde, denn die Begierde ist nicht zu dem wahrhaften Guten, dessentwegen sie auch uns eingepflanzt wurde, emporgekeimt und gewachsen, sondern ihr Keim hat sich zum Tierischen und Unvernünftigen gewendet, verleitet durch den Irrtum hinsichtlich dessen, was gut und begehrenswert ist; desgleichen ist auch der Same des Zornes nicht zur Tapferkeit aufgeblüht, sondern hat die Menschen bewaffnet zum Kampfe gegen die Mitmenschen, ebenso fiel die Macht der Liebe vom Geistigen ab, indem sie im Genuss des Sinnlichen verwilderte; und in ähnlicher Weise brachten auch die übrigen Bewegungen der Seele statt der guten oft schlechte Früchte hervor. Deshalb ließ der weise Ackersmann das mit dem guten Samen aufgegangene Gesproß des Unkrautes im Boden, in der Besorgnis, wir könnten höherer Güter beraubt werden, wenn mit dem schlimmen Gesproß die Begierde ganz und gar in uns beseitigt würde. Denn wenn dies der menschlichen Natur widerführe, was könnte uns dann zum Streben nach dem Himmlischen antreiben? Und wenn die Liebe in unserem Innern ausgerottet würde, wie könnten wir uns dann mit Gott verbinden? Und wenn Zornesmut ausgelöscht würde, welche Waffe hätten wir dann noch gegen unseren Widersacher?“  [22]

„Demnach lässt der Ackersmann die schlimmen Samenkörner in uns, nicht damit sie für immer die gute Saat überwuchern, sondern damit der Acker selbst, so wird bildlich das Herz genannt, durch die ihm angeborene Kraft, welche in der Vernunfttätigkeit besteht, die eine Saat des Unkrautes zum Verdorren bringe, die andere Saat des Guten aber zur Blüte und zu herrlicher Frucht entwickle. Falls dies aber nicht geschieht, so überträgt er dem Feuer die Sichtung des Saatfeldes. Wenn wir demnach die öfter erwähnten Triebe in der richtigen Weise gebrauchen, indem wir sie unter unsere Herrschaft bringen, aber nicht selbst unter die ihrige geraten, sondern wie ein König die Vielhändigkeit unserer Untertanen zur Mitarbeit beiziehen, so werden wir um so besseren Erfolg im Streben nach Tugend haben." [23] 
 

6. Von der Unterwelt

Als sie nach dieser Erörterung, um auszuruhen, die Rede ein wenig unterbrach, ließ Gregor das bereits Erklärte nochmals an seinem Geiste vorüberziehen; dabei hielt er bei jener Stelle des Gespräches inne, durch welche sie die Möglichkeit darlegte, dass die Seele nach Auflösung des Körpers mit den Elementen vereinigt bleibe. Daher wendete er sich mit der Frage an die Lehrerin: „Wo ist denn die vielbesprochene sogenannte Unterwelt, von der sooft im täglichen Leben, sooft auch in den Schriften, den heidnischen sowohl wie den unsrigen, gesprochen wird, in welche nach allgemeiner Ansicht wie in ein Behältnis die Seelen von hier versetzt werden? Du wirst wohl nicht die Elemente für die Unterwelt erklären.“ Die Lehrerin antwortete: „Offenbar hast du nicht zu sehr auf meine Worte geachtet. Denn als ich von der Versetzung der Seelen aus der sichtbaren Welt in die unsichtbare [Atides = Hades] redete, glaubte ich zur Unterwelts- oder Hadesfrage genug gesprochen zu haben. Denn dieser Name, der für den künftigen Aufenthaltsort der Seelen so gerne gebraucht wird, scheint sowohl bei den Heiden wie in der Heiligen Schrift nichts anderes zu bedeuten als eben die Versetzung in die Unsichtbarkeit und Verborgenheit.“ Gregor erwiderte: „Und mit welchem Rechte meinen manche, der unter der Erde befindliche Raum habe diesen Namen und er beherberge die Seelen in sich und ziehe die bereits dem Leben entflohenen Seelen an sich wie zu einer Räumlichkeit, die gerade für diese Natur passe?“ Meine Lehrerin antwortete hierauf: „Durch eine solche Annahme wird meine früher aufgestellte Behauptung nicht beeinträchtigt. Ist nämlich deine Ansicht richtig, dass nämlich der in seinem Kreise alles einschließende Himmel einen stetigen und unzerreißbaren Zusammenhang bildet, und die Erde mit dem zu ihr Gehörigen in der Mitte schwebt, so dass die Bewegung aller kreisenden Himmelskörper um das Stehende und Feste läuft, so muss das, was immer einem der Elemente auf der oberen Erdhälfte zukommt, auch dem entsprechenden auf der unteren zukommen, da ein und dieselbe Substanz (d. i. der Himmel) im Kreise um die ganze Masse der Erde herumläuft. Und wie, wenn die Sonne über der Erde scheint, auf dem unteren Teil derselben Schatten herrscht, da sie wegen ihrer Kugelgestalt nicht zu gleicher Zeit ringsum von den Sonnenstrahlen getroffen werden kann, vielmehr mit voller Notwendigkeit, mag die Sonne welchen Teil der Erdoberfläche nur immer bescheinen, gegen den Mittelpunkt der Erde ist sie allerdings immer gerichtet, auf dem anderen diametral entgegengesetzten Punkte Finsternis sein muss und diese Finsternis einem senkrechten Strahl gegenüber zugleich mit der Bewegung der Sonne herumläuft, so dass gleichmäßig sowohl der obere als auch der untere Teil der Erde abwechselnd in Licht und Schatten sich befindet, so ist wohl auch in bezug auf alles übrige nicht zu bezweifeln, dass sämtliche Elemente und Verhältnisse, die auf unserer Erdhälfte herrschen, auf der anderen entgegengesetzten genau in der gleichen Weise sich finden. Da demnach an jedem Teile der Erde uns die nämlichen Elemente umgeben, so darf man, glaube ich, denen weder beistimmen noch widersprechen, welche unserer dargelegten Auffassung mit der Behauptung entgegentreten, man müsse entweder diese Erde oder die unterhalb der Erde befindliche Region für den Bestimmungsort der von den Leibern abgeschiedenen Seelen halten. Denn solange der Einwurf den Hauptlehrsatz von dem Fortbestehen der Seelen nach dem Fleischesleben nicht erschüttert, werden wir bezüglich des Ortes, an welchem sich die abgeschiedenen Seelen aufhalten sollen, keine Schwierigkeiten machen, in der festen Überzeugung, dass zwar die Körper eines Aufenthaltsortes bedürfen, die Seelen dagegen, weil unkörperlich, ihrer Natur nach keineswegs an bestimmte Örtlichkeiten gebunden sind.“ [24] 

„Wie nun,“ sprach Gregor, „wenn deine Gegner sich auf den Apostel berufen, der da sagt, alle vernünftige Kreatur werde bei der Wiederherstellung des Alls den Herrn desselben erblicken; bei dieser Gelegenheit erwähnt er aber auch die Unterirdischen, indem er im Briefe an die Philipper schreibt‚ ihm wird jegliches Knie sich beugen, derer im Himmel, auf Erden und unter der Erde‘.“ (Phil. 2, 10.) Die Lehrerin erwiderte: „Selbst wenn wir diesen Einwand hören, können wir bei unserer Auffassung bleiben; denn hinsichtlich der Weiter-Existenz der Seele haben wir auch den Gegner, der einen solchen Einwand macht, bereits auf unserer Seite, hinsichtlich des Ortes setzen wir ihm, wie schon bemerkt, keinen Widerstand entgegen“. Gregor fragte nun weiter: „Was könnte man wohl denen, welche nach dem Sinne jener apostolischen Worte forschen, antworten, wenn man nun einmal die Worte nicht im Sinne einer Ortsbezeichnung nehmen soll?“ Sie aber sprach: „Nicht nach ihrem verschiedenen Aufenthaltsorte wollte der göttliche Apostel die Geister einteilen, wenn er von Himmlischen, Irdischen und Unterirdischen redet. Vielmehr da es drei Klassen von geistigen Wesen gibt: jene, welche von Anfang an das körperlose Leben empfangen haben und Engel heißen, dann jene, welche in Verbindung mit dem Fleische leben und Menschen genannt werden, endlich diejenigen, welche durch den Tod von ihren Körpern geschieden wurden, so wollte nach meinem Dafürhalten der göttliche Apostel im Hinblick auf die erwähnte Auffassung über die geistbegabten Geschöpfe in der Tiefe seiner Weisheit den in der Zukunft bevorstehenden Einklang der gesamten vernünftigen Natur im Guten andeuten, indem er die körperlosen Engel als Himmlische, die mit einem Körper ausgestatteten Seelen als Irdische, die vom Körper Abgeschiedenen als Unterirdische bezeichnet, oder wenn sonst noch eine andere, von den genannten verschiedene Natur in der Zahl der vernünftigen Wesen sich findet, mögen wir nun ihre Träger Dämonen oder Geister oder sonstwie nennen, da wir über den Namen nicht streiten wollen. Auf Grund allgemeiner Annahme und der Schriftlehre wird nämlich geglaubt, es würden Wesen ohne irdische Körper existieren, die da dem Guten abhold und dem Menschengeschlecht feindselig seien, nachdem sie sich einmal von einem besseren Geschick freiwillig lossagten und durch Abfall vom Guten dessen Gegenteil in sich darstellen. Und diese, sagt man, rechne der Apostel zu den Unterirdischen, indem er durch seine Wendung andeuten wolle, es würde dereinst, wenn nach langen Perioden von Jahrhunderten alles Böse vertilgt werde, kein Geschöpf mehr vom Reiche des Guten ausgeschlossen sein, sondern die Herrschaft Christi fände auch von den zuletzt genannten Geistern Anerkennung. Unter diesen Umständen wird uns wohl niemand mehr nötigen, bei dem Ausdruck „Unterirdische“ an einen Raum unterhalb der Erde zu denken, da doch die Luft in gleicher Weise allseitig um die Erde herumgegossen ist, so dass kein Teil derselben als von jener Luftumkleidung frei angesehen werden kann.“ Mit "durch Abfall vom Guten dessen Gegenteil in sich darstellen" sind die Wider- bzw. Antichristen gemeint, die die Gottheit Christi nicht anerkennen wie die Moslems, Arianer und Nestorianer. [25]
 

7. Die Affekte der Seele nach dem Tode; Erkenntnis des Schönen

Nun hielt er etwas inne und sprach dann: Das scheint einen Widerspruch zu den früheren Darlegungen über die Affekte zu bedeuten. "Denn wenn wir annehmen, jene Bewegungen der Seele, welche in einem Abschnitt der Rede aufgezählt wurden, wie Zorn und Furcht, Begierde und Lust u. dgl., zeigten sich in uns wegen unserer Verwandtschaft mit den Tieren, und wenn dabei betont wurde, ihr guter Gebrauch sei Tugend, nur ihr schlechter Sünde, und wenn die Rede noch darauf hinwies, jene Seelenregungen würden überhaupt zu einem tugendhaften Leben beitragen und das Begehrungsvermögen insbesondere zu Gott emporführen, wie auch eine Kette von unten aus emporzieht, so scheint mir, wendete ich ein, in den angeführten Behauptungen ein Widerspruch zum Hauptgedanken der Rede, d. h. zur Unsterblichkeit der Seele zu liegen.“ „Wie meinst du das?“ „Dies, dass, wenn nach unserer Reinigung jegliche unvernünftige Seelenbewegung in uns getilgt ist, jedenfalls auch das Begehren in uns erlischt. Fehlt aber dieses, so fehlt auch das Verlangen nach dem Guten, weil sich ja in der Seele keine Bewegung mehr zeigt, welche ein Verlangen darnach wecken könnte.“ „Darauf können wir“, sprach sie, „sehr wohl entgegnen, dass die Fähigkeit der geistigen Erkenntnis und Unterscheidung zur Ebenbildlichkeit der Seele mit Gott notwendig gehört, da wir auch Gott die genannte Fähigkeit zuschreiben müssen; wenn wir also entweder durch einen sorgsamen Wandel im Diesseits oder durch eine Reinigung im Jenseits unsere Seele aus der Verbindung mit den unvernünftigen Leidenschaften herausheben, kann sie doch noch das Schöne erkennen; das Schöne aber zieht durch ihre eigene Natur jeden an, der es sieht. Ist demnach die Seele von allem Bösen rein, dann wird sie auf jeden Fall dem Schönen sich zuwenden. Schön ist aber auf Grund seiner Natur vor allem Gott; mit ihm tritt daher die Seele vermöge der Reinheit, die sie sich erworben, in enge Verbindung, weil sie dadurch ihm verwandt wird. Auf diese Weise benötigen wir nicht mehr die Anregung von seiten des Begehrungsvermögens, um zum Schönen zu gelangen. Denn wer allerdings in Finsternis wohnt, empfindet Sehnsucht nach dem Lichte; wer aber bereits zum Lichte vorgedrungen, hat schon den Genuss an Stelle des Verlangens; wo aber der Genuss stattfindet, erlischt das Verlangen.“ [26] 

„Infolge dieser Tatsache erleidet demnach die Seele, auch wenn sie von jenen Affekten und Bewegungen frei geworden ist, in ihrer Vereinigung mit dem Guten keine Einbuße, indem sie sich auf sich selbst zurückzieht und sich bis in ihr tiefstes Wesen zu erfassen vermag und hierdurch in ihrer eigenen Schönheit wie in einem Spiegel und Abbild das Urbild schauen kann. Denn in Wahrheit kann man sagen, die wirkliche Gottähnlichkeit bestehe darin, dass unsere Seele den Allerhöchsten einigermaßen nachahmt; denn seiner Natur nach alle Begriffe übersteigend und über die Eigenschaften, die wir an uns beobachten können, hoch erhaben, ist sein Leben ganz andersartig und nur ihm zukommend, keineswegs mit dem vergleichbar, das wir hienieden führen. Denn wir Menschen sind, weil unsere Natur unaufhörlich in Bewegung ist, gewohnt, uns auf das zu stürzen, wohin der Wille sich richtet; dabei verhält sich unsere Seele nicht gleichmäßig sozusagen nach vorwärts und nach rückwärts. Die Hoffnung nämlich leitet die Bewegung nach vorwärts, die Erinnerung aber schließt sich dieser vorwärtsgehenden Bewegung an. Wenn nun die Seele zu wahrhaft Schönem sich hinwendet, so drückt eine solche Wendung der Erinnerung eine heitere, glänzende Spur ein; hat sie dagegen, weil ein Trugbild von Schönheit die davon befangene Seele täuschte, im Schönen sich geirrt, so wird die Erinnerung, welche dieser Seelenbewegung folgt, zur Scham, und so entsteht in der Seele ein Kampf, indem die Erinnerung gegen die Hoffnung Krieg führt, weil sie den Willen so schlecht lenkte. Denn der Affekt der Scham weist deutlich auf eine Geistesverfassung hin, in welcher die Seele wegen des Begangenen sich abhärmt, indem sie ihr törichtes Beginnen mit der Reue wie mit einer Geißel züchtigt und gerne zu ihrer Unterstützung die Vergessenheit heranziehen möchte. Weil arm an Schönem, trägt unsere Natur stets ein Verlangen nach dem, was ihr mangelt; und das Verlangen nach diesem ist eben das Begehrungsvermögen unserer Natur, welches entweder von falschem Urteil geleitet das, was wirklich schön ist, verfehlt, oder auch erreicht, was zu erreichen gut ist. Anders ist es allerdings mit der jeden Begriff des Guten überragenden und über alle Macht erhabenen Natur, die da nichts von dem, was man nur immer als gut betrachtet, benötigt, weil sie selbst die Fülle alles Guten ist, die da auch nicht erst durch Teilnehmen am Schönen zum Besitz des Schönen gelangt, sondern die wesenhafte Schönheit ist, diese gestattet, was der Geist auch immer als schön bezeichnen möchte, der Bewegung der Hoffnung keinen Zutritt; auch der Apostel sagt: was man schon hat, wie soll man dies noch hoffen (Röm. 8, 24), noch ist sie der Tätigkeit der Erinnerung bedürftig; denn an das, was man vor Augen hat, braucht man sich nicht erst zu erinnern. Da also die göttliche Natur alles Gute weit überragt, das Gute aber mit dem Guten vertraut ist, darum will sie, ihren Blick auf sich selbst richtend, nur das, was sie hat, und zugleich hat sie bereits, was sie will, weshalb sie nichts ersehnt, was ausserhalb ihrer gelegen ist. Denn ausser ihr gibt es nichts als das Böse; dessen Sein besteht aber, wie sonderbar es auch klingen mag, im Nichtsein; das Böse besteht nämlich in der Beraubung des Seienden. Wahres Sein kommt bloß der Natur des Guten zu; was also nicht in dem Seienden ist, ist im Nicht-Sein.“ [27] 

Wenn nun die Seele nach Ablegung all der verschiedenen natürlichen Affekte Gottähnlichkeit erreicht hat und die Begierde hinter sich lassend dahin gelangt ist, wohin sie sich durch die Begierde gezogen fühlte, so hat sie keinen Platz mehr weder für die Hoffnung noch für die Erinnerung; denn was sie hoffte, besitzt sie nun, und durch den Genuss alles Guten ganz in Anspruch genommen, schliesst sie die Erinnerung aus den Gedanken aus. Und auf diese Weise, nach den besonderen Eigenschaften der göttlichen Natur gestaltet, lebt sie das höhere göttliche Leben, so dass keiner von den anderen Affekten übrigbleibt als nur der der Liebe, welcher mit dem Schönen in unzertrennlichem Zusammenhang steht; denn die Liebe ist innere Hinneigung zu dem, was gefällt. Wenn also die Seele, nachdem sie einfach, einförmig und gottähnlich geworden, jenes wahrhaft einfache und immaterielle Gut gefunden hat, das allein in Wirklichkeit liebenswürdig und begehrenswert ist, so verbindet und vereinigt sie sich mit ihm vermöge des Affektes der Liebe mit all ihrer Kraft, indem sie sich nach dem gestaltet, den sie nunmehr für immer erfasst und gefunden hat, und durch Verähnlichung mit dem Guten das wird, was jener schon ist, an dem sie jetzt teilnehmen darf. Und da in Gott, weil er keinen Mangel empfindet, auch keine Begierde ist, so dürfte folgerichtig auch die Seele, weil sie ebenfalls keinen Mangel mehr leidet, die Begierde sowohl als Affekt wie als Anlage aus sich entfernt haben, weil ja Begierde nur da Platz hat, wo man das Ersehnte noch nicht besitzt. Zu dieser Ansicht führt uns auch der göttliche Apostel; denn er verkündigte: Alle unsere Bestrebungen in diesem Leben, selbst die höheren, würden einmal zur Ruhe kommen und aufhören; einzig die Liebe habe kein Ende. Er sagt nämlich: „Die Weissagungen werden schweigen und die Wissenschaften ruhen; aber die Liebe endet nie“ (1 Kor. 13, 8), d. h. sie bleibt immer dieselbe. Aber auch da, wo er „Glaube und Hoffnung bei der Liebe verbleiben“ lässt (nämlich hienieden, 1 Kor. 13, 13), stellt er wiederum letztere mit Recht über die zwei ersteren. Denn die Hoffnung regt sich nur so lange, als der Genuss des Gehofften noch fern ist; desgleichen kann der Glaube die Hoffnung bloß so lange stärken, solange das Gehoffte sich unserem Blicke noch nicht zeigt. Dies spricht er in den Worten aus: „Der Glaube ist eine Grundfeste für das, was man hofft“ (Hebr. 11, 1). Wenn aber das Gehoffte in unseren Besitz gelangt ist, dann bleibt von allen Affekten nur noch die Kraft der Liebe in Tätigkeit, weil sie nichts findet, was an ihre Stelle treten könnte. Daher nimmt sie den ersten Platz ein sowohl unter den Tugendübungen als auch unter den Gesetzesvorschriften.“ [28] 
 

8. Die Läuterung der Seele vor und nach dem Tode

„Wenn nun die Seele zu diesem Ziele emporgestiegen ist, dann bedarf sie keines anderen Gutes mehr, da sie die Fülle alles Seienden umfasst; sie allein scheint in sich aufnehmen zu können, was die Seligkeit Gottes ausmacht. Denn auch das Leben der göttlichen Natur besteht in der Liebe, weil das Schöne notwendig von denen geliebt wird, die es erkennen; die Gottheit erkennt sich nun selbst; diese Erkenntnis wird aber zur Liebe, weil die göttliche Natur, die erkannt wird, wesenhaft schön ist. Mit dem wahrhaft Schönen ist auch keine Übersättigung verbunden; und da also kein Gefühl des Sattseins das Liebesverhältnis zum Schönen stört, so verläuft das Leben Gottes in immerwährenden Akten der Liebe, weil es von Natur aus sowohl schön ist als auch von Liebe zum Schönen hingezogen wird. Auch kennt diese Liebesbetätigung keine Grenze, weil auch für die göttliche Schönheit keine Grenze festgesetzt werden kann; darum findet die Liebe erst an dem Ende des Schönen ihr eigenes Ende. Erst an seinem Gegenteil aber hört das Schöne auf; derjenige nun, dessen Natur das Böse völlig ausschliesst, muss eine Güte besitzen, die ohne Ende und ohne Grenzen ist. Und da jede Natur an sich zieht, was verwandt ist, der Mensch aber zur Verwandtschaft mit Gott durch seine Ähnlichkeit mit dem Urbilde erhoben wurde, wird die Seele notwendig zu der ihr verwandten Gottheit hingezogen; was aber zu Gott gehört, muss auf jeden Fall und ganz gerettet werden.“ „Allerdings, wenn die Seele, insofern das Gewicht des Körpers sie nicht niederdrückt, leicht und unbeschwert ist, dann wird für sie der Zugang zu dem, der sie an sich zieht, angenehm und bequem; wenn sie dagegen mit den Nägeln der Leidenschaften am Materiellen, in das sie sich versenkt, angeheftet ist, also in ähnlich schlimmer Lage sich befindet wie die Leiber, welche bei dem durch Erdbeben herbeigeführten Einsturz des Hauses in die Trümmer eingequetscht wurden, denken wir nur an den Fall, dass nicht nur Schutt schwer auf ihnen liegt, sondern dass sie auch von eisernen Haken und Holzstücken mehrfach durchbohrt sind, was also solche Leiber, wenn sie von den Verwandten der Bestattung wegen aus dem Trümmerhaufen hervorgezogen werden, Schreckliches erdulden; denn sie werden hierbei ganz zerschunden und zerrissen und überhaupt arg zugerichtet, weil Haken und Schutt sie um so mehr zerfleischen, je mehr man Gewalt anwenden muss, sie aus dem Geröll herauszuziehen, ähnliche Leiden, meine ich, haben die Seelen auszustehen, wenn die göttliche Macht aus lauter Güte sie aus dem Schutt des Unvernünftigen und Materiellen als ihr Eigentum hervorholen will.“ [29] 

„Denn wie ich glaube, will Gott keineswegs bloß aus Hass oder Rachsucht im Hinblick auf ihren schlechten Wandel über die Sünder Leiden verhängen, er, der alles, was er seinetwegen erschuf, zu sich ruft und holt, sondern in edlerer Absicht zieht er die Seele an sich als zur Quelle der Glückseligkeit, wobei allerdings den, welchen er zu sich zieht, Leid trifft, aber nur nach einem unabänderlichen Gesetz der Notwendigkeit. Wie nämlich diejenigen, welche die dem Golde beigemischte Schlacke in reinigendem Feuer ausscheiden wollen, nicht bloß das Unreine, sondern mit unausweichlicher Notwendigkeit auch das Gold im Läuterungsfeuer zur Schmelze bringen, und wie dabei das edle Metall erhalten bleibt, alles Unedle aber verzehrt wird, so muss auch das Böse nach einem Gesetz der Notwendigkeit durch ein Reinigungsfeuer verzehrt werden; hierbei muss aber auch die Seele so lange im Feuer aushalten, bis die beigemischte unechte Schlacke und unsaubere Materie im Feuer ganz verbrannt ist.“ „Wie, wenn um ein Seil ein recht leimartiger Ton geschmiert ist, dann das Ende des Seiles durch eine enge Öffnung hindurchgesteckt wird und nun jemand das Seil kräftig hindurchzieht, dieses zwar notwendig dem Anziehenden folgen muss, der herumgeschmierte Ton aber infolge des starken Ziehens vom Seile abgestreift wird und so ausserhalb der Öffnung zurückbleiben muss, mit der weiteren üblen Folge, dass das Seil immer schwerer durch die Öffnung geht und deshalb mit immer größerer Gewalt gezerrt werden muss; etwas Ähnliches wird auch der Seele widerfahren, d. h. sie wird, falls sie noch von materiellen und erdhaften Leidenschaften eingehüllt erscheint, in empfindlicher Weise ausgespannt, wenn Gott zwar sein Eigentum an sich ziehen möchte, aber Fremdartiges mit ihr fest verwachsen ist, das erst mit Gewalt abgestreift werden muss, was dann allerdings heftige Schmerzen verursacht, die kaum zu ertragen sind.“ „So scheint denn“, sprach Gregor, „das göttliche Gericht in erster Linie die Sünder nicht strafen zu wollen, sondern, wie eine Darlegung zeigt, auf die Lostrennung des Guten vom Bösen auszugehen und die Seele zur Teilnahme an der ewigen Glückseligkeit heranzuziehen; den Angezogenen widerfährt allerdings Schmerzliches, wenn ihre Verwachsenheit mit dem Bösen zerrissen wird.“ [30] 

„Das ist allerdings“, sagte die Lehrerin, „auch meine Ansicht; ebenso meine ich, dass die Größe der Qual von der Größe der Sündhaftigkeit abhängt, die in einem sich findet. Denn unbillig wäre es, wenn der, welcher auf dem Wege des Bösen schon weit vorangeschritten ist, und der, welcher nur in geringere Nachlässigkeiten verstrickt wurde, bei der Reinigung von ihrem sündhaften Zustand gleich hart mitgenommen würden, vielmehr wird je nach der kleineren oder größeren Quantität der vorhandenen Materie die so schmerzliche Flamme brennen, solange sie Nahrung findet. Wem also eine große Masse von Materie anhaftet, dem wird auch notwendig eine heftige und lange dauernde Flamme beschieden sein; wem aber der Brennstoff für die Flamme nur in geringerer Menge beigemischt ist, bei dem lässt die Strafe an Heftigkeit und Dauer um soviel nach, als der Brennstoff infolge der geringeren Sündhaftigkeit weniger groß geworden war. Denn das Böse muss einmal ganz und gar aus dem Reiche des Seienden entfernt werden und das, was nach den früheren Ausführungen im Seienden ein Nicht-Sein hat, überhaupt nicht mehr existieren. Denn da das Böse ausserhalb des freien Willens keine Wesenheit besitzt, so muss, sobald jeglicher Wille ganz in Gott sein wird, das Böse völliger Vernichtung anheimfallen, da alsdann nichts mehr da sein wird, das es aufnehmen könnte.“  [31] 

„Doch,“ warf Gregor ein: „welchen Gewinn könnte diese Hoffnung angesichts der Erwägung wecken, welch großes Übel es ist, auch nur ein Jahr Pein auszustehen; wenn aber jenes unerträgliche Weh über eine ganze Ewigkeit sich erstrecken würde, wie könnte sich dann derjenige mit der Hoffnung auf die Zukunft trösten, dem eine Strafe für die ganze Ewigkeit zuerkannt wird?“ Die Lehrerin erwiderte darauf: „Darum muss unsere Sorge darauf gerichtet sein, dass wir unsere Seele von allem Schmutz der Sünde ganz rein und unversehrt bewahren, oder dass wir, falls dies wegen der Gebrechlichkeit unserer Natur durchaus unmöglich ist, uns nur Verfehlungen zuschulden kommen lassen, die unbedeutend und daher leicht gutzumachen sind. Denn die evangelische Erzählung (Matth. 18, 23; Luk. 7, 41) erwähnt einen Schuldner von zehntausend Talenten, aber auch von fünfhundert und von fünfzig Groschen, und schließlich von nur einem Heller, welches die kleinste Münze ist; allerdings lehrt sie auch, dass das gerechte Gericht Gottes, ohne das Geringste zu übersehen, sich auf alles erstreckt und jedesmal genau nach der Schwere der Schuld die Heimzahlung bestimmt, die sich als notwendig erweist. Weiterhin bezeugt das Evangelium, dass die Schuldabtragung nicht durch Zahlung in Geld geschehe, sondern dass der Schuldner den Peinigern überliefert werde, bis er, wie es heißt, die ganze Schuld abgetragen habe, das heißt aber nichts anderes als: er müsse durch die Peinigung die noch vorhandene Schuld oder die Gebühr erlegen, welche auf Teilnahme an Strafbarem gesetzt ist, welche Schuld er im Leben auf sich lud, und auf diese Weise nach Ablegung alles Fremdartigen, d. h. alles Sündhaften, und nach Entfernung alles dessen, was als schuldbar auch entsprechende Strafe bringt, zur Freiheit und Unabhängigkeit gelange. Die Freiheit aber bringt Ähnlichkeit mit dem, der da keinen Herrn über sich hat und unbeschränkte Macht besitzt, die uns zwar schon im Anfang geschenkt war, aber durch schändliche Sünden beschränkt wurde. Alle Freiheit ist aber ihrer Natur nach nur ein und dieselbe und verwandt mit allem, was frei ist; folglich wird alles Freie sich mit dem verbinden, was mit ihm gleich freie Art besitzt. Die Tugend aber kennt keinen Zwang; darum wird alles Freie in ihr sein. Denn was keinen Zwang sich auferlegen lässt, ist frei. Nun ist aber die göttliche Natur die Quelle aller Tugend; in ihr sind demnach alle, welche die Sünde von sich geworfen haben, damit, wie der Apostel sagt (1 Kor. 15, 25), Gott alles in allen sei.“ [32] 

„Gerade dieses Schriftwort, dass Gott sowohl alles sei als auch in allen sei, scheint mir, den vorher in der Untersuchung festgestellten Gedanken zu bestätigen. Da nämlich das gegenwärtige Leben mannigfaltig und vielgestaltig verläuft, so gibt es in demselben gar manches, an dem wir Anteil haben, wie Zeit, Luft, Raum, Speise,Trank, Kleider, Sonne, Lampenlicht und noch viele andere Dinge, die zur Notdurft des Lebens gehören, von denen aber nicht eines Gott ist. Die Seligkeit aber, die wir erwarten, bedarf keines derselben, vielmehr wird Gott uns alles sein und die Stelle aller Dinge vertreten, indem er sich uns in entsprechender Weise mitteilt, damit wir in ihm alles haben, was zu jenem Leben gehört. Und so ergibt sich aus den göttlichen Aussprüchen mit voller Deutlichkeit, dass Gott für die seiner Würdigen sein wird Wohnung, Haus, Kleidung, Speise, Trank, Licht, Reichtum, Herrschaft und alles andere, was sich nur immer aufzählen und denken lässt als zu einem guten Leben dienlich. Gott, der so alles sein wird, wird dies aber auch in allen sein. Indem die Schrift dies lehrt, scheint sie mir die Vernichtung der Sünde zu verkünden. Denn wenn Gott in allen ist, dann kann die Sünde nicht mehr in ihnen sein. Denn wenn jemand meinte, die Sünde würde weiter bestehen, wie könnte er dann den Satz aufrechterhalten, dass Gott in allen sei? Denn das Wort, Gott sei alles in allen, wäre umgestoßen, sobald in bezug auf das Böse eine Ausnahme gemacht würde, nämlich als ob dieses weiter bestünde. Wenn Gott auch in allen ist, so kann er unmöglich in dem sein, was keine Existenz hat.“ [33] 
 

9. Die Ansicht von der Seelenwanderung.

Gregor warf die Frage auf: „Wie sollen wir jene belehren, welche sich bei Unglück kleinmütig zeigen?“ Die Lehrerin gab zur Antwort: „Sagen wir ihnen doch: ganz grundlos ist euere Ungeduld und euer Missmut über den Verlauf, welchen die Dinge mit scheinbarer Notwendigkeit nehmen! Ihr wisset ja nicht, auf welchen Zweck das einzelne im Zusammenhang mit dem großen Ganzen hingelenkt wird; denn alles soll zur Vereinigung mit Gott geführt werden, und zwar in der Ordnung und Reihenfolge, welche der Weltenlenker mit vollendeter Weisheit festsetzte. Zu diesem Zweck trat die vernünftige Natur ins Dasein, damit die Fülle der göttlichen Güter nicht müßig daliege; die Weisheit, welche das All erschuf, bereitete sich vielmehr in unseren Seelen gleichsam Gefäße und Behälter, mit Freiheit ausgestattet und geeignet, jene Güter aufzunehmen und in sich immer mehr zur Entfaltung zu bringen, je mehr dieselben zufließen. Denn ein Vorzug der göttlichen Güter ist es, dass sie alle, zu denen sie gelangen, größer und aufnahmsfähiger machen, indem ihre Aufnahme eine Vermehrung der Kraft und Größe bewirkt, so dass die Empfänger immer zunehmen und in der Zunahme nicht stille stehen. Da nämlich die Quelle des Guten unaufhörlich fließt, so wird die aus ihr schöpfende Natur, weil infolge der Verwertung des ganzen Zuflusses zum Besten des Empfängers und zur Vermehrung seiner Größe keine der empfangenen Gaben sich als überflüssig oder als unnütz erweist, sowohl kräftiger zur Anziehung des Guten als auch geeigneter zur Aufnahme desselben, so dass beides zugleich zunimmt: einerseits steigt die genährte Kraft infolge der Fülle von Gütern, die zufließen, anderseits mehrt sich der nährende Zufluss, weil auch die Aufnahmsfähigkeit wächst. Zu solcher Größe werden wir demnach emporgehoben, so dass unser Wachstum keine Grenzen kennt. Und eine derartige Erhöhung und Erhebung vor Augen wollt ihr betrübt sein, dass unsere Natur dem Ziele entgegeneilt, das ihr gesteckt ist? Denn wir können den Lauf zu jenen Gütern auf keine andere Weise zurücklegen als dadurch, dass wir, was uns niederdrückt, d. h. diese schwerfällige irdische Masse von der Seele abschütteln, und nur wenn wir die Abhängigkeit von ihr, die wir hienieden tragen müssen, durch Streben nach Höherem abgestreift haben, können wir mit dem Reinen vereinigt werden, weil wir uns ihm gleichartig gemacht haben. Hast du aber auch noch einen gewissen Hang zu diesem Körper und fällt dir in deiner Liebe zu ihm, die Trennung von ihm schwer, so brauchst du auch in dieser Beziehung nicht hoffnungslos sein. Denn du wirst sehen, wie diese körperliche Hülle, wenn der Tod sie auch auflöst, einst aus demselben Stoffe wieder gewebt wird, nicht in dieser groben und schweren Ausstattung, sondern aus einem feineren, ätherischen Gewebe, so dass du deinen Freund wieder gewinnen wirst und sogar in einer besseren und herrlicheren Schönheit.“ [34] 

„Doch,“ sagte Gregor, „wie mir scheint, führte uns der Verlauf der Rede auch auf die Lehre von der Auferstehung, welche ja auf Grund der Heiligen Schrift als durchaus wahr und zuverlässig gelten muss, ohne dass irgendein Zweifel gestattet wäre. Da aber unser schwacher Menschenverstand durch leichtfassliche Gründe und Beweise eine Stütze bekommt und bereitwilliger für die Glaubenslehre wird, so dürfte es gut sein, auch an diesem Punkt nicht ohne nähere Untersuchung vorüberzugehen. Sehen wir zu, was hier zu sagen ist!“ Sie sprach nun: „Die ausserhalb unserer christlichen Philosophie Stehenden haben die Lehre von der Auferstehung zum Teil berührt, wenn auch in verschiedener Weise. Hierbei stimmen sie weder mit unserer Lehre vollständig überein, noch wollen sie dieselbe ganz verwerfen. Manche ziehen bei dieser Gelegenheit das Menschliche in den Staub durch die Behauptung, die nämliche Seele gehöre bald einem Menschen, bald einem Tiere an, indem sie zuerst in einem menschlichen Körper wohne, dann aber die Leiber wechsle und nach Belieben immer in andere übergehe, sei es, dass sie ein Vogel werde oder ein Wasser- oder auch ein Landtier, und schließlich wieder zur Menschennatur zurückkehre. Einige dehnen diese Albernheit sogar bis zu den Sträuchern aus und meinen, der Menschenseele sei auch das Leben im Holze entsprechend und zusagend. Andere jedoch sind der Ansicht, sie gehe nur von einem Menschen in einen anderen über und das menschliche Leben aller Jahrhunderte werde von den nämlichen Seelen gelebt, indem die nämlichen Seelen ohne Unterbrechung bald in diesen Menschen Wohnung nähmen, bald in jenen. Von den Glaubenslehren der Kirche ausgehend, können wir diese philosophischen Ansichten nur nach der einen Seite begrüßen, dass sie in gewisser Beziehung doch eine Übereinstimmung mit unserer Lehre von der Auferstehung aufweisen. Denn die Anschauung, die Seele ziehe nach ihrer Trennung von diesen Körpern wieder in andere, steht nicht in unüberbrückbarem Gegensatz zu dem Wiederaufleben, das wir hoffen. Auch unsere Lehre hält nämlich daran fest, unser Leib bestehe jetzt und später wiederum aus den Elementen der Welt; die Aussenstehenden sind derselben Ansicht, und sie dürften auch auf den Gedanken kommen, es gäbe eine andere Körpernatur, die nicht aus der Vereinigung von fremdartigen, neuen Elementen gebildet wäre. Der Unterschied besteht aber darin, dass nach unserer Lehre der nämliche Körper und die nämliche Seele, und zwar aus denselben Bestandteilen sich zusammenfinde, dass dagegen nach der Ansicht jener Nicht-Christen die Seele in andere Körper übergeht, teils in vernunftbegabte, teils in vernunft- und empfindungslose, freilich mit dem Zugeständnis, dass diese aus den Elementen unserer Welt bestünden, dagegen nicht aus den Bestandteilen, welche im früheren Leben mit der Seele verbunden und verwachsen waren, was gerade im Gegensatz zu unserer Glaubenslehre steht. Wir können demnach sagen, die heidnische Philosophie bezeuge selbst die Wahrscheinlichkeit, dass die Seele abermals einen Körper annehme. Da bietet sich also die beste Gelegenheit, einerseits die Unhaltbarkeit der nicht-christlichen Anschauung darzutun, andererseits in logischer Abfolge die Wahrheit unserer Lehre ans Licht zu stellen. Was sollen wir hierüber darlegen?“ [35] 

„Diejenigen, welche die Seele in verschiedene Naturen wandern lassen, scheinen mir die Eigentümlichkeit der Naturen zu verwischen und alle Dinge ganz und gar durcheinanderzubringen: das Vernünftige und Unvernünftige, das Empfindende und Empfindungslose, so dass sie ineinander übergehen und nicht mehr durch feste natürliche Grenzen voneinander geschieden werden. Denn sie behaupten, ein und dieselbe Seele wohne jetzt in unserer Körperhülle, mit Vernunft und Denkkraft ausgestattet, dann aber krieche sie mit den Schlangen oder schwärme mit den Vögeln oder trage Lasten oder fresse Fleisch oder lebe im Wasser oder sinke selbst in das Empfindungslose hinab, indem sie, ein Baum werdend, Wurzel schlage, Zweige treibe und an diesen entweder eine Blüte oder einen Dorn, eine nahrhafte oder giftige Frucht trage; dies behaupten heisst nichts anderes als annehmen, alles sei ein und dasselbe, und es gäbe bloß eine Natur, die sich in unterschiedsloser und verworrener Gemeinschaft mit sich selbst vermengt, so dass keine Eigentümlichkeit mehr das eine vom anderen scheidet. Denn wer sagt: „Ein und dasselbe sei in jeglichem“, will damit nichts anderes erklären, als alles sei ein und dasselbe, so dass der an den Dingen offenbar hervortretende Unterschied kein Hindernis für die Vermischung selbst unvereinbarer Gegensätze bilden soll und dass, wer ein giftiges oder reißendes Tier sieht, sich zur Annahme entschliessen muss, es sei mit ihm verwandt und gleichartig. Ein solcher muss selbst den Schierling als stammverwandt mit seiner eigenen Natur ansehen, da er mit der menschlichen Natur auch in einer Pflanze rechnen muss; ebenso darf der Mensch auch bezüglich der Rebe, die wir bloß zum Lebensbedarf anbauen, keineswegs jedes Bedenken ablegen; denn sie gehört zu den Pflanzen; zu ihnen zählen wir auch die Ährenfrüchte, von denen wir uns ernähren. Wie wird er also die Sichel anlegen, um die Ähren zu schneiden? wie die Traube auspressen oder den Dorn aus der Erde graben oder die Blumen pflücken oder Jagd auf die Vögel machen oder mit Holz Feuer anzünden, da er nicht weiß, ob er die Hand nicht gegen Geschwister oder gegen Vorfahren oder überhaupt gegen seinesgleichen ausstreckt, mit ihren Körpern Feuer anmacht oder den Krug mischt oder die Nahrung bereitet. Indem er bei all diesen Gegenständen und Verrichtungen glaubt, die Seele werde ein Tier oder eine Pflanze, dabei aber an keinem etwa aufgeklebten Zeichen zu erkennen vermag, ob die Pflanze oder das Tier aus einem Menschen oder aber auf andere Weise entstanden sei, so wird der, welcher von jenem Wahne befangen ist, gegen alles das gleiche Verhalten an den Tag legen, so dass er notwendigerweise auch gegen die wirklichen Menschen sich hart zeigen wird oder, falls er gegen dieselben freundlich und gütig sich benimmt, ebenso gegen jedes lebende Wesen sich verhält, auch wenn er auf Schlangen oder wilde Tiere stösst; ja wenn einer, der dieser Lehre huldigt, in einen Wald kommt, so wird er selbst die Bäume für ein Volk von Menschen halten. Welches Leben führt nun einer, wenn er entweder, weil alles wesensverwandt ist, gegen alles von Vorsicht und Bedenken oder aber gegen die Menschen, weil sie sich von anderen Dingen nicht unterscheiden, von Rücksichtslosigkeit erfüllt ist?“ [36] 

„Demnach ist diese heidnische Lehre zu verwerfen, zumal da gegen sie auch noch andere Erwägungen der Vernunft sprechen. Ich habe nämlich von Anhängern dieser Lehre gehört, dass sie gewisse Völkerschaften von Seelen annehmen, welche vor dem Leben im Leibe bereits in einem besonderen Staate leben und wegen ihrer Feinheit und Leichtbeweglichkeit ihrer Natur mit der Umkreisung des Alls sich herumbewegen würden. Aber wegen einer gewissen Hinneigung zum Bösen ihrer Schwingen verlustig geworden, kämen die Seelen in Körper, und zwar zuerst in menschliche, sodann würden sie wegen ihrer Hingabe an unvernünftige Leidenschaften nach dem Ausscheiden aus dem menschlichen Leben in Tierleiber gebannt und von da sänken sie zum pflanzenhaften und empfindungslosen Dasein herab, so dass die Seele, obgleich sie ihrem Wesen nach fein und leichtbeweglich ist, wegen ihres Hanges zum Bösen zuerst eine gewisse Schwere bekäme, dann nach unten strebe und in menschliche Körper eingekerkert werde, hierauf nach Aufzehrung der Denkkraft in unvernünftigen Tieren lebe und endlich nach Verlust des Empfindungsvermögens das gefühllose Pflanzenleben annähme, jedoch nur, um von hier aus in der nämlichen Stufenfolge wieder in die Höhe zu steigen und in die himmlische Region zurückzukehren. Für alle, welche nur etwas Urteilskraft besitzen, widerlegt sich eine solche Lehre von selbst, da sie gar keinen Halt in sich hat. Denn wenn die Seele wegen der Sünde von dem himmlischen Leben zu einem Leben im Holze herabgezogen wird, von diesem aber durch die Kraft der Tugend wieder zum himmlischen Lande zurückkehrt, so gerät sie durch ihre Entscheidung darüber, ob das Leben im Holze oder aber das im Himmel wertvoller ist, in die größte Verlegenheit; denn dadurch, dass die Seele ihren Aufenthaltsort immer wieder wechselt, kommt ein gewisser Kreislauf zustande, der sie stets durch dieselben Regionen führt. Wenn sie nämlich vom unkörperlichen Leben zum körperhaften und zum empfindungslosen herabsinkt und dann abermals zum unkörperlichen aufsteigt, so bedeutet dies nichts anderes als eine unterschiedslose Zusammenmengung von Gutem und Schlechtem, welche die Anhänger der beschriebenen Anschauung vornehmen. Denn einerseits vermag der Aufenthalt im Himmel voll Glückseligkeit nicht festgehalten zu werden, weil ja die Sünde auch dorthin Zutritt erlangt; andererseits werden die Bäume nicht der Tugend entbehren, weil sich nach ihrer Vorstellung hier die Seele zum Guten erhebt, um dort oben das schlechte Leben zu beginnen. Denn wenn die Seele, während sie mit dem Himmel sich bewegt, in die Fallstricke der Schlechtigkeit gerät und, zur Strafe dafür zum Leben im Holze verurteilt, wiederum zur himmlischen Wohnung emporgehoben wird, so verraten sie damit ihre Ansicht, das materielle Leben tilge die Schlechtigkeit, die regelmäßige Umkreisung aber werde für die Seelen Grund und Ursache zum Bösen, da sie ja von hienieden aus auf den Flügeln der Tugend zum Himmel emporziehen, von da aus aber, der Sünde wegen der Flügel beraubt, auf die Erde herabfallen und mit der schwerfälligen und dichten Materie umkleidet werden.“ [37]

„Doch bei diesen Widersprüchen macht die Ungereimtheit jener Lehre noch nicht halt, sie ist aber auch nicht imstande, ihre Grundlage oder Voraussetzung aufrechtzuhalten. Denn wenn sie das Himmlische unwandelbar nennen, wie findet dann doch die Hinfälligkeit in dem Unwandelbaren Platz? Und wenn die irdische Natur hinfällig ist, wie kommt es dann im Hinfälligen zur Beständigkeit? Allein sie mengen untereinander, was keine Vermengung duldet, und sie vereinigen, was sich nicht vereinigen lässt. In dem Wandelbaren sehen sie Unwandelbares, in dem Wandelbaren das Beständige. Und nicht einmal hier bleiben sie stehen; sondern in die nämliche Region, aus der sie die Seele der Sünde wegen verstießen, lassen sie dieselbe aus dem materiellen Leben in ein sicheres und unsterbliches zurückwandern, als hätten sie vergessen, dass sie von dort, von der Sünde niedergezogen, zur irdischen Natur herabsinken. Der Tadel des irdischen Lebens und das Lob des himmlischen wird durcheinander gerührt und vermengt, indem doch einerseits nach ihrer Behauptung gerade das Getadelte zum Guten führt, andererseits das von ihnen selbst Gelobte der Seele den Anstoß gibt, dass sie in das Schlechtere herabstürzt. All diese irrigen und haltlosen Annahmen müssen also von der Verkündigung der Wahrheit vollständig fernegehalten werden. Aber auch denen, welche die Seelen aus weiblichen Leibern in Männer oder umgekehrt die aus männlichen Leibern scheidenden Seelen in Weiber kommen oder auch aus Männern wiederum in Männer und aus Weibern abermals in Weiber übergehen lassen, können wir nicht folgen, weil auch sie von der Wahrheit abirren." [38]

"Die vorher erwähnte Ansicht verdient nämlich nicht nur wegen ihrer Haltlosigkeit und Falschheit völlige Verwerfung, sondern auch wegen ihrer Gottlosigkeit, weil sie behauptet, kein Mensch und kein Erdending trete ins Dasein außer durch eine Sünde, welche jeder Natur den Existenzbeginn vermittle. Denn wenn ohne den Fall einer Seele von oben auf die Erde weder Menschen noch Tiere entstehen sollen, so zeigt es sich deutlich, dass sie die Sünde für die Entstehungsursache alles Irdischen halten. Und wie trifft beides auf die Minute zusammen: die Entstehung eines Menschen durch die Ehe und der Herabsturz der Seele, gleichzeitig mit dem ehelichen Akte erfolgend! Und was noch ungereimter ist als dies: da die Paarung der Tiere meist im Frühjahr geschieht, soll man deshalb annehmen, dass das Frühjahr die Entstehung von Sünden in den höheren Sphären begünstige, so dass die Anfüllung der Seelen mit Sünden, welche den Herabsturz veranlasst, und das Trächtigwerden der Tierleiber zusammentreffen? Und was wird man vom Landmann sagen, der Pflanzenschösslinge in die Erde setzt? Wie soll dessen Hand zugleich mit dem Schössling die menschliche Seele einpflanzen, so dass das Herabgleiten der Seele gleichzeitig mit der Absicht des Menschen zu pflanzen stattfindet?" [39]
 

10. Der Eintritt der Seelen in das Dasein

„Nun wird man auch weiter fragen, wann ist die Seele geworden und wie? Allein die Frage, wie jedes einzelne geworden, bleibt von der Erörterung ganz ausgeschlossen; denn selbst in bezug auf die Dinge, die unserer Erkenntnis naheliegen und durch die Sinne wahrgenommen werden, dürfte es der forschenden Vernunft unmöglich sein, selbst bei dem, was sichtbar ist, das Wie der Entstehung zu erkennen, weshalb wir auch sogar den gotterleuchteten und heiligen Männern eine derartige Erkenntnis nicht zuschreiben dürfen. Denn mittels des Glaubens, sagt der Apostel (Hebr. 11, 3), wissen wir, dass die Welten durch das Wort Gottes geschaffen worden seien, so dass das Sichtbare aus dem Unsichtbaren hervorgegangen ist. So würde der Apostel, nach meiner Ansicht, sich niemals ausdrücken, wenn er der Meinung gewesen wäre, die Frage könnte durch Vernunftschlüsse gelöst werden; vielmehr gesteht der Apostel, zum Glauben an die Tatsache gekommen zu sein, dass die ganze Welt und alles, was aus ihr stammt, durch den Willen Gottes geschaffen sei; wie man den Ausdruck Welt auch immer verstehen mag, auf jeden Fall ist damit die sichtbare und unsichtbare Schöpfung gemeint, die Frage nach dem Wie dagegen lässt er unerörtert. Ich glaube auch nicht, dass darauf aller Forscherfleiß eine genügende Antwort geben kann; denn der Lösung dieses Problems stellen sich zuviel Schwierigkeiten entgegen. Wie entsteht aus der feststehenden Natur das Bewegte? wie aus der einfachen und ausdehnungslosen das Zusammengesetzte und Ausgedehnte? Etwa aus der allerhöchsten Wesenheit selbst? Doch das können wir nicht zugeben, weil alle anderen Dinge sich von jenem zu sehr unterscheiden. Aber woher denn? Doch unser Geist erblickt außer der göttlichen Natur nichts als ewig oder ursprünglich. Ausserdem müsste unsere Spekulation verschiedene Prinzipien aufstellen, falls wir ausserhalb der schöpferischen Ursache noch etwas annehmen würden, woher die allgestaltende Weisheit die Mittel zur Schöpfung genommen hätte. Da es nun bloß einen einzigen Urgrund für alles Seiende geben, und mit dieser über alles erhabenen Natur kein durch sie geschaffenes Wesen gleichartig sein kann, so ergibt sich, dass folgende zwei Annahmen unmöglich sind: die Meinung, die Schöpfung sei aus der göttlichen Natur gebildet, sowie die Ansicht, alle Dinge hätten eine andere Natur zur Grundlage; denn im ersten Fall würde man Gott zu den Qualitäten der Schöpfung herabziehen, weil ja das Gewordene mit Gott gleichartig wäre. Im zweiten Fall würde statt dessen neben die göttliche Substanz eine materielle Natur gestellt, welche, weil nicht geworden, in bezug auf ewige Existenz Gott gleich käme, wie denn sowohl die Manichäer solchem Wahne huldigten, und einige andere, durch die griechische Philosophie zu den gleichen Anschauungen verführt, diese Phantasterei als Lehrsatz verkündeten.“ [40]

„Um den beiden genannten Ungereimtheiten in der Untersuchung des Seienden zu entgehen, wollen wir nach dem Beispiele des Apostels die Frage über das Wie des Entstehens der geschaffenen Dinge nicht näher erörtern und nur im Vorübergehen bemerken, dass der göttliche Willensakt, sobald er es will, die Wirklichkeit herbeiführt und dass das Gewollte sofort Natur und Wesen gewinnt, da die Allmacht nichts von dem, was sie in ihrer Weisheit und Gestaltungsfähigkeit will, unverwirklicht lässt; die Existenz des Gewollten ist Wesen. “ „Nun scheidet sich die Welt in zwei Hälften, in eine geistige und in eine körperliche. Die Schöpfung der geistigen Welt scheint allerdings der unkörperlichen göttlichen Natur nicht unähnlich zu sein, sondern vollkommen zu entsprechen, indem sie Unsichtbarkeit, Unbetastbarkeit und Ausdehnungslosigkeit aufweist, also Eigenschaften, welche man ohne die Gefahr eines Irrtums auch der allerhabenen Natur zuschreiben muss. Die Welt des Körperlichen aber zeigt Eigenschaften, welche Gott sicher nicht hat und infolgedessen erheben sich große Schwierigkeiten für unsere Vernunft, die nicht einzusehen vermag, wie aus dem Unsichtbaren das Sichtbare hervorgehen konnte, aus dem Unbetastbaren das Feste und Starre, aus dem Unbegrenzten das Begrenzte, aus dem jede Quantität und Größe Entbehrenden das, was in eine seiner Quantität entsprechenden Größe eingeschlossen ist, und was wir sonst noch alles an der körperlichen Natur wahrnehmen. Angesichts dieser Schwierigkeit wollen wir bemerken: keine von den Eigenschaften des Körpers ist selbst etwas Körperliches, weder Gestalt noch Farbe noch Schwere noch Ausdehnung noch sonst eine zu den Eigenschaften gehörige Bestimmung, sondern jede dieser Eigenschaften ist ein Begriff und ihre Vereinigung und Verbindung macht den Körper aus. Da also alle Eigenschaften, welche den Körper ausmachen, mit dem Geiste und nicht mit den Sinnen erfasst werden, Gott aber Geist ist, welche Schwierigkeit könnte demnach für den Geist bestehen, geistige Bestimmungen zu bewirken, deren Verbindung die Natur des Körpers ausmacht. Doch dies sei nur nebenher untersucht.“ [41]

„Die Hauptfrage aber lautete: Wenn die Seelen nicht schon vor den Leibern existieren, wann und wie entstehen sie dann? Und deshalb ist unsere Darlegung auf die Frage nach dem Wie nicht näher eingegangen, weil das Ergebnis unsicher ist; doch der andere Punkt, nämlich wann die Seelen ihre Existenz gewinnen, harrt noch der Untersuchung, weil er in engem Zusammenhang mit dem früher Besprochenen steht. Würde nämlich eingeräumt, die Seele lebe bereits vor dem Körper in irgendeinem Zustande, so müssten wir notwendig auch die Phantasterei jener annehmen, welche die Seelen der Sünde wegen in Körper einkerkern. dass aber auf der anderen Seite die Entstehung der Seele etwa später erfolge und jünger sei als die Bildung der Körper, wird wohl auch kein Verständiger sich einfallen lassen, da doch allen klar sein dürfte, dass Seelenloses weder Kraft zum Wachstum noch Beweglichkeit besitzen kann, während es keinem Zweifel und keiner Frage unterliegt, dass das Kind im Mutterleib sowohl örtlicher Bewegung als auch des Wachstums fähig ist, wie es auch Nahrung zu sich nimmt. Daraus folgt, dass wir nur eine gleichzeitige Entstehung für Seele und Leib annehmen. Und wie die Erde den Wurzelschößling, den sie von den Landleuten empfängt, zum Baume gestaltet, nicht als ob sie in den Schößling die Kraft zum Wachstum legen würde, sondern weil sie ihm die Wachstumsmittel bietet, so sagen wir auch, das vom Menschen zur Pflanzung eines Menschen Abgetrennte sei ein Lebewesen, ein Beseeltes vom Beseelten, ein Nahrung Empfangendes von einem, der Nahrung empfangen hat. Freilich, wenn die Winzigkeit des Ablegers nicht sofort alle Tätigkeiten und Bewegungen der Seele zuläßt, so können wir uns hierüber nicht wundern. Denn der Weizen, der schon im Samen vorhanden ist, erscheint nicht sogleich als Ähre, wie könnte so Großes in so Kleines gehen? sondern indem die Erde ihn durch entsprechende Zufuhr nährt, wird der Weizen zur Ähre, nicht als ob er in der Scholle seine Natur vertauschte, sondern weil er durch die Nahrung sich selbst entfaltet und vollendet. Gleichwie also bei dem Pflanzensamen der Keim allmählich bis zur Vollendung fortschreitet, auf dieselbe Weise kommt auch bei dem Werden des Menschen die Seele nach Maßgabe der körperlichen Größe zur Geltung, indem sie zuerst dem Kinde, das sich im Mutterleib befindet, der Nähr- und Wachskraft nach innewohnt, dann aber, wenn es das Tageslicht erblickt, ihm auch das Empfindungsvermögen verleiht, hierauf endlich, wenn es schon größer geworden, in ihm die Denkkraft einigermaßen hervortreten lässt, jedoch nicht auf einmal in ihrer ganzen Fülle, sondern fortschreitend in Übereinstimmung mit der Zunahme des Schösslings. Da nun der aus beseelten Wesen zur Bildung eines beseelten Wesens abgelöste Keim nicht tot sein kann, so erkennen wir hieraus, dass das aus beiden d. i. aus Seele und Leib bestehende Gebilde einen gleichzeitigen Eintritt ins Dasein hat, so dass weder jene (d. i. die Seele) vorausgeht, noch dieser (d. i. der Leib) nachfolgt.“ [42]

„Einen Stillstand in der Vermehrung der Seelen aber erkennt die Vernunft als notwendig im voraus, damit das Menschengeschlecht nicht fortwährend im Flusse sei, indem es durch Zunahme immer weiter sich ergießen und niemals in der Bewegung nachlassen würde. Dieser Stillstand, der nach unserer Ansicht für unsere Natur dereinst notwendig eintreten wird, wird durch die Erwägung begründet, dass, wenn die übrige gesamte geistige Natur in ihrer Vollzahl dasteht, füglich auch unsere Menschennatur einmal zum Abschluss gelangen muss, denn sie ist auch hierin der göttlichen verwandt, damit sie nicht immer den Eindruck der Unvollständigkeit mache; denn der fortwährende Zuwachs gibt Anlass zu solcher Anschuldigung. Wenn also die Menschheit ihre volle Zahl erreicht hat, wird die flussartige Bewegung der Natur stillstehen, weil sie zu dem ihr gesetzten Ziel gelangte; dann wird ein anderer Zustand auf das Leben folgen, ganz verschieden von dem jetzigen, der in beständigem Entstehen und Vergehen verläuft. Denn wenn keine Menschen mehr entstehen, können auch keine mehr vergehen, wenn nämlich die Verbindung von Seele und Leib, wir verstehen darunter den Lebensanfang durch die Zeugung, der Auflösung vorausgeht, so folgt daraus, dass, wenn keine Verbindung vorausgeht, auch keine Auflösung nachfolgen kann. Demnach führt uns die logische Betrachtung unseres Glaubenssatzes zur Annahme eines stillstehenden und ewigen Lebens nach dem Tode, in welchem nicht Werden und Vergehen miteinander abwechseln.“ [43]
 

11. Schriftbeweise für die Auferstehung

Da nun nach diesen Ausführungen der Lehrerin ihre Darlegung nach Ansicht der meisten Anwesenden zu einem passenden Abschluss gekommen schien, Gregor aber fürchtete, es möchte, wenn die Krankheit einen Ausgang für die Leidende nehme, wie sie ihn dann wirklich genommen, niemand mehr vorhanden sein, der die Einwürfe der Ungläubigen gegen die Auferstehung zurückweisen könnte, so sagte er: „Gerade den Hauptpunkt in der Erörterung über unseren Glaubenssatz hat deine Rede noch nicht berührt. Die Heilige Schrift erklärt sowohl in der alten als auch in der neuen Unterweisung, jedenfalls werde einmal, nachdem unsere Natur nach einer gewissen Ordnung und Folge die periodische Bewegung der Zeit durchlaufen habe, dieser flussartige, in der Aufeinanderfolge der Nachkommen fortschreitende Kreislauf zwar stillstehen; aber es werde dann, wenn die Vollendung des Alls weder Zuwachs noch Vermehrung gestattet, die gesamte Menge der Seelen aus der Unsichtbarkeit und der Vereinsamung zur Vereinigung und zur Sichtbarkeit zurückkehren, indem die nämlichen Elemente in der nämlichen Verbindung wieder zusammentreten. Diese Wiederherstellung des Lebens wird von der göttlichen Schriftlehre ‚Auferstehung‘ genannt, welcher Name zugleich mit der Aufrichtung des todhaften Bestandteiles der Menschen auch die gesamte Bewegung der Elemente bezeichnet.“ „Was ist denn“, sprach sie, „in den bereits gegebenen Darlegungen unberührt geblieben?“ „Die Lehre von der Auferstehung“, antwortete er. Darauf erwiderte, sie: „Gar vieles von dem, was ich ausführlich behandelte, führt auf dieses Ziel hin.“ Doch er erklärte: „Weißt du denn nicht, was für ein Schwarm von Einwendungen gegen diese unsere Hoffnung von den Gegnern vorgebracht wird?“ Dabei machte er auf alles aufmerksam, was die Gegner gewöhnlich anführen, um unsere Lehre von der Auferstehung zu widerlegen. Da fuhr sie in der Belehrung also fort: „Wie mir scheint, müssen wir das, was die Heilige Schrift an verschiedenen Orten über diese Glaubenslehre verkündigt, kurz durchgehen, damit wir von dort her den Schlussstein für unsere Unterredung nehmen. Da höre ich denn die Stimme Davids in seinen göttlichen Liedern ertönen, in denen er die wunderbare Ordnung des Weltalls zum Gegenstand seines lobpreisenden Gesanges macht und am Schluss des Psalmes 103 [hebr. Ps. 104] also ausruft: Du nimmst weg ihren Odem, und sie vergehen und kehren zurück in Staub; du sendest aus deinen Odem, und sie werden geschaffen, und du erneuerst das Angesicht der Erde! Mit diesen Worten will er sagen, dass die allenthalben wirksame Kraft des göttlichen Odems oder Geistes einerseits diejenigen belebe, in die er kommt, andererseits jene des Lebens beraube, die er verlässt. Da er also mit der Entfernung des Odems den Untergang der Lebenden, mit dessen Eintritt dagegen die Erneuerung der Untergegangenen erfolgen lässt, und da in der dabei eingehaltenen Reihenfolge der Untergang der Erneuerung vorausgeht, so liegt darin die Ankündigung des Auferstehungsgeheimnisses, indem David im prophetischen Geiste der Kirche diese Gnade voraussagte.“ [44]

„Aber auch anderswo sagt derselbe Prophet: „Der Gott des Alls, der Herr alles Seienden, hat angeordnet das Fest unter den Bedeckenden“ (Ps. 117, 27 [hebr. Ps. 118, 27]); durch den Ausdruck „Fest unter den Bedeckenden“ bezeichnet er das Laubhüttenfest, welches seit alter Zeit von der Überlieferung des Moses her eingesetzt war. Der Gesetzgeber wies damit prophetischen Geistes auf Zukünftiges hin, auf etwas, was aber immer stattfindend dennoch nicht stattfand; denn diejenigen Feste, welche stattfanden, waren lediglich Gleichnisse, welche die Wahrheit im voraus anzeigten; das wahre Laubhüttenfest jedoch ward noch nicht begangen. Denn nach dem prophetischen Worte hat Gott, der Herr aller Dinge, diese Anordnung getroffen, um anzudeuten, dass er für die ganze Menschheit den Hüttenbau unserer zerstörten Behausung (des zerstörten Leibes) herstellen werde; denn der Ausdruck „Bedeckung“ bezeichnet seiner Bedeutung nach das Kleid und den Kleiderschmuck. Das Psalmenwort aber lautet also: „Der Herr erschien uns, um anzuordnen ein Fest unter Bedeckenden bis an die Hörner des Altars.“ Sinnbildlich aufgefasst bezieht sich diese Weisung auf ein Fest für die ganze vernünftige Schöpfung, bei dem die Geringeren mit den Vornehmen einträchtig im Festzug der Guten einherziehen. Wegen der typischen Bedeutung der Tempeleinrichtung war nämlich der Übertritt von der äusseren Umgebung in das Innere nicht allen gestattet, sondern Heiden und Fremden blieb der Zutritt verwehrt und auch denen, welche zugelassen waren, stand der Zugang in das Innere nicht gleichmäßig offen, sondern nur jenen, welche durch einen reineren Wandel und durch gewisse Besprengungen sich geheiligt hatten; aber selbst diese durften nicht ausnahmslos das Innerste des Tempels betreten, sondern nur den Priestern war die gesetzliche Erlaubnis gewährt, zur Erfüllung ihres Opferdienstes hinter den Vorhang zu treten; jedoch sogar den Priestern hinwiederum blieb das Verborgene und Allerheiligste, wo der mit hörnerartigen Vorsprüngen verzierte Opferaltar stand, unzugänglich mit Ausnahme einzig des Hohenpriesters, der es nur einmal während des Jahres an einem bestimmten Tage betrat, um dort allein ein geheimnisvolleres und mystischeres Opfer darzubringen. Durch diese so große Verschiedenheit im Tempel, welche ein Bild und Gleichnis der geistigen Verfassung war, will die körperliche Observanz lehren, dass nicht die gesamte vernünftige Natur dem Tempel sich naht, d. h. dem Bekenntnis des großen Gottes, vielmehr jene, welche zu einem falschen Glauben abgeirrt sind, ausserhalb des eingehegten göttlichen Raumes stehen, aber auch, dass unter den auf ihr Bekenntnis hin Eingelassenen, die durch Besprengungen und Heiligungen Gereinigten eine größere Ehre genießen und von diesen wiederum die Geweihten einen Vorzug haben, so dass sie der Einführung in die innersten Geheimnisse gewürdigt werden. Um den Sinn des vorgeführten Typus noch deutlicher zu machen, wollen wir daraus als durch die Schrift gegeben noch die Lehre ziehen, dass von den vernunftbegabten Kräften einige gleichsam als heiliger Opferaltar im Allerheiligsten vor Gott hingestellt sind, unter diesen aber manche wie die Altar-Hörner hervorragen; andere wieder sehen wir um jene herum in einer bestimmten Ordnung und Reihenfolge den ersten und zweiten Rang einnehmen.“ „Das Menschengeschlecht aber wird wegen der Sünde, in die es gefallen, aus der Umgebung Gottes verstoßen; aber es kann wieder den Zutritt hierzu erlangen, wenn es sich durch das Besprengungsbad (Taufe) gereinigt hat. Aber da diese trennenden Schranken, durch welche die Sünde uns von dem Geheimnisvollen hinter dem Vorhang trennt, dereinst fallen sollen, so wird, sobald unsere Natur wie ein Gezelt bei der Auferstehung wieder hergestellt und das gesamte durch die Sünde über uns gekommene Verderben beseitigt ist, alsdann ein gemeinsames Fest mit Gott als Mittelpunkt für alle veranstaltet, welche durch die Auferstehung „bedeckt“ wurden, damit allen ein und dieselbe Wonne zuteil werde und keine Verschiedenheit mehr die vernünftigen Geschöpfe bei dem Genuss des nämlichen Glückes trenne, sondern auch die der Sünde wegen jetzt noch Aussenstehenden in das Allerheiligste der göttlichen Seligkeit eintreten dürfen und mit den Hörnern des Altars d. h. mit den hohen überirdischen Mächten vereinigt werden. Das nämliche spricht der Apostel ganz deutlich aus, wenn er, um den Zusammenklang des Universums dem Guten gegenüber auszudrücken, lehrt: „Jegliches Knie wird sich vor ihm beugen, derer, die im Himmel, auf Erden und unter der Erde sind, und jede Zunge soll bekennen, dass Jesus Christus der Herr ist zur Ehre Gottes des Vaters“ (Phil. 2, 10). Statt von Hörnern des Altares spricht der Apostel von Engeln und Himmlischen; seine anderen Ausdrücke beziehen sich auf die Geschöpfe, welche jenen begriffsmäßig nachstehen d. h. auf uns Menschen; sie alle führt ein Fest in voller Eintracht zusammen. Als Fest können wir aber das Bekenntnis und die Erkenntnis Gottes betrachten, dem wahrhaftiges Sein zukommt.“ [45]

„Es lassen sich aber“, fuhr sie fort, „noch viele andere Stellen der Heiligen Schrift auffinden, welche die Lehre von der Auferstehung stützen und beweisen. So versetzt sich Ezechiel, die Zeit, die uns davon noch trennt, im prophetischen Geiste überfliegend, vermöge der Kraft des Vorausschauens in die Stunde der Auferstehung selbst und die Zukunft so erblickend, als wenn sie schon gegenwärtig sei, führt er sie deutlich in seiner Schilderung vor Augen (Ezech. 37, 1). Er sah nämlich ein großes, unendlich weit sich ausdehnendes Feld und auf demselben eine Unzahl von wirr durcheinander geworfenen Gebeinen; von göttlicher Macht ergriffen, fingen diese an, sich alsbald zu den ihnen zugehörigen und verwandten Teilen hinzubewegen, wuchsen der natürlichen Verbindung entsprechend zusammen und bedeckten sich dann mit Sehnen und Fleisch und Haut (was der Psalm „Bedeckung“ nennt); der Geist belebte und erhob dann alles, was dagelegen war. Was soll ich noch die Schilderung anführen, die uns der Apostel von den Wundern der Auferstehung entwirft und die ja allen überall zur Hand ist, wie es dort heißt, „auf ein Machtgebot und auf den Schall der Posaune werde in einem Augenblick alles Gestorbene und Daliegende in den Zustand unsterblicher Natur umgewandelt“ (1 Thess. 4, 15). Auch die Aussprüche des Evangeliums dürfen wir übergehen, da sie ohnehin allen bekannt sind; denn nicht bloß mit Worten sagt der Herr, dass die Toten auferstehen werden, sondern er bewirkt tatsächlich die Auferstehung selbst, wobei er mit Wundern beginnt, die uns näher zu liegen und weniger unglaublich zu sein scheinen. Seine lebendig machende Kraft zeigt er nämlich zuerst an Totkranken, die er durch die Macht seines Wortes von ihren Leiden befreit. Hierauf erweckt er das eben verstorbene Mädchen; darauf läßt er den Jüngling, der bereits zur Grabstätte gebracht wird, von der Bahre aufstehen, um ihn seiner Mutter zurückzugeben; dann ruft er den Lazarus, der schon vier Tage im Grabe gelegen war, aus demselben lebend hervor, nachdem er ihn durch sein lautes Befehlswort wieder zum Dasein gebracht hatte; endlich erweckte er seinen eigenen Menschenleib, von Nägeln und Lanze durchstochen, am dritten Tage wieder zum Leben und zwar so, dass er gerade zum Beweis der Auferstehung die Male der Nägel und die Wunde der Lanze an sich trug. Doch nach dieser Seite glaube ich, nichts weiter anführen zu müssen, da hierin kein Zweifel bei denen besteht, welche die Schriften anerkennen.“ [46]

12. Einwände gegen die Auferstehung

„Allein das war nicht der Fragepunkt,“ wendete Gregor ein, „denn die Tatsache, dass die Auferstehung dereinst erfolgen und der Mensch vor einem unbestechlichen Gerichtshof erscheinen werde, dürften auf Grund der Schriftbeweise und der bereits gegebenen Erwägungen die meisten anerkennen, die sie hörten. Dagegen sollte noch die Frage untersucht werden, ob das Leben, auf das wir in der Zukunft hoffen, dem jetzigen ähnlich sein werde. Wenn dies der Fall wäre, so sollten, möchte ich sagen, die Menschen die Hoffnung auf eine Auferstehung von sich werfen. Wenn nämlich die menschlichen Leiber in dem nämlichen Zustande, in welchem sie am Ende des Lebens sich gerade befanden, wieder ins Leben zurückgerufen werden, so würde den Menschen durch die Auferstehung ein Unglück ohne Ende in Aussicht stehen. Denn welch kläglicheren Anblick könnte es geben, wenn die von hohem Alter gekrümmten Leiber wieder in Hässlichkeit und Ungestalt auferweckt würden, mit einem Fleisch, das durch die Zeit zusammenschrumpfte, und mit einer Haut, die runzelig geworden und bis an die Knochen verdorrt war. Denn, wenn die Sehnen, sobald sie nicht mehr durch die natürliche Feuchtigkeit geschmeidig erhalten werden, sich zusammenziehen und infolgedessen der ganze Körper gekrümmt wird, so bietet sich uns ein ungefüger und bedauernswerter Anblick dar, in dem der Kopf in der Richtung nach den Knien niedergebeugt ist und die Hände zu beiden Seiten in steter unwillkürlich zitternder Bewegung sind, weil sie zu ihrer naturgemäßen Tätigkeit unfähig wurden. Um ein anderes Beispiel anzuführen, wie sind die Leiber von durch langwierige Krankheit aufgezehrten Menschen beschaffen, die sich von bloßen Knochengerippen nur dadurch unterscheiden, dass sie noch von einer spröden, dünnen Haut bedeckt sind? Und wie sehen die Leiber der von Wassersucht Angeschwollenen aus? Und vollends die Leiber der vom Aussatz Befallenen, welche Rede könnte ihre schreckliche Verunstaltung schildern, wie die immer mehr um sich greifende Fäulnis allmählich sämtliche organische Glieder und Sinneswerkzeuge anfrisst! Oder was soll man von denen sagen, welche durch Erdbeben, im Krieg oder durch sonst einen widrigen Zufall verstümmelt wurden und nachher noch eine Zeitlang in ihrem Elende weiterlebten? Was von denen, die von Geburt aus an dem einen oder anderen Gliede verkrüppelt sind und so aufwachsen müssen? Welche Vorstellung sollen wir uns dann von den Kindern machen, die ausgesetzt oder erstickt werden oder auch so sterben? Werden sie bei der Auferstehung in der Kindheit verbleiben, was wäre trauriger als so etwas, oder aber werden sie in ein höheres Alter versetzt? Mit welcher Milch wird die Natur sie alsdann ernähren?“ „Mithin stellt sich, falls wir genau mit dem nämlichen Leib auferstehen, unsere Hoffnung als ein Elend dar, oder aber wenn es nicht der nämliche Leib ist, so wird der auferstandene ein anderer sein als der tote. Denn wenn jemand als Kind stirbt und als Erwachsener aufersteht oder umgekehrt, wie kann man noch sagen, der nämliche, der gestorben, sei auferweckt worden, da doch hinsichtlich des Alters der Verstorbene von dem Auferstandenen sich so sehr unterscheidet? Falls man statt eines Kindes einen Mann oder statt eines Greises einen Jüngling sieht, so sehen wir eben an Stelle des einen einen ganz anderen. Das gleiche ist der Fall, wenn man statt eines Gekrümmten einen Aufrechtstehenden sieht oder statt eines Ausgezehrten einen Wohlbeleibten usw., um nicht durch Aufzählung aller Einzelheiten lästig zu werden. Wenn demnach der Leib nicht so aufersteht, wie er beschaffen war, als er mit der Erde vermischt wurde, so wird nicht der Verstorbene auferstehen, sondern die Erde wird wiederum zu einem neuen Menschen gebildet werden. Was kümmert mich alsdann die Auferstehung, wenn statt meiner ein anderer auferstehen wird! Und wie soll ich mich als mich selbst anerkennen, wenn ich mich nicht in mir sehe? Denn ich würde tatsächlich nicht ich sein, wenn ich nicht in allen Stücken mit mir selbst identisch wäre. Denn wenn ich z. B. das Bild jemands, wie er in diesem Leben war, im Gedächtnis hätte, etwa dass er dünnhaarig, dicklippig, stumpfnasig, blassfarbig, blauäugig, weißköpfig und voll Runzeln war, und träfe nun, während ich den soeben Beschriebenen suchte, einen Jüngling mit vollem Haar, mit Adlernase, dunkler Hautfarbe und so in allen übrigen Eigenschaften seines Aussehens verschieden, werde ich diesen für jenen ansehen?“ [47]

„Was soll ich mich aber bei diesen mehr untergeordneten Bedenken aufhalten und gerade die ernstesten beiseite lassen? Denn wer wüsste nicht, dass die Natur des Menschen einem Strome gleicht, weil sie von der Geburt bis zum Tode in steter Bewegung sich befindet und dieselbe erst einstellt, wenn sie ihr Sein aufgibt? Diese Bewegung ist keine solche von einem Ort zum anderen, denn die Natur geht nicht aus sich selbst heraus, sondern sie besteht in einer Veränderung, die sich beständig an ihr selbst vollzieht. Die Veränderung aber lässt den hier in Betracht kommenden Körper während seiner ganzen Existenz niemals auf der nämlichen Stufe verharren, sondern wie die Flamme der Lampe dem Aussehen nach zwar immer dieselbe zu sein scheint, in Wahrheit aber immerwährend sich ablöst und niemals die gleiche ist, wie man nun die Flamme nicht zweimal an derselben Stelle berühren kann, sondern die Flamme immer erneuert und verjüngt wird, weil stets neu geboren und sich ablösend, so dass sie niemals auf demselben Punkte bleibt: etwas Ähnliches findet auch hinsichtlich der Natur unseres Körpers statt; denn der Zu- und Abfluss, der durch den Verwandlungsprozess in unserer Natur vor sich geht, ruht niemals und wird erst stillestehen, wenn das Leben erlischt. Solange aber das Leben andauert, kennt die Natur unseres Körpers keinen Stillstand; denn fortwährend füllt oder entleert sie sich oder sie vollzieht beide Prozesse zugleich. Wenn man also nicht einmal heute mehr derjenige ist, der man gestern war, sondern in einen anderen sich verwandelt, so wird, wenn die Auferstehung unseren Leib zum Leben zurückführt, jeder einzelne von uns sozusagen zu einem förmlichen Volk von Menschen, so dass kein Volksteil fehlt; nicht der Embryo, nicht der Säugling, nicht der Knabe, nicht der Jüngling, nicht der Mann, nicht der Vater, nicht der Greis, überhaupt keine der menschlichen Altersstufen.“ „Wenn ferner sowohl die Keuschheit als die Unkeuschheit im Fleische geübt wird, wenn dann sowohl jene, welche des Glaubens wegen heftige Schmerzen aushalten, als auch jene, die hiefür zu weichlich waren, die beiderseitige Handlungsweise aber auf das innigste mit Sinnesempfindung verbunden war, in welcher Weise soll da Auferstehung erfolgen, damit der Gerechtigkeit zum Siege verholfen werde? Oder wenn ein Mensch jetzt zwar sündigt, später aber durch Reue sich reinigt, hierauf jedoch abermals in Sünde zurückfällt, und wenn nach dem Laufe der Natur sowohl der befleckte als der unbefleckte Leib sich umwandelt und keiner von ihnen fortwährend verharrt, was für ein Leib wird dann mit dem Zuchtlosen gezüchtigt werden? Etwa der, welchen er hatte, als er dem Tode nahe war, und der im Alter zusammenschrumpfte? Allein das wäre ein anderer als jener, der gesündigt hatte! Oder aber der, der durch Leidenschaft befleckt ward? Aber wo bliebe dann der Greis? Denn entweder wird dieser nicht auferstehen und somit die Auferstehung für ihn wertlos sein, oder aber er wird auferstehen, dann wird der schuldige Leib der Strafe entgehen!“ [48]

„Soll ich noch einen anderen Einwand nach dem Sinne derer vorbringen, welche die Lehre von der Auferstehung nicht annehmen? Wie allgemein zugestanden wird, ist jedem Glied unseres Körpers von Natur aus eine bestimmte Tätigkeit zugewiesen. Die einen haben den Körper am Leben und in seiner Kraft zu erhalten, so dass wir ohne dieselben nicht weiter leben könnten wie Herz, Lunge, Leber, Gehirn, Magen und ähnliche Eingeweide, andere sind für die Sinnestätigkeit bestimmt, wieder andere für die Arbeit und zur Bewegung, während andere zur Weitergabe des Lebens an die Nachfolgenden nötig sind. Wenn nun das zukünftige Leben mit Hilfe dieser Körperteile geführt werden muss, so hat die Auferstehung keinen Zweck; ist aber die Schriftstelle wahr, wie sie es in der Tat ist, die da uns belehrt, dass im Leben nach der Auferstehung weder Ehe geschlossen noch Speise und Trank genossen werden, wozu braucht man dann noch die betreffenden Glieder, da die Aufgaben, denen sie jetzt dienen, in jenem Leben in Wegfall kommen? Denn wenn zum Zwecke der Ehe die für dieselbe bestimmten Glieder vorhanden sind, so haben wir sie durchaus nicht mehr nötig, weil es alsdann keine Ehe mehr gibt. Desgleichen sind die Hände zur Arbeit, die Füße zum Gehen, der Mund zur Aufnahme von Speise, die Zähne zum Mitwirken bei der Ernährung, die Eingeweide zur Verdauung, die abführenden Kanäle zur Fortschaffung der verbrauchten Stoffe bestimmt; wenn es nun diese Verrichtungen und Dinge nicht mehr gibt, wie und wozu sollten dann die für sie in Betracht kommenden Körperteile noch vorhanden sein? Wenn demnach der Körper keines von den Gliedern besitzt, welche dort zur Führung des Lebens durchaus überflüssig wären, so folgt daraus, dass wir gar keines von den Gliedern mehr haben, welche hienieden den Körper in seiner Vollständigkeit bilden.. Niemand wird aber so etwas Unsterblichkeit nennen, wenn sämtliche Glieder, weil für jenes Leben völlig unbrauchbar, mit dem Körper nicht auferstehen. Wenn dagegen die Kraft der Auferstehung sich auf all diese Glieder erstreckt, so müssen wir von Gott, der die Auferstehung bewirkt, annehmen, dass er uns bei der Auferstehung ganz überflüssige und für jenes Leben völlig unbrauchbare Dinge gibt.“ „Trotz alledem sind wir verpflichtet, zu glauben, dass die Auferstehung erfolge, und auch, dass sie nicht unnütz sei. Wir müssen daher auf die Erörterung allen Fleiß verwenden, damit wir dafür eintreten können, dass der Glaubenssatz von der Auferstehung in allen Stücken wohl begründet sei.“ [49]
 

13. Widerlegung; Schönheit des Urbildes

Auf diese Einwendungen antwortete die Lehrerin also: „Nach den Regeln der Rhetorik hast du einen kräftigen Angriff auf die Lehre von der Auferstehung unternommen und sie mit Einwänden bestürmt, welche die Wahrheit scheinbar niederzureißen drohen, so dass weniger Unterrichtete hinsichtlich des Geheimnisses in Zweifel gestürzt und zur Meinung gebracht werden könnten, die Einwände wären nicht ohne Grund gemacht worden. In Wirklichkeit aber ist die Wahrheit nicht gefährdet, selbst wenn wir nicht imstande sind, mit gleicher Gewandtheit zu erwidern. Vielmehr liegt die Wahrheit hierüber in den verborgenen Schatzkammern der Weisheit gut verwahrt, um dann offenbar zu werden, wenn uns die tatsächlich vollzogene Auferstehung selbst ihre Geheimnisse enthüllt und wir keine Worte mehr nötig haben, um die Berechtigung unserer Hoffnung zu erweisen. Gleichwie Schlaflose nächtlicherweile über die Pracht des Sonnenglanzes hin und her reden mögen, das Aufleuchten der Strahlenpracht aber jede Schilderung in Worten sofort überflüssig macht, so wird uns der Augenblick, wo wir die Auferstehung am eigenen Leib erfahren, alle Mutmaßungen als vergeblich  erscheinen lassen, denen wir uns jetzt über unsere Wiederherstellung hingeben. Dennoch dürfen wir die vorgebrachten Einwände nicht ganz unerörtert lassen; daher wollen wir die Untersuchung über sie in folgender Weise aufnehmen: In erster Linie wollen wir Zweck und Ziel der Auferstehungslehre überprüfen und die Absicht untersuchen, in welcher sie von der Heiligen Schrift verkündet und von uns geglaubt wird. Um sie also in der Form einer Begriffsbestimmung etwas zu umschreiben, wollen wir uns dahin ausdrücken, dass die Auferstehung die Zurückführung unserer Natur in jenen Zustand ist, den sie anfangs hatte. In dem ursprünglichen Zustand aber, dessen Schöpfer Gott selbst war, gab es weder Greisenalter noch Kindheit, weder Krankheiten noch Schwachheiten noch sonstwie körperliches Elend, sondern ein göttlich Ding war die Menschennatur, ehe das Menschengeschlecht sich zum Bösen verleiten ließ; als aber die Sünde ihren Einzug hielt, brachen alle jene Übel über uns herein. Darum sollte ein Leben, das sich frei von Sünde hält, auch den Folgen der Sünde nicht unterworfen sein. Denn wie die in kalten Gegenden Reisenden leicht von Frost befallen werden, dagegen die in Sonnenglut Wandernden bald gebräunte Hautfarbe bekommen, beide aber, wenn sie weder der Kälte noch der Hitze ausgesetzt sind, sowohl des Frierens als auch der braunen Farbe los werden und niemand bei dem Fehlen der Ursache von letzterer noch eine Wirkung erwartet, so ist unsere Natur, seitdem sie sich den Leidenschaften preisgegeben hat, in die Folgen derselben verstrickt worden; wenn sie jedoch zur Glückseligkeit zurückkehrt, wo die Leidenschaft nicht mehr herrscht, so ist sie auch den Folgen der Sünde nicht mehr ausgesetzt. Da nun alles, was der menschlichen Natur aus dem unvernünftigen Leben beigemischt ist, nicht eher in uns eintrat, als bis das Menschengeschlecht in die Sünde wegen seiner Leidenschaftlichkeit verfiel, so werden wir, wenn wir die Sündhaftigkeit hinter uns lassen, auch ihr ganzes Gefolge gleichfalls hinter uns lassen. Infolgedessen liegt kein vernünftiger Grund vor, dass wir fürchten müssten, in jenem Leben würden wir etwas von den Übeln antreffen, welche uns hier der Sünde wegen heimsuchen. Denn wie jemand, sobald er seinen zerrissenen Rock ausgezogen hat, die durch letzteren verursachte Verunstaltung nicht mehr an sich erblickt, so wird, wenn wir dieses hässliche Totengewand, das aus Tierfellen gefertigt uns angelegt wurde, unter dem Tierfell ist die Gestalt der unvernünftigen Natur, des Tieres, zu verstehen, mit welcher wir seit unserer Hingabe an die Leidenschaft umkleidet sind, ausgezogen haben, jedes Stück dieses uns einhüllenden Tierfelles mit dem Ablegen des Ganzen zugleich abgelegt. Was wir aber mit dem Tierfell überkommen haben, ist die Begattung, die Empfängnis, die Geburt, der Schmutz, die Mutterbrust, die Nahrung, die Entleerung, das bis zur Reife fortschreitende Wachstum, die Vollkraft, das Alter, die Krankheit, der Tod. Wenn wir nun das Tierfell nicht mehr tragen müssen, wie könnte dann noch etwas von dem an uns haften, was von jenem herrührt? Gerade deshalb, weil wir in jenem Leben einen ganz anderen Zustand erhoffen dürfen, so ist es nutzlos, Dinge, welche für jenes andersartige Leben gar nicht in Betracht kommen, gegen die Lehre von der Auferstehung ins Feld zu führen. Denn was hat Magerkeit und Dickleibigkeit, Auszehrung und Vollsäftigkeit und dergleichen Eigenschaften des vergänglichen Menschenkörpers mit jenem Leben zu tun, das von dem flussartig dahingleitenden und vorübereilenden Verlauf des irdischen Daseins vollständig verschieden ist.“ [50]

„Nur mit der einen Frage beschäftigt sich unsere Untersuchung über die Auferstehung, ob ein menschliches Wesen erzeugt und geboren ist, oder richtiger, wie das Evangelium sich ausdrückt, ob ein Mensch in die Welt geboren wurde (Joh. 16, 21). Andere Fragen, z. B. ob das Leben von langer oder von kurzer Dauer war, ob der Tod so oder so eintrat, würden nur unnützerweise in die Erörterung über die Auferstehung einbezogen werden. Denn welche Annahme wir auch machen möchten, die Sache wäre immer die gleiche, ohne dass durch die Verschiedenheit die Auferstehungslehre schwieriger oder leichter würde. Denn wer einmal angefangen hat zu leben, muss notwendigerweise fortleben, und ebenso notwendig muss die Auflösung, welcher der Körper durch den Tod anheimfällt, durch die Auferstehung wieder aufgehoben und gutgemacht werden. Aber die Art und Weise des Todes sowie die Zeit desselben, was haben diese Umstände mit der Auferstehung zu tun? Denn in ein ganz anderes Gebiet sind die Fragen über dergleichen Dinge einschlägig, wie etwa, ob jemand in Sinnesgenuss oder in Abtötung, in Tugend oder in Sünde, lobens- oder tadelnswert, in Leid oder in Freud sein Leben verbracht habe. Diese und ähnliche Fragen betreffen das Maß und die Art des Lebenswandels und gehen den Richter des Lebens an, dessen Sache es ist, nach Anlage, Gebrechen und Krankheit, nach Greisen- und Mannesalter und Jugend, nach Armut und Reichtum zu forschen und zugleich nach der Art und Weise, wie der Mensch in all diesen Lagen sich verhalten habe, ob recht oder unrecht, ob er viel Gutes oder Böses in langer Lebenszeit getan, oder ob er weder zu guten noch zu bösen Handlungen fähig ward, da sein Leben aufhörte, bevor seine Vernunft sich genügend entwickelte.“ „Wenn aber Gott die Natur des Menschen durch die Auferstehung zu ihrer ursprünglichen Beschaffenheit zurückführen will, so dürfte es wertlos sein, so zu sprechen und zu meinen, die Allmacht könnte durch Hindernisse, wie die vorgebrachten, irgendwie aufgehalten werden, ihr Ziel zu erreichen. Dieses Ziel geht nun dahin: Wenn einmal die Menschennatur in allen einzelnen Menschen dadurch ihre Vollendung gefunden hat, dass die einen bereits in diesem Leben von der Sünde sich reinigten, die anderen aber nach demselben in entsprechenden Zeiträumen im Feuer geläutert wurden, während die dritten die Unterscheidung von guten und bösen Handlungen gar nicht kennenlernten, dann will Gott allen ohne Ausnahme den Zutritt zu seinen Gütern gestatten, welche, wie die Schrift sagt, kein Auge gesehen, kein Ohr gehört und kein Verstand erfasst hat (1 Kor. 2, 9). Dies bedeutet aber, wie mir scheint, nichts anderes als ein Eingehen in Gott selbst: denn das Gut, das weit über Auge und Ohr und Verstand hinausgeht, wird wohl nur das allerhöchste Wesen sein. Der Unterschied zwischen dem tugendhaften und sündhaften Leben wird sich im Jenseits hauptsächlich darin zeigen, dass man früher oder später zur Seligkeit gelangt, die wir erhoffen; denn die Dauer der Läuterung hängt von dem Maße ab, in welchem Böses in dem einzelnen vorhanden ist.“ [51]

„Die Nichtigkeit und Haltlosigkeit der vorgebrachten Einwände werden wir aber noch mehr einsehen, wenn wir einen Blick in die Tiefe der apostolischen Weisheit werfen. Den Korinthern nämlich, welche ihm vielleicht dieselben Bedenken vorhielten, welche die jetzigen Gegner erheben, um unseren Glaubenssatz zum Falle zu bringen, erklärt er unser Geheimnis und äussert sich dabei, ihren kecken Unverstand mit seinem Ansehen niederringend, also: Du wirst mich fragen: wie werden die Toten auferstehen und mit welchem Leibe hervorgehen? Du Tor! Was du säest, wird nicht lebendig, es sei denn, dass es zuvor abstirbt; und was du auch säest, du säest nicht schon den zukünftigen Leib, sondern nur ein Korn, wie etwa Weizen oder ein anderes Samenkorn, Gott aber gibt ihm einen Leib, wie es ihm gefällt“ (1 Kor. 15, 35 ff.). Hier scheint mir der Apostel jene zu zügeln, welche, die Beschränktheit ihrer Natur verkennend, die göttliche Macht nach ihrer eigenen Kraft beurteilen und wähnen, Gott vermöge nur soviel, als sich unser Menschenverstand vorstellen kann; was denselben übersteige, übersteige auch die Macht Gottes. Denn durch seine Frage: Wie können die Toten auferstehen? verrät der Gegner die Meinung, es sei unmöglich, dass die zerstreuten Bestandteile des menschlichen Körpers sich wieder vereinigen würden; und da dies einerseits unmöglich sei, andererseits es einen anderen Körper ausser dem durch Wiedervereinigung der Urstoffe gebildeten weiter nicht geben könne, so schliesst er wie ein gewandter Dialektiker folgerichtig seinen Einwand mit der ferneren Frage: „Wenn der Leib sich als eine Verbindung von Elementen darstellt, diese Verbindung aber unmöglich ist, welchen Leib sollen dann die Auferstehenden haben? Dieses scheinbar recht geschickt gefertigte Gewebe nennt Paulus aber eine Torheit von solchen, welche auch sonst in der Schöpfung die Überschwänglichkeit der göttlichen Macht nicht sehen wollen. Indem er nämlich die handgreiflicheren Wunder Gottes, durch welche er die Zuhörer leicht in Verlegenheit hätte bringen können, absichtlich übergeht, wie die Beschaffenheit und den Ursprung der Himmelskörper, der Sonne, des Mondes und der Sterne, widerlegt er mit Hilfe uns ganz geläufiger und gewöhnlicher Vorgänge alle die törichten Einwände. Belehrt dich, sagt der Apostel, denn nicht der Ackerbau, dass ein Tor ist, wer den Maßstab seiner Beschränktheit an die Überschwänglichkeit der göttlichen Macht anlegt.“ „Woher nehmen sich die Samenkörner die aus ihnen emporwachsenden Körper? Was geht ihrem Aufsprossen voran? Nicht etwa der Tod, insofern man darunter die Auflösung des Zusammengesetzten versteht? Denn der Same käme nicht zum Keimen, wenn er nicht zuvor in der Erde zersetzt, gelockert und porös würde, damit er vermöge seiner neuen Beschaffenheit die Feuchtigkeit in der Nähe aufnehmen und so in Wurzel und Sprössling sich verwandeln kann, um aber auch dabei nicht zu bleiben, sondern um in den Halm überzugehen, mit Zwischenknoten und Bändern gegürtet, so dass er stark genug werde, aufrecht stehend die mit der Frucht beschwerte Ähre zu tragen. Wo waren denn nun all diese verschiedenen Bestandteile des Weizens, bevor er unter der Erde aufgelöst wurde? Sie stammen doch alle vom Samenkorn; denn wäre dieses nicht vorhanden gewesen, so könnte sich auch keine Ähre entwickeln. Gleichwie die Ähre aus dem Samenkorn entspringt, indem die Allmacht Gottes sie aus demselben voll Weisheit und Kunst entstehen lässt, und sie weder mit dem Samenkorn durchaus gleich noch etwas völlig Anderes ist, so, sagt der Apostel, wird das Geheimnis der Auferstehung durch die wunderbaren Vorgänge am Samenkorn im voraus erklärt, dass nämlich die göttliche Macht in der Überschwänglichkeit ihrer Kraft den Körper trotz seiner völligen Auflösung dir nicht bloß wieder zurückgibt, sondern auch anderes Schönes und Großes dir hinzufügt, so dass deine Natur auf das Herrlichste ausgestattet wird. Darum schreibt der Apostel auch: Gesäet wird in Verweslichkeit, auferweckt in Unverweslichkeit, gesäet wird in Unehre, auferweckt in Herrlichkeit, gesäet wird ein irdischer Leib, auferweckt ein geistiger Leib (1 Kor. 15, 43 f.). Denn wie der Weizen in der Scholle, auch wenn er seinen geringen Körperumfang und die eigentümliche Beschaffenheit seiner Gestalt verlässt, sich selbst doch nicht aufgibt, sondern mit sich wesenseins bleibend zur Ähre wird, so dass er an Größe, Schönheit, Mannigfaltigkeit und Gestalt sich bedeutend von seinem früheren Zustand unterscheidet, so wird auch die menschliche Natur, wenn sie all die Eigenschaften, die sie sich durch ihre Sündhaftigkeit zuzog, bei der Auflösung im Tode aufgeben muss, wie Unehre, Verweslichkeit, Schwäche, den Altersunterschied und dergleichen, sich selbst nicht aufgeben, sondern gleichsam in eine Ähre umgewandelt werden, d. h. zur Unvergänglichkeit, zur Herrlichkeit, zur Kraft, zur allseitigen Vollendung, zur Befreiung von der Notwendigkeit, den Leib nach seinen verschiedenen Bedürfnissen zu versorgen, zur Emporführung in einen geistigen, leidenschaftslosen Zustand. Denn nur dem irdischen Leib ist es eigen, dass er unaufhörlich von einem Zustand in einen anderen übergeht. Und so werden all die Schattenseiten, die wir hier nicht bloß an den menschlichen Leibern, sondern auch sogar an Tieren und Pflanzen sehen, im künftigen Leben verschwinden.“ [52]

„Doch auch in allen anderen Stücken scheint das Wort des Apostels für unsere Auffassung von der Auferstehung zu sprechen, insbesondere für die Definition, die wir von ihr gegeben, nämlich dass die Auferstehung nichts anderes sei, als die Wiederherstellung unserer Natur in den ursprünglichen Zustand. Wie wir nämlich aus der Geschichte der Welterschaffung durch die Heilige Schrift wissen, dass, wie es dort in der Erzählung heißt, die Erde zuerst das Gras hervorbrachte, und dass dasselbe Samen trug, der, über die Erde gestreut, die nämliche Art wie die Anfangspflanze erzeugte, so wird es nach den Worten des Apostels bei der Auferstehung sein. Von ihm hören wir aber nicht nur, dass die menschliche Natur eine größere Herrlichkeit empfangen werde, sondern auch, dass diese Herrlichkeit, die wir hoffen dürfen, jener gleiche, welche wir im Anfange der Schöpfung hatten. Denn da im Anfang nicht die Ähre vom Samen, sondern der Same von der Ähre kam, nachher aber umgekehrt die Ähre aus dem Samen hervorwächst, so gibt uns dies Vorbild, falls wir es folgerichtig auslegen, einen deutlichen Fingerzeig dafür, dass alle Glückseligkeit, die uns aus der Auferstehung erblüht, zur ursprünglichen Ausstattungsgnade zurückführt. Denn auch wir waren zuerst reine Ähren, die jedoch durch den Brand der Sünde dahin welkten; nun soll uns, wenn der Tod uns auflöst, die Erde in ihren Schoß aufnehmen; dann aber wird dieses armselige Samenkorn des Leibes im Frühling der Auferstehung wieder zur vollkommenen Ähre werden, schlank, voll, aufrecht, zum Himmel emporstrebend, und statt mit Halm oder Stengel ist sie mit Unverweslichkeit und den übrigen göttlichen Eigenschaften geschmückt. Denn, sagt der Apostel, das Vergängliche muss anziehen die Unvergänglichkeit; die Unvergänglichkeit aber und die Herrlichkeit, die Ehre und Macht, sind nach allgemeiner Anschauung Eigenschaften Gottes. Anfänglich waren sie an seinem Ebenbild, das er schuf; wir dürfen hoffen, dass sie sich einstens wieder an ihm finden werden. Der erste Mensch, Adam, war die erste Ähre; aber seit die Sünde eintrat und die Menschennatur sich in eine Vielheit zerteilt, verlieren wir alle, wie es bei der Frucht der Ähre der Fall ist, das Aussehen der Ähre und werden selbst in die Erde versenkt; aber bei der Auferstehung sollen wir wieder emporsteigen, geschmückt mit der Schönheit des Urbildes, und statt der einen ersten Ähre zu unzähligen Myriaden von Saaten vermehrt.“ [53]

„Der tugendhafte Wandel wird sich aber von der Sündhaftigkeit dadurch unterscheiden, dass jene, welche sich im Leben durch Tugend gleichsam zu einer schönen Frucht des Feldes gezüchtet haben, sogleich wie eine vollkommene Ähre auferstehen; diejenigen dagegen, welche durch Sünden die in dem Seelensamen gelegene Kraft schwächen und verderben, werden dem Hornhafer ähnlich, welcher, wie alle Sachkundigen wissen, seine Fruchtbarkeit eingebüsst hat, und so müssen sie, obgleich sie zwar bei der Auferstehung aufsprossen, große Strenge vom ewigen Richter erfahren, weil ihnen die Kraft mangelt, sich zur Gestalt einer vollendeten Ähre zu erheben und zwar noch rechtzeitig, ehe sie nämlich verurteilt wurden, unter die Erde zu kommen. Der Herr der Früchte wird aber folgendes Heilverfahren einschlagen: zunächst wird er die Unkräuter und Dörner sammeln, die mit dem Samen aufwuchsen, weil die Kraft, welche die Wurzel hätte nähren sollen, in den unechten Samen drang, so dass der gute, der Nahrung beraubt und vom schlimmen Gewächs erstickt, nicht zur Reife gelangte. Wenn nun alles Unkraut und Fremdartige von dem nahrungshaltigen Korn abgesondert und vertilgt ist und das Feuer diese Entartung der Natur verzehrt hat, so wird auch die Natur der Ungerechten gute Nahrung bekommen, aufblühen und dank dieser Sorgfalt zur Frucht reifen und so, wenngleich nach langen Zeitläuften, jene Beschaffenheit erlangen, welche uns Gott ursprünglich verliehen hatte. Selig aber die, welchen sogleich, sobald sie durch die Auferstehung emporblühen, die vollendete Schönheit der Ähren beschert wird.“ „Das meinen wir aber nicht so, als ob ein körperlicher Unterschied zwischen denen, welche gut, und denen, welche schlecht gelebt haben, bei der Auferstehung bestünde, so dass wir uns etwa die einen als körperlich vollendet, die anderen aber als körperlich mangelhaft vorzustellen hätten, sondern wie im Leben der Freie und der Gefangene hinsichtlich des Körpers sich wohl nahestehen, dagegen ein großer Unterschied in bezug auf Freude und Trauer sich zwischen beiden geltend macht, so muss man, glaube ich, den Unterschied zwischen den Guten und Bösen in der künftigen Zeit sich denken. Denn die Vollendung der aus der Saat emporspriessenden Leiber wird, wie der Apostel sagt, in Unverweslichkeit, Herrlichkeit, Ehre und Macht bestehen; der Mangel dieser Vorzüge hat aber keine Verstümmelung des Leibes zur Folge, sondern die Beraubung und den Verlust alles dessen, was wir als ein Gut ansehen. Da nun einer von den beiden allgemein anerkannten Gegensätzen, d. h. Gutes oder aber Böses, an uns sich finden muss, so besagt das Urteil, jemand sei nicht im Guten, das nämliche wie das Geständnis, er sei im Bösen; nun ist aber mit diesem nicht Ehre, nicht Ruhm, nicht Unvergänglichkeit, nicht Macht verbunden; infolgedessen kann auch nicht bezweifelt werden, dass bei dem, der die genannten Güter nicht erlangte, das Gegenteil sich einstellt: Ohnmacht, Schmach, Vergänglichkeit und andere Gebrechen, welche nach unseren früheren Darlegungen die Sünde nach sich zieht und welche sich nur schwer aus der Seele ausmerzen lassen, falls sie sich ganz mit ihr verbunden und verwachsen haben, so dass sie fast eins mit ihr wurden. Wenn nun diese Übel durch die Feuerkur ausgeschieden und gesühnt sind, dann werden an deren Stelle alle Güter ihren Einzug halten: Unvergänglichkeit, Ehre, Schönheit, Herrlichkeit, Kraft und die übrigen Vorzüge, die da in erster Linie Gott, aber auch seinem Ebenbild eigen, d. i. der menschlichen Natur.“ [54]
 

14. Basilius der Große

Gregor von Nyssa betrachtet den, der durch seine Weisheit die Heiligen gekrönt hat; er ist ein Mann, "dessen Bewunderung dem Erdkreise gemeinsam ist, eine zuverlässige Richtschnur in christlicher und heidnischer Wissenschaft, eine Zierde der Weltweisheit, ein schwer zu erreichendes Vorbild für Bischöfe, ein Lehrer, in dem Wort und Tat in Einklang stehen, dessen Ehre bei allen Menschen unbestritten ist, ausser bei Denen, die selbst Christum lästern. Denn wie Niemand bestreitet, dass die Sonne erleuchte und erwärme, so wird auch Niemand bestreiten, dass der große Basilius mit jeder Schönheit der Tugend geziert sei. Er ist ein erhabener Lobredner der Erhabenen, ein heiliger Diener der Heiligen, der nach der ihm verliehenen Kraft den Siegern den Ehrenpreis entrichtet. Ich aber muss nicht deshalb schweigen, weil er zuerst das Ausserordentliche in großartiger Weise verkündet hat. Denn ich beabsichtige jetzt nicht einen Wettkampf mit dem früheren Redner, sondern es ist mir um den Nutzen meiner Zuhörer zu tun. Es nützt aber notwendig Jeder, wie er es vermag, indem den Genuss des Größeren die Reicheren verschaffen. Die vierzig Krieger also waren ihrem Stande nach Soldaten des römischen Kaisers, ihrem Glauben nach Christen und fromme Verehrer Gottes. Da aber der damalige Machthaber zu den Götzendienern gehörte, ließ er, indem die Dämonen ihn zu diesem harten Beschluss verleiteten, durch ein neues Gesetz und Decret die Christen verfolgen, indem er befahl, dass alle Untertanen entweder den Dämonen Weihrauch opfern oder, wenn sie das nicht tun wollten, zum Tode verurteilt werden, und vor dem Tode am ganzen Körper viele Misshandlungen leiden sollten. Damals nun, damals benützten die Seligen die Grausamkeit des Tyrannen und das gottlose Gesetz, um eine Probe ihres Heldenmutes zu geben und indem sie sich von den übrigen Soldaten losrissen und eine auserlesene christusfreundliche Schaar bildeten, die von der Macht des Geistes angeführt wurde, widersetzten sie sich offen den gottlosen Decreten und verkündeten alle einstimmig wie aus einem Munde unsern Glauben, indem sie erklärten, sie kümmerten sich wenig um dieses vergängliche Leben und wollten ihre Leiber den mannigfachen Gattungen von Strafen ausliefern. Als nun der Diener des gewalttätigen Gesetzes, ein noch größerer Tyrann, von der Widerspenstigkeit der Heiligen hörte, suchte er eine Strafe ausfindig zu machen, die ihrem Mute das Gleichgewicht hielte, und ersann für die unfügsamen Gemüther ein neues unerhörtes Einschüchterungsmittel. Drohe ich ihnen mit dem Schwerte, denkt er bei sich, so ist die Furcht zu gering, um sie zu erschüttern, und sie werden sich nicht beugen. Denn es sind Männer, die von Kindheit auf unter den Waffen lebten und das Schwert zu tragen gewohnt sind. Wenn ich mit anderen Peinen auf sie eindringe, so werden sie mutig Stand halten, da sie mit Schlägen und Wunden wohl vertraut sind. Auch das Feuer ist für Leute von so widerspenstigem Sinne nicht furchtbar. Deshalb musste er eine Strafe erfinden, die mit brennender Heftigkeit des Schmerzes einen langsamen schleppenden Verlauf verbände. Was beschloss nun mit solcher Besorgtheit der Erfinder des Bösen gegen die Heiligen? Durch ernstes Nachdenken geriet er auf eine Qual in freier Luft, zu welcher die Jahreszeit und das Land ihm behilflich waren. Denn die Zeit war der Winter, der Ort aber Armenien, das euch bekannte rauhe Nachbarland, das seinen Bewohnern nicht einmal die heisse Jahreszeit bringt, sondern mit genauer Not so viel Wärme annimmt, als nöthig ist, um die Ähre zur Reife zu bringen. Das Gewächs des Weinstocks ist bei ihnen ganz unbekannt, und wer keine weite Reise macht, lernt keine Traube kennen, und er fragt in Betreff des Weinstocks, wie wir um die Erzeugnisse Indiens. Dort, in Armenien, pflügt der Säemann die Erde, wenn noch Schnee liegt, und die Ernte wird von Schneegestöber überrascht, und dem Schnitter wehen die Winde die Kleider fort, wenn er sie nicht fest anbindet und gegen den Andrang der Winde kämpft. Einen Herbst und Frühling gibt es aber beinahe nicht, da sie der Winter als ein schlimmer Nachbar an sich reißt und seiner Herrschaft unterwirft. In diesem Lande also und im gegenwärtigen Monate ließ er die Heiligen entkleiden und mit ganz nacktem Körper aussetzen, indem er so die Jünger der Frömmigkeit in ganz anderer Weise züchtigte, als der König der Assyrier im babylonischen Feuerofen. Aber in Bezug auf Schmerz ist brennendes Feuer mit der Kälte nicht in Vergleich zu setzen, welche Erstarrung und Aufsaugung der Kräfte bewirkt. Denn das erste passt zum Schwerte und führt rasch zum Tode, letztere bereitet den gleichen Schmerz, aber verzögert das Ende. Denn überhaupt haben die von der Kälte bewirkten Leiden, wie viertägiges Fieber, Krebs, Karbunkel und alle Zustände, von denen wissenschaftliche Ärzte nachweisen, dass sie durch die kalte Materie in den Körpern hervorgebracht werden, einen langsameren Verlauf."  [55]

Über die vierzig Martyrer in Armenien schreibt er: "Der Winter bewirkt, dass schiffbare Flüsse mit den Füßen betreten werden, und verwandelt das fließende Wasser zur Härte und Festigkeit der Steine, zersprengt Felsen, wenn er in die Tiefe dringt, und zerstört Körper von entgegengesetzten Eigenschaften in gleicher Weise, indem er weiche in Steine umwandelt und harte zersprengt. So nimmt der Wein, wenn er fest wird, die Gestalt des umschließenden Fasses an, und das flüssige Öl wird starr und gestaltet sich nach dem Raum des Gefäßes. Der Krystall aber und die Muschel werden von der Feuchtigkeit zerbrochen und zerbröckelt. Von den Tieren gehen die, welche auf den Bergen und unter freiem Himmel leben, teils zu Grunde, teils vergessen sie im Übermaß des Elends sogar ihre Wildheit. Denn Hirsche und Rehe schlagen in Ställen ihren Wohnsitz auf und fürchten sich dann weder vor Hunden, noch ergreifen sie die Flucht, wenn man sich nähert. Denn das größere Ungemach verscheucht immer die Angst vor den geringeren Schrecken. Die Vögel kehren bei den Menschen ein und weilen unter ihrem Dache. Die Menschen aber graben das Meer auf und zerhacken mit Instrumenten, mit denen man sonst Steine bearbeitet, das Wasser, und Solche, die nicht weit von einander entfernt sind, heben ihren Verkehr auf. Diese Jahreszeit diente dem Tyrannen zur Waffe gegen die Martyrer. Denn er musste, wie es scheint, die große und einstimmige Schaar der Seligen durch eine neue gemeinsame Art der Strafe bekämpfen, damit sie einen Ruhm der Frömmigkeit erlangten, mit dem der Ruhm der übrigen Martyrer keinen Vergleich aushält. Da standen sie also bebend, und es froren ihre Glieder, und sie wankten nicht in ihrer Gesinnung und boten Engeln, Menschen und Dämonen ein Schauspiel des Kampfes dar. Die Engel warteten auf die Lostrennung der Seelen, um sie aufzunehmen und zu ihrem eigenen Wohnort zu führen, die Menschen waren auf den Ausgang gespannt, um die Kraft der gemeinsamen Natur kennen zu lernen, ob wir aus Furcht oder aus Hoffnung der Zukunft so heftigen Schmerzen überlegen sein könnten. Die Dämonen waren aber auf die Vorgänge sehr aufmerksam und wünschten den Fall der Streiter und ihr unmännliches Verzagen in den Kämpfen zu sehen. Ihre Erwartung wurde aber beschämt, weil Gott Kraft verlieh. Denn sie sahen ihre Verstümmelungen, sowohl jeder Einzeln seine eigenen, als auch Alle ihre gegenseitigen. Da lag Einer, dem Fuß oder Zehen abgefallen waren, dort ein Anderer, dessen natürliche Wärme ganz erloschen war. Wie die heftigen Winde, wenn sie auf eine bewachsene Gegend losstürmen, dann die hohen Bäume erschüttern und entwurzelt auf die Erde hinstrecken, in gleicher Weise wurde vom Winterfroste die Schaar der Seligen niedergeworfen, die edlen Bäume des Paradieses, die Zierde des Geschlechtes, die Wurzeln unseres Wachstums, die Streiter des Paulus (Ephes. 6, 11), die Leibwache Christi, die Zerstörer der Altäre, die Baumeister der Kirchen, die, zum Kampfe gegen die Barbaren geworben, gegen den gemeinsamen Feind der Menschheit den Kampf vollendeten. Den Tod erlitten sie nicht aus Zwang und unvermeidlicher Notwendigkeit, sondern die Rettung war ihnen gar leicht und stand in ihrer Macht, wenn sie ihren Widerstand aufgeben wollten. Es war nämlich ein Bad in der Nähe, das absichtlich nahe an der Stelle der Strafe angebracht war, und es war die Tür geöffnet, und Türwärter luden ein. Denn der Tyrann war erfinderisch in der Verfolgung und in schlauer Bosheit und legte den Erstarrenden den Köder der Übertretung nahe und riet ihnen, zur Linderung überzulaufen, wie sein Vater den ersten Menschen, vom Baume zu essen. Sie aber zeigten sich da noch mannhafter, weil sie wussten, dass die Ausdauer dann ihre Probe besteht, wenn sie, obschon der Genuss möglich gemacht ist, sich enthaltsam zeigt, wie aus früherer Zeit eine solche Handlungsweise in Betreff des großen Daniel erzählt wird. Denn da ihm der Genuss reichlicher und angenehmer Lebensmittel und Getränke angeboten wurde, begnügte er sich aus Abscheu und Abneigung vor Götzenopfern mit dem Genuss von Gemüsen, und er blühte trotz seinem Fasten, und obschon er sich der Speise enthielt, sah er besser aus, als die ein schwelgerisches Leben führten. Denn es ist das ein besonderes Geschenk Gottes, dass er den treuen Dienern in ihrer Not unerwartete Hilfe spendet. Weil übrigens an die großen Taten sich die Missgunst hängt, so wäre die selige Schaar beinahe verringert worden, und es fehlte nicht viel, so wäre uns die Vollzähligkeit der vierten Dekade verloren gegangen. Denn Einer von ihnen ließ sich durch die Kälte entmutigen, und schon dem Siege nahe verließ er, ach! seine Kampfgenossen und ging von der List des Tyrannen überwunden in das Bad, indem er aus Liebe zum Leben seines fast aufgeriebenen Fleisches schonte. Denn er ging der Hoffnung verlustig und gewann das zeitliche Leben nicht, da er bald nach seiner Übertretung starb, ein unglücklicher Judas unter den Martyrern, weder ein Jünger noch reich, und noch dazu den Strick hinter sich nachschleppend. Und man wundere sich nicht! Denn das ist die gewöhnliche boshafte Handlungsweise des Teufels gegen die, welche sich ihm unterwerfen. Er betrügt sie und schmeichelt ihnen auf mannigfache Weise, um sie zum Falle zu bringen. Hat er sie aber zum Falle gebracht, so tritt er sie sogleich mit Füßen und häuft Spott auf den Gefallenen und fügt höhnend Schande zum Unglück und freut sich über die Schande des Verlockten. Daher nennt ihn auch der Psalmist einen Feind und Rächer, Ps. 8, 3 [hebr. Ps. 8, 3] um durch den Gegensatz der Namen die Veränderlichkeit der Lebensrichtung zu bezeichnen. Denn mit den Menschen schließt er niemals Bündnis und Freundschaft. Er heuchelt aber dann Freundschaft, wenn er sich in die Larve des Betruges stecken will. Aber der uns in unserer Ohnmacht beisteht und in uns die guten Reden und Handlungen pflanzt, fand wie Abraham ein Schaf zum Opfer, einen Verwandten unter den Feinden, einen Bekenner unter den Lästerern und einen Martyrer unter der Schaar der Verfolger. Einer nämlich von den Henkern des Tyrannen, der des Anblicks der Engel, die über die Martyrer herabschwebten, gewürdigt und von der Erscheinung der heiligen Geister, wie einst Paulus bei seiner Reise nach Damaskus von der Herrlichkeit Christi umstrahlt wurde, änderte sogleich seine Gesinnung, legte seine Kleidung ab und mischte sich unter die Erstarrenden. Und er wurde Alles zugleich innerhalb eines kurzen Zeitmomentes: Neubekehrter, Bekenner, Martyrer, im eigenen Blute ins Bad der Wiedergeburt getaucht, im erstarrten, nicht im fließenden Blute, ein gekrönter Mann, der Alles wert ist. Ihm verdanke ich es, dass ich in der Kirche die vierzig Männer zähle. Durch diesen Hochherzigen ist die Schaar der Martyrer ohne Verlust. Durch den Neubekehrten feiern wir bei unverkümmerter Zahl ein unverkümmertes Fest. Dem Teufel aber wurde ein hübscher und lustiger Streich gespielt. Indem er nämlich den Krieger stahl, wurde ihm der Verfolger und Henker entwendet." [56]

Was geschah nun weiter? Die Hochseligen gelangten an das erwünschte Ziel. Der Peiniger aber fand den Sieg der Martyrer unausstehlich und führte Krieg gegen die toten Leiber. Er befahl, dass die Wohnungen der heiligen Seelen dem Feuer übergeben würden, und ahmte in einer einzigen Tat die wilden Tiere und die grausamen Männer nach. Denn die ersteren zerreissen, wenn die verfolgten Menschen die Flucht ergreifen, die ihnen vorgeworfene Kleidung, die letzteren aber zünden, wenn die Feinde fortziehen, ihre Häuser an und zerstören sie. Und einer der Martyrer hatte mit Recht zu ihm gesagt: Ich fürchte, o Thor, deine Grausamkeit nicht. Denn ich war in Furcht, so lange die Seelen in den Erstarrenden wohnten, es möchte die übermäßige Pein über den Mut der Frommen siegen. Nachdem aber diese Furcht verschwunden ist, so treibe mit dem zurückgebliebenen Staube, was dir beliebt, und wenn du mein Fleisch verzehrest, ist es mir gleichgiltig. Denn eine je wütendere Grausamkeit du zeigst, eine desto herrlichere Siegeskrone bereitest du den Abgeschiedenen. Denn die mutigen Angriffe der Feinde sind leuchtende Beweise von der Tapferkeit der Sieger. Doch wozu die langen Umschweife? Die Leiber wurden verbrannt und vom Feuer aufgenommen. In jenen Staub aber und in die Überreste des Ofens teilte sich die Welt, und fast jedes Land hat den Segen dieser heiligen Gegenstände. Auch ich habe einen Teil des Geschenkes und habe die Leiber meiner Väter zu den Überresten der Krieger gelegt, damit sie zur Zeit der Auferstehung mit den mächtigen Schützern auferweckt werden. Denn ich weiß, welche Kraft sie haben und sah deutliche Beweise ihrer Macht bei Gott und will nur eine ihrer Wundertaten anführen. Dem mir zugehörigen Dorfe, in welchem die Überreste dieser Hochseligen ruhen, ist eine Stadt benachbart, die Ibor heißt. Da nun in dieser nach der hergebrachten Sitte der Römer eine Abteilung Soldaten in Besatzung lag, kam einer der Kriegsleute in das genannte Dorf, den der Hauptmann zum Schutze des Ortes abgeordnet hatte, um die Excesse seiner Kameraden im Zaum zu halten, die das Militär aus Übermut gegen die Landleute zu begehen pflegt. Dieser aber war an einem Fuß lahm und musste hinken, und dieser sein Zustand war veraltet und unheilbar. Als er nun ins Martyrium und in die Ruhestätte der Heiligen getreten war und zu Gott betend die Hilfe der Heiligen angerufen hatte, erschien ihm bei Nacht ein Mann von würdevollem Aussehen und sagte, nachdem er einiges Andere mit ihm gesprochen hatte: „Du hinkest, o Krieger, und bedarfst der Heilung? Lass mir doch deinen Fuß anrühren.“ Und das Traumbild berührte ihn und zog ihn kräftig an. Und während dies in der nächtlichen Erscheinung vor sich ging, vernahmen die Wachenden ein Geräusch, wie es zu entstehen pflegt, wenn ein Bein, das aus der natürlichen Verbindung getreten ist, wieder mit Gewalt eingefügt wird. Darüber erwachten die übrigen Schläfer und auch der Krieger, und kaum war dieser erwacht, so ging er wie ein Gesunder in natürlichem Gange einher. Dieses Wunder sah ich an und traf mit dem Manne selbst zusammen, der es Allen verkündete und die Wohltat der Martyrer pries, und die Menschenliebe der Krieger verherrlichte." [57] 
 

15. Ephraim der Syrer; Schein und Sein; geistiger Honig; Tiefen der verborgenen Wissenschaften im Gegensatz zu "vernunftwidrige Lehren" und "verwilderter Gemütsart" 

"Jenen Ephraim meine ich, der im Munde aller Christen lebt, Ephräm den Syrer, denn nicht schäme ich mich der Abstammung desjenigen, auf dessen Sitten ich stolz bin; Ephraim, der durch das Licht seines Lebens und seiner Lehre die ganze Erde erleuchtete, den man fast überall unter der Sonne kennt" - Gregor von Nyssa

"Indem er sich des Geistes als Fackel bediente und die Tiefen der verborgenen Wissenschaften an’s Licht brachte."  - Gregor von Nyssa

„Man zündet kein Licht an und setzt es unter den Schäffel, sondern auf den Leuchter, und es leuchtet Allen, die im Hause sind.“ (Matth. 5, 15; Luk. 8, 16) Und: „So leuchte euer Licht vor den Menschen, damit sie euere guten Werke sehen.“ (Matth. 5, 16) Es ist also kein Grund vorhanden, da schüchtern zu sein und zu zagen, "wo der Herr selbst uns Mut einflößt, der uns in dem Leben unseres göttlichen Vaters, von dem wir gegenwärtig handeln, eine leuchtende Fackel, welche die Sonnenfackel an Glanz übertrifft, angezündet hat und will, dass es nicht unter dem Schäffel des Stillschweigens verborgen werde, sondern hoch oben auf dem Gipfel der Kirche stehe, um Allen zu leuchten, die im Hause der Welt sich herumtreiben, und dass die, welche es sehen, wegen desselben den Vater preisen, der im Himmel ist." [58] 

Ephraim der Syrer hatte in seinem Testament, einer mit Rücksicht auf seinen bevorstehenden Tod verfassten Ermahnungsschrift, verboten, ihn nach seinem Tode zu loben. Dazu Gregor: "Wir müssen uns also wegen seiner väterlichen Fessel nicht so sehr in Acht nehmen, dass das Gebot des Herrn missachtet wird. Denn wir müssen damit unser Lob beginnen, obschon, was wir jetzt erwähnen, der Ordnung nach zum Anschluss an die Lobsprüche bestimmt ist. Denn das ist, wenn man die Sache wohl zu unterscheiden versteht, nicht schlechthin eine Fessel, welche hindert, Den mit Lobsprüchen zu überhäufen, welcher den menschlichen Ruhm von sich weist, sondern eine nicht fesselnde Fessel und ein nicht hinderndes Hindernis, das die Liebenden zum Gegenteil hindrängt. Denn das, wodurch Jener unsern Lobsprüchen zu entrinnen suchte, indem er dem Versuch durch eine Fessel zuvorkommen wollte, nehmen wir zum Ausgangspunkt unserer Lobrede. Jeder seiner Vorzüge bietet Stoff zu vollkommenem Lobe dar, vorzüglich aber, dass er am Lobe sich nicht freute. Denn er wollte nicht gut scheinen, sondern sein. Deswegen also allein schon, wenn er sonst nichts Lobenswertes getan hätte, verdient er gelobt zu werden. Denn so sehr verzichtete er auf die Lobsprüche, dass er seinem Abscheu vor denselben durch eine Fessel Ausdruck gab. Das aber eröffnet unserer Rede zuerst die Rennbahn und überzeugt uns, dass wir nicht unüberlegt daran gehen und nicht abwärts stürzen, sondern auf dem königlichen Wege wandeln, indem wir wohl erkennen, dass, wenn der wunderbare Mann Gottes sich nicht für lobenswerth gehalten hätte, er die nicht abgewehrt hätte, die ihn loben wollten. Denn Keiner, der nicht durch die größten Vorzüge Aufsehen macht, mahnt die Überlebenden, während er noch im Leben weilt, seine Erinnerung in Vergessenheit sinken zu lassen. Dazu kann man auch noch dieses fügen: Wie Paulus, der Redner der Gnade, der Brautführer der Kirche, der Mund Christi, des Namens eines Apostels nicht verlustig ging, weil er sagte: „Ich bin nicht wert, ein Apostel zu heissen,“(I. Kor. 15, 9) vielmehr wegen eben dieser Bescheidenheit um so größeren Ruhm erntete, ebenso wird auch unser großer Vater, der sich aus Strenge der Lobsprüche für unwürdig hielt, derselben gerade deshalb für würdig erfunden werden. Da wir nun in der Kirche die Sitte haben, die, welche nach der Tugend streben, wenn sie die verschiedenen Gattungen derselben üben, zu krönen, und von diesen zumeist die, welche durch ihre demütige Gesinnung geistig erhöht wurden nach dem Worte des Herrn im Evangelium, welches also lautet: „Wer sich erniedrigt, wird erhöhet werden,“ (Luk. 14, 11) so werden die von jedem Tadel, Vorwurf und selbst jeder Missbilligung frei sein, welche die Tugenden dieses Vaters und Gottesmannes aufzeichnen und wie in einer beseelten und lebenden Bildsäule sein Leben uns wieder vorführen. Und der weise Zuhörer wird erkennen, dass wir Wort gehalten haben, wenn er der Rede folgend die mannigfaltigen Gattungen der Tugenden sich zusammenstellt. Aus diesen werden wir gleichsam eine goldene Krone, mit kostbaren und mannigfaltigen Steinen geziert, verfertigen und der Braut Christi, der Kirche, als ein erwünschtes Geschenk darbringen. Denn sie freut sich gerne an solchen Gaben, wenn die jährliche Erinnerungsfeier der Gerechten stattfindet. Den Ephraim hat uns jetzt der Kreislauf der Zeit zur Lobpreisung zurückgeführt. Wie soll sie nicht mit überströmender Freude sein Gedächtnis begehen? Jenen Ephraim meine ich, der im Munde aller Christen lebt, Ephräm den Syrer, denn nicht schäme ich mich der Abstammung Desjenigen, auf dessen Sitten ich stolz bin; Ephräm, der durch das Licht seines Lebens und seiner Lehre die ganze Erde erleuchtete, den man fast überall unter der Sonne kennt, der nur von so Vielen nicht gekannt wird, als das große Kirchenlicht Basilius; Ephraim, welcher fürwahr der geistige Euphrat der Kirche ist, von dem benetzt die Gemeinde der Gläubigen die Saat des Glaubens hundertfach vervielfältigt; Ephraim, den fruchtbaren Weinstock Gottes, der wie süße Trauben Früchte der Lehre hervortreibt und die Zöglinge der Kirche mit der Sättigung der göttlichen Liebe erfreut; Ephraim, den trefflichen und treuen Verwalter der Gnade, welcher die Anteile der Tugenden in entsprechender Weise unter die Mitknechte verteilt und das Haus des Herrn in bester Weise verwaltet. Seine Abkunft, sein Heimatland, den Glanz seiner Ahnen, den Ruhm seiner Eltern, seine Geburt, Erziehung, sein heranreifendes Alter, seine Leibesgestalt, Schicksal, Künste und den übrigen Prunk vorzuführen, der von den heidnischen Schriftstellern zu Lobsprüchen herangezogen wird, halten wir für überflüssig. Denn wir wollen das Lob der göttlichen Männer nicht aus solchen Dingen ableiten. Obschon er auch hierin Lob im Überfluss verdient, so wollen aus dem, wodurch er selbst sich in Leben und Rede berühmt machte, auch wir ihm den Kranz der Rede flechten. Denn Lob gebührt dem, was in unserer Macht steht, und die Belohnung dem, was aus unserm freien Willen entspringt." [59] 

Jeden weltlichen Adel verabscheute er. Wie vollends könnte er wünschen, wegen der Zunahme und der Lebensweise des Körpers, oder wegen Geschicklichkeit, oder sonst einer verächtlichen Beschäftigung im Leben gelobt zu werden, "da er von der ersten Jugend an im Studium der göttlichen Schriften seine Nahrung und sein Wachsthum fand, getränkt von den ewig fließenden Strömen der Gnade und, um mit dem Apostel zu sprechen, zum Maße des Alters Christi gelangte? (Ephes. 4, 13) Da wir also wissen, dass unser großer Vater mit solchen lächerlichen Lobsprüchen nicht gerne verherrlicht wird, wie die Fleischlichgesinnten, so wollen wir versuchen, ihm wegen seiner eigenen Mühen wenigstens mäßiges Lob zu spenden. Denn der Rede ist es nicht gegeben, auch auf das sich auszudehnen, was unser Vermögen übersteigt. Damit also weder unsere Sehnsucht durch Sprachlosigkeit aufgehalten werde, noch auch hinwiederum wir einen den Vätern fremden Pfad wandeln und vom königlichen Wege abirren, indem wir auf Seitenwegen uns herumtreiben, so wollen wir unserer Rede das rechte Maß anzupassen suchen. Worin besteht an ihm nun das, woraus wir sein Lob zu weben beschlossen haben? In Tat und Betrachtung, in deren Gefolge die Schaar der einzelnen Tugenden sich befindet, Glaube, Hoffnung, Liebe, Frömmigkeit gegen Gott, Studium der göttlichen Schriften, Heiligung der Seele und des Leibes, beständige Tränen, einsames Leben, die Zurückziehung von einem Ort zum andern, die Flucht vor den Bösen, die stets fließende Lehre, ununterbrochenes Gebet, Fasten und Wachen ohne Maß, Schlafen auf dem Boden und unbeschreiblich strenges Leben, Besitzlosigkeit und Demut bis zum höchsten Grade, eine Barmherzigkeit, die ihn über die menschliche Natur erhebt, begeisterter Eifer gegen die wütenden Feinde der Frömmigkeit, und um es kurz zu sagen, Alles, was den Menschen nach Gott zu bilden pflegt. Mit solchen Lobsprüchen wird unser Vater verherrlicht, und er erkennt das Gesprochene und weiß, dass diese die ihm eigenen Vorzüge sind, und findet Gefallen an den Reden, nicht weil sie ihm, sondern weil sie uns Nutzen bringen. Denn die bloße Erwähnung hiervon wird für die Strebsamen eine Veranlassung zur Tugend. Und dies haben wir nicht anderswoher, sondern aus dem geschöpft, was er selbst in Betreff seiner Person in seinen Schriften niedergelegt hat. Aus ihnen haben wir wie die gepriesene Biene aus vielen Blumen das Brauchbare gesammelt und diesen geistigen Honig bereitet. Und Ephraim wird uns wegen unseres Unternehmens gewiß nicht grollen. Denn er fürchtet nicht mehr den bösen Geist, welcher noch am Ende der Kämpfe Viele zum Falle bringt, und nachdem er einmal in die ruhigen Häfen des Unkörperlichen gelangt ist, ist er dem Sturme und der Brandung entronnen. Wohlan nun, wollen wir bei den einzelnen aufgezählten Punkten mit unserer Betrachtung etwas verweilen, und den Versammelten zeigen, wie der außerordentliche Mann beschaffen war, und zu welcher Höhe geistigen Aufschwungs er emporgestiegen ist. Er hielt also fest am rechten Glauben und irrte nicht etwa weit von der Gottesfurcht ab, wie wir aus seinen Schriften und seinem Ansehen in der Kirche abnehmen können." Denn in gleicher Weise verabscheute er die "vernunftwidrige Vermengung" des Sabellius und die "wahnsinnige Teilung des Arius", der zwischen Vater und Sohn einen Unterschied der Natur annahm, und dem Sohne die Ewigkeit absprach, so wie heute die Moslems, die durch die "vernunftwidrige Lehre" des Mohammed alles verwechseln und verfälschen. Die vernunftwidrige Lehre des Apollinaris aber verwarf er so sehr, "dass er seine ganze Kraft daran setzte, sie aus jeder christlichen Seele zu verbannen." Apollinaris, Bischof von Laodicea in Syrien, leugnete eine menschliche Seele in Christus [60] 

Auch den Anomiern, der ausgeprägtesten Sekte der Arianer, die dem Sohne sogar die Ähnlichkeit mit dem Vater absprach, "stopfte er mit vielen Vernunftbeweisen und Stellen aus der Schrift den zügellosen Mund und hinterließ uns die größte Sicherheit in seinen göttlichen Aussprüchen. Will man aber die Niederlage des übermütigen Novatus wahrnehmen, so möge man im gelehrten Streite Ephraims den Fall des Gegners schauen, wobei man finden wird, dass die Überlegenheit unseres Lehrers im Zusammenstoß der Rede so groß war, als die eines geübten stets siegreichen Kämpfers über ein noch schwaches ohnmächtiges Kind. Nicht allein aber widerlegte er die durch den Sämann der Bosheit wie Unkraut in jener Zeit auftauchenden oder früher aufgetauchten Häresien durch das rechte Wort des Glaubens, sondern er sah auch mit prophetischem Blicke jene voraus, die später emporschießen sollten, und brachte sie im Voraus zum Falle." Er widerlegte auch die Mohammedaner, "die später emporschießen sollten" und mit Mohammed, einem "Sämann der Bosheit", die Christenheit bedrängte.   [61] 

Mit diesen Beweisen sind alle seine Schriften und Dichtungen angefüllt. So irrte der Sohn der Wahrheit nie von der Wahrheit ab. Seine Hoffnung setzte er auf Gott allein, von dem den Würdigen die Erfüllung der hinterlegten Hoffnungen zu Teil wird. Denn er führte die Worte des Psalmes an und übte sie in Wort und Tat: „Auf ihn hat meine Seele gehofft, und es wurde mir Hilfe zu Teil.“, Ps. 27, 7 [hebr. Ps. 28, 7] Deshalb wird den, welcher auf den Herrn hofft, Barmherzigkeit umgeben, Ps. 31, 10 [hebr. Ps. 32, 10]  Jeremias aber: „Gepriesen sei der Mensch, der auf den Herrn vertraut, und dessen Hoffnung der Herr sein wird, und er wird sein wie der Baum, der am Wasser gedeiht“, Jer. 17, 7. 8; Ps. 1, 3 [hebr. Ps. 1, 3] und in der Feuchtigkeit seine Wurzeln ausdehnen wird, und Isaias: „Der Herr, unser König, der Herr, unser Heiland, er wird uns retten. ( Is. 33, 22) Sieh, mein Gott, mein Heiland ist der Herr. Auf ihn werde ich mein Vertrauen setzen und werde guten Muthes sein,“(Isai. 12, 2) und da der selige Paulus uns ermahnt und sagt: „Wir halten fest an der Verheissung der Hoffnung, denn treu ist, der uns die Verheissung gegeben hat.“ (Hebr. 10, 23) Von dieser hinterlegten göttlichen Hoffnung genährt, verachtete er alles Weltliche und sehnte sich nach jedem ewigen Ruhme. Die Liebe gegen Gott und den Nächsten beobachtete er mit solchem Eifer, dass er, als er aus dem Leben schied, "denn es ist gut, die Worte des in Gott versenkten Vaters selbst anzuführen, die besser als jeder andere Beweis sind, sich in folgender Weise ausdrückte: „In keiner Weise schmähte ich im ganzen Leben den Herrn, und keine unverständige Rede kam von meinen Lippen. In meinem ganzen Leben verwünschte ich Niemanden, überhaupt zankte ich mit keinem Gläubigen.“ O selige Zunge, die ohne Zagen in solche Worte ausbrach, die für die Engel allein vorzugsweise sich ziemen, weil ihr Leben der Materie und der Veränderung ferne steht, uns aber, die wir dem Fleisch unterworfen sind, fremd und übernatürlich und schwer ausführbar erscheinen! Man mag große Mühe auf die Erforschung des Lebens großer Tugendhelden verwenden, man wird doch nirgends so einen Ausdruck reiner unbefleckter Liebe aufzufinden und nachzuweisen vermögen, wie bei unserm Vater. Wenn also die Liebe größer ist als alle Tugenden, diese aber der selige Ephräm wie kein anderer von den Vätern übte, Jeder aber nach seinen Werken empfangen wird, so wollen wir die Folgerung hieraus Andern überlassen, damit wir nicht Väter mit Vätern zu vergleichen scheinen. Denn nicht der Vergleichung wegen haben wir das Gesagte angeführt, sondern nur, um der Menge darzulegen, dass unser Lehrer Ephraim oder vielmehr der Lehrer der ganzen Erde auf dem höchsten Gipfel der geistigen Leiter der Tugenden angelangt sei." [62] 

Was zeichnet Weisheit aus? Ist es das Frömmlertum der "frommen" Muslime? Wohl kaum. Dazu Gregor: "Indem er aber im wahren Besitze der Weisheit sich Frömmigkeit erwarb nach dem Worte des Job: „Sieh, Frömmigkeit ist Weisheit,“ (Job 28, 28) erhob er sich wie wir kurz vorhin gezeigt haben, als wir die Reinheit seines Glaubens beschrieben, durch dieselbe wie Paulus in den dritten Himmel, (2. Kor. 12, 2) und hat in der Kirche den Schatz eines unsterblichen Gedächtnisses und fortwährenden Ruhmes sich hinterlegt. Das Studium der göttlichen Schriften entzündete er an der Fackel Davids, welcher sagt: „In meiner Betrachtung wird das Feuer sich anzünden.“Ps. 38, 4 [hebr. Ps. 39, 4] Denn es bewegte ihn die Liebe zu geistiger Betrachtung und fachte die Sehnsucht nach dem Überirdischen zur Flamme an. Denn indem er die ganze alte und neue Schrift durchforschte und diesen Betrachtungen wie kein Zweiter sich mit Liebe hingab, gab er von jedem Ausdruck eine genaue Erklärung, angefangen von der Schöpfungsgeschichte bis zum letzten Buch der Gnade, indem er sich des Geistes als Fackel bediente und die Tiefen der verborgenen Wissenschaften an’s Licht brachte. Er hat aber nicht allein den ganzen geistigen Becher dieser unserer von Gott eingegebener Weisheit ausgetrunken und davon den Übrigen mitgeteilt, sondern er übte auch in hohem Grade die äussere weltliche Weisheit sowohl in Bezug auf die zierliche und richtige Ausdrucksweise, als auch auf die Tiefe der Gedanken, eignete sich das Brauchbare an und verwarf das Unbrauchbare, wobei er nach der Wage der Gerechtigkeit Tat und Betrachtung sich verschaffte. Die Reinheit der Seele und des Leibes pflegte er in einem Grade, als es die Natur ertrug, oder vielmehr, der über die Natur erhaben war, denn sie ist ein Geschenk der Gnade. Denn er gestattete der Seele nicht, von dem richtigen Verhältnis abzuirren, sondern er führte in der Tat durch die Seele die Herrschaft und strahlte am Körper herrlichen Glanz aus. Zeugnis für unsere Behauptung ist die Bekehrung jener bekannten Buhlerin. Dieser bediente sich als einer Lockspeise des Lasters der Menschenmörder Belial zur Überlistung des erleuchteten Mannes. Er täuschte sich aber so sehr in seiner Erwartung, dass die unzüchtige Person selbst gegen eben jenen Bösen sich kehrte, der sie angestiftet hatte, und durch Ermahnungen und Zurechtweisungen und den Zauber göttlicher Reden bekehrt und zum Bessern umgewandelt, keusch statt unzüchtig, sittsam statt ausgelassen, rein aus einer Befleckten wurde." [63] 

Gegen die "verwilderte Gemütsart" schreibt er: "Denn wer ist so gefühllos oder so harten Herzens, dass er bei Anhörung seiner Worte nicht gerührt werden, nicht seinen verstockten Sinn ablegen und seine Schlechtigkeit verabscheuen sollte? Wer hat eine so verwilderte Gemütsart oder eine so unmenschliche Gesinnung, dass er, wenn er seine heilbringende Lehre mit den Ohren vernommen hat, nicht sogleich rechtschaffen, sanft und wohlgesittet werden sollte? Wer sucht sich so sehr in den Wollüsten des Lebens zu ergötzen und ist so sehr dem Weinen abgeneigt, dass er bei Anhörung einiger seiner Worte nicht weinen und klagen und sein Leben sich nicht zu Gemüte führen sollte? Die nicht zu uns gehören, haben von unmöglichen Dingen das Sprüchwort gebraucht: Du kochest einen Stein. Das hat die Erfahrung uns als Wirklichkeit dargestellt. Denn ganz verknöcherte und unerweichliche Seelen überredete dieser göttliche Greis, dass sie besorgt wurden und sich erweichen ließen. Wer, wenn er seine Rede über die Demut liest, wird nicht sogleich jede hohe Meinung von sich weisen und sich für den Geringsten erklären? Wer, wenn er sich mit seinen Reden über die Liebe befasst, wird sich nicht bereit zeigen, für die Liebe Gefahren zu bestehen? Wer, wenn er mit seinen Büchern über die Jungfräulichkeit Bekanntschaft macht, wird nicht streben, an Seele und Leib sich Gott rein darzustellen? Wer, wenn er in die Reden vom Gerichte oder der zweiten Ankunft Christi nur einen Blick wirft, wird nicht glauben, bei jenem Gerichte gegenwärtig zu sein? Wer wird nicht von Zittern befallen werden und meinen, dass bereits der letzte Urtheilsspruch über ihn ergehen werde? Denn dieser gefeierte Mann und große Prophet schilderte das bevorstehende Gericht Gottes in solcher Weise, dass nichts Weiteres mehr von der Kenntnis fehlte, sondern nur mehr, dass man es in der Wirklichkeit und durch die Erfahrung kennen lernte. Immer mit solchen Vorstellungen über das Gericht beschäftigt, floh der Selige die Welt und die Dinge in ihr, und er flüchtete sich weit weg, wie es in der Schrift heißt, Ps. 54, 8 [hebr. Ps. 55, 8] und nahm seinen Aufenthalt in der Einsamkeit, bloß mit sich und Gott beschäftigt, und gewann dort die Zunahme in den Tugenden. Denn es war ihm genau bekannt, dass das Leben in der Einsamkeit den, welcher will, vom Geräusch der Welt frei macht und in Folge der Ruhe ihn in Verkehr mit den Engeln bringt, und durch die Betrachtungen Gottes den Geist erhöht, so sehr es möglich ist. Wenn aber der ihn bewegende Geist heischte, dass er zur Erbauung Vieler von einem Orte zum andern wanderte, so war er nicht ungehorsam und widersetzte sich nicht. Denn er war den Befehlen Gottes unterwürfig, wie kein Anderer. Deshalb verließ er auch auf Befehl wie jener göttliche Abraham, sein Vaterland und kam nach der Stadt der Edessener, denn es geziemte sich nicht, dass die Sonne sich lange unter der Erde verborgen hielt, und zwar aus zwei Gründen, nämlich um die dortigen Heiligthümer zu verehren und noch mehr, um mit einem weisen Manne zusammen zu treffen und eine Frucht der Erkenntnis entweder zu empfangen oder mitzutheilen." [64] 
 

16. Ephraim der Syrer und Basilius aus Caesarea, die "goldene Nachtigall der Gelehrsamkeit"

Als er nun, wie erzählt wird, bei der Stadt angekommen war und bereits in die Stadt eintrat, begegnete er statt einem weisen Manne, dem er zu begegnen wünschte, einer Buhlerin. Da also der Anblick seiner Erwartung nicht entsprach, war ihm die Begegnung lästig, und nachdem er daher auf die Buhlerin geblickt hatte, wendete er sich, weil in seiner Hoffnung getäuscht, wieder ab. Diese aber, als sie sah, dass er sie anblicke, blickte ihn gleichfalls an und betrachtete ihn genau. "Da sprach der Weise zu ihr: Sage mir, Weib, warum siehst du mich so genau an? Diese aber erwiderte rasch: Mit Fug und Recht. Denn ich bin aus dir, dem Manne, genommen. Du aber wirf deinen Blick nicht nach mir, sondern auf die Erde, von der du genommen bist. Als der Weise diese unerwartete Entgegnung vernommen hatte, erklärte er einen großen Gewinn erlangt zu haben, und er verherrlichte Gottes unbegreifliche Macht, der sogar das, was wir hoffen, durch das Unerwartete uns gewährt. Von da ging er, vom heiligen Geiste geleitet, nach Cäsarea in Kappadozien, und sah den großen Basilius, den Mund der Kirche, die goldene Nachtigall der Gelehrsamkeit. Als ihn der Greis sah, begann er ihn mit vielen lobpreisenden Worten zu ehren. Denn mit dem durchdringenden Auge der Seele sah er eine glänzende Taube auf seiner rechten Schulter sitzen, die ihm Reden der Weisheit mitteilte, und sah ihn diese dem Volke vortragen. Von der ihn belehrenden und von ihm verehrten Taube eingeweiht, nahm er seine Ankunft wahr und erkannte, dass es Ephräm der Syrer sei. Und so wurden Beide auf einige Zeit einer geistigen Lebensgemeinschaft gewürdigt, und für Ephraim brachte die Mühsal keinen Nachtheil. Die natürliche Unschuld seines Lebens zeigte ihm, wie er den Übeln entgehen könnte, indem sie ihn das Gute vorhersehen und das Schlimme abwehren und jenen Ansichten sich anschließen lehrte, die vernünftig, rein und zur Auswahl des Guten nützlich sind, die vorzugsweise für den Lehrvortrag sich eignen. Denn in reichlichem Maße hatte Christus dem göttlichen Greise das Talent der Rede verliehen, und dieses in den Herzen Vieler wie bei einer Bank anzulegen, musste er sich vor allen Übrigen verpflichtet fühlen. Und er sagt dies offenbar von sich selbst, dass er, nachdem er soeben aus dem zarten Kindesalter getreten war, ein geheimnisvolles Gesicht hatte, wie an seiner Zunge aus ihm ein sehr fruchtbarer Weinstock hervorkam und so groß wurde, dass er die Erde erfüllte und alle Vögel des Himmels kamen, um von ihm sich mit Nahrung zu sättigen, der Weinstock selbst aber, obschon er geplündert wurde und alle Vögel aufnahm, nur größeren Reichtum an Trauben zeigte. Dies bezeugte damals auch ein Anderer von ihm, ein ganz scharfsinniger Mann, indem er sagte, er habe eine Schaar von Engeln gesehen, die vom Himmel herabstieg und ein Buch in den Händen trug, das von innen und aussen beschrieben war. Es sagte aber jene erscheinende göttliche Schaar zu sich selbst: Wem müssen wir wohl dieses Buch übergeben? Von ihnen gaben nun die einen diesem, die anderen jenem Manne und andere wieder anderen ausgezeichneten Männern jener Zeit den Vorzug. Hierauf hätten sie, nachdem sie dieselben durchgemustert, insgesammt gesagt: Das sind in der Tat heilige Diener Gottes, aber es kann ihnen doch dieses Buch nicht übergeben werden." [65] 

Und nachdem sie viele der damaligen Heiligen erwähnt hatten, ohne dass sie ihren Beifall fanden, sagten sie zuletzt einstimmig: "Niemanden kann dieses Buch übergeben werden ausser dem Ephraim. Und der das Gesicht hatte, heißt es, habe auch das geschaut, wie die göttlichen Engel dem Ephraim das Buch gaben, und es habe sich der, welcher die geheimnisvolle Vision hatte, bei Nacht aufgemacht und sei in die Kirche gekommen. Da habe er den Ephraim eine inhaltsschwere, von der Gnade durchdrungene Rede halten hören. Und da er nun die Bedeutung des geschauten Gesichtes erkannte, habe er Gott gepriesen und die dem Heiligen verliehene reiche Gabe der Rede angestaunt. Denn es war ihm ein solches Übermaß der Weisheit verliehen, dass die Ströme seiner Rede beständig flossen, aber zu langsam waren für die Darstellung seiner Gedanken, nicht wegen Schwerfälligkeit der Zunge, sondern wegen des Reichtums der Gedanken. Und so hielt seine Zunge der Schnelligkeit fremder Gedanken das Gleichgewicht, war aber zu langsam für die Darstellung der eigenen Vorstellungen. Deshalb soll der große Greis selbst Gott seinetwegen gebeten und um Mäßigung des unwiderstehlichen Geschenkes der Gelehrsamkeit also gefleht haben: „Lass nach, o Herr, mit den Wogen deiner Gnade.“ Denn der seine Zunge überfluthende Abgrund der Lehrweisheit gestattete ihm nicht, seine Gedanken zu bemeistern, indem die Sprachorgane ihm die der vorzutragenden Predigt entsprechenden Wogen nicht zuführten. Es unterbrach aber seine Reden nichts Anderes, als das Gebet allein, und dieses die Reden und diese die Tränen und diese wieder das Gebet. Und es war das Wort des Wortes oder, um es genauer auszudrücken, im Worte, das sich beständig mit Betrachtungen über Gott bei allen diesen Beschäftigungen befasste." Er hielt fest am Nützlichen und an Dem, was das Heil der Seele verschafft. Ja nicht einmal die Nächte hemmten den Lauf seiner Tugend, und sie täuschten ihn nicht mit den Vorspiegelungen des Schlafes. Denn da sie nach dem Tage den Nüchternen empfingen, so eilten sie an ihm vorbei und berührten ihn nicht, wie wenn er gewacht hätte, indem er dafür besorgt war, dass ihn die Hand des Beherrschers dieser Finsternis nicht im Schlafe erfasste. Schlaf genoß er aber so viel, als zum Leben genügte, damit nicht durch den gänzlichen Umsturz der natürlichen Ordnung das Fleisch einer gewaltsamen Auflösung unterläge. Den Schlaf vertrieb und verscheuchte ihm sowohl vieles Andere aus den Augen, als auch vorzugsweise das Liegen auf dem Boden und die abgehärtete Lebensweise. Denn besonders dadurch wird naturgemäß das Eintreten des Schlafes ferngehalten. Die Armut bewahrte er in so hohem Grade, wie man vernimmt, dass sie von den göttlichen Aposteln bewahrt worden sei. "Deshalb wird man, wenn man ihn das Muster der Besitzlosen nennt, von der Wahrheit nicht abirren. Denn von ihm selbst haben wir ein süßes und seliges Wort, das er, als er im Begriffe stand, in die himmlischen Gegenden sich aufzumachen, uns zum Lehrer der Besitzlosigkeit hinterlassen hat, und das ungefähr also lautet: „Es hatte Ephraim niemals weder Geldbörse noch Stab noch Reisesack. Auch habe ich weder Silber noch Gold noch irgend einen anderen Besitz auf der Erde mir erworben. Denn ich hörte den guten König in den Evangelien zu seinen Jüngern sagen: „Besitzet Nichts auf Erden.“(Matth. 10, 9. 10) Deshalb entsagte ich jeder Leidenschaft für dergleichen Dinge. So verachtete er also Ruhm und Schätze, liebte das Gute über alles, und eiferte auch von dieser Seite im gleichen Wettlaufe mit den Aposteln. Was sollen wir aber Zeugnis für seine Demut ablegen, da jede seiner Reden und Schriften diese Tugend deutlich verkündet, und er sie nur zu sehr gesucht hat? Denn wann sollte der, welcher Tränen durch Tränen hervorruft, der Asche wie Brod genießt, seine grobe und unschmackhafte Nahrung und seinen Trank, wie es in der Schrift heißt, mit Tränen mischt, Ps. 101, 10 [hebr. Ps. 102, 10] den Fuß der Seele an den Stein der Überhebung oder des Eigendünkels stoßen? Oder wann der, welcher jeden menschlichen Ruhm von sich wies, und als er noch im Leben weilte, wenn ihn Jemand lobte, sich betrübte, die Farbe wechselte, zur Erde sah, einen leichten Schweiß vergoss und ganz verstummte, wie wenn Beschämung seine Zunge gelähmt hätte, und der, als er zum seligen und ewigen Leben aufbrach, gerade das wieder mit großer Missbilligung von sich abwehrte und sagte: „Singt dem Ephräm kein Totenlied, haltet ihm keine Lobrede. Beerdigt mich nicht in kostbarem Gewande, errichtet meinem Körper kein abgesondertes Grab. Denn ich habe Gott gelobt, unter den Fremden zu wohnen. Ein Fremdling bin ich und ein Eingewanderter, wie alle meine Väter“, Ps. 38, 13 [hebr. Ps. 39, 13]. Du hast also auch von dieser Tugend, wie von den übrigen klare Beweise in Überfluss. In Betreff der Barmherzigkeit und des Mitleids wird man nach dem Maßstab und Gesetz der Wahrheit aussprechen müssen, dass er sie nicht bloß geübt habe, sondern auch ihr Lehrer gewesen sei. Denn da er wegen seiner vollkommenen Armut den Dürftigen nicht mitteilen konnte, so suchte er, indem er durch häufige Ermahnungen das Mitleid bei Andern wach rief, zur Barmherzigkeit zu bewegen. Denn es war seine Rede auch ohne seinen Anblick in der Tat ein von Gott verfertigter Schlüssel, der die Schätze der Reichen aufschloss und den Dürftigen das Nötige verschaffte. Sein englisches Antlitz aber vermochte, wenn man es nur ansah, durch den Ausdruck der Einfalt, Sanftmut und der beigemischten großen Rechtschaffenheit auch ganz hartherzige Menschen zu Mitleid und Erbarmung zu bewegen. Und wer war so sehr in Schamlosigkeit versunken, dass er, wenn er ihn ansah, nicht errötete und so selbst sittsamer wurde?" [66] 
 

17. Ephraim der Syrer gegen Apollinaris; "Richter der Ungerechtigkeit"

Vielleicht möchte nun Einer, wenn er von einer großen Menge von guten Taten hört, glauben, dass dieser göttliche Mann nicht tief in die kirchlichen Lehren eindrang? Denn wie fand er Zeit, möchte ein Solcher sagen, da er durch so viele Tugendübungen in Anspruch genommen war? Er hatte aber keine oberflächliche Kenntnis der göttlichen Lehren. Denn er suchte diese nicht bloß bis zu dem Grade, um reden und Andere ermahnen zu können, sondern er war nach zwei Richtungen hin wohl unterrichtet, sowohl in den Lehren der Kirche selbst, als auch in Denen, die man diesen zur Bekämpfung entgegensetzt. Die ersteren erlernte er zur Anwendung in seinem Berufe, die letzteren zur Widerlegung der Häretiker, zu denen man heute auch die Mohammedaner rechnen muss, auch wenn sie von türkeifreundlichen Politikern gern mit Samthamdschuhen angefasst werden, oder wenn nicht nur in islamischen Ländern von "Richtern der Ungerechtigkeit" gegen Islamkritiker vorgegangen wird statt die Allahpfaffen, die den Islamismus in Europa verbreiten wollen oder Ditib-Imame, die den Angriffskrieg der Türken befürworten, als "Bestien" zu bezeichnen. "Denn der Eifer entflammte ihn gegen die in der Kirche auftretenden Bestien. So kam eine ungeschriebene Nachricht auf uns, die uns seinen Eifer für die Wahrheit zeigt, und welche lautet, wie folgt. Der leichtsinnige oder vielmehr unsinnige und wahnsinnige Apollinarius, der viele Neuerungen gemacht und aus seinem Leibe entleert hat, sudelte eine gottlose Schrift gegen die Frömmigkeit zusammen und teilte sie in zwei Bücher. Diese hatte er einer Weibsperson, die, wie es hieß, seiner Wollust diente, zur Aufbewahrung übergeben. Sobald der große Mann von der Schrift Kenntnis erhielt, begab sich der Weise unter dem Scheine, als ob er ein Anhänger seiner Meinung wäre, zur Weibsperson, die jene unreinen Bücher in Verwahrung hatte, gab sich zu erkennen, brachte ihr gute Nachrichten wie aus der Wüste, und bediente sich wohl noch anderer Kunstgriffe. Zuletzt bittet er sie, sie möchte ihm des Nutzens wegen, wie er sagte, die Schriften des Lehrers geben, um die Häretiker, wie er nämlich uns nannte, leichter bekämpfen zu können. Diese aber merkte seine Absicht nicht und ließ sich hintergehen, als ob er zur Sekte des Apollinarius gehörte, übergab ihm die Bücher und trug ihm auf, dieselben bald wieder zurückzustellen. Dieser große Jakob, welcher den unreinen Esau hintergangen und die schlimme Erstgeburt seiner Gedanken sich angeeignet hatte, ging nun listig zu Werke. Denn indem er Blatt an Blatt legte und das Ganze mit Fischleim bestrich, brachte er das ganze Buch in einen Zustand, als wenn es ein einziges Blatt gewesen wäre, indem ein Teil vom andern wegen der zu festen Verbindung sich nicht trennen ließ. Nachdem er die zwei Bücher so zugerichtet hatte, gab er sie der Leiherin wieder zurück, die als Weib unbekannt mit gelehrten Untersuchungen, da sie an deren äusseren Gestalt keine Änderung wahrnahm, sich um den inneren Zustand nicht weiter kümmerte. Nach Verlauf einiger weniger Tage veranlasst der göttliche Greis einige Rechtgläubige, den gottlosen Apollinarius zu einer Unterredung einzuladen. Dieser nahm die Einladung an und erschien im Vertrauen auf seine gottlosen Bücher am festgesetzten Tage. Einen freien Vortrag lehnte er unter dem Vorwande seiner Altersschwäche ab, ging aber darauf ein, sich seine Bücher bringen zu lassen und aus ihnen zu antworten und zu erwidern. Als nun seine Jünger die Bücher geholt hatten und damit großen Prunk machten, nahm jener in schlimmen Tagen ergraute Richter der Ungerechtigkeit (Dan. 13, 52 f.) eines der Bücher und suchte es zu öffnen. Da es aber, weil vom Leime festgehalten, sich nicht öffnete, versuchte er es in der Mitte des Buches. Aber auch hier ließ es sich nicht aufschlagen. Da er also mit dem ersten Nichts ausrichten konnte, so machte er sich sofort an das zweite, und als er nun fand, dass es sich gleichfalls nicht öffnen lasse, und ganz und gar nicht nachgebe, wechselte er vor Scham die Farbe, und die Verlegenheit raubte ihm die Fassung. Und indem er in Verwirrung die Versammlung verließ, wurde er vor lauter Kummer krank und kam dem Tode nahe. So unerträglich war ihm die Schmach." [67] 

Das eine Mal zeigte er "Sanftmut und Gelassenheit", wenn kein Kampf nötig war, ein anderes Mal "Rauhheit und Härte". Zumal wenn der christliche Glaube gefährdet war, behandelte er Alles mit Weisheit, und wie es die Verhältnisse erforderten. Denn auch das, ist nicht geringer, als seine vielen Fasten, Tränen und unablässigen Gebete, oder ist vielmehr höher als Jenes, insoferne Jenes seinen Gewinn auf den beschränkt, der sich ihm hingibt, "dieser aber einen gemeinsamen Nutzen bringt. Denn die richtige Auffassung beurteilt den guten Jäger im Kampfe gegen die streitbaren Tiere, den guten Steuermann im Kampfe mit den Winden, die das Schiff bestürmen, den geschickten Arzt an den schwer heilbaren Krankheiten, den wackeren Soldaten im Kampfe gegen ein mächtiges Heer" In Bezug auf Apollinaris oder die Mohammedaner bringt nicht "Sanftmut und Gelassenheit" sondern "Rauhheit und Härte" den "gemeinsamen Nutzen", denn es bringt gar nichts, türkischen Imamen, die den Angriffskrieg predigen, die Kindern und Jugendlichen die Irrlehre Mohammeds beibringen, mit Sanftmut zu begegnen. Nur "Rauhheit und Härte" kann bei solchen Allahpfaffen und  türkischen Fußballspielern, die vor dem türkischen "Gangsterboss" und seiner Gangster-Flagge salutieren, helfen, z.B. indem die Ditib-Imame und türkischen Fußballspieler des Landes verwiesen und sämtliche Ditib- und Atib-Moscheen geschlossen werden, das zeigen der türkischen Flagge verboten wird, wie auch andere Terrorfahnen verboten sind (z.B. Nazi-Symbole). [68] 

Und man kann seine Seele mit einer Quelle vergleichen, die allerlei Gewässer hervorsprudelt, welche mit Nutzen, Annehmlichkeit und Vergnügen geziert sind, oder mit einer Wiese, die mit mannigfaltigen wohlduftenden Blumen geschmückt ist, oder mit einem irdischen Himmel, der mit verschiedenen Lichtern prangt, oder mit einem Garten, wie der in Eden, den bekanntlich zahllose Fruchtbäume verschönerten. "Oder wenn die Natur sonst etwas Schönes und Angenehmes mit vielen und verschiedenen Gütern ausgezeichnet hat, so denke dir, dass der selige Geist des großen Ephraim so beschaffen sei, von allen Seiten mit vielen Gattungen von Tugenden umringt. Denn indem der wunderbare Mann im ganzen Leben bemüht war, den ganzen Umfang der Tugend sich anzueignen, strebte er alle Vorzüge in seiner einzigen Person zu umfassen. Denn indem er das Gott angenehme Opfer Abels, des ersten unter den Gerechten, als Priester nachahmte, brachte er dem Herrn nicht Opfer von den Heerden, noch Fett dar, sondern ein unblutiges Opfer, den vernünftigen Dienst, in Reinheit des Lebens als Brandopfer dargestellt, nur soweit mit Jenem in Widerspruch, als er nicht von dem bösen Mörder getötet wurde, sondern den Schlingen des menschenfeindlichen Dämons entging und entfloh, und indem er als Sieger über die Nachstellung hervorging, wie Jener zum unvergänglichen Leben gelangte. Und indem er dem Enoch in der Hoffnung nacheiferte, rief er nicht bloß den Namen Gottes des Herrn an, sondern lehrte auch Andere, ihn zugleich anzurufen. Den Enoch ahmte er nicht durch die auffallende Versetzung von der Erde ins Paradies nach, sondern durch den Übertritt von der sinnlichen Leidenschaft zum Geiste. Den Noe ahmte er nach, nicht indem er das Geschlecht in einer hölzernen Arche spärlich rettete, sondern indem er seine Seele von allen Seiten sicher stellte, so dass er ohne Nachteil durch die Woge des Lebens ging und die Ladung der Tugend keinen Schaden litt. Den Abraham ahmte er sowohl in vielen andern Dingen nach, im Glauben, in der Sanftmut und in der Liebe zu Gott, als auch vorzugsweise in der Flucht vor der Welt, indem er wie Jener sein liebes Heimathsland und seine lieben Verwandten verließ, und darin, dass er an seinem Körper die Opferung des Eingebornen darstellte, indem er sich selbst Gott opferte und die irdischen Glieder tötete. Den Isaak ahmte er nach, indem er bereitwillig und unerschrocken den Tod hinnahm, nur nicht vom Vater. Denn er opferte sich überall in apostolischer Weise. Mit dem Leibe brachte er sich als Fruchtopfer dar, soweit es vom Willen abhing. Dem Geiste nach aber lebte er und lebt er für Gott wegen des heiligen Opfers seines Leibes wie im Widder. Den Jakob ahmte er nach, indem er den unreinen Esau hinterging, das heißt, den Vater der Häresien, und die Erstgeburt, die richtige Lehre der Kirche, an sich riß und indem er nicht eine von der Erde bis an den Himmel reichende Leiter, sondern eine bis an den Himmel sich erhebende Feuersäule sah, welche die Tiefe des Geheimnisses noch schöner zu verstehen gab, ausserdem noch, indem er an seine Jünger, als er im Begriffe war, von seinem Leibe zu scheiden, wie Jener an seine Söhne die Segnungen austeilte. Und wenn Einer diese genau betrachtet, so wird er glauben, dass es die jenes großen Jakob selbst seien. Den Joseph ahmte er zunächst nach in der Keuschheit und Reinheit des Körpers, vielmehr aber noch darin, dass er das Wort, wie Jener das Getreide, austeilte. Dem Moses war er entweder in Allem oder im Meisten ähnlich. Denn auch er floh vor dem hinterlistigen Pharao und lebte in der Wüste und sah Gott, so weit es durch die Betrachtung möglich ist, und vollbrachte Wunder und führte das Volk in der Eigenschaft eines Lehrers und überlistete die Ägyptier und riß ihren Reichtum an sich, indem er die Bücher der Häretiker erbeutete und über sie triumphirte, und er teilte das Meer, den salzigen untrinkbaren Unglauben, und führte das Volk hindurch, die Schaar der Rechtgläubigen. Und die Pharaoniten ersäufte er im Meere, die gottlose Brut der Häretiker. Und er schlug den Amalek in die Flucht, (Exod. 17, 13) wenn du einen Häretiker unter diesem Namen bezeichnen willst. Von Gott leitete er das Gesetz des rechten Glaubens ab und teilte es uns Allen mit. Auf dem Berge schaute er das Vorbild des Zeltes, nicht des Zeltes des Moses, sondern des bevorstehenden schrecklichen Gerichtes und Zustandes. Den Priestern erteilte er die Weihe, indem er Vorschriften über das Priestertum gab. Wasser ließ er aus dem Felsen sprudeln, indem er steinharten Herzen Tränen entlockte. Mit himmlischem Brote sättigte er wie Jener, indem er Allen die Reden der Liebe darbot, wodurch vorzugsweise jede Seele Kraft erlangt und guten Mutes zum göttlichen und geheimnisvollen Brote hinzutritt, das aus dem Schooße des Vaters zu unserm Heile herabgekommen ist. Wachteln gab er uns Gläubigen auf Erden, indem er uns lehrte, durch das Andenken an Gott in den Himmel zu dringen und die himmlische Schönheit zu betrachten. Und überhaupt, mit welchen betrachtenden Reden man immer die Auszeichnungen unsers Vaters den alten Auszeichnungen an die Seite setzen will, man wird durchaus nicht finden, dass erstere hinter den letzteren zurückbleiben." [69] 

Wie Jesus, der Sohn des Nave, den Jordan teilte, so öffnete er die für das Almosengeben verschlossenen Hände der Reichen zur Wohltätigkeit, und setzte das Volk in die Erbschaft des Landes, nicht der irdischen Verheissung, sondern des himmlischen Reiches ein. "Wie Samuel wurde er als Kind Gott dargebracht und vernahm die göttliche Stimme. Wie der große Elias verspottete er die Priester der Schande und lockte geistiges Feuer auf das vernünftige Opfer nicht einmal, sondern oft herab, und erhob sich auf dem feurigen Wagen der Tugenden als Fuhrmann nicht in die Luft, sondern in den Himmel. Wie Elisäus hat er die doppelte Gnade (2. Kön. 2, 9 ff.) des Geistes sich erworben, und ist wie die Propheten oft der Erscheinung Gottes gewürdigt worden. Unsere Rede wagt es, ihn auch dem, welcher der Größte ist von denen, die ein Weib gebar, dem Vermittler des Gesetzes und der Gnade, an die Seite zu setzen. Wie der Vorläufer hielt er sich in der Wüste auf, und der Ruf des Herrn erging auch an ihn, und er trat als Bußprediger auf und unterwies die, welche zu ihm kamen, ihre Sünden zu bekennen. Wie Paulus, das Gefäß der Auserwählung, bestand er mannigfaltige Versuchungen und wurde nicht müde, den Samen der Buße, wie Jener den Samen des Glaubens, auszustreuen. Und wozu soll man ihm noch länger den Einen nach dem Andern zur Seite setzen, da seine guten Taten den ganzen Erdkreis erfüllen? Wo aber die Werke hervortreten, ist es überflüssig, viele Worte zu machen und die lange Rede schlägt zur Unehre der Tugenden aus, als ob sie nicht im Stande wären, sich in Werken genügend zu offenbaren, sondern des Beistandes der Rede bedürften. Es geziemt sich aber, der Rede als eine wohlschmeckende Würze das hochgefeierte Wunder seines Todes beizufügen. Als nämlich dieser Gottesmann in Begriff stand, in die himmlischen Wohnungen aufzubrechen, trug er den Anwesenden auf, sie sollten nicht in kostspieliger Kleidung seinen Leib beerdigen. Wenn aber etwa Einer als Freund des Vaters so Etwas beabsichtigt oder in Bereitschaft gesetzt hätte, so möchte er sein Vorhaben keineswegs ausführen, sondern es möge eben das, was für seine Beerdigung bestimmt gewesen sei, den Armen gegeben werden. Einer von den Anwesenden von vornehmem Stande hatte nun ein kostbares Kleid im Voraus herrichten lassen und beschlossen, in demselben den Leib des göttlichen Greises zu begraben. Als er daher den Tadel vernahm, schmerzte es ihn und er konnte nicht zum Entschlusse kommen, das in Bereitschaft gesetzte Kleid den Armen zu geben, und glaubte sein Gewissen beruhigen zu können, wenn er den Armen dafür eine angemessene Summe Geldes gäbe. Dieser wurde sogleich vom bösen Geiste geschlagen und erntete für seinen Ungehorsam die bittersten Früchte." Aber der mitleidige Mann Gottes sagte zu dem Geplagten: O Mensch, hast du irgend etwas Unrechtes getan, dass dieser Unfall über dich kam? Dieser aber richtete sich in Folge seiner Anrede wieder empor, und, obschon vom Dämon im Geiste umdunkelt, gestand er doch den geheimen Gedanken und offenbarte seinen Ungehorsam. Nach diesem Geständnis machte ihn der barmherzige Greis wieder gesund und befreite ihn durch Auflegung der Hände und durch Gebet von seinem Zustande. Dann fügte er hinzu: "Erfülle dein Versprechen, o Mensch, das du schon lange in deinem Herzen gemacht hast. Nachdem er ein solches Wunder am Ende seines Lebens gewirkt und seine Umgebung mit vielen Ermahnungen zum Eifer in der Tugend angeregt hatte, wie seine letzten Worte zeigen, führte ihn sein letzter Athemzug in den ruhigen Hafen des ewigen Reiches und er fand da gute Aufnahme. Und wo anders sollen wir glauben, dass seine Seele eingekehrt sei, als offenbar in den himmlischen Gezelten, wo die Schaaren der Engel, wo die Chöre der Propheten, wo die Throne der Apostel, wo die Freude der Martyrer, wo der Jubel der Heiligen, wo der Glanz der Lehrer, wo die Festversammlung der Erstgebornen und der reine Klang der Teilnehmer des Festes? Zu jenen Gütern, welche die Engel zu schauen sich sehnen, an jenen heiligen Ort ging die hochgepriesene und heilige Seele unseres seligen und gefeierten Vaters ein. Und ich glaube, dass seiner Seele, als sie zum Himmel sich erhob, die Tugenden seines Lebens vorausgingen und eine jede ihr jene unaussprechliche und unsichtbare Schönheit gezeigt habe, und dass wohl die größte von allen Tugenden, die Liebe, hinzugetreten sei und also gesprochen habe: Sieh, o teuerste Seele, welche Schönheit ich dir verschaffte! und mit diesen Worten ihm zugleich den Gegenstand der Entzückung gezeigt, und dass die Demuth herbeigekommen sei und gesagt habe: Sieh, gottgeliebte Seele, was für einen Ort der Ruhe auch ich dir bereitete! und dass alle nach einander gesagt und gezeigt haben, welche Belohnungen sie ihr, weil sie früher geübt worden wären, später verschafft hätten. O der preiswürdigen beneidenswerten Abreise! O über den Tod, den man nicht zu beweinen braucht! O über die Trennung, welche die ersehnte Vereinigung bewirkt! O Hinscheiden, das dem Hingeschiedenen keine Unzufriedenheit bringt! O Leichenbestattung, die mit keinem Schmerz verbunden ist! Denn worin wir seine Lebensweise bewundern, darin finden wir unsern Trost. Denn bei den übrigen Menschen sehen die Überlebenden den Tod als eine Ursache der Tränen an, bei den Heiligen aber veranlasst er Freude und Festfeier, weil das nicht ein Tod, sondern vielmehr ein Scheiden und ein Hinübergehen zu einem besseren Loose ist. Diese Lobsprüche werden dir von uns, bester Vater und Lehrer des Erdkreises, als Gaben unter deinem Verdienste, mit kühner Zunge dargebracht, nicht als ob du dessen bedürftest, denn welchen Ruhm könnte dir eine Rede bringen, die hinter dem Verdienste des Gelobten zurückbleibt?, sondern vielmehr zum Nutzen der Lebenden. Denn die größte Aufmunterung und Ermahnung zum Guten ist das den guten Männern gespendete Lob. Zu dieser Rede veranlasste und ermutigte uns sowohl vieles Andere, denn ich übergehe die vielfältigen Vorzüge und was von deinem Leben und deiner Lehre in der ganzen Welt berühmt ist, als auch vorzugsweise dein wunderbarer Beistand in der Befreiung deines Namensgenossen, der uns auch bewog, dieser Arbeit uns zu unterziehen. Dieser wurde von Barbaren, Nachkommen des Ismael, gefangen fortgeführt. Und als er nach kurzer Entfernung von seiner Heimat wider nach Hause zurückkehrte und keinen sicheren Weg kannte, fand er deinen unerwarteten Beistand und lernte durch dich den zur Rettung geeignetsten Weg kennen und verfehlte in der Tat sein Ziel nicht. Da er nämlich schon in die äusserste Gefahr geraten war und er den Tod vor Augen sah, weil auf seinem Wege ihn ringsum die Barbaren bedrohten, so entging er, als er nur deines Namens gedachte und ausrief: „Heiliger Ephraim, steh mir bei!“ unbeschädigt dem gefahrvollen Irrweg, zeigte sich über die Furcht erhaben und hat so wider Erwarten Rettung gefunden und ist durch deine Fürsorge geschützt dem Vaterlande unverhofft zurückgegeben worden. Deshalb wagten wir im Vorhergehenden, uns weiter zu verbreiten, und wagten dein Lob mit unreinen Lippen auszusprechen. Und wenn wir in unserer Darstellung das rechte Maß ziemlich erreicht haben, so werden wir dich offen als den Urheber des Gelingens erklären und dir das Verdienst zuschreiben. Wenn aber die Lobsprüche hinter deinem Werte zurückbleiben, so werden wir auch dann für das Misslingen dich verantwortlich machen, mag es auch ein kühnes Wort sein. Denn da du den Lobsprüchen entgehen willst und auch jetzt nach deinem Hinscheiden noch, wie damals, als du auf der Welt warest, die Demut liebst, so stehst du denen hindernd im Wege, die dich loben wollen. Doch mag das Eine oder das Andere der Fall sein, wir entrichten dir, so weit wir vermögen, unsere Schuld, und vertrauen, dass du uns, die wir dem Vater mit warmer Liebe zugethan sind, nicht zurückweisen, sondern wie von Kindern unsere stammelnden Worte, die den Eltern lieb sind, aufnehmen wirst. Du aber, der du am göttlichen Altare stehst und mit den Engeln die das Leben beherrschende hochheilige Dreiheit anbetest, sei unser Aller eingedenk, erflehe uns Nachlassung der Sünden und den Genuss des ewigen Reiches in Christus Jesus, unserm Herrn, dem der Ruhm sei mit dem Vater, der keinen Ausgang hat, und dem göttlichen belebenden Geiste jetzt und allzeit und von Ewigkeit zu Ewigkeit." [70] 

Später sollten die Osmanen und Türken, diese "Barbaren, Nachkommen des Ismael" jeden Christen gefangen nehmen, "weil auf seinem Wege ihn ringsum die Barbaren bedrohten" und die Stadt Konstantinopel erobern. Byzantion wurde von 326 bis 330 von Kaiser Konstantin I. zur neuen Hauptstadt des Römischen Reiches ausgebaut und in der Folgezeit Konstantinopel genannt. Durch einen noch heute bei Türken üblichen Angriffskrieg wurde es von Barbaren (Moslems, Osmanen) erobert und Bizans bzw. später Istanbul genannt. Das byzantinische Wappen wurde durch die barbarische Halbmond-Piratenflagge ersetzt. [71] 
 

18. Gregor der Wundertäter ("Thaumaturgos"); Weisheit, übersinnliche Welt

Gregor von Nyssa spricht von denen, "die in der göttlichen Weisheit unterrichtet sind" im Gegensatz zu denen, die "dem Irrtum und der Torheit des Götzendienstes ergeben" sind wie z.B. die heutigen Moslems; erstere haben "in geistiger Weise Lob verdient", Letztere "nach Sitte der Ungläubigen durch die kunstvollen Windungen der Lobreden." Thomas von Aquin und andere hatten später den Moslems jegliches Unterrichtetsein "in der göttlichen Weisheit" abgesprochen. In Fragen der Philosophie sollte man sich also nicht an "Allahpfaffen" halten, sondern an christliche Philosophen wie z.B.Gregor der Wundertäter ("Thaumaturgos"): "Von so hoher Bedeutung ist nun der Gegenstand unserer Rede; für mich aber ist es von allen Seiten gefahrlos, den Gegenstand in Angriff zu nehmen, mag die Rede zur Größe der Taten sich zu erschwingen vermögen oder auch nicht. Denn in beiden Fällen wird für den Gelobten das Lob gleich sein. Wenn nämlich die Rede die Wunder erreichen sollte, so wird sie geradezu die Zuhörer durch die Taten in Verwunderung setzen. Bleibt sie aber hinter der Größe zurück, so wird auch auf diese Weise der Ruhm des Gelobten verherrlicht. Denn es ist die beste Lobrede auf einen Mann, wenn es sich zeigt, dass er für die Macht der Lobredner nicht erreichbar sei. Keiner aber von denen, welche in der göttlichen Weisheit unterrichtet sind, soll wünschen, dass dem, welcher in geistiger Weise Lob verdient, nach Sitte der Ungläubigen durch die kunstvollen Windungen der Lobreden Lob gespendet werde. Denn nicht auf das Gleiche stützt sich für uns und die Übrigen die Beurteilung des Guten, und nicht die nämlichen Meinungen findet man über die nämlichen Gegenstände bei denen, welche für die Welt leben, und bei denen, welche über die Welt sich erheben. Denn Jene halten für etwas Großes und Wünschenswertes Reichtum, vornehme Abkunft, Ruhm, weltliche Macht, Mythen über die Entstehung der Vaterstadt und Erzählungen, die von allen Verständigen abgewiesen werden, Trophäen, Schlachten und Leiden des Krieges; nach unserer Ansicht aber steht ein Vaterland in Ehren, das Paradies, der erste Herd des Menschengeschlechtes, eine Stadt, die himmlische, die aus lebendigen Steinen gebaut ist, deren Baumeister und Gründer Gott ist, eine vornehme Abstammung, die enge Verwandtschaft mit Gott, welche nicht von ungefähr Jemand zu Teil wird nach Art des menschlichen Adels, der bekanntlich durch zufällige Reihenfolge sich fortpflanzend oft auch auf Unwürdige übergeht, sondern die man nicht anders als durch seine Lebensweise erwerben kann. Denn Allen, die ihn aufgenommen haben, sagt das göttliche Wort, gab er die Macht, Kinder Gottes zu werden.(Joh. 1, 12) Was könnte aber ehrwürdiger sein, als ein solcher Adel? Um das Vaterland drehen sich bei allen Übrigen Mythen, Dichtungen, und mit den mythischen Darstellungen vermischter dämonischer Trug, unser Vaterland aber bedarf keiner rednerischen Darstellung. Denn wenn man nach dem Himmel schaut und seine Schönheit und die ganze Schöpfung mit dem Auge der Seele betrachtet, so wird man in allen Wundern, die man hier wahrzunehmen vermag, eine Schilderung unseres Vaterlandes finden, oder vielmehr nicht unseres Vaterlandes selbst, sondern der Pflanzstadt, [Apoikia] colonia, in die aus dem höheren Leben verpflanzt wir die gegenwärtige Welt in Besitz genommen haben. Wenn aber die Pflanzstadt so beschaffen ist, so lässt sich schließen, wie die Mutterstadt der Pflanzstadt sei, welche Schönheit sie besitzt, was für eine Residenz sie hat, welche Seligkeit die genießen, welche in derselben ihre Wohnung aufgeschlagen haben. Denn wenn das, was in der Schöpfung sich wahrnehmen lässt, eine solche Beschaffenheit hat, dass es über jedes Lob erhaben ist, was soll man von Dem glauben, was darüber hinaus liegt, was man weder mit dem Auge erfassen noch mit dem Gehör in sich aufnehmen noch mit dem Gedanken ergründen kann? ( I. Kor. 2, 9) Bei dieser geistigen Lobspendung wendet die göttliche Lobpreisung auf die Gelobten die eitle irdische Redeweise nicht an, indem sie es für unanständig erachtet, dass Die, von welchen Solches bekannt ist, durch irdische Ehre verherrlicht werden. Denn ein weltlich gesinnter Mann, der auf sinnliches Glück schaut, mag auf solche Dinge das Lob der Menschen gründen: wenn Einer ein Vaterland hat, das reich ist an Weideplätzen, wenn ein benachtbartes Meer reichliche Nahrung für Feinschmecker liefert, wenn aus wohl gefügten Steinen prachtvolle Gebäude sich erheben. Wer aber auf das höhere Leben schaut, für wen die Schönheit in der Reinheit der Seele besteht, der Reichtum aber in der Besitzlosigkeit, das Vaterland in der Tugend und die Stadt in der Herrscherwohnuug Gottes selbst, der wird die Ehre in irdischen Dingen für Schande halten. So werden auch wir solche Lobsprüche bei Seite lassen und weder das Vaterland dem großen Gregorius zum Ruhme anrechnen, noch die Ahnen zur Vermehrung seines Lobes herbeiziehen, wohl wissend, dass es kein wahres Lob gibt, wenn es nicht eigenes Verdienst Derjenigen ist, die gelobt werden. Eigen aber nennen wir, was beständig bleibt und in Ewigkeit nicht geraubt werden kann. Da wir nun von Allem uns scheiden müssen, von Reichtum, Ansehen, Ruhm, Ehre, Lust, Genuß, Verwandten, Freunden und nur in unserm Zustande in Bezug auf Laster und Tugend ohne Trennung verharren so halten wir nur den Tugendhaften für glückselig." [72] 

Er fährt fort: "Niemand glaube jedoch, dass ich, weil ich über das Vaterland und die Ahnen des Mannes Nichts von Bedeutung zu sagen wisse, unter dem Vorwande, als ob ich solche Dinge verachte, deren Schande verdecke. Denn wer kennt nicht den Beinamen des Pontus, der dem Volke vor allen Menschen vorzugsweise ist beigelegt worden, durch den die Tugend Derer bezeugt wird, die von Anfang an die Gegend in Besitz genommen haben? Denn unter allen Ländern und Meeren wird dieses allein das gastliche [euxeinos] genannt, mag nun der Name für ihre freundliche Gesinnung gegen die Fremden Zeugnis geben, die zu ihnen kommen, oder die Gegend so beschaffen sein, dass sie nicht nur den Einwohnern und Eingebornen, sondern auch denen, die von allen Seiten dahin kommen, die Lebensmittel in reichlichem Maße gewährt. Denn die Natur des Landes ist so beschaffen, dass es Alles, was zum Leben notwendig ist, reichlich hervorbringt, und dass ihm keines von den Gütern der Bewohner anderer Länder mangelt, weil das Meer Alles, was anderswo vorhanden ist, zu seinem Eigentum macht. Da nun das ganze Volk so beschaffen ist, dass man, welchen Teil desselben man immer für sich betrachtet, auf die Meinung kommt, dass er es den Übrigen zuvortue, so ist nichts desto weniger nach dem gemeinsamen Urteil des Volkes die Stadt des großen Gregor gleichsam die Krone aller umliegenden, welche ein hervorragender König aus der Zahl Derjenigen, welche die Herrschaft der Römer befestigten, Namens Cäsar, aus Liebe und Zuneigung zum Orte für würdig hielt, dass sie nach seinem eigenen Namen Neu-Cäsarea genannt werde. Aber das passt nicht zu unserm Zwecke, als ob wir glaubten, wir könnten hiedurch jenen großen Heiligen ehrwürdiger darstellen, wenn das Land mit Früchten beschwert, wenn die Stadt mit schönen Gebäuden geziert ist, wenn aus dem benachbarten Meere ungehindert von allen Seiten reichliche Zufuhr stattfindet. Ja, ich werde auch seine Ahnen, die seiner Geburt im Fleische vorangingen, in meiner Rede nicht erwähnen, oder von ihrem Reichthum, Rang und weltlichen Glanze sprechen. Denn was würden Grabmäler, Monumente und Inschriften und eitle Worte zum Lobe Desjenigen beitragen, der sich über die ganze Welt erhoben hat? Ausserdem ist es gar nicht möglich, Die zu seinem Lobe heranzuziehen, mit denen er Nichts durch Verwandtschaft der Seele gemein haben wollte. Denn Jene waren dem Irrtum und der Torheit des Götzendienstes ergeben, dieser aber blickte zur Wahrheit auf und trat durch den Glauben in die höhere Verwandtschaft." [73] 
 

19. Große Leistung, wenn sich einige vom Götzendienst lossagen und "zur Erkenntnis des Christentums geführt" werden

Aber auch wie und von wem er geboren wurde, oder welche Stadt er anfangs bewohnte, übergehen wir, als zu unserm gegenwärtigen Zwecke nicht gehörig, "und wir wollen da mit unseren Lobsprüchen beginnen, wo er das Tugendleben begonnen hat. Obschon er in ganz schwacher Jugend der natürlichen Aufsicht und Leitung durch den Tod seiner Eltern beraubt war, zeigte er gleich anfangs in einer Zeit, wo der Verstand bei den Meisten in Folge der Jugend noch nicht entwickelt ist und in der Beurteilung des Guten irre geht, was aus ihm im vollendeten Alter werden würde. Und wie die edlen Gewächse, wenn sie im ersten Wachstum in gerade Äste emporschießen, den Landwirten aus der bereits vorhandenen Zierde die spätere Schönheit erkennen lassen, auf gleiche Weise zeigte auch er an seiner Person in einer Zeit, wo die Seele bei den Übrigen wegen Unerfahrenheit sehr gefährdet ist, indem die Jugend auf eitle und unnütze Dinge gewöhnlich leicht verfällt, durch die erste Richtung seines Lebens, dass David die Wahrheit sage, wenn er die Worte spricht: „Der Gerechte wird wie ein Palmbaum blühen“, Ps. 91, 13 [hebr. Ps. 92, 13]. Denn dieser Baum allein wächst mit vollendeter Dicke von der Erde zum Gipfel empor und erhält, während die Dimension der Höhe nach zunimmt, mit der Zeit keinen Zuwachs in die Breite. So blühte auch Jener vom ersten Keime an, indem er in seinem Lebenswandel sogleich in Vollkommenheit und mit hohem Laubwerk emporstrebte. Denn fern von Allem, wovon die Jugend sich hinreissen lässt, von Reiten, Jagd, Schmuck, Kleiderputz, Würfelspiel, Weichlichkeit, richtete er sogleich seine ganze Tätigkeit auf die Erwerbung der Tugenden, indem er nach einander auf das sein Streben richtete, was dem jeweiligen Alter entsprach. Den Anfang zur Erwerbung der Tugenden machte er aber mit dem Streben nach Weisheit, dieser folgte wie ein beigespanntes Füllen, die Mäßigkeit, beider Kampfgenossen aber war die Enthaltsamkeit; Demut und Sanftmut erreichte er durch die Verachtung des Reichthums. Denn es gibt keine andere Quelle von Hochmut und Überhebung, als dass die Habsucht diese Leidenschaften in ihrem Gefolge hat. Wie es aber von dem Patriarchen Abraham heißt, dass er die Weisheit der Chaldäer kannte, und indem er die harmonische und geordnete Stellung und Bewegung der Gestirne wahrnahm, sich dieser Kenntnis als einer Stütze zur Betrachtung des höheren Gutes bediente, da er erwog, wie das Übersinnliche sein müsse, wenn das, was sich durch die Sinne erfassen lässt, so beschaffen sei, und so sein Ziel erreichte, indem er gleichsam auf die heidnische Weisheit seinen Fuß setzte und durch dieselbe sich höher erhob, so dass er in gewisser Weise durch sie den unbegreiflichen Dingen nahte, so wurde auch dieser große Mann, indem er sich mit der heidnischen Weisheit eingehend befasste, durch das Nämliche, wodurch die Meisten im Heidentum festgehalten werden, zur Erkenntnis des Christentums geführt, verließ den falschen Gottesdienst der Väter", Gregor der Wundertäter stammte von heidnischen Eltern. Wenn man sich heute die Moscheegemeinden und Koranschulen in Europa und in islamischen Ländern ansieht, wie sie die Schüler indoktrinieren, so ist es eine große Leistung, wenn sich einige von diesem Götzendienst lossagen und "zur Erkenntnis des Christentums geführt" werden. Wie Gregor der Wundertäter dem Götzendienst seiner Eltern den Rücken kehrte, "als Leuten, die sich in inneren Kämpfen gegenseitig aufrieben", so kehren auch heute immer mehr Moslems den Allahpfaffen den Rücken. So wie Gregor erfassen auch sie "die Lehre des Glaubens, die aufrecht steht und durch keine Vernünftelei und keine künstlichen Windungen befestigt zu werden braucht, sondern in einfachen Worten Allen ohne Unterschied verkündet wird."  [74] 

Das Christentum, bzw. die christliche Philosophie unterscheidet sich von der unchristlichen Philosophie darin, dass sie nicht nur Klügelei ist. "Denn wenn die Lehre von der Art wäre, dass sie durch die Kraft der menschlichen Vernunft erfasst werden könnte, so würde sie sich in Nichts von der hellenischen Weisheit unterscheiden. Denn auch sie halten das, was sie zu erfassen vermögen, für wirklich. Da es aber der menschlichen Vernunft unmöglich ist, die höhere Natur zu erfassen, so tritt deshalb an die Stelle der Vernunft der Glaube, der sich auf Das erstreckt, was Vernunft und Fassungskraft übersteigt. Wie daher die Schrift von Moses sagt, dass er in aller Weisheit der Ägyptier unterrichtet wurde, (Apostelgesch. 7, 22) so eignete sich auch dieser große Mann die ganze Bildung der Hellenen an und wurde, da er durch eigene Erfahrung die Schwäche und Unzuverlässigkeit ihrer Lehrer kennen gelernt hatte, ein Schüler des Evangeliums, und bevor ihm die mystische und unkörperliche Geburt zu Teil ward, (Bevor er die Taufe empfing) führte er ein so tadelloses Leben, dass er keinen Sündenschmutz zum Bade mitbrachte. Und als er in Ägypten in der großen Stadt Alexanders weilte, wohin von allen Seiten die Jugend zum Studium der Philosophie und Arzneikunde zusammenströmte, gewährte es seinen Altersgenossen ein unangenehmes Schauspiel, einen Jüngling zu sehen, der mit einer Enthaltsamkeit geziert war, die über sein Alter ging. Denn das Lob des Reinen war ein Vorwurf für die Befleckten. Damit nun die Zügellosen einige Entschuldigung fänden, wenn sie nicht allein so zu sein schienen, kamen sie auf einen hinterlistigen Einfall. Sie stiften nämlich eine gemeine Dirne aus einem öffentlichen Bordelle8 an, ihn zu verleumden. Als er nun, wie gewöhnlich, mit den auserlesenen Männern in ernster Stimmung über einen philosophischen Gegenstand eine eingehende Untersuchung anstellte, trat das Weib zu ihm hin mit frechen und schamlosen Geberden, und gab sich durch alle ihre Reden und Handlungen den Anschein, als ob sie mit ihm wohl bekannt wäre. Hierauf sagte sie, er sei ihr den Lohn rückständig, und fügte in schamloser Weise auch hinzu, für welche Leistungen sie ihn einer Verkürzung des Lohnes beschuldige. Da diese aber die Reinheit seines Lebenswandels kannten und von Unwillen und Zorn gegen das Weib ergriffen wurden, theilte er mit ihnen, die wegen seiner Person ungehalten waren, nicht die Aufregung, und es entfiel ihm nicht in Folge der Verleumdung ein Wort, wie man es dem Gekränkten nicht hätte verübeln können, er rief Niemanden zum Zeugen für seinen [S. 512] Lebenswandel an, wies nicht mit einem Eide die Schmach von sich, hielt nicht Jenen ihre Schlechtigkeit vor, die diesen ärgerlichen Auftritt gegen ihn veranlaßt hatten, sondern sagte, indem er sich mit ruhiger und gemäßigter Stimme an einen seiner Kameraden wandte: He du, zahle ihr das Geld, damit sie uns nicht länger belästigt und in unserer vorliegenden Arbeit stört. Als nun Der, an den er diese Aufforderung richtete, von der Dirne vernommen hatte, wie viel Geld sie von ihm fordere, zahlte er ihr sogleich Alles aus, und die Ausgelassenen hatten mit ihrer Hinterlist gegen den Züchtigen ihr Ziel erreicht, und der Gewinn befand sich in den Händen des ehrlosen Weibes. Da nun gibt Gott Zeugniß von der Züchtigkeit des Jünglings und überführt seine Altersgenossen der Verleumdung. Denn kaum war das Geld in ihre Hände gekommen, so wurde sie vom bösen Geiste gepackt und sank brüllend wie ein Thier, nicht mit menschlicher Stimme aufschreiend, mitten unter den Versammelten hin, wo sie den zahlreich Anwesenden mit verworrenen, von ihren eigenen Händen zerrauften Haaren, mit verdrehten Augen und schäumendem Munde, einen schauerlichen und furchtbaren Anblick darbot. Und nicht eher ließ der böse Geist ab, sie zu würgen, als bis dieser große Mann Gott anrief und ihr Verzeihung erflehte." [75] 

Dies erzählt man von der Jugend des großen Mannes, und es ist wahrhaft ein würdiger Anfang für sein späteres Leben, ist so wunderbar, dass, wenn man nichts weiter hinzufügen könnte, deshalb allein keiner von denen, welche durch Tugend sich hervorgetan haben, mehr Lob verdienen würde. Reich, jung, hielt er sich im Ausland in einer volkreichen Stadt auf, in welcher wegen der ausgelassenen Lebensweise der Jugend die Reinheit der Sittsamen bei den Zügellosen als Schmach galt. "Ohne dass eine Mutter um sein Leben emsig besorgt war, ohne dass ein Vater die Schritte seines Lebens lenkte, brachte er es durch Fernehaltung von der Leidenschaft in der Tugend so hoch, dass er den, der Alles lenkt, zum Zeugen seines Wandels machte, durch den schweren Schlag das Weib der Verleumdung überführte. Und was könnte man noch Größeres als Gegenstand einer Lobrede ersinnen? Wie könnte man nach Verdienst ihm Bewunderung zollen, der durch die Vernunft die Natur bezwang und gleich einem zahmen Tiere seine Jugend in das Joch der Besonnenheit spannte." [76] 
 

20. Gregor der Wundertäter trifft das damalige "Haupt der christlichen Weisheit", Origenes, den berühmten Schriftsteller; höheren Lebensweise [philosophia]

So war nun der Anfang seines Lebens beschaffen, wie aber sein Leben selbst? Als er mit der ganzen heidnischen Philosophie sich bekannt gemacht hatte und einen gewissen Firmilian, einen vornehmen Kappadocier, kennen lernte, der ihm an Sitten gleich war, wie er durch sein späteres Leben zeigte, da er eine Zierde der Kirche von Cäsarea wurde, (Firmilian starb als Bischof von Cäsarea in Kappadocien im Jahre 269) und als er die Richtung seiner Gesinnung und seines Lebens dem Freunde offenbarte, dass nämlich seine Augen auf Gott gerichtet seien, und als er sah, dass sein Verlangen ihn zum gleichen Streben ansporne, "da verließ er ganz das Studium der heidnischen Weisheit und schloss sich mit ihm dem damaligen Haupte der christlichen Weisheit an. Dies aber war Origenes, der berühmte Schriftsteller. Er zeigte dadurch nicht bloß seine Liebe zur Wissenschaft und Arbeit, sondern auch die Demut und Bescheidenheit seines Herzens. Denn obschon er bereits von solcher Weisheit erfüllt war, verschmähte er es doch nicht, sich eines Lehrers in den göttlichen Wissenschaften zu bedienen, und nachdem er bei dem Lehrer eine entsprechende Zeit der Wissenschaft gelebt hatte, und ihn Viele einluden und im fremden Lande zurückzuhalten suchten, und in ihn drangen, bei ihnen zu bleiben, so zog er doch seine Heimat allem vor und kehrte wieder in sein Vaterland zurück, wohin er den vielfältigen Reichtum an Weisheit und Kenntnissen mit sich führte, den er in der profanen Wissenschaft bei seinem Verkehr mit allen berühmten Männern, wie ein Handelsmann, eingehandelt hatte. Auch das wird dem, welcher nach Fug und Recht die Sache beurheilt, gewiß kein geringer Beitrag zu seinem Lobe dünken, dass er dem nachdrücklichen gemeinsamen Flehen einer Stadt nicht nachgab, und den Bestrebungen aller hervorragenden Männer in derselben, ihn zurückzuhalten und den Wünschen der Ortsbehörden, die ebendahin gingen, sich nicht fügte. Diese beabsichtigten insgesammt, dass dieser große Mann bei ihnen bleiben und gleichsam ein Begründer der Tugend und Gesetzgeber des Lebens werden sollte. Er aber floh vor jeder Veranlassung zum Hochmut, da er wusste, dass die Leidenschaft des Stolzes gewöhnlich die Quelle eines schlechten Lebenswandels sei, und zog sich, wie in einen Hafen, in das ruhige Leben in seiner Vaterstadt zurück. Da aber alles Volk seine Blicke auf den Mann warf, und Alle erwarteten, er werde in öffentlichen Versammlungen seine Gelehrsamkeit kund geben, um für seine langen Bemühungen einige Frucht in dem daraus erwachsenden Ruhme zu ernten, so erkannte der große Mann wohl, wie die wahre Philosophie von ihren gründlichen Verehrern kundgegeben werden müsse, damit die Seele niemals von Ehrsucht verwundet werde; denn das Lob der Zuhörer übt einen mächtigen Einfluss, um durch Stolz und Ehrsucht die Spannkraft der Seele zu locken. Deshalb lehrt er sie durch Schweigen und gibt den in ihm wohnenden Schatz durch die Tat, nicht durch Worte zu erkennen, und indem er sich vom Lärm der Menschen und überhaupt vom Aufenthalt in der Stadt zurückzog, lebte er in einem verborgenen Winkel für sich allein im Verkehr mit Gott, wenig bekümmert um die ganze Welt und was in ihr vorging. Er mischte sich nicht in die Angelegenheiten der Könige, kümmerte sich nicht um die Handlungsweise der Behörden, hörte keine Vorträge über Verwaltung des Staates, sondern indem er darüber nachdachte, wie seine Seele durch die Tugend vervollkommnet würde, verwendete er hierauf die ganze Tätigkeit seines Lebens, und durch die Verzichtleistung auf alle weltlichen Dinge erschien er geradezu in unserer Zeit als ein zweiter Moses, der mit dessen Wundern sich in einen Wettstreit einließ. Beide, Moses und Gregor, verließen, jeder zu seiner Zeit, dieses unruhige und geräuschvolle Leben, und lebten in der Einsamkeit, solange beiden durch göttliche Offenbarung der Gewinn des reinen Lebens sich kundgab. Moses hatte jedoch bei seinem Streben nach Vollkommenheit eine Gattin, Gregor aber machte zu seiner einzigen Lebensgefährtin die Tugend. Da nun Beide das gleiche Ziel verfolgten, denn Beide hatten, wenn sie sich von der Menge trennten, die Absicht, mit dem reinen Auge der Seele die göttlichen Geheimnisse zu betrachten, so kann der, welcher die Tugend richtig zu schätzen versteht, beurteilen, welcher von Beiden in seinem Leben mehr von Leidenschaft frei gewesen ist, der, welcher den gesetzlich erlaubten Genuss des Vergnügens sich gestattete, oder der sich über ihn erhob und der sinnlichen Leidenschaft bei sich keinen Eingang gewährte. Da aber in dieser Zeit Phädimus die Kirche der Amasäer (Der Bewohner der Stadt Amasea in Pontus am Irisfluß) leitete, der von Gott durch den heiligen Geist eine gewisse Sehergabe besaß und alles aufbot, um den großen Gregorius zu gewinnen und ihm die Aufsicht über die Kirche zu übertragen, damit nicht ein so hochbegabter Mann untätig und nutzlos sein Leben hinbrächte, so suchte dieser, als er das Vorhaben des Priesters merkte, die Verborgenheit und begab sich anderswohin in eine andere Einsamkeit. Als nun jener große Phädimus alles Mögliche versucht und durch alle Mittel und Kunstgriffe nicht vermocht hatte, den Mann zur Annahme des Priestertums zu bewegen, der mit hundert Augen auf seiner Hut war, um nicht etwa von der Hand des Priesters erreicht zu werden, und Beide wie in einem Wettkampfe rangen, indem der Eine zu erhaschen suchte, der Andere aber dem Verfolger zu entkommen strebte, denn der Eine wusste, dass er Gott ein heiliges Weihgeschenk zuführen würde, der Andere aber fürchtete, es möchte ihm die Sorge des Priestertums, wenn sie auf seinem Leben lastete, ein Hindernis in der höheren Lebensweise [philosophia] sein, so erhob sich Phädimus in diesem seinem Streben zu höherem göttlichen Schwunge, und ohne auf den Zwischenraum zu achten, der ihn von Gregor trennte, welcher drei Tagreisen von ihm entfernt war, und indem er beim Aufblick zu Gott voraussetzte, dass sowohl er selbst als auch Jener in jener Stunde von Gott gesehen würde, wendete er bei Gregor statt der Händeauflegung das Wort an, indem er den körperlich Abwesenden Gott heiligte und ihm jene Stadt übertrug, die bis dahin so sehr in den Götzenwahn verstrickt war, dass unter den unzähligen Bewohnern der Stadt selbst und der Umgegend sich nicht mehr als siebenzehn fanden, die das Wort des Glaubens angenommen hatten." Ähnlich sieht es in islamischen Ländern aus, in denen das ursprünglich sogar weit verbreitete Christentum von Moslems fast ausgerottet ist und wo ein neuer Gregor der Wundertäter auftreten müsste.  [77] 
 

21. Marienerscheinung

Da er also in dieser Weise gezwungen das Joch auf sich genommen hatte, und hierauf die gesetzlichen Vorschriften an ihm vollzogen worden waren, so erflehte er von dem, welcher ihm das Priestertum übertragen, einige Zeit, um das Geheimnis genauer zu erforschen, und er flehte, es möchte ihm von Gott die Offenbarung der Geheimnisse zu Teil werden, und er hatte nicht eher den Mut, das Wort zu verkünden, als bis ihm durch eine Erscheinung die Wahrheit geoffenbart würde. "Als er nun einst in einer Nacht über das Wort des Glaubens nachsann und verschiedene Gedanken sich in seinem Kopfe bewegten, denn es gab auch damals Einige, welche die fromme Lehre verfälschten und durch Scheingründe oft auch bei den Verständigen Zweifel gegen die Wahrheit erregten, als er damals in seiner Nachtwache über die Wahrheit nachdachte, erschien ihm im wachen Zustand Jemand in menschlicher Gestalt, mit dem Aussehen eines Greises, in ehrwürdigem Anzug, der durch die Anmut seines Antlitzes und seine körperliche Haltung hohe Tugend ankündigte. Er aber geriet beim Anblick in Furcht, erhob sich von seinem Lager und verlangte zu erfahren, wer er sei und weshalb er komme. Als aber Jener seine Aufregung durch eine ruhige Ansprache beschwichtigte und erklärte, er sei ihm aus göttlichem Auftrag wegen seiner Zweifel erschienen, um die Wahrheit des frommen Glaubens ihm zu enthüllen, so flößten ihm die Worte Mut ein, und er schaute auf ihn mit Freude und Verwunderung. Hierauf streckte Jener die Hand gerade aus, als wollte er mit seinen gerade ausgestreckten Fingern auf eine gegenüber befindliche Erscheinung deuten. Da folgte auch er mit seinem Blicke der ausgestreckten Hand und sah der ersten Erscheinung gegenüber eine zweite mehr als menschliche Erscheinung in weiblicher Gestalt. Und wieder wurde er von Furcht ergriffen und schlug die Augen nieder, denn der Anblick brachte ihn aus der Fassung und seine Augen konnten die Erscheinung nicht ertragen. Und besonders überraschend zeigte sich die Erscheinung darin, dass in tiefer Nacht die ihm erscheinenden Gestalten Licht ausstrahlten, wie wenn eine helleuchtende Lampe angezündet wäre. Da er nun mit seinen Augen den Anblick nicht ertragen konnte, hörte er die Erscheinungen reden, wie sie mit einander den Gegenstand seiner Untersuchung erörterten. Dadurch wurde er nicht bloß in der wahren Kenntnis des Glaubens unterrichtet, sondern er lernte auch die Erscheinungen nach ihrem Namen kennen, da jede die andere bei ihrem Namen anredete. Denn er soll vernommen haben, wie die Erscheinung in weiblicher Gestalt den Evangelisten Johannes aufforderte, dem Jüngling das Geheimnis der Frömmigkeit zu offenbaren. Jener aber erwiderte, er sei bereit und wolle der Mutter des Herrn diesen Gefallen erweisen, da sie dies wünsche, und nachdem er so den Gegenstand in entsprechender und eingehender Weise dargelegt hatte, verschwand er wieder aus seinen Augen. Dieser aber legte jene göttliche Unterweisung sogleich schriftlich nieder und verkündete nach derselben später das Wort in der Kirche und hinterließ jene von Gott mitgetheilte Lehre der Nachwelt als Erbteil, indem in derselben bis jetzt das Volk jener Stadt unterwiesen wird und von jeder ketzerischen Bosheit sich rein erhält. Die Worte der Unterweisung aber sind folgende. „Ein Gott ist, Vater des lebenden Wortes, der substanziellen Weisheit und Kraft, des ewigen Wesens, vollkommen, Erzeuger des Vollkommenen, Vater des eingebornen Sohnes, ein Herr, Einer von Einem, Gott von Gott, Gestalt und Bild der Gottheit, tätiges Wort, Weisheit, die das Weltall umfasst, und Kraft, die jedes Geschöpf hervorbringt; wahrer Sohn vom wahren Vater, unsichtbar vom Unsichtbaren, unverweslich vom Unverweslichen, unsterblich vom Unsterblichen und ewig vom Ewigen. Und ein heiliger Geist, der von Gott seinen Ursprung hat und durch den Sohn erschienen ist, nämlich den Menschen, Bild des Sohnes, vollkommen vom Vollkommenen, Leben, Ursprung der Lebenden, heilige Quelle, Heiligkeit, Heiligmacher, in dem sich offenbart Gott der Vater, der über Alles und in Allem, und Gott der Sohn, der Alles durchdringt, vollkommene Dreiheit, welche in Ruhm, Ewigkeit und Herrschaft nicht getheilt, noch geschieden ist. Also weder etwas Geschaffenes noch etwas Knechtisches ist so in der Dreiheit, noch Etwas, was von aussen kommt, so dass es früher nicht vorhanden war, später aber hinzukam. Es fehlte also niemals der Sohn dem Vater, noch dem Sohn der Geist, sondern unwandelbar und unveränderlich ist es immer die nämliche Dreiheit.“ Wer sich aber hievon überzeugen will, der höre die Kirche, in welcher er das Wort verkündete, wo selbst die Schriftzüge jener seligen Hand noch bis heute aufbewahrt werden. Wetteifern diese nicht mit jenen von Gott verfertigten Tafeln an Größe der Gnade? Ich meine jene Tafeln, in denen die Gesetzgebung des göttlichen Willens eingegraben war? Denn wie das Wort von Moses sagt, er habe, als er sich ausserhalb der sichtbaren Welt befand, und seine Seele ins unsichtbare Heiligtum gedrungen war, denn das wird durch das Dunkel angedeutet, die göttlichen Geheimnisse kennen gelernt und durch seine Vermittlung dem ganzen Volke die Kenntnis Gottes beigebracht, so kann man den nämlichen Vorgang auch bei diesem großen Manne wahrnehmen. Ihm diente als Berg nicht ein wahrnehmbarer Gegenstand oder eine Erhebung der Erde, sondern die Höhe des Verlangens nach der wahren Lehre, als Dunkel der den Andern unzugängliche Anblick, als Tafel aber die Seele, als Schriftzüge auf den Tafeln die Stimme der Erscheinung. Durch Dies alles wurde ihm und den von ihm Unterwiesenen die Verkündung der Geheimnisse zu Teil. Da er also durch jenes Gesicht mit Mut und Zuversicht erfüllt wurde, ging, wie ein Wettkämpfer, der unter einem Lehrer zu den Kämpfen hinlängliche Geschicklichkeit und Gewandtheit sich erworben hat, mutig auf den Kampfplatz dringt und mit den Gegnern kämpft, in gleicher Weise auch er, nachdem er durch seine eigene Bemühung und die Mitwirkung der ihm erschienenen Gnade seine Seele hinlänglich gesalbt hatte, so in den Kampf. Denn man kann sein ganzes Priesterleben nichts Anderes nennen, als Kampf und Streit, da er in demselben durch den Glauben die ganze Macht des Widersachers bezwang." [78] 

Er entsagte nun plötzlich der Einsamkeit und brach nach der Stadt auf, in welche er die Kirche Gottes verpflanzen sollte. Als er wahrnahm, dass der ganze Ort "vom Betruge der bösen Geister beherrscht werde und dem wahren Gott nirgends ein Tempel erbaut" (so wie es heute in vielen islamischen bzw. islamisierten Ländern aussieht, wo der Götze Allah sogar in ehemaligen christlichen Kathedralen mit hässlich angebauten Minaretten angebetet wird), so begann er, "gleichwie ein wackerer Soldat mit dem Führer der feindlichen Schaar sich in den Kampf einlässt und mit ihm die Untergebenen in die Flucht schlägt, auch dieser Große seine Heldentaten mit den Dämonen selbst. In welcher Weise aber? Als er sich nämlich aus der Einsamkeit in die Stadt begab, überfiel ihn bei einbrechender Nacht ein heftiger Regen, und er begab sich mit seinem Gefolge in einen Tempel. Dieser Tempel aber war dadurch berühmt, dass die dort verehrten Dämonen mit den Tempeldienern in Verkehr standen, indem von ihnen weissagende Orakelsprüche verkündet wurden. Als er nun mit seinen Begleitern in den Tempel getreten war, verscheuchte er sogleich durch die Anrufung des Namens Christi die Dämonen, und nachdem er durch das Zeichen des Kreuzes die von Fettdampf befleckte Luft gereinigt hatte, brachte er nach seiner Gewohnheit die ganze Nacht unter Gebeten und Lobgesängen wachend zu, so dass das Gebäude, welches durch den Schmutz der Altäre und die Götzenbilder einen eckelhaften Anblick gewährte, in ein Haus des Gebetes umgewandelt wurde. Als er in dieser Weise die Nacht zugebracht hatte, setzte er mit Tagesanbruch seine Reise wieder fort. Als aber der Tempeldiener am Morgen den Dämonen seinen gewöhnlichen Dienst darbrachte, sollen ihm die Dämonen erschienen sein und gesagt haben, der Tempel sei ihnen unzugänglich wegen Desjenigen, der in ihm verweilt habe. Er aber soll durch einige Reinigungen und Opfer versucht haben, die Dämonen wieder in den Tempel einzuführen. Als er aber nach Anwendung aller Mittel Nichts zu Stande brachte, da die Dämonen seiner Aufforderung keineswegs in gewohnter Weise gehorchten, da erhob sich der Tempeldiener voll Wut und Zorn und holte diesen großen Mann ein und überhäufte ihn mit den schrecklichsten Drohungen, ihn bei der Obrigkeit anzuklagen, Hand an ihn zu legen und seine Vermessenheit beim Kaiser anzuzeigen, dass er als Christ und Feind der Götter es gewagt hätte, in den Tempel zu dringen, und dass sein Eintritt die in den Opfern wirksame Kraft verscheucht habe und nicht mehr wie gewöhnlich an der Stätte die weissagende Kraft der Dämonen sich äussere. Als aber dieser den heftigen und unvernünftigen Zorn des Tempeldieners hohen Sinnes zurückwies und den Beistand des wahren Gottes allen Drohungen entgegensetzte und sagte, dass er so sehr auf die Kraft Desjenigen vertraue, der für ihn kämpfe, dass es in seiner Macht stehe, sie von jedem beliebigen Orte zu vertreiben und in jedem beliebigen Ort einzuführen, und als er versprach, den Beweis für seine Worte sogleich liefern zu wollen, so verwunderte sich darüber der Tempeldiener und erstaunte über die Größe der Macht und forderte ihn auf, gerade hierin seine Macht zu zeigen und die Rückkehr der Dämonen in den Tempel zu bewirken. Als aber dies der große Mann vernommen hatte, riss er ein kleines Stück Papier aus einem Buche und gab es dem Tempeldiener, nachdem er einen Befehl an die Dämonen darauf geschrieben hatte. Es lauteten aber die geschriebenen Worte: „Gregor an den Satan: Tritt ein!“ Der Tempeldiener aber nahm die Schrift und legte sie auf den Altar. Als er hierauf den gewohnten Fettdampf und die Entweihungen darbrachte, sah er wiederum, was er früher sah, bevor die Dämonen aus dem Tempel waren vertrieben worden. Als aber dies geschehen war, kam er zur Einsicht, dass in Gregor eine göttliche Kraft wohne, durch die er den Dämonen sich überlegen zeigte. Und als er ihn wieder schnell eingeholt hatte, bevor er noch in der Stadt angelangt war, verlangte er von ihm das Geheimnis zu erfahren, und wer der Gott sei, dem die Natur der Dämonen unterworfen wäre." Als ihm aber der große Mann in wenigen Worten das Geheimnis der frommen Lehre mitteilte, und durch seine Fähigkeiten, glaubte der Mann sogleich dem Worte, und indem er Alles verließ, Verwandte, Familie, Eheweib, Kinder, Freunde, Priestertum, Herd, Besitzthum, zog er Allem, was er besaß, den Umgang mit dem großen Manne und die Theilnahme an seinen Mühen und jener göttlichen Wissenschaft und Unterweisung vor. [79] 
 

22. Wille, Materie, Form und Kraft der Welt; sinnliche Wahrnehmung unzuverlässige Richterin der Wahrheit, Tiefe des Geistes

Gregor von Nyssa beschreibt wie Gregor der Wundertäter, die Götzendiener, die einen Stein verehren (wie z.B. die Moslems den Stein in der Kaaba in Mekka), zum Christentum bekehrt. Nachher erkannten sie und verabscheuten "den Betrug der Dämonen in der Verführung der Menschennatur" und bekehrten sich zum wahren Gott. Bis der Betrug des Götzen Allah in Mekka erkannt und veranscheut wird und Moslems sich in Mekka zum Christentum bekennen, wird wohl noch etwas Zeit vergehen. Ein Stein macht von den Steinen (von den Götzen wie in Mekka) die abwendig, welche den Steinen unterworfen sind; "ein Stein wird Verkünder des göttlichen Glaubens und für die Ungläubigen Wegweiser zum Heile nicht durch irgend eine Stimme und Rede die göttliche Macht verkündend, sondern durch die Tat den von Gregor verkündeten Gott offenbarend, dem jedes Geschöpf dient, so dass nicht bloß alles, was Empfindung, Atem und Leben hat, sondern wenn auch etwas hieran nicht Teil nimmt, es so den Auftrag vom Diener hinnimmt, als wenn es nicht ohne Empfindung wäre. Denn welches Gehör hat der Stein? Wie vernimmt er den Machtspruch des Befehlenden? Worin hat er das Vermögen, seine Stelle zu verändern? Was hat er für Glieder und Gelenke? Aber alles dies und Ähnliches wird bei dem Steine durch die Macht des Befehlenden ersetzt. Auf diese sah jener Tempeldiener und erkannte und verabscheute den Betrug der Dämonen in der Verführung der Menschennatur, und bekehrte sich zum wahren Gott, indem er aus dem, was vom Diener geschah, auf die unaussprechliche Macht des Herrn schloss. Denn wenn die Macht des Dieners so groß ist, dass er durch ein Wort das Bewegungslose in Bewegung setzt, und den empfindungslosen Gegenständen gebietet und an leblose Dinge seinen Befehl ergehen lässt, was für eine übergroße Macht muss man am Herrn des Weltalls annehmen, dessen Wille so zu sagen Materie und Form und Kraft der Welt selbst und aller Dinge in der Welt und über der Welt geworden ist? Daher begann dieser große Mann mit seinem Sieg über die Dämonen, und indem er gleichsam als Siegeszeichen gegen die Besiegten den Tempeldiener mit sich herumführte und das Volk durch seinen Ruf im Voraus in Staunen versetzte, betrat er in dieser Weise mit Vertrauen und Zuversicht schon die Stadt, nicht auf Wagen, Pferde, Maulesel und zahlreiches Gefolge pochend, sondern ringsum von Tugenden umgeben. Da nun alle Bewohner der Stadt in Masse hinausströmten, wie um ein neues Schauspiel zu betrachten, und da Alle zu sehen wünschten, wer dieser Gregor sei, der, obschon nur ein Mensch, über die bei ihnen verehrten Götter eine Macht wie ein König übe, indem er durch ein Wort die Dämonen, wohin es ihm beliebe, bringe und versetze, und nach Belieben sie wie Sklaven, wo er wolle, austreibe und zurückbringe, und er führte jenen Diener mit sich, wie einen, den er seiner Macht unterworfen, welcher die Ehre, in der er früher stand, gering achtete und seinem ganzen Besitze den Verkehr mit ihm vorzog, als mit solchen Vorstellungen ihn alle vor der Stadt erwarteten und bei seinem Erscheinen alle unverwandt auf ihn blickten, ging er an den Menschen wie an leblosen Gegenständen vorbei, ohne sich zu einem der Begegnenden zu wenden, und schritt gerade  auf die Stadt zu. Da erregte er noch mehr Verwunderung und schien Denen, welche ihn sahen, größer als sein Ruf. Denn dass er beim ersten Besuch einer großen Stadt, da er zuvor niemals an eine solche gewöhnt war, beim Zusammenströmen einer so großen Volksmenge um ihn herum die Gemütsruhe nicht verlor, sondern wie durch eine Wüste schreitend bloß auf sich und den Weg seine Aufmerksamkeit lenkte und zu keinem der ihn Umringenden sich wendete, dies schien den Leuten ein größeres Wunder als das mit dem Steine gewirkte zu sein. Obschon, wie im Vorhergehenden gesagt worden ist, die, welche vor seinem Episkopate den Glauben angenommen hatten, sehr Wenige waren, so war er deshalb doch bei seinem Einzug in die Stadt von allen Seiten von Begleitern in einer Weise umringt, als ob die ganze Stadt seine Bischofswürde hätte ehren wollen. Da er aber, sobald er sich der höheren Lebensweise hingab, sich zugleich von allem wie von einer Last befreit hatte, so besaß er nichts von dem, was zum Leben notwendig ist, weder einen Acker noch eine Heimat noch ein Haus, sondern er war sich selbst alles, oder vielmehr die Tugend und der Glaube waren ihm Vaterland, Herd und Reichtum. Als er nun in der Stadt war und nirgends ein Haus hatte, um auszuruhen, weder als Eigentum der Kirche noch als Privateigentum, und seine Begleiter in ängstlicher Sorge waren, weil sie nicht wussten, wo er zukehren und bei wem er ein Obdach finden sollte, sagte der Meister zu ihnen: „Wie wenn ihr ausserhalb des Obdaches Gottes wäret, seid ihr um einen Ruheort für den Körper besorgt. Scheint euch Gott ein kleines Haus zu sein, wenn wir in ihm leben, uns bewegen und sind?(Apostelgesch. 17, 28) Oder ist es euch zu enge unter dem himmlischen Obdach, und ihr suchet ausser diesem eine andere Herberge? Ein Haus liege euch am Herzen, das eines Jeden Eigenthum ist, das in den Tugenden sich aufbaut und in die Höhe steigt. Nur der Gedanke bereite euch Kummer, es möchte dieses Haus uns nicht gut eingerichtet sein. Denn die schützenden Wände aus Erde bringen denen, welche tugendhaft leben, keinen Gewinn. Eher aber suchen natürlich die, welche im Schmutze des Lasters leben, den Schutz der Wände, weil das Haus oft dazu dient, eine geheime Schande zu verdecken, während für die, welche ein tugendhaftes Leben führen, die Wände nichts zu verhüllen brauchen.“ Als er sich so gegen seine Begleiter herausließ, trat ein durch Geburt und Reichtum hervorragender Mann, der auch ausserdem durch sein Ansehen zu den Ersten zählte, Musonius mit Namen, zum Manne hinzu, und da er wahrnahm, dass Mehrere nach der nämlichen Ehre strebten, den Mann in ihr Haus aufzunehmen, so kam er den Übrigen zuvor und riß diese Gunst an sich, indem er den großen Mann bat, er möge seine Gastfreundschaft annehmen und mit seiner Einkehr seinem Hause Ehre erweisen, damit er angesehener und auch bei der Nachwelt berühmt würde, wenn auch den Nachkommen die Erinnerung an eine solche Ehre erhalten bliebe. Da aber auch viele Andere herbeieilten und um das Gleiche flehten, so schien es ihm gerecht zu sein, die Gunst dem zu gewähren, der sich zuerst angeboten, und er kehrte, nachdem er den Übrigen mit freundlichen und ehrenden Worten gedankt hatte, bei dem ein, der ihm zuvorgekommen war. Wenn die Schilderung seiner Taten bloß erzählend und kunstlos ist, da unsere Rede die Vergrößerungen der Taten auf künstlichem Wege geflissentlich unterlässt, so dürfte sie für die Urteilsfähigen kein geringer Beweis sein, dass wir keineswegs die Wunder des Gefeierten absichtlich vergrößern, sondern dass uns die Erinnerung seiner Taten zum vollendetsten Lobe genüge, wie eine natürliche Schönheit, welche ohne Anwendung der Verschönerungskunst im Antlitz strahlt. Während die Zahl Derer, welche zuvor im Worte unterrichtet worden, eine geringe war, so schlossen sich bei der ersten Begegnung, bevor der Tag verflossen und die Sonne untergegangen war, so viele an, dass die Zahl der Gläubigen hinreichte, um eine Gemeinde zu bilden. Es wurde Morgen, und wieder erschien das Volk an den Türen mit Frauen, Kindern und Greisen und Solchen, die durch Dämonen oder sonst einen Unfall am Körper verunglückt waren, und mitten unter ihnen bewegte sich der Heilige, indem er sich jedem der Versammelten nach dessen Bedürfnis in der Kraft des Geistes hingab, predigend, gemeinsam untersuchend, mahnend, lehrend, heilend. Denn durch diese Predigt gewann er vorzugsweise die Menge, weil das Gesicht mit dem Gehör zusammenwirkte und durch Beides die Kennzeichen der göttlichen Macht an ihm erglänzten. Denn auf das Gehör wirkte die Rede, auf das Gesicht aber machten die Wunder an den Kranken einen mächtigen Eindruck. Der Trauernde wurde getröstet, der Jüngling gebessert, der Greis durch angemessene Reden geheilt, die Sklaven zur Liebe gegen ihre Herren, die Herrschenden zur Menschlichkeit gegen ihre Untergebenen ermahnt, der Arme belehrt, dass es nur einen Reichtum, die Tugend, gebe, deren Erwerbung in Jedermanns Macht steht. Der sich mit seinem Reichthum brüstete, wurde in entsprechender Weise gemahnt, sparsam mit seinem Besitze umzugehen, und ihm zu verstehen gegeben, dass er davon nicht Eigentümer sei. Indem er den Frauen zuteilte, was ihnen entsprach, den Kindern, was ihnen angemessen war, den Vätern, was sich für sie geziemte, und allen alles wurde, zog er durch die Mitwirkung des Geistes sogleich so viel Volk an sich, dass er sich daran machen konnte, einen Tempel zu erbauen, indem alle ihm Geld und Handarbeit zu diesem Zwecke anboten. Dies ist der Tempel, den Jener zu bauen anfing und einer seiner Nachfolger in würdiger Weise verschönerte, der gegenwärtig noch gezeigt wird, den dieser große Mann sogleich als Stütze und Grundlage seines Priesteramtes an dem höchsten Punkte der Stadt zu errichten begann und wie mit göttlicher Kraft ausbaute, wie die folgende Zeit es beweist. Denn als einst in unseren Zeiten in der Stadt ein großes Erdbeben eintrat und beinahe alles von Grund aus vernichtet wurde, indem alle öffentlichen und Privatgebäude einstürzten und verwüstet wurden, da blieb jener Tempel allein unbeschädigt und unerschüttert, so dass auch daraus deutlich hervorgeht, mit welcher Macht dieser große Mann an seine Unternehmungen ging. Aber Dies wurde viel später zum Zeugnis für den Glauben des Großen von der göttlichen Macht bewirkt. Als damals alle Bewohner der Stadt und der Umgegend über seine apostolischen Wunder mit Staunen erfüllt waren und glaubten, dass alle seine Reden und Taten von einer göttlichen Kraft vollbracht und gesprochen würden, so glaubten sie auch nicht, dass es für sie in weltlichen Streitigkeiten einen anderen berechtigteren Richterstuhl geben könne, sondern jede Streitfrage und jede schwer zu entwirrende Verwicklung wurde durch seine Rathschläge gelöst. So wurde ein guter gesetzlicher Zustand und Friede allen insgemein und jedem Einzelnen insbesonders durch ihn zu Teil und groß war der Fortschritt im Guten, im Privatleben wie im öffentlichen, da keine Bosheit die gegenseitige Eintracht störte." [80] 

Der Ruf von den Taten des Gregor "Thaumaturgos" muss heute vor allem durch das Land der Moslems dringen: "Da der Ruf von diesen Wundern durch das ganze Land drang, und man sich überzeugte, dass sie durch die Kraft des Glaubens an Christus gewirkt wurden, so ergriff alle eine Sehnsucht, an einem Glauben Teil zu nehmen, der von solchen Wundern bezeugt würde. Und überallhin drang die Predigt und die Geheimnislehre war wirksam und das Streben nach dem Guten nahm zu, indem das Priestertum überall eingeführt wurde, damit der Glaube überall wüchse und zunähme. Es wird daher eine Gesandtschaft aus einer benachbarten Stadt an ihn abgeordnet, dass er zu ihnen komme und in ihrer Kirche das Priestertum einführe. Die Stadt heißt Komana (Liegt in Pontus), deren sämmtliche Bürger den großen Mann um die Gunst anflehten, er möge nicht verschmähen, bei ihnen Einkehr zu nehmen. Als er nun zu ihnen kam und sich einige Tage bei ihnen aufhielt und in ihnen durch seine Taten und Worte ein noch größeres Verlangen nach der Geheimnislehre entzündete, und es bereits Zeit war, dass der Zweck ihrer Gesandtschaft erreicht und ein Oberpriester für ihre Kirche ernannt würde, da waren die Gedanken aller Magistratspersonen auf die gerichtet, welche durch Rednergabe, Abkunft und sonstige Vorzüge sich hervortaten. Denn sie glaubten, da diese Eigenschaften auch an Gregorius hervortraten, so dürften sie auch dem nicht mangeln, dem diese Gnade zu Teil würde. Da nun ihre Stimmen sich vielfach teilten, und die einen diesen, die andern jenen wählen wollten, so erwartete der große Mann, es werde ihm von Gott für den vorliegenden Fall irgend ein Rat zu Teil werden. Und wie von Samuel berichtet wird, dass er bei der Wahl zur Königswürde sich nicht von körperlicher Schönheit und Größe habe bewegen lassen, ( I. Kön. 16, 7) sondern nach einem königlichen Geist geforscht habe, sollte er auch in einem unansehnlichen Körper sich finden, in gleicher Weise sah auch er ohne Rücksicht auf die Bestrebungen, welche zu Gunsten Anderer gemacht wurden, nur darauf, ob einer auch vor der Wahl durch Unschuld und Tugend sich des Priestertums würdig zeigte. Als nun diese ihre Kandidaten unter Lobsprüchen vorführten und Jeder den seinigen vorschlug, er aber sie aufforderte, auch auf die Rücksicht zu nehmen, welche im äusseren Leben eine geringere Stellung einnähmen, denn es könne auch unter diesen sich einer finden, der an Reichtum der Seele höher stehe, als die, welche in der Welt ein höheres Ansehen genießen, so hielt einer von den Leitern der Wahl diesen Vorschlag des großen Mannes für Schmach und Hohn, wenn, während die Übrigen nach Beredsamkeit, Würde und dem offenen Zeugnisse ihres Lebens beurteilt würden, und keiner zum Priestertum auserwählt würde, man irgend einen Handwerker dieses Amtes für würdiger hielte. Und zugleich ging er spottend auf ihn zu und sagte zu ihm: Wenn du dazu aufforderst, dass diese Männer, welche aus der ganzen Stadt auserlesen sind, übergangen werden, und dass man zur Würde des Priestertums einen aus dem Auskehricht hervorziehe, so möchte es zuletzt geeignet sein, den Köhler Alexander zum Priestertum zu berufen, und wenn es dir Recht ist, so wollen wir Bürger der Stadt insgesammt in gemeinschaftlicher Übereinstimmung diesem unsere Stimmen geben. Er nun sagte dies, um dessen Denkweise lächerlich zu machen und durch die scherzweise vorgeschlagene Wahl dessen Bedenklichkeiten bei den Früheren zu missbilligen. Dem großen Manne aber kommt bei Anhörung dieser Worte der Gedanke, es möchte nicht ohne göttliche Fügung Alexander bei der Wahl erwähnt und genannt worden sein, und fragt: Wer ist dieser Alexander, von dem ihr Erwähnung getan habt? Als nun da einer der Anwesenden den benannten unter Gelächter vorführte, der in schmutzige Lumpen gehüllt war, und nicht einmal dies am ganzen Körper, und sein Handwerk durch sein Aussehen an Händen und Gesicht verriet, und dessen übrige Körperteile durch die Beschäftigung mit den Kohlen beschmutzt waren, da war Alexander für die Übrigen, indem er so mitten unter ihnen stand, ein Gegenstand des Gelächters. Jenes durchdringende Auge aber wurde bei diesem Vorgang und Auftritt sehr überrascht. Es war hier ein Mann zu sehen, der in äusserster Armut und mit vernachlässigtem Körper sich nichts vergab und fast auf dieses Aussehen stolz war, das in den Augen der Unverständigen ihn lächerlich machte. Denn die Sache verhielt sich also. Nicht der Zwang der Armut hatte ihn zu einem solchen Leben getrieben, sondern der Mann war ein Weiser, wie sein späteres Leben zeigte, und stand höher als die Übrigen, so dass er es zum Martyrtode brachte und seinen Lebenslauf im Feuertode vollendete (Alexander, Bischof von Komana, wurde in der Christenverfolgung unter Decius i. J. 250 verbrannt). In der Verborgenheit aber lebte er, oder vielmehr suchte er zu leben, weil er über das Glück erhaben war, nach dem die Menge strebt, und die Welt für nichts achtete, weil er nach dem höheren wahren Leben sich sehnte. Und um desto eher die Tugend, nach der er strebte, zu erreichen, suchte er diese seine Eigenschaften zu verbergen und versteckte sie hinter einem verachteten Gewerbe, wie hinter einer abstoßenden Larve. Ausserdem glaubte er, da er in voller Jugendblüte stand, es könnte die Enthaltsamkeit, nach welcher er strebte, gefährdet werden, wenn er die Schönheit seines Körper zur Schau trüge, als wollte er mit dem Glücke seiner äusseren Gaben prunken. Denn er wusste, dass das die Meisten in schwere Verirrungen stürze. Damit ihm also weder etwas Unerwünschtes begegnete, noch auch er für fremde Augen ein Gegenstand des Anstoßes würde, deshalb hüllt er sich wie in eine abstoßende Larve freiwillig in das Handwerk eines Kohlenbrenners. Da übte er seinen Körper durch Arbeit zur Tugend, und verbarg seine Schönheit hinter dem Ruß der Kohlen, und verwendete zugleich die Erträgnisse seiner Arbeit zur Erfüllung der Gebote. Als er ihn nun aus der Versammlung entfernt und alle seine Lebensverhältnisse genau erforscht hatte, übergab er ihn seinen Begleitern und trug ihnen auf, was sie mit ihm vornehmen sollten. Er aber begab sich wieder in die Versammlung und belehrte die Versammelten über den vorliegenden Gegenstand, indem er vom Priestertum handelte und ihnen hiebei eine Schilderung des tugendhaften Lebens machte. Mit solchen Reden hielt er die Versammlung hin, bis die Diener nach Vollendung seines Auftrages mit Alexander wieder erschienen, der sich vom entstellenden Ruße gereinigt und die Kleider des großen Mannes angezogen hatte. Denn dies zu besorgen hatte er ihnen aufgetragen. Als nun alle auf Alexander schauten und bei seinem Anblick mit Bewunderung erfüllt wurden, sagte der Lehrer zu ihnen: „Es ist euch nichts Ausserordentliches begegnet, wenn euere Augen sich täuschten, und ihr bei der Beurteilung der Schönheit bloß von der sinnlichen Wahrnehmung euch leiten ließet. Denn eine unzuverlässige Richterin der Wahrheit ist die sinnliche Wahrnehmung, weil ihr das Eindringen in die Tiefe des Geistes versperrt ist. Zugleich war dieß auch dem Teufel selbst, dem Feinde der Gottesfurcht, lieb, dass das Gefäß der Auserwählung ganz unthätig und unbekannt sei, und nicht ein Mann öffentlich auftrete, der seine Macht vernichten würde.“ Nach diesen Worten führt er den Mann im Priesterthume Gott zu und überträgt ihm auf die vorgeschriebene Weise die Gnade der Weihung. Als nun Alle ihre Augen auf den neuen Priester warfen und er ersucht wurde, vor der Gemeinde zu sprechen, so zeigte Alexander gleich beim Antritt seines Hirtenamtes, dass der große Gregor über ihn ein richtiges Urtheil gefällt hatte. Denn seine Rede war voll Verstand, minder mit rednerischen Blumen geziert. Ein hochmütiger attischer Jüngling, der sich bei ihnen aufhielt, verlachte daher die schmucklose Redeweise, weil sie nicht mit attischer Kunst ausgefeilt war. Er soll aber durch ein göttliches Gesicht zu besserer Einsicht gelangt sein, da er eine Herde Tauben sah, die von ungemeiner Schönheit strahlten, und Jemand sagen hörte, die seien die Tauben Alexanders, über die er gelacht hätte."  [81] 

Worüber soll man nun sich mehr wundern? Darüber, dass der Mann durch die Wahl der Würdenträger nicht den klaren Blick verlor und durch die Zeugschaft der Angesehenen sich nicht mit fortreissen ließ, oder vielmehr darüber, dass er den unter den Kohlen verborgenen Reichtum hochschätzte, da ihm sogleich darauf von Gott das Zeugnis für die richtige Beurteilung durch das Gesicht des Rhetors (des soeben erwähnten attischen Jünglings) erteilt wurde? "Denn mir scheint hievon das eine wie das andere an und für sich so beschaffen zu sein, dass der Vorrang streitig ist, Beides aber beinahe über alle Wunder, deren irgend eine Erwähnung geschieht, den Sieg davon trägt. Denn der Widerstand gegen das Drängen der Vornehmen war das deutlichste Merkmal seiner unwandelbaren hohen Gesinnung. In Folge hievon sah er alle Erscheinungen in der Welt in gleicher Weise an, mochten sie den höheren und glänzenden Regionen, oder den niedrigen und unansehnlichen angehören. Und da er der Tugend allein den Vorzug gab und bloß ein schlechtes Leben für verwerflich hielt, sah er alles für nichts an, was man in der Welt für wünschenswert oder verächtlich hält. Diese seine Gesinnung legte er also auch damals an den Tag. Denn da er nach dem forschte, der würdig und Gott angenehm wäre, so hielt er es nicht für sachdienlich, hiebei auf Reichtum, Ansehen und Glanz dieser Welt zu schauen, wovon das göttliche Wort nichts unter der Zahl der Güter aufzählt. Nicht dies allein ist nun des Lobes und der Bewunderung würdig, dass er den Bestrebungen der Angesehenen nicht nachgab, sondern auch, dass er sich durch das, was er weiter tat, selbst übertraf. Denn hätte er nur eine unglückliche Wahl verhindert, sonst aber weiter für nichts gesorgt, so hätte er nur das Unheil ferne gehalten, aber nicht das Gute vollbracht. Er aber wies nicht bloß das Schlechte von sich, sondern machte auch das Gute ausfindig und brachte auf doppeltem Wege das Gute zu Stande, indem er einerseits dem Bösen keinen Eingang gestattete, anderseits das Gute in Tätigkeit setzte, so dass der große Gregor nach beiden Richtungen hin der Stadt Vorteile brachte, indem er das, was aus Unwissenheit gefehlt wurde, verbesserte und das Gut, das unter ihnen verborgen war, durch sein Eingreifen an’s Licht zog. Da aber durch den Beistand des heiligen Geistes dem großen Manne Alles nach Wunsch von Statten ging, dürfte es nicht ungeeignet sein, zu erzählen, was ihm auf dem Wege zustieß, um zu zeigen, wie in Allem dem Manne die Gnade zur Seite stand. Denn da Allen einleuchtete, dass dem Manne vorzugsweise am Herzen lag, in Allem auf den Trost der Dürftigen zu schauen, so passten ihm zwei Hebräer, sei es aus Eigennutz, sei es um den Mann zu verhöhnen, als ob er leicht hintergangen werden könne, den Weg ab. Von diesen lag der eine scheinbar tot, rücklings hingestreckt, quer über der Straße, der andere aber stieß, als jammerte er über den Hingesunkenen, verstellte Klagelaute aus, und sagte mit gehobener Stimme zum großen Manne, der vorüberging, dieser Unglückliche sei plötzlich vom Tode erfasst worden und liege nun von Allem entblößt da und es fehle ihm das Nötige zur Beerdigung. Er bat also den großen Mann, ihm den letzten Liebesdienst nicht zu verweigern, sondern seiner Armut sich zu erbarmen und nach Kräften es zu ermöglichen, dass er mit dem letzten Schmuck umhüllt werde. Mit diesen und ähnlichen Worten flehte er ihn an. Er aber warf ohne Zaudern den Mantel, den er trug, auf den Liegenden hin und setzte seinen Weg fort. Als aber nach seiner Entfernung die, welche diesen Spaß mit ihm veranstaltet hatten, wieder allein waren, schlug jener Betrüger statt der verstellten Jammerlaute ein helles Gelächter auf und hieß seinen Kameraden aufstehen, vor Freude über den durch den Betrug erlangten Gewinn jubelnd. Aber dieser blieb in der gleichen Stellung und vernahm die Worte nicht. Und als der andere lauter seine Stimme erhob und zugleich mit dem Fuß ihn aufzuwecken suchte, so hörte der Liegende dessen ungeachtet weder die Stimme, noch fühlte er den Stoß, sondern blieb in gleichem Zustand ausgestreckt. Denn er war eine Leiche und zugleich mit dem Umwerfen des Mantels in Wirklichkeit dem Tode verfallen, den er nachgeäfft hatte, um den großen Mann zu hintergehen, so dass der Mann Gottes nicht als ein Betrogener erschien, sondern der Mantel den Empfängern zu dem Zwecke diente, zu dem er ihnen denselben gegeben hatte. Sollte aber ein solches Werk des Glaubens und der Macht des großen Mannes schauerlich dünken, so möge es Niemand befremdend finden, indem er auf den großen Petrus schaut. Denn auch dieser zeigte nicht bloß durch Wohltun die ihm verliehene Macht, indem er bewirkte, dass der Lahmgeborne vor dem Volke gerade einherging und aufsprang,(Apostelgesch. 3, 8) oder indem er durch den Schatten seines Körpers die Kranken heilte, auf welche beim Vorbeigehen des Apostels die Sonne den Schatten warf, (Apostelgesch. 5, 15) sondern er verurteilte auch den Ananias, welcher vor der dem Apostel verliehenen Macht keine Achtung hatte, zum Tode, (Apostelgesch. 5, 5) damit, wie ich glaube, durch die an Jenem erregte Furcht Alle aus dem Volke, die ihn verachteten, durch das furchtbare Beispiel weiser würden und sich abschrecken ließen, der gleichen Gesinnung zu huldigen. Mit Recht hat also der Nachahmer des Petrus, nachdem er die Größe seiner Macht durch viele wohltätige Wunder gezeigt hatte, den, welcher gegen den Geist sich des Betruges bedienen wollte, genötigt, gegen ihn wahr zu sein. Denn es musste, glaube ich, der Vernichter der Lüge auch im Betrüger die Lüge in Wahrheit umwandeln, damit Allen dadurch offenbar würde, dass auch jedes Wort des großen Mannes wahr gewesen, und was er als wahr annahm, keine Lüge war."  [82] 
 

23. Vertreibung der bösen Geister und Heilung der Körperkrankheiten durch Gregor "Thaumaturgos" - wie ein Lenker der Natur; Erkenntnis Gottes; Bekämpfung der Pest; Genozid an den Christen in der Türkei; das ganze Volk der Türken "von der Torheit der Heiden" zur "Erkenntnis der Wahrheit" führen 

Als hierauf einmal eine Versammlung unter freiem Himmel in irgend einer Ortschaft des Landes stattfand und alle seine Lehren bewunderten, rief ein Jüngling den Versammelten zu, dass der Lehrer dies nicht aus sich selbst sage, sondern dass ein anderer, der neben ihm stehe, die Rede vortrage. Als man aber nach Beendigung der Versammlung den Knaben herbeibrachte, soll der große Mann zu den Anwesenden gesagt haben, dass der Jüngling vom bösen Geiste nicht rein sei. "Er soll dann das um seine eigene Schulter gelegte Linnen (das bischöfliche Omophorium) genommen, es angehaucht und auf den Knaben gelegt haben. Als dies geschehen war, geriet der Junge in Verwirrung und begann aufzuschreien, stürzte nieder, wurde hin und her geschleudert, und es stießen ihm alle Zufälle eines Besessenen zu. Als hierauf der Heilige ihm die Hand auflegte und die Verwirrung beschwichtigt hatte, habe ihn der böse Geist verlassen, dieser aber, in den regelmäßigen Zustand wieder versetzt, habe gesagt, dass er bei dem heiligen Manne den nicht mehr sehe, welcher an seiner Seite redete. Denn auch dies ja gehört zu seinen großen Wundern, dass er nicht durch irgend welche großartige Vorkehrungen seine wunderbaren Heilungen vollbrachte, sondern dass es zur Vertreibung der bösen Geister und zur Heilung der Körperkrankheiten genügte, den Hauch seines Mundes mittelst des Linnen dem Kranken zu nähern. Aber alle seine Wunder der Ordnung nach aufzuzählen, würde eine umfangreiche Abhandlung und Rede erfordern, wozu es mir gegenwärtig an Zeit gebricht. Ich will daher noch eines oder zwei, wie sie von ihm erzählt werden, anführen und damit meine Rede schließen. Als nämlich schon überallhin die göttliche Predigt gedrungen war, und alle in der Stadt und Umgebung den frommen Glauben an die Lehre angenommen hatten, nachdem ihre Altäre, Tempel und Götzenbilder umgestürzt, das menschliche Leben von der Befleckung des Götzendienstes gereinigt, der unreine Opferdampf erloschen, der Schmutz der Altäre und die Unreinigkeit der Tieropfer abgewaschen war, und als alle in der ganzen Gegend mit Eifer im Namen Christi Gotteshäuser errichteten, so wurde der damalige Beherrscher der Römer von Groll und Neid erfüllt, dass seine vaterländische falsche Gottesverehrung vernachlässigt würde, dagegen die Geheimnislehre der Christen zunähme, und überall die Kirche auf Erden an Zahl der Bekenner wüchse, und ihr Umfang durch Jene, die beständig für das Wort gewonnen wurden, überall auf Erden zunähme. Und indem er es für möglich hielt, mit seiner Heftigkeit der göttlichen Macht zu widerstehen, die Predigt der Geheimnislehre aufzuhalten, die errichteten Kirchen zu vernichten, und die, welche sich dem Worte angeschlossen hatten, wieder zum Götzendienst zurückzuführen, so erlässt er daher an die Häupter der Völker einen Befehl, indem er ihnen eine schreckliche Strafe androht, wenn sie nicht mit jeder Art von Peinen die Anbeter des Namens Christi misshandelten und sie wieder durch Furcht und den Zwang der Leibesstrafen zum väterlichen Götzendienst zurückführten." Später haben die Türken die "Anbeter des Namens Christi" misshandelt und ihre Kirchen zerstört oder wieder in Götzentempel, also Moscheen, verwandelt.  [83] 

Als aber damals dieser furchtbare und gottlose Befehl an die Statthalter ergangen war, und über das ganze Reich sich die verbreitet hatten, welche von der tyrannischen Grausamkeit eben dazu bestimmt waren, herrschte einer über das Volk dieser Gegend, der solcher Gesinnung war, dass er zum bösen Unternehmen keiner höheren Machtbefugnis bedurfte, da er schon durch seine natürliche Anlage Grausamkeit, Härte und Abneigung gegen die in sich trug, welche den Glauben an das Wort angenommen hatten. "Und es ergeht von ihm in öffentlichen Erlassen der furchtbare Befehl, es müsse der Glaube abgeschworen werden, oder man habe alle möglichen Strafen und Todesarten zu gewärtigen. Und Nichts taten und betrieben im öffentlichen und Privatleben damals die, welche die gemeinsamen Angelegenheiten zu besorgen hatten, als dass sie die treuen Anhänger ihres Glaubens bekämpften und straften. Als Schreckmittel dienten aber nicht bloß drohende Worte, sondern neben diesen bewirkte auch die mannigfache Zurüstung zum Strafvollzug jeden möglichen Schrecken und erfüllte die Menschen mit Furcht, bevor sie die Strafe erlitten: Schwert, Feuer, Bestien, Gruben, Folterwerkzeuge für die Gliedmaßen, feurige Sesseln von Eisen, aufgerichtete Holzpfähle, an welche die Leiber hingestellt, ausgespannt und durch die furchtbaren Hacken zerfleischt wurden. Und andere unzählige Erfindungen wurden zu den vielgestaltigen Martern von ihnen ersonnen und die, welchen diese Vollmacht übertragen worden war, kannten nur ein Streben, dass wegen übermäßiger Härte keiner als sanfter gelten möchte, als ein anderer. Denn die Einen machten die Anzeiger, die andern die Zeugen, andere suchten die Verborgenen auf, wieder andere stellten den Flüchtigen nach, noch andere aber, welche auf das Eigentum der Gläubigen sahen, verfolgten, um sich desselben zu bemächtigen, unter dem Vorwande der Frömmigkeit, die Anhänger des Glaubens. Unter dem Volke aber gab sich lauter Verwirrung und große Angst kund, indem sich alle gegenseitig verdächtig waren, indem den Vätern in der Gefahr das Wohlwollen der Kinder nicht gesichert war, nicht das natürliche Verhältnis den Kindern Treue und Liebe der Väter verbürgte. Die Familien waren durch die Gottesverehrung unter einander getrennt und gespalten, und ein heidnisch gesinnter Sohn wurde zum Verräter gläubiger Eltern, und ein im Unglauben verharrender Vater zum Ankläger seines gläubigen Sohnes. Und ein Bruder empörte sich aus gleicher Ursache gegen die Natur, indem er es nicht für gesetzwidrig hielt, den Blutsverwandten der Strafe auszuliefern, wenn er die Gottesfurcht nicht verletzte. Deshalb waren die Wüsten voll von Vertriebenen, leer die Häuser von Bewohnern, viele öffentliche Gebäude waren zur Aufnahme der Gefangenen bestimmt. Denn die Gefängnisse waren nicht im Stande, die Menge derer in sich zu fassen, die wegen des Glaubens zur Strafe gezogen wurden. Auf allen öffentlichen Plätzen und in Versammlungen von Amtspersonen und Privatpersonen befasste man sich statt der gewöhnlichen fröhlichen Unterhaltung mit diesen Unglücksfällen, indem die einen herbeigeschleppt, die andern fortgeführt wurden, andere wegen dieser Vorfälle sich fröhlich zeigten oder weinten. Man hatte kein Mitleid mit den Unmündigen, keine Ehrfurcht für das Alter; keiner Achtung vor der Tugend waren die Hasserfüllten zugänglich, sondern wie bei der Erstürmung einer Stadt war jedes Alter den Feinden preisgegeben, nicht einmal den Frauen konnte die natürliche Schwäche ihres Geschlechtes die Befreiung von solchen Drangsalen verschaffen, sondern ein Gesetz der Grausamkeit galt für alle, das mit gleichem Maß der Strafe für das Geschehene gegen den auftrat, der den Götzendienst aufgab, ohne Rücksicht auf die natürlichen Verhältnisse." Hier wird der Genozid an den Christen in der Türkei vorweggenommen, der mit der Eroberung Konstantinopels begann und im Völkermord an den Armeniern 1915 kulminierte. [84] 

Nur durch rechtzeitige Flucht und beharrlichen Glauben an Christus konnte man sich retten: "Da nun damals der große Mann die Schwäche der menschlichen Natur einsah, und dass die Meisten nicht bis in den Tod für die Gottesfurcht den Kampf zu bestehen vermöchten, gab er der Kirche den Rat, vor der schrecklichen Verfolgung etwas zurückzuweichen, indem er es für besser hielt, dass sie ihr Leben durch die Flucht retteten, als dass sie, zu offenem Kampfe in Schlachtordnung gestellt, vom Glauben abfielen. Und damit die Menschen desto eher sich überzeugen ließen, dass es der Seele keine Gefahr bringe, wenn man seinen Glauben durch die Flucht rette, ging er mit seinem eigenen Beispiel voran, indem er sich vor den Übrigen dem Andrang der Gefahr entzog. Zugleich war aber auch den Machthabern am meisten daran gelegen, ihn als den Führer zu überwältigen und so den ganzen Kampf für den Glauben zu erdrücken, und deshalb waren die Feinde bestrebt, sich seiner zu bemächtigen. Er hatte sich in Gesellschaft jenes Tempeldieners, den er Anfangs für den Glauben gewonnen hatte und der bereits zur Gnade eines Diakons gelangt war, auf einem verödeten Hügel niedergelassen. Als nun die Verfolger ihm in großer Zahl auf dem Fuße nachsetzten, da ihnen Jemand den Ort zeigte, wo er sich verborgen hielt, besetzten die einen ringsum den Fuß des Hügels und hielten Wache, damit er in keiner Richtung entfliehen könnte, wenn er es versuchen wollte, die andern aber gingen auf den Berg und forschten nach allen Seiten, und schon sah sie der große Mann gerade auf sich losstürmen. Da ermahnte er seinen Begleiter, mit festem unerschütterlichem Vertrauen an Gott festzuhalten, die Rettung von ihm zu erwarten, die Hände zum Gebet zu erheben, und wenn auch die Verfolger in der Nähe wären, sich nicht durch die Furcht im Glauben erschüttern zu lassen. Er ging dabei dem Diakon mit seinem eigenen Beispiel voraus. Er blickte gegen den Himmel mit unverwandtem Blicke in aufrechter Stellung und mit ausgespannten Armen. Sie also machten es so. Jene aber stürmten gegen sie heran, durchstöberten den Ort nach allen Richtungen, und nachdem sie jedes ihnen begegnende Gesträuch, jeden vorspringenden Fels, jede von einem Gießbach gebildete Vertiefung mit aller Genauigkeit durchforscht hatten, begaben sie sich wieder an den Fuß des Berges, damit sie aus Furcht vor den Häschern die Flucht ergreifen und denen, die unten aufgestellt waren, in die Hände fallen sollten. Als er nun weder bei Letzteren sich befand, noch bei Ersteren war, der aber, welcher den Aufenthaltsort des großen Mannes ausfindig gemacht hatte, eine Stelle bezeichnete, wo die Suchenden nur zwei Bäume in geringer Entfernung von einander gesehen haben wollten, blieb der Angeber, während diese sich entfernten, zurück, überraschte den großen Mann selbst, sowie seinen Begleiter im Gebete, und da er den göttlichen Schutz erkannte, durch den sie vor den Verfolgern für Bäume gehalten worden waren, fiel er ihm zu Füßen und nahm den Glauben an das Wort an. Und der noch soeben ein Verfolger war, stellte sich in die Reihe der Verfolgten. Während sie nun lange Zeit in der Wüste blieben, denn es tobte der Kampf gegen den Glauben, da der Statthalter gegen die Anhänger der frommen Lehre heftig wütet und alles die Flucht ergriffen hatte, so kehrten sie, da sie in Betreff des großen Mannes die Hoffnung aufgaben, dass jemals die Verfolger seiner habhaft würden, gegen die Übrigen ihre rasende Wut und suchten alle ohne Unterschied auf; Männer, Frauen, Kinder, die Christi Namen verehrten, schleppten sie in die Stadt und füllten die Gefängnisse, indem sie in Ermanglung irgend eines andern Unrechtes ihnen ihre Frömmigkeit zum Verbrechen machten, so dass die Gerichte damals sonst für keine öffentliche Angelegenheit musse fanden, sondern die Gewalthaber sich nur angelegen sein ließen, alle möglichen Misshandlungen und Martern gegen die Anhänger des Glaubens zu ersinnen und anzuwenden. Da nun wird es allen noch offenkundiger, dass jener große Mann in Nichts ohne Gott zu Rates ging. Da er sich nämlich durch seine Flucht für das Volk aufbewahrt hatte, gewährte er allen, die für den Glauben kämpften, gemeinsamen Schutz. Denn wie wir von Moses hören, dass er in einiger Entfernung von dem Heere der Amalekiter durch sein Gebet seinen Stammgenossen Stärke gegen die Feinde verschaffte, (Exod. 17, 11) so flehte auch er, indem er mit dem Auge der Seele auf die Vorgänge sah, den göttlichen Beistand auf die herab, welche für das Bekenntnis des Glaubens kämpften. Und als er einst mit seiner Umgebung nach seiner Gewohnheit zu Gott betete, wurde er plötzlich von Angst und Aufregung ergriffen, und es nahmen die Anwesenden wahr, dass ihm etwas auffiel, dass ihn der Anblick beängstigte und dass er aufhorchte, wie wenn irgend ein Laut zu ihm dränge. Und nach längerer Zeit, nachdem er diesen ganzen Zeitraum hindurch in aufrechter Stellung und bewegungslos verharrt hatte, kehrte er, wie wenn das ihm vorschwebende Gesicht einen guten Ausgang genommen hätte, dann wieder in den gewöhnlichen Zustand zurück und pries Gott mit lauter Stimme, den Lob- und Dankgesang anstimmend, den wir oft aus dem Munde Davids in den Psalmen vernehmen: „Gepriesen sei Gott, der uns nicht ihren Zähnen zur Beute ausgeliefert.“Ps. 123, 6 [hebr. Ps. 124, 6] Da aber seine Umgebung voll Verwunderung war und zu wissen verlangte, was für ein Gesicht ihm denn erschienen sei, soll er gesagt haben, er habe in jener Stunde eine große Niederlage gesehen, indem der Teufel von einem Jüngling in den Kämpfen für die Frömmigkeit überwunden worden sei. Da sie aber seine Worte noch nicht begriffen, erklärte er ihnen deutlicher, dass in jener Stunde unter höherem Beistande ein Jüngling aus adeligem Stande, von den Henkern vor den Statthalter geführt, einen heissen Kampf für den Glauben kämpfte, er fügte auch den Namen hinzu, indem er ihn Troadius nannte, und dass er nach vielen Martern, die er mutig ertrug, die Marterkrone sich aufsetzte. Da nun der Diakon dies mit Verwunderung anhörte und einerseits nicht wagte, dem Gesagten den Glauben zu verweigern, anderseits dafür hielt, dass es die Kraft der menschlichen Natur übersteige, wenn einer ferne von der Stadt, ohne dass ein Mensch ihm Mitteilung machte, wie wenn er bei den Ereignissen gegenwärtig wäre, über die dortigen Vorgänge zu seiner Umgebung spräche, so bat er den Lehrer flehend, er möchte ihn, was geschehen sei, mit eigenen Augen schauen lassen und ihn nicht abhalten, sich in die Gegend selbst zu begeben, wo die große Tat geschehen sei. Als aber dieser sagte, dass es gefährlich sei, mitten unter den Mördern zu erscheinen, und man oft durch den Angriff des Feindes etwas Unliebes zu erdulden habe, erklärte der Diakon, er vertraue auf den Beistand seines Gebetes, indem er die Worte zu ihm sprach: Empfiehl mich Gott, und es wird mich keine Furcht vor den Feinden anwandeln." [85] 

Wie Gregor im byzantinischen Reich bzw. der heutigen Türkei das Christentum wieder einführte, so muss auch die heutige Türkei wieder komplett christlich werden. "Als nun dieser durch sein Gebet ihm gleichsam den göttlichen Beistand zum Reisegefährten gab, so legte er mit Zuversicht den Weg zurück, ohne einen Begegnenden zu beachten. Abends in der Stadt angelangt und vom Wege ermüdet, hielt er es für nöthig, durch ein Bad sich von der Müdigkeit zu erholen. Es herrschte aber an jenem Orte ein mörderischer Dämon, der sich im Bade aufhielt, dessen verderbende Macht nach eingetretenem Dunkel gegen die Besucher tätig war, und deshalb war dieses Bad nach Sonnenuntergang unbesucht und unbenützt. Als er bei diesem angelangt war, bat er den Türhüter, ihn eintreten zu lassen und ihm die Wohltat des Bades nicht zu missgönnen. Als dieser ihn nun versicherte, dass von allen, die um diese Stunde sich in das Wasser gewagt hätten, Keiner mehr mit heiler Haut zurückgekehrt sei, sondern dass nach der Abendstunde alle der Dämon bewältigt habe, und dass viele aus Unbedachtsamkeit sich in Unheil gestürzt und statt der gehofften Erleichterung Jammer und Tränen geerntet hätten, so stand, obschon er diese und ähnliche Vorstellungen ihm machte, dieser dessen ungeachtet von seinem Verlangen nicht ab und drang auf alle mögliche Weise heftig in ihn, er möge ihn einlassen. Dieser aber hielt es für geraten, für die Unbesonnenheit des Fremden nicht zu büßen, übergab ihm den Schlüssel und entfernte sich weit vom Bade. Als er nun drinnen war und sich entkleidet hatte, setzte der Dämon verschiedene Mittel in Bewegung, um Furcht und Schrecken zu erregen, allerlei Erscheinungen, die in einer Mischung von Feuer und Rauch auftraten, und in Gestalt von Menschen und Tieren sich den Augen darstellten, um die Ohren rauschten, mit ihrem Hauche nahten und rings um den Körper sich ausgoßen. Er aber schützte sich mit dem (Kreuzes-)Zeichen, rief den Namen Christi an und durchschritt unbeschädigt den ersten Teil des Hauses. Als er aber tiefer hineindrang, stieß er auf beschwerlichere Erscheinungen, indem der Dämon sich in eine furchtbarere Gestalt umwandelte, und es war ihm, als ob das Haus von einem Erdbeben erschüttert würde, und der geöffnete Boden die unterirdische Flamme unverhüllt zeige, und als ob Feuerfunken aus dem Wasser hervordrängen, und wiederum verscheuchte die gleiche Waffe, das Zeichen, der Name Christi und die Hilfe des Lehrers durch das Gebet die furchtbaren Erscheinungen und Vorgänge. Als er aber bereits vom Wasser erfrischt den Ausgang suchte, wurde er wieder aufgehalten, indem der Dämon die Türe festhielt. Doch auch dieses Hindernis hob sich wieder durch die nämliche Macht von selbst, indem die Türe dem Zeichen nachgab. Als ihm nun Alles nach Wunsch von Statten gegangen war, soll der Dämon mit menschlicher Stimme ihm zugerufen haben, er solle diese Macht nicht sich selbst zuschreiben, durch die er dem Verderben entronnen, denn die Stimme desjenigen, der ihn dem Beschützer empfohlen, hätte ihn vor Unglück bewahrt. Da er also in der angegebenen Weise gerettet worden war, erregte er die Bewunderung der Ortsbehörde, da noch nie einer von denen, welche um diese Stunde sich in’s Wasser gewagt, lebendig zurückgekommen war. Als er dieser seine Erlebnisse erzählt und sich überzeugt hatte, dass die Heldenthaten der Blutzeugen in der Stadt auf diese Weise vollbracht worden seien, wie es ihm der große Mann in der Wüste zuvor gesagt hatte, glaubte er an die über ihn erzählten Wunder wegen dessen, was er gesehen, gehört, und woraus er durch seine eigene Erfahrung die Macht des Glaubens des großen Mannes kennen gelernt hatte, die auch der Dämon bestätigte, eilte wieder zu seinem Meister zurück und hinterließ seinen Zeitgenossen und der Nachwelt als gemeinsames Schutzmittel, dass Jeder durch die Priester sich bei Gott empfehlen lasse. Auch jetzt noch hört man in der ganzen Kirche und vorzugsweise bei Jenen derlei Rede (von der Kraft des priesterlichen Gebetes) als Erinnerung an den Beistand, der damals dem Manne von Gregor geleistet worden war. Als aber jene Gewaltherrschaft mit Gottes Hilfe bereits gestürzt war, und wieder Friede im menschlichen Leben einkehrte, wo es erlaubt und unverwehrt war, allem Eifer in der Gottesverehrung sich hinzugeben, ging er wieder in die Stadt, und indem er das ganze umliegende Land bereiste, vermehrte er den Eifer im Gottesdienst bei allen Gemeinden, indem er die Festfeier für die anordnete, welche für den Glauben gekämpft hatten; und indem der eine dahin, der andere dorthin die Leiber der Martyrer brachte, versammelten sie sich nach vollendetem Kreislauf des Jahres und freuten sich, indem sie zur Ehre der Martyrer die Festfeier begingen. Denn auch das war ein Beweis seiner großen Weisheit, dass er, da er das ganze Geschlecht seiner Zeit zu einem neuen Leben umgestaltete, wie ein Lenker der Natur, indem er sie fest an die Zügel des Glaubens und der Erkenntnis Gottes fesselte, den Untergebenen das Joch des Glaubens ein wenig erleichterte, um sich in Freudengenuss zu erlustigen. Denn da er einsah, dass wegen der körperlichen Vergnügungen die unerfahrene und unwissende Menge den falschen Götzen anhange, so erlaubte er ihnen, damit bei ihnen zunächst das Wichtigste erreicht würde, dass sie nämlich statt auf eitle Verehrung auf Gott ihren Blick richteten, an der Erinnerung der heiligen Martyrer sich zu erfreuen, sich wohl sein zu lassen, zu belustigen, weil mit der Zeit einmal das Leben von selbst mehr Ernst und Strenge annehmen würde, indem der Glaube hierzu Anweisung gäbe. Dies war auch bei den Meisten schon erreicht, indem jedes Vergnügen aus einer leiblichen Annehmlichkeit in eine geistige Art der Ergötzung sich umgewandelt hatte." [86] 

Mindestens 95 Prozent der Bevölkerung der heutigen Türkei muss "sich von der Lüge zur Wahrheit" bekehren, d.h. vom Götzen Allah zum Christentum konvertieren, byzantinische Kirchen müssen wieder aufgebaut und restauriert werden, in Moscheen umgewandelte Kirchen wieder rückverwandelt werden. Heute laufen mehr als 95 Prozent der Türken dem Götzen Allah hinterher - das geht gar nicht, schon deshalb nicht, weil es einmal ein christliches Land war. Dazu Gregor: "Indem er auf diese Weise die Kirche regierte und tätig war, um vor dem Hinscheiden aus dem Leben Alle von den Götzen zum heilbringenden Glauben bekehrt zu sehen, erforschte er, da er sein Hinscheiden vorhersah, sorgfältig die ganze umliegende Gegend, um zu erfahren, ob es noch Einige gebe, die den Glauben noch nicht angenommen hätten. Als er nun erfuhr, es seien derer, welche im alten Irrtum verharrten, nicht mehr als siebzehn, sagte er, zu Gott aufblickend, es sei zwar auch dies betrübend, dass die Zahl der Geretteten nicht voll sei, doch sei es großen Dankes würdig, dass er seinem Nachfolger im Kirchenregiment so viele Götzendiener hinterlasse, als er selbst Anfangs Christen hatte. Und er flehte auf die Gläubigen Zunahme in der Vollkommenheit und auf die Ungläubigen die Bekehrung herab, und ging so aus dem menschlichen Leben zu Gott hinüber, nachdem er seinen Vertrauten eingeschärft hatte, sie möchten nicht eine besondere Grabesstätte für ihn erwerben. Denn wenn er während seines Lebens nicht Eigentümer irgend eines Ortes habe heissen wollen, sondern in fremdem Eigentum gewohnt und gelebt habe, so werde er auch nach dem Tode sich durchaus nicht schämen, in fremdem Eigentum zu weilen, sondern es soll, sagte er, in Zukunft heissen, dass Gregor nicht nur in seinem Leben nach keinem Orte den Beinamen erhielt, sondern auch nach seinem Tode in einem fremden Grabe seine Ruhestätte nahm und sich so sehr jedes irdischen Besitzes entäusserte, dass er nicht einmal in einem eigenen Grabe beerdigt sein wollte, denn er habe nur den Besitz für wertvoll gehalten, der keine Spur von Habsucht an sich trägt. Dass aber das ganze Volk von der Torheit der Heiden plötzlich zur Erkenntnis der Wahrheit geführt wurde, darüber möge sich Jedermann verwundern, der davon Kunde erhält; aber Niemand möge es unglaublich finden, wenn er auf die Vorkehrungen sieht, durch welche bei denen, die sich von der Lüge zur Wahrheit bekehrten, diese Umwandlung veranlasst wurde. [87] 

Zur Bekämpfung der Pest schreibt Gregor: "Denn was in den ersten Zeiten seines Priestertums geschehen ist, und was wir in der Darstellung, da wir zu den übrigen Wundern eilten, übergangen haben, darauf will ich jetzt eingehen und es erzählen. Es gab ein Volksfest in der Stadt, das einer heimischen Gottheit zu Ehren nach dem Herkommen begangen wurde. Zu diesem strömte fast alles Volk zusammen, denn das ganze Land nahm an der Festfeier Teil. Angefüllt war das Theater von den Herbeigeströmten und von allen Seiten ergoss sich über die Sitze hin die herbeigeströmte Masse, und da alle die Orchestra mit ihren Blicken zu erreichen suchten, um zu sehen und zu hören, was vorging, entstand auf dem Platze großer Lärm, und es konnten die Gaukler nichts aufführen, indem das durch das Gedränge entstandene Gewirr nicht nur den Genuss der Musik verkümmerte, sondern nicht einmal den Gauklern es möglich machte, ihre Künste zu zeigen. Da bricht nun das ganze Volk in ein gemeinsames Geschrei aus und ruft den Götzen an, dem zu Ehren es das Fest beging, und verlangte, er möge ihnen Raum verschaffen. Als nun das Geschrei aus allen Kehlen in die Höhe drang, und die ganze Stadt gleichsam mit einem Munde den Ruf ausstieß, mit dem sie das Gebet zum Götzen emporsandte, ...da schickte dieser große Mann, der von dem Lärm vernahm, mit dem sie den Namen des Götzen anriefen, den sie um Platzerweiterung für die Stadt baten, einen aus seiner Umgebung und ließ ihnen sagen, es würde ihnen mehr Platz gewährt werden als je, und mehr, als sie wünschten. Als aber dieses Wort von ihm als eine unheilbringende Erklärung ausgesprochen worden war, wurde jene ganze Festversammlung von der Pest ergriffen und plötzlich mischte sich in den freudigen Jubel das Klagegeschrei, so dass ihre Belustigung sich in Trauer und Unglück verwandelte, indem statt des Flötenspiels und des Lärmens ununterbrochenes Jammergeschrei die Stadt erfüllte. Denn als einmal die Krankheit über die Menschen hereingebrochen war, verbreitete sie sich unerwartet schnell wie ein verheerendes Feuer über die Häuser, und es füllten sich die Tempel mit denen, die an der Krankheit hinsiechten, die in der Hoffnung auf Genesung sich dahin flüchteten; die Quellen, Kanäle und Brunnen wurden von denen umlagert, welche in Folge der bedrängenden Krankheit der Durst verzehrte. Doch war bei ihnen das Wasser nicht im Stande, die Hitze der Krankheit zu dämpfen, indem der Zustand derer, welche einmal von der Krankheit ergriffen waren, vor und nach dem Gebrauch des Wassers sich gleich blieb. Viele gingen selbst zu den Gräbern, weil die Überlebenden zur Beerdigung der Hingerafften nicht mehr ausreichten. Nicht unvermutet wurden aber die Menschen vom Übel ergriffen, sondern erst, nachdem eine Erscheinung in dem Hause vorhergegangen war, das vom Übel sollte ergriffen werden, kam dann das Verderben zum Ausbruch. Als nun Alle die Ursache der Krankheit deutlich einsahen, weil der von ihnen angerufene Götze das Gebet der Törichten in schlimmer Weise erfüllte und der Stadt diese bedauernswerte Platzerweiterung durch die Krankheit verschaffte, da kamen sie hilfeflehend zu dem großen Manne, er möge dem Laufe des Übels durch den von ihm erkannten und gepredigten Gott Einhalt tun, von dem sie bekannten, dass er allein der wahre Gott sei und über alles Macht habe. Denn wenn jene Erscheinung vor dem dem Hause bevorstehenden Verderben sich zeigte und sogleich die Hoffnung auf Lebensrettung raubte, so fanden sie in der Gefahr einen einzigen Weg der Rettung, nämlich dass der große Gregor in jenem Hause erschien und durch Gebet die über jenes Haus hereingebrochene Krankheit entfernte. Als nun durch Jene, welche zuerst auf diese Weise Genesung fanden, das Gerücht hievon sich überallhin schnell verbreitete, gaben sie alles auf, womit sie sich früher aus Torheit befassten, Orakel, Reinigungsopfer und Verkehr mit den Götzenbildern, indem sie alle auf den Hohenpriester sahen und Jeder zur Rettung seiner ganzen Familie ihn an sich zu ziehen suchte. Als Lohn wurde ihm aber von Seite der Geretteten das Heil ihrer Seelen zu Teil. Denn da durch die gemachte Erfahrung die Gottesfurcht des Priesters an das Tageslicht kam, gab es für sie keinen Aufschub mehr, die Geheimnislehre anzunehmen, da sie die Kraft des Glaubens durch die Tat kennen lernten. So zeigte sich bei diesen Menschen die Krankheit mächtiger als die Gesundheit. Denn so schwach sie zur Aufnahme der Geheimnilehre durch Verstandesgründe in gesundem Zustande waren, so sehr wurden sie durch die körperliche Krankheit zum Glauben gestärkt. Und nachdem sie so vom Irrtum des Götzendienstes sich überzeugt hatten, nahmen sie alle den Namen Christi an, indem die einen durch die hereingebrochene Krankheit sich zur Wahrheit führen ließen, die andern aber den Glauben an Christus auch als Schutzmittel gegen die Pest anwendeten. Es gibt aber auch noch andere Wunder des großen Gregor, deren Andenken sich bis in die Gegenwart erhielt, die wir aber aus Schonung für ungläubige Ohren, damit die keinen Schaden leiden, welche wegen der Großartigkeit der erzählten Dinge die Wahrheit für Lüge halten, den gemeldeten nicht hinzufügen. Christo aber, der solche Wunder durch seine Diener wirkt, gebührt Ruhm, Ehre und Anbetung, jetzt und allzeit und in Ewigkeit." [88] 
 
 

Anmerkungen

[1] Zu: Gregor von Nyssa verteidigt gegen Eunomius die volle Gottheit und die volle Menschheit Christi, so wie Bischöfe das heute gegen die Moslems tun müssten. Gregors Stellung in der griechisch sprechenden Kirche war nun ungewöhnlich einflussreich, vgl. Kurse Nr. 613 St. Gregor von Nyssa, Nr. 350 Byzantinische Kunst und Architektur, Nr. 616 St. Gregor von Nazianz, Nr. 612 St. Johannes Chrysostomos, Nr. 564 St. Ambrosius, Nr. 564 St. Augustinus I, Nr. 601 St. Augustinus II, Akademie der Kunst und Philosophie
[2] Gregor v. Nyssa, Gespräch mit Makrina über Seele und Auferstehung (Dialogus de anima et resurrectione) 3 ff.
[3] Ib. 
[4] Ib.
[5] Ib.
[6] Ib.
[7] Ib.
[8] Ib.; zu Kunst und Wissenschaft vgl. Kurse Nr. 567 Gottfried Wilhelm Leibniz, Nr. 533 Aristoteles - Philosophy of Sciences, Nr. 020 Goethe: Wissenschaft, Kunst und Religion. Ib.
[9] 6
[10] Ib.
[11] Ib.
[12] 7
[13] Ib.
[14] Ib.
[15] Ib.
[16] 8
[17] Ib.; Im Phädrus unterscheidet Plato mehrere Teile der Seele und vergleicht sie mit einem Zwiegespann, an welchem die vis concupiscibilis [epithymetikon] und die vis irascibilis [thymoeides] die beiden Rosse bilden, während der denkende Teil der Seele [dianoetikon] als Wagenlenker oben sitzt, vgl. Kurse Nr. 533 Aristoteles, Nr. 531 Plato. Ib.
[18] Ib.
[19] Ib.; zum Zorn vgl. Anm. 18 ff. und Kurs Nr. 564 St. Ambrosius, Ib.
[20] Ib
[21] Ib.; zu: "So ist es auch bei uns: wenn unsere Leidenschaften nicht, wie es sich geziemt, durch die Vernunft gelenkt werden, sondern umgekehrt die Leidenschaften über die Vernunft herrschen, so sinkt der Mensch von der Höhe des Denkens und der Gottähnlichkeit zu Unvernunft und Unverstand herab, weil er sich durch die Leidenschaften um die Besinnung bringen ließ,“Man entfernt sich auch von dieser Ähnlichkeit und sinkt zu "Unvernunft und Unverstand herab" wenn man in seiner Leidenschaftlichkeit leichtfertig an einen Götzen glaubt wie die Moslems, vgl. Kurse Nr. 601 St. Augustinus II, Nr. 500 Thomas von Aquin: Summa contra Gentiles, Ib..
[22] Ib.; zu: "Und wenn Zornesmut ausgelöscht würde, welche Waffe hätten wir dann noch gegen unseren Widersacher?“ Viele Philosophen und Kirchenlehrer sind der Auffassung Zorn sei nötig zur Bekämpfung des Widerchrists, z.B. der Moslems , vgl. Kurse Nr. 600 St. Johannes von Damaskus, Nr. 611 St. Johannes Cassianus, Ib. 
[23] Ib.
[24] 9 
[25] Ib.; zu: Mit "durch Abfall vom Guten dessen Gegenteil in sich darstellen" sind die Wider- bzw. Antichristen gemeint, die die Gottheit Christi nicht anerkennen wie die Moslems, Arianer und Nestorianer, vgl. Anm. 22
[26] 12; zu: "das Schöne aber zieht durch ihre eigene Natur jeden an, der es sieht. Ist demnach die Seele von allem Bösen rein, dann wird sie auf jeden Fall dem Schönen sich zuwenden. Schön ist aber auf Grund seiner Natur vor allem Gott; mit ihm tritt daher die Seele vermöge der Reinheit, die sie sich erworben, in enge Verbindung, weil sie dadurch ihm verwandt wird. Auf diese Weise benötigen wir nicht mehr die Anregung von seiten des Begehrungsvermögens, um zum Schönen zu gelangen. Denn wer allerdings in Finsternis wohnt, empfindet Sehnsucht nach dem Lichte; wer aber bereits zum Lichte vorgedrungen, hat schon den Genuss an Stelle des Verlangens; wo aber der Genuss stattfindet, erlischt das Verlangen,“ vgl. Abschnitt und Anm. 26 ff. und Kurse Nr. 553 Friedrich Schiller, Nr. 554 Friedrich Hölderlin, 551 G.W.F. Hegel - Philosophie der Wissenschaft, Kunst und Religion, Nr. 020 Goethe: Wissenschaft, Kunst und Religion. Ib.
[27] Ib.
[28] Ib. 
[29] 13 
[30] Ib.
[31] Ib. 
[32] Ib. 
[32] Ib.
[33] Ib.
[34] 14; zur besten aller möglichen Welten vgl. Kurse Nr. 567 Gottfried Wilhelm Leibniz, Nr. 020 Goethe: Wissenschaft, Kunst und Religion. Ib. 
[35] Ib.
[36] Ib.
[37] Ib.
[38] Ib.
[39] Ib.
[40] 15; zu den Manichäern vgl. Kurs Nr. 601 St. Augustinus II, Ib.
[41] Ib.
[42] Ib.
[43] Ib.
[44] 16
[45] Ib.
[46] Ib.
[47] 17
[48] Ib.
[49] Ib.
[50] 18
[51] Ib.
[52] Ib.
[53] Ib.; zur "Schönheit des Urbildes" vgl. Anm. 26
[54] Ib.
[55] Gregor v. Nyssa, Ausgewählte Reden, Lob- und Trauerreden III 
[56] Ib.
[57] Ib.
[58] Gregor v. Nyssa, Lobrede auf unseren heiligen Vater Ephraim;  zu Ephraim der Syrer vgl. Kurs Nr. 618 Ephraim der Syrer, Ib.
[59] Ib.
[60] Ib.; zu: Denn in gleicher Weise verabscheute er die "vernunftwidrige Vermengung" des Sabellius und die "wahnsinnige Teilung des Arius", der zwischen Vater und Sohn einen Unterschied der Natur annahm, und dem Sohne die Ewigkeit absprach, so wie heute die Moslems, die durch die "vernunftwidrige Lehre" des Mohammed alles verwechseln und verfälschen. Die vernunftwidrige Lehre des Apollinaris aber verwarf er so sehr, "dass er seine ganze Kraft daran setzte, sie aus jeder christlichen Seele zu verbannen." Apollinaris, Bischof von Laodicea in Syrien, leugnete eine menschliche Seele in Christus, vgl. Kurse Nr. 618 Ephraim der Syrer, Nr. 617 Cyrill von Alexandrien, Nr. 616 St. Gregor von Nazianz, Nr. 612 St. Johannes Chrysostomos, Nr. 611 St. Johannes Cassianus, Nr. 609 St. Athanasius der Große, Nr. 605 St. Irenaeus von Lyon, Nr. 564 St. Ambrosius, Nr. 601 St. Augustinus II, Nr. 500 Thomas von Aquin: Summa contra Gentiles, Ib.
[61] Ib.; zu:  "Er sah auch mit prophetischem Blicke jene voraus, die später emporschießen sollten, und brachte sie im Voraus zum Falle." Er widerlegte auch die Mohammedaner, "die später emporschießen sollten" und mit Mohammed, einem "Sämann der Bosheit", die Christenheit bedrängte, vgl. Anm. 58 ff. 
[62] Ib.
[63] Ib.; zu: Was zeichnet Weisheit aus? Ist es das Frömmlertum der "frommen" Muslime? Wohl kaum. Dazu Gregor: "Indem er aber im wahren Besitze der Weisheit sich Frömmigkeit erwarb nach dem Worte des Job: „Sieh, Frömmigkeit ist Weisheit,“ (Job 28, 28) ... indem er sich des Geistes als Fackel bediente und die Tiefen der verborgenen Wissenschaften an’s Licht brachte", vgl. Anm. 58 ff. und Kurs Nr. 544 Staats- und Rechtslehre II. Ib.
[64] Ib. 
[65] Ib.
[66] Ib.
[67] Ib.; zu: "Die ersteren erlernte er zur Anwendung in seinem Berufe, die letzteren zur Widerlegung der Häretiker, zu denen man heute auch die Mohammedaner rechnen muss, auch wenn sie von türkeifreundlichen Politikern gern mit Samthamdschuhen angefasst werden, oder wenn nicht nur in islamischen Ländern von "Richtern der Ungerechtigkeit" gegen Islamkritiker vorgegangen wird statt die Allahpfaffen, die den Islamismus in Europa verbreiten wollen oder Ditib-Imame, die den Angriffskrieg der Türken befürworten, als "Bestien" zu bezeichnen. "Denn der Eifer entflammte ihn gegen die in der Kirche auftretenden Bestien. So kam eine ungeschriebene Nachricht auf uns, die uns seinen Eifer für die Wahrheit zeigt, und welche lautet, wie folgt. Der leichtsinnige oder vielmehr unsinnige und wahnsinnige Apollinarius, der viele Neuerungen gemacht und aus seinem Leibe entleert hat, sudelte eine gottlose Schrift gegen die Frömmigkeit zusammen und teilte sie in zwei Bücher", vgl. Anm. 60 ff.
[68] Ib.; zu: In Bezug auf Apollinaris oder die Mohammedaner bringt nicht "Sanftmut und Gelassenheit" sondern "Rauhheit und Härte" den "gemeinsamen Nutzen", denn es bringt gar nichts, türkischen Imamen, die den Angriffskrieg predigen, die Kindern und Jugendlichen die Irrlehre Mohammeds beibringen, mit Sanftmut zu begegnen. Nur "Rauhheit und Härte" kann bei solchen Allahpfaffen und  türkischen Fußballspielern, die vor dem türkischen "Gangsterboss" und seiner Gangster-Flagge salutieren, helfen, z.B. indem die Ditib-Imame und türkischen Fußballspieler des Landes verwiesen und sämtliche Ditib- und Atib-Moscheen geschlossen werden, sowie zeigen der türkischen Halbmond-Flagge verboten wird, wie auch andere Gangsterfahnen verboten sind (z.B. Nazi-Symbole), vgl. Anm. 67 und Kurse Nr. 350 Byzantinische Kunst und Architektur, Nr. 544 Staats- und Rechtslehre II. Ib.
[69] Ib.
[70] Ib.
[71] Ib.; Später sollten die Osmanen und Türken, diese "Barbaren, Nachkommen des Ismael" jeden Christen gefangen nehmen, "weil auf seinem Wege ihn ringsum die Barbaren bedrohten" und die Stadt Konstantinopel erobern. Byzantion wurde von 326 bis 330 von Kaiser Konstantin I. zur neuen Hauptstadt des Römischen Reiches ausgebaut und in der Folgezeit Konstantinopel genannt. Durch einen noch heute bei Türken üblichen Angriffskrieg wurde es von Barbaren (Moslems, Osmanen) erobert und Bizans bzw. später Istanbul genannt. Das byzantinische Wappen wurde durch die barbarische Halbmond-Piratenflagge ersetzt, vgl. Anm. 68 ff.
[72] Gregor v. Nyssa, Rede über das Leben des heiligen Gregor des Wundertäters.("Thaumaturgos"); zu: Gregor von Nyssa spricht von denen, "die in der göttlichen Weisheit unterrichtet sind" im Gegensatz zu denen, die "dem Irrtum und der Torheit des Götzendienstes ergeben" sind wie z.B. die heutigen Moslems; erstere haben "in geistiger Weise Lob verdient", Letztere "nach Sitte der Ungläubigen durch die kunstvollen Windungen der Lobreden." Thomas von Aquin und andere hatten später den Moslems jegliches Unterrichtetsein "in der göttlichen Weisheit" abgesprochen. In Fragen der Philosophie sollte man sich also nicht an "Allahpfaffen" halten, sondern an christliche Philosophen wie z.B.Gregor der Wundertäter ("Thaumaturgos"), vgl. Anm. 25 ff und Kurs Nr. 500 Thomas von Aquin: Summa contra Gentiles, Ib..: .
[73] Ib.
[74] Ib.; Wenn man sich heute die Moscheegemeinden und Koranschulen in Europa und in islamischen Ländern ansieht, wie sie die Schüler indoktrinieren, so ist es eine große Leistung, wenn sich einige von diesem Götzendienst lossagen und "zur Erkenntnis des Christentums geführt" werden. Wie Gregor der Wundertäter dem Götzendienst seiner Eltern den Rücken kehrte, "als Leuten, die sich in inneren Kämpfen gegenseitig aufrieben", so kehren auch heute immer mehr Moslems den Allahpfaffen den Rücken. So wie Gregor erfassen auch sie "die Lehre des Glaubens, die aufrecht steht und durch keine Vernünftelei und keine künstlichen Windungen befestigt zu werden braucht, sondern in einfachen Worten Allen ohne Unterschied verkündet wird vgl. Anm. 67 ff. 
[75] Ib.
[76] Ib.
[77] Ib.; zu: "ihm jene Stadt übertrug, die bis dahin so sehr in den Götzenwahn verstrickt war, dass unter den unzähligen Bewohnern der Stadt selbst und der Umgegend sich nicht mehr als siebenzehn fanden, die das Wort des Glaubens angenommen hatten." Ähnlich sieht es in islamischen Ländern aus, in denen das ursprünglich sogar weit verbreitete Christentum von Moslems fast ausgerottet ist und wo ein neuer Gregor der Wundertäter auftreten müsste, vgl. Anm. 86 ff. und Kurse Nr. 350 Byzantinische Kunst und Architektur, Nr. 552 William Shakespeare II, Nr. 505 Arthur Schopenhauer I - II. Ib.
[78] Ib.
[79] Ib.; zu: Als er wahrnahm, dass der ganze Ort "vom Betruge der bösen Geister beherrscht werde und dem wahren Gott nirgends ein Tempel erbaut" (so wie es heute in vielen islamischen bzw. islamisierten Ländern aussieht, wo der Götze Allah sogar in ehemaligen christlichen Kathedralen mit hässlich angebauten Minaretten angebetet wird), so begann er, "gleichwie ein wackerer Soldat mit dem Führer der feindlichen Schaar sich in den Kampf einlässt und mit ihm die Untergebenen in die Flucht schlägt, auch dieser Große seine Heldentaten mit den Dämonen selbst," vgl. Anm. 77 ff.
[80] Ib.; zu: Gregor von Nyssa beschreibt wie Gregor der Wundertäter, die Götzendiener, die einen Stein verehren (wie z.B. die Moslems den Stein in der Kaaba in Mekka), zum Christentum bekehrt. Nachher erkannten sie und verabscheuten "den Betrug der Dämonen in der Verführung der Menschennatur" und bekehrten sich zum wahren Gott. Bis der Betrug des Götzen Allah in Mekka erkannt und veranscheut wird und Moslems sich in Mekka zum Christentum bekennen, wird wohl noch etwas Zeit vergehen, vgl. Anm. 77 ff.
[81] Ib.
[82] Ib.
[83] Ib.; zu: Später haben die Türken die "Anbeter des Namens Christi" misshandelt und ihre Kirchen zerstört oder wieder in Götzentempel, also Moscheen, verwandelt, vgl. Anm. 77 
[84] Ib.; zu: Hier wird der Genozid an den Christen in der Türkei vorweggenommen, der mit der Eroberung Konstantinopels begann und im Völkermord an den Armeniern 1915 kulminierte, vgl. Anm. 83 ff 
[85] Ib. 
[86] Ib.; zu: Wie Gregor im byzantinischen Reich bzw. der heutigen Türkei das Christentum wieder einführte, so muss auch die heutige Türkei wieder komplett christlich werden, vgl. Anm. 67 ff., 77 ff. und 79 ff.
[87] Ib.; zu: Mindestens 95 Prozent der Bevölkerung der heutigen Türkei muss "sich von der Lüge zur Wahrheit" bekehren, d.h. vom Götzen Allah zum Christentum konvertieren, byzantinische Kirchen müssen wieder aufgebaut und restauriert werden, in Moscheen umgewandelte Kirchen wieder rückverwandelt werden. Heute laufen mehr als 95 Prozent der Türken dem Götzen Allah hinterher - das geht gar nicht, schon deshalb nicht, weil es einmal ein christliches Land war, vgl. Anm. 86 ff.
 
 





Botticelli, Madonna con il Bambino e otto angeli
 


Raffael, Schule von Athen, detail
 
 
 


Ambrogio da Fossano detto il Bergognone, Sala Capitolare di Santa Maria della Passione (Cristo e gli apostoli)
 
 


Hagia Sophia zur Zeit des Hl. Johannes Chrysostomos und Gregor von Nyssa
 


St. Gregor von Nyssa, Mosaik aus dem 11. Jahrhundert
 


Basil the great, Gregory of Nazianzus, Gregory of Nyssa
 
 
 

St. Gregor von Nyssa
Akademie der Kunst und Philosophie / Academy of Arts and Philosophy
DI. M. Thiele, President and international Coordinator
Beetherapy / Academy of Sciences

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Zur Philosophie und Kulturgeschichte von Byzanz, des Mittelalters, der Schule von Chartres, der Renaissance, des Barock, der Aufklärung, des Idealismus, der Romantik vgl. Kurse:Nr. 551 G.W.F. Hegel I, Nr. 660 G.W.F. Hegel II, Nr. 511 Johann Gottlieb Fichte I, Nr. 658 Johann Gottlieb Fichte II, Nr. 509 F.W.J. Schelling I, Nr. 510 F.W.J. Schelling II, Nr. 513 F.W.J. Schelling III, Nr. 505 Arthur Schopenhauer I-II, Nr. 663 Arthur Schopenhauer III, Nr. 531 Platon, Nr. 533 Aristoteles, Nr. 623 Johann Ludwig Wilhelm Müller, Nr. 020 Johann Wolfgang von Goethe I-II, Nr. 673 Johann Wolfgang von Goethe III, Nr. 553 Friedrich Schiller I-II, Nr. 675 Friedrich Schiller III, Nr. 554 Friedrich Hölderlin I-II, Nr. 512 Novalis I, Nr. 671 Novalis II, Nr. 677 Jean Paul, Nr. 667 Romantische Kunst und Philosophie I, Nr. 669 Romantische Kunst und Philosophie II, Nr. 630 Johann Ludwig Tieck, Nr. 631 Adelbert von Chamisso, Nr. 567 Gottfried Wilhelm Leibniz, Nr. 665 Molière, Nr. 622 Victor Hugo I, Nr. 674 Victor Hugo II, Nr. 629 Voltaire I-II, Nr. 679 Laurence Sterne, Nr. 621 Lord Byron I, Nr. 676 Lord Byron II, Nr. 628 Percy Bysshe Shelly, Nr. 561 Sir Walter Scott, Nr. 555 Angelus Silesius, Nr. 634 Hans Sachs, Nr. 619 Franz Werfel, Nr. 680 Nikos Kazantzakis, Nr. 588 Johann Wilhelm Ludwig Gleim, Nr. 550 Fjodor M. Dostojewskij I-II, Nr. 506 Wladimir Solowjew, Nr. 664 Philosophie der Kunst, Nr. 661 Philosophie der Geschichte, Nr. 659 Wissenschaftslehre I, Nr. 666 Wissenschaftslehre II, Nr. 681 Wissenschaftslehre III, Nr. 682 Wissenschaftslehre IV, Nr. 683 Wissenschaftslehre V, Nr. 545 Sittenlehre I-II, Nr. 614 Sittenlehre III, Nr. 544 Staats- und Rechtslehre I-II, Nr. 641 Staats- und Rechtslehre III, Nr. 644 Staats- und Rechtslehre IV, Nr. 655 Staats- und Rechtslehre V, Nr. 618 St. Ephraim der Syrer, Nr. 617 St. Cyrill von Alexandrien, Nr. 616 St. Gregor von Nazianz, Nr. 613 St. Gregor von Nyssa, Nr. 612 St. Johannes Chrysostomos, Nr. 611 St. Johannes Cassianus, Nr. 627 St. Basilius der Große, Nr. 625 Theodorus Abucara, Nr. 624 Byzantinische Wissenschaft / Philosophie, Nr. 653 St. Cyprianus, Nr. 609 St. Athanasius der Große, Nr. 605 St. Irenaeus von Lyon, Nr. 604 St. Hildegard von Bingen, Nr. 600 St. Johannes von Damaskus, Nr. 599 St. Petrus Venerabilis, Nr. 581 Bernhard von Chartres, Nr. 580 Wilhelm von Conches, Nr. 578 Pierre Abaelard, Nr. 574 Johannes von Salisbury, Nr. 577 Petrus Lombardus, Nr. 576 Gilbert de la Porrée / Gilbert von Poitiers, Nr. 565 Johannes Scotus Eriugena, Nr. 575 Thierry de Chartres, Nr. 571 Alanus ab Insulis, Nr. 572 Anselm von Canterbury, Nr. 570 St. Hilarius von Poitiers, Nr. 568 Nicolaus Cusanus I, Nr. 568 Nicolaus Cusanus II, Nr. 568 Nicolaus Cusanus III, Nr. 564 St. Ambrosius, Nr. 564 St. Augustinus I, Nr. 601 St. Augustinus II, Nr. 654 St. Augustinus III, Nr. 579 St. Albertus Magnus, Nr. 500 St. Thomas von Aquin I, ScG, Nr. 501 St.Thomas von Aquin II,  Sth I., Nr. 502 St.Thomas von Aquin III, Sth. I-II, Nr. 582 St.Thomas von Aquin IV, Sth II-II, Nr. 583 St.Thomas von Aquin V, Sth. III, Nr. 566 Meister Eckhart, Nr. 562 Dante Alighieri I-II, Nr. 672 Dante Alighieri III, Nr. 558 Calderón de la Barca, Nr. 648 Calderón de la Barca II, Nr. 650 Calderón de la Barca III, Nr. 651 Calderón de la Barca IV, Nr. 563 Miguel de Cervantes I, Nr. 645 Miguel de Cervantes II, Nr. 637 Lope de Vega I, Nr. 638 Lope de Vega II, Nr. 642 Lope de Vega III, Nr. 643 Lope de Vega IV, Nr. 652 Juan Ruiz de Alarcón, Nr. 632 Ginés Pérez de Hita, Nr. 633 Luis Vaz de Camões, Nr. 678 François Rabelais, Nr. 557 Ludovico Ariosto I-II, Nr. 668 Ludovico Ariosto III, Nr. 556 Torquato Tasso, Nr. 552 William Shakespeare I-II, Nr. 559 Wolfram von Eschenbach, Nr. 560 Walter von der Vogelweide, Nr. 662 Gottfried von Strassburg, Akademie der Kunst und Philosophie / Académie des sciences

Nr. 320 Romanische Kunst und Architektur, Nr. 350 Byzantinische Kunst und Architektur, Nr. 325 Kunst und Architektur der Gothik, Nr. 326 Kunst und Architektur der Renaissance, Nr. 586 Tizian, Nr. 591 Paolo Veronese, Nr. 597 Correggio, Nr. 670 Annibale Carracci, Nr. 520 Rembrandt, Nr. 598 El Greco, Nr. 620 Giovanni Battista Tiepolo, Nr. 590 Giovanni Bellini, Nr. 656 Andrea Solari, Nr. 657 Bernadino Luini, Nr. 587 Andrea Mantegna, Nr. 595 Jan van Eyck, Nr. 635 Rogier van der Weyden, Nr. 640 Stefan Lochner, Nr. 646 Michael Pacher, Nr. 647 Peter Paul Rubens, Nr. 649 Giotto di Bondone, Nr. 626 Luca Signorelli, Nr. 610 Piero della Francesca, Nr. 596 Perugino, Nr. 522 Raffael (Raffaello Sanzio), Nr. 523 Sandro Botticelli, Nr. 602 Benozzo Gozzoli, Nr. 606 Fra Angelico, Nr. 607 Pinturicchio, Nr. 608 Domenico Ghirlandaio, Nr. 593 Filippo Lippi, Nr. 594 Filippino Lippi, Nr. 589 Albrecht Dürer, Nr. 603 Bernard van Orley, Nr. 615 Ambrogio da Fossano detto il Bergognone, Nr. 636 Eugène Delacroix, Nr. 639 Bartolomé Esteban Murillo, Akademie der Kunst und Philosophie



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Letzte Bearbeitung:11.12.2020