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Kurs Nr. 661 Philosophie der Geschichte / Philosophy of History


"Nur die demokratische Verfassung war für diesen Geist und für diesen Staat geeignet. Wir haben den Despotismus im Orient in glänzender Ausbildung als eine dem Morgenland entsprechende Gestaltung gesehen; nicht minder ist die demokratische Form in Griechenland die welthistorische Bestimmung."   - G.W.F. Hegel, Philosophie der Geschichte II, 2 
Raffael (Raffaello Sanzio da Urbino), Madonna Terranuova

 

 
 
 
 
 

 

Aus dem Inhalt:
 

1. Zur Geschichte der Rechts- und Sittenlehre; allerälteste Epoche der Staatsentwicklung; Entwicklung der europäischen Staatengemeinschaft 

Vor dem Christentum war Sittenlehre und Religion vielfach eine bloße Glückseligkeitslehre, "bestimmt uns zu erinnern, dass man mäßig genießen müsse, um recht lange und vieles zu genießen; ein Gott wird ihm nur dazu dasein müssen, damit er unser Wohlsein besorge." Die "übersinnlichen Inhalte" werden so zurechtgestutzt, dass sie "dem Bedürfnis eines Zaums für den ungezügelten Pöbel" dienen, einem "Ergänzungsmittels der Polizei und des gerichtlichen Beweises". Heute findet man diese Art der Sittenlehre noch in islamischen Ländern.  Für die meisten Menschen auf der Erde gilt heute: "Das furchtbare Schreckbild einer menschenfeindlichen Gottheit ist entflohen" und das Menschengeschlecht hat Ruhe und Freiheit von diesem Schreckbilde erworben. Wer war es, der den "so tief in allen Völkern eingewurzelten Wahn ausrottete" (auch wenn dieser Wahn im Islam weiter besteht)? "Die christliche Religion ganz allein ist es, welche dieses Wunder vollbracht, und durch jedes Opfer der ihr Ergebenen, und von ihr Ergriffenen durchgesetzt hat. Was diese, was der erhabene Stifter derselben, was seine nächsten Zeugen, was deren nächste Nachfolger lange Reihen von Jahrhunderten hindurch, bis auch auf uns, als eine späte Geburt, ihr Wort kamm - gearbeitet, und unter blödsinnigen und abergläubischen Völkern erduldet: lediglich begeistert von der beseligenden Wahrheit, die ihnen innerlich aufgegangen war, und ihr Leben ergriffen hatte, will ich nicht erinnern... Lediglich durch das Christentum, und durch das ungerheure Wunder, wodurch dieses entstand, und in die Welt eingeführt wurde, ist die Verwandlung geschehen." [1].

Systeme, die von einem "willkürlich handelnden" Gott oder Pseudo-Gott (z.B. Allah) ausgehen, nennt Fichte "schwärmerisches Zaubersystem, in welchem Gott nicht als der Heilige, von dem getrennt zu sein, schon allein und ohne weitere Folge das höchste Elend ist, sondern als eine furchtbare, mit verderblichen Wirkungen drohende, Naturkraft betrachtet wird." Und die dazugehörigen falschen Propheten finden sich immer ein, "wie alle  falschen Propheten fortfahren, erst nach der Tat das Geschehende a priori zu prophezeihen." So stehen die islamischen Länder bis heute immer noch in der "allerältesten Epoche der Staatsentwicklung" und haben keinen "Sinn für Recht", wie es der wahre "Charakterzug der europäischen Völkerschaften" ist. [2]

Despotie, - so wie diese Verfassung noch in Europa am türkischen Reiche, dem Auge des Beobachters daliegt: welches Reich, bei allem Fortschritte des Staates um dasselbe herum, noch bis diesen Augenblick in der allerältesten Epoche der Staatsentwicklung steht." - Johann Gottlieb Fichte, Die Grundzüge des gegenwärtigen Zeitalters XII

"Die einzig wahre Religion, oder das Christentum, wollte und sollte selbst schöpferisches, und leitendes Prinzip eines neuen Staates werden." - Johann Gottlieb Fichte, Die Grundzüge des gegenwärtigen Zeitalters XIII

"Die Weltrolle des Christentums, - denn von dieser allein ist hier die Rede, - ist noch nicht geschlossen." Ib.

Das wahre Prinzip der Geschichte der neueren Zeit ist nach Fichte "die Manifestation des Christentums". Zudem sei das Christentum "in seiner Lauterkeit, und seinem wahren Wesen, noch nie zu allgemeiner und öffentlicher Existenz gekommen, obwohl es in einzelnen Gemütern, hier und da, von jeher ein Leben gewonnen." Man solle nichts gebieten, was wahre Religion verbiete, nichts verbieten, was sie gebiete. Diese durch die christliche Religion aufgestellte Bestimmung dürfe der Staat nicht stören. Jeder müsse den "gleichen Zugang zu den vorhandenen Quellen der Bildung" erhalten, sowie der "bürgerlichen, Freiheit aller, in Ansehnung des Rechts und der Rechte. So gibt es eine Wirksamkeit des Christentums auf den Staat, wenn mehrere souveräne Staaten "im Bezirke der Einen wahren Religion, nebeneinander entstäden; oder, was ganz dasselbe heißt, dass der Eine Staat der Kultur, und des Christentums, in eine christliche Staatenrepublik zerfiele, deren einzelne Staaten zwar von den übrigen nicht unmittelbar gezwungen, doch aber unablässig beobachtet, und beurteilt würden: so wäre nun in der christlichen Lehre, ein allgemeingeltender Kanon niedergelegt, für die Beurteilung, was so im Verkehr mit anderen Staaten, wie in der Beurteilung der eigenen Bürger, löblich sei, was erträglich, was durchaus verwerflich... Es entstünde durch diese Religion eine öffentliche Meinung des gesamten Kulturstaates." Dies ist in Europa weitgehend verwirklicht, auch wenn es immer wieder Rückschläge gegeben hat wie z.B. die Herrschaft der Nationalsozialisten in Deutschland und anderen Staaten, die außerhalb der wahren Religion operierten (was sich auch daran zeigt, dass sie mit islamischen Depotien kooperierten). [3]

Die europäische Staatengemeinschaft musste sich langsam entwickeln, den "allgemeinen europäischen Nationalcharakter, den scharfen Sinn und die Liebe des Rechts und der Freiheit" ausbilden, damit sie nicht wieder zur asiatisch-islamischen Despotie zurückgingen, sondern "die unter Griechen und Römern schon entwickelte Gleichheit des Rechts aller, bald unter sich aufnähmen." Es habe Europa auch nicht geschadet, dass andere Völker nach Europa gezogen sind, da auch sie das Christentum angenommen hatten. Die Aufnahme islamisch-türkischer Völker, so wie es heute praktiziert wird, und die den islamischen Glauben behalten, können Europa allerdings Schaden zufügen. Bezüglich nichtislamischer  Stämme sieht Fichte keine Probleme: "Die verheerenden Durchzüge anderer Stämme, hatten keine Folgen von Dauer; und die der damaligen europäischen Völkerrepublik einverleibten Reiche anderer Abstammung, haben Christentum und Kultur größtenteils erst durch germanische Völkerschaften erhalten." Jeder christliche Staat konnte sich "mit einem beträchtlichen Grade von Freiheit, nach seinem individuellen Charakter" entwickeln. Und das so entstandene und zusammengehaltene christliche Völkerreich konnte "teils durch die bewaffneten Eroberungen einzelner Staaten gegen das Gebiet des Nichtchristentums, teils durch die friedlichen Eroberungen, vermittelst der Bekehrung neuer Reiche zum Christentum, und - was daraus folgt, durch die Unterwerfung derselben unter die geistige Zentralgewalt, sogar ausgebreitet und erweitert werden." [4]

Erst nach dem zweiten Weltkrieg, dem verbotenen "Ausrottungskrieg zwischen christlichen Staaten", ist in Europa das erreicht, was Fichte meinte: "Alle christlichen Staaten stehen gegeneinander in dem Stande der wechselseitigen Anerkennung, und des ursprünglichen Friedens." Islamische Staaten wie die Türkei oder Aserbaidschan sind davon natürlich nicht betroffen, d.h. "diese haben nach demselben Prinzip keine anerkannte Existenz, und sie können nicht nur, sondern sie sollen auch verdrängt werden, aus dem Umkreise des christlichen Bodens." Dass heute islamische Staaten wie die Türkei so gefördert werden liegt entweder an eine gewissen Not, "oder weil das christliche Prinzip erloschen ist, und andere Triebfedern seine Stelle einnehmen."  [5]

"Alle christlichen Staaten stehen gegeneinander in dem Stande der wechselseitigen Anerkennung, und des ursprünglichen Friedens... Durch dieses Prinzip ist der Ausrottungskrieg zwischen christlichen Staaten unbedingt verboten. Nicht so mit nichchristlichen Staaten; diese haben nach demselben Prinzip keine anerkannte Existenz, und sie können nicht nur, sondern sie sollen auch verdrängt werden, aus dem Umkreise des christlichen Bodens."  - Johann Gottlieb Fichte, Die Grundzüge des gegenwärtigen Zeitalters XIII

"Später drang der Muhamedismus, der auch schon in den Zeiten des beginnenden christlichen Staates in den Sitz, der dem Christentume ausschließend bestimmt zu sein schien, in Europa, eingedrungen, und in demselben geschwächt, und vertrieben war, von einer anderen, und gefährlicheren Seite, unter einer frischen Nation, den Türken, ein in Europa, mit dem nicht verhehlten Zwecke, unaufhaltbat vorzudringen, und das Ganze sich zu unterwerfen. Da erwachte zum letzten Male, wenigstens in Reden und öffentlichen Schriften, die Besinnung, dass die Christen nur ein Staat seien, und nur ein Interesse hätten; bis endlich der gefürchtete Feind, in die Pläne der europäischen Politik verwickelt, in sich selber veraltete, und seiner inneren Auflösung entgegenzuwelken anfing."  - Johann Gottlieb Fichte, Die Grundzüge des gegenwärtigen Zeitalters XIII

Grundsätzlich gilt: "kein Christ kann Sklave sein, christliche Boden macht frei.... Dagegen kann, nach demselben Prinzip, der Nichtchtist gar wohl ein Sklave sein." Die Untertanen der vom "Muhamedismus" eroberten Länder inkl. der Osmanen wurden auch als eine Art Sklaven gehalten. Der Islam oder der  "Muhamedismus" hatte nach Fichte "eben darum das Prinzip seines allmählichen Verderbens bei sich führend, und die ewig fortfließende Quelle der äußeren Vervollkommnung, welche das Christentum in sich hat, nicht aufnehmend. Bekehrungssüchtig ... des Schwertes wohl kundig, durch welches er vom Anfange an sich verbreitet hatte; aufgeblasen dem Christentume gegenüber... übrigens die, ursprünglich asiatische, stumme Ergebung, und die Despotie als politische Prinzipien, gleich dogmatisch hinstellend: geriet dieser Muhamedismus in Krieg mit dem Christentume, und war siegreicher Angreifer. Abgerechnet, dass er in einem beträchtlichen Länderstriche das Christentum austilgte, und sich selbst zur herrschenden Religion machte, wurden diese Siege dem Christentum durch den Umstand noch um so viel schmerzhafter, dass unter den verlorenen Ländern selbst dasjenige Land gehörte, wo das Christentum entsprungen war." Nicht als Bürger dieses oder jenes Staates, "sondern rein als Christen" stürzten sich europäische Scharen "nach jenen Ländern, um sie dem Muhamedismus abzukämpfen." Auch wenn der Erfolg dieser Unternehmungen ausfiel, "so viel Böses auch diesen Kreuzzügen Beurteiler nachsagen,... so bleiben sie doch immer die ewig denkwürdige Kraftäußerung eines christlichen Ganzen, als christlichen Ganzen, völlig unabhängig von der Einzelheit der Staaten, in die es zerfallen war." [6]

Fehlgriffe einzelner Staaten können zum Untergang führen, wie der erste und zweite Weltkrieg gezeigt haben. Auch heutige Fehlgriffe wie die unbegrenzte Aufnahme muslimischer Migranten nach Deutschland und anderen europäischen Ländern hat negative Folgen. Statt das islamische Türkentum und seine Parallelgesellschaften in Deutschland zu feiern wie es zur Zeit vom deutschen Bundespräsidenten Steinmeier bei jeder Gelegenheit getan wird, sollte lieber Griechenland vor türkischen "Aggressionen" geschützt werden; im Gegensatz zum deutschen Außenminister Maas, der die islamischen Türken unterstützt, heißt es in Frankreich: "Für uns war es normal, Griechenlands Kampf um Unabhängigkeit zu unterstützen. Wir werden Griechenland immer unterstützen, denn es ist ins Herz unserer Kultur eingebettet". Inzwischen wird in Frankreich sogar diskutiert, dass es ein Fehlgriff war, islamische Namen wie Muhammad zuzulassen. Früher waren islamische Zeichen und Namen in Europa verboten; heute sind diese Zeichen erlaubt und motivieren jugendliche Muslime, die durch die Masseneinwanderung nach Europa gekommen sind, islamischen Terror zu verbreiten wie Oday J., ein 16 Jahre alter Jugendlicher, "der 2015 im Rahmen der Familienzusammenführung aus Syrien zu seinem Vater nach Hagen ziehen durfte". Bei seiner Festnahme sagte er, er habe keinen Anschlag verüben, sondern nur "schauen wollen, wie man eine Bombe baut". Ziel war aber eine vollbesetzte Synagoge, die er vorher ausgespäht hatte. Wie viele andere islamischen Attentäter hatte auch er sich von einem Angehörigen der Terrororganisation "islamischer Staat" (IS) beraten lassen. Durch diese "Mentoren-Methode" wurden schon viele Anschläge in Deutschland verübt. Der 17 Jahre alte Riaz A., der ohne seine Eltern nach Deutschland geflohen und in Ochsenfurt bei Würzburg untergekommen war, ließ sich im Juli 2016 von einem IS-Mann bei der Wahl der Tatwaffe instruieren. Kurz bevor er in einem Regionalzug mit einer Axt mehrere Reisende schwer verletzte, teilte A. seinem "Coach" mit, dass er nun "anfange". "Sein Chat-Partner bestärkte ihn ein letztes Mal: 'Jetzt erkangst du das Paradies'. Auch Mohammad D., der wenige Tage später in einer Weinstube am Rande eines Musikfestivals in Ansbach eine Rucksackbombe zündete, war über sein Moniltelefon bis zuletzt im Live-Kontakt mit seinem IS-Instrukteur." Auch der 16 Jahre alte syrische Flüchtling Mohammad J., der erst wenige Monate zuvor mit seiner Familie nach Deutschland gekommen war, stand mit einem IS-Instrukteur per Whatsapp in Kontakt. "Der Jugendliche bekam von seinem "Coach" nicht nur Bauanleitungen für einen Sprengsatz, sondern auch konkrete Tipps, wie er seine Bombe am besten platzieren solle, damit sie möglichst viele Personen in den Tod reißt." Zu den heutigen Fehlgriffen könnte man mit Fichte sagen: "Auf jeden politischen Fehlgriff steht, wenn nur die Nachbarstaaten nicht ebenso unweise sind, die Strafe des endlichen Untergangs; und will der Staat nicht untergehen, so muss er Fehlgriffe vermeiden." Wenn an Schulen und Universitäten keine freie Ausbildung mehr möglich ist, weil man mit Rücksicht auf den Islam, den Unterricht entsprechend islamisch gestaltet, könnte es für die Menschen in Europa schwierig werden, zum "wahrhaft ausgebildeten christlichen" Europäer zu werden, dessen Vaterland Europa ist, bzw. "derjenige Staat in Europa, der auf der Höhe der Kultur steht." Ohne Fehlgriffe wird Europa der Magnet für die Welt sein, "der sonnenverwandte Geist wird unwiderstehlich angezogen werden, und hin sich wenden, wo Licht ist, und Recht. Und in diesem Weltbürgersinne können wir denn über die Handlungen und Schicksale der Staaten uns vollkommen beruhigen, für uns selbst und für unsere Nachkommen, bis an das Ende der Tage." [7]

Heute vergisst man, dass das "Christentum wahrhaft Prinzip geworden" ist für europäische, und andere Staaten. "Vom Christentume haben wir den ganzen Charakter der neuen Zeit, und die Art und Weise der Entwicklung dieses Charakters der Zeit, abgeleitet. Aber alles, was Prinzip der Erscheinung wird, geht eben darum in der Erscheinung verloren, und wird, dem äußeren Sinne unsichtbar, nur noch bemerklich dem schärferen Nachdenken. Inwiefern daher das Christentum wahrhaft Prinzip geworden, kommt es im deutlichen Bewusstsein der Zeitgenossen gar nicht mehr vor." Manche fast gänzlich verblödeten Politiker wie Annalena Baerbock, Christian Wulf oder Wolfgang Scheuble, die meinten der Islam gehöre zu Deutschland, haben den europäischen Gedanken schon vergessen. Solchen Leuten schreibt Fichte: "entdeckt man die Quelle nicht mehr, und schreibt z.B. dem Zufalle zu, was doch des Christentums ist." Man vergisst dass Rechtslehre, Sittenlehre und die Wissenschaft / Philosophie auf das christliche Prinzip zurückgeht.  [8]

"Wodurch wurde denn in der neuen Zeit die Liebe zur Philosophie entzündet, außer durch das Christentum: was war denn die höchste und letzte Aufgabe der Philosophie, als die, die christliche Lehre recht zu ergründen... So ist die ganze neuere Philosophie unmittelbar, und vermittelst ihrer, die Gestanlt der gesamten Wissenschaft mittelbar, durch das Christentum erschaffen: und eben also wird es sich auch mit anderen Dingen verhalten; und so möchte es sich finden, dass das Einzige, in dem ewigen Fortflusse der neuen Zeit Bestehende, und Unwandelbare, das Christentum sei, in seiner reinen, selbst unwandelbaren Gestalt, und dass diese es bleiben werde bis an das Ende der Tage."  - Johann Gottlieb Fichte, Die Grundzüge des gegenwärtigen Zeitalters XV
Wenn islamische Länder noch ein "pomphaftes Gepräge" treiben mit Verurteilten, den "Leichnam zur eckelhaften Schau" aufstellen und dergleichen Greueltaten, entzieht der Gebildete "mit Ekel sein Auge dem Anblicke, und die ganze Welt verachtet, eine Regierung und eine Nation, unter der es noch sehr harte Strafen gibt, als barbarisch." Da diese Länder Jahrhundertelang ohne Christentum gelebt haben, gibt es dort keine adäquate Bildung. Erst dort, wo das Prinzip des Christentums lange gewirkt hat wie in Europa, gibt es Freiheit und diese Bildung. [9]
"Nun ist dieselbe Gleichheit aller Menschen das eigentliche Prinzip des Christentums; die allgemeine bewusstlose Herrschaft dieses Christentums, und die Verwandlung desselben in das eigentliche, treibende Prinzip, des öffentlichen Lebens, wäre daher zugleich der Grund der guten Sitte, oder vielmehr selbst, und unmittelbar, die gute Sitte: die bewusstlose Herrschaft, habe ich gesagt: es wird nicht mehr ausgesprochen: das uns das lehrt das Christentum, sondern die Sache selbst ist da, und lebt wahrhaftig, und in der Tat, verborgen im Gemüte der Menschen, und äußert sich in allem ihrem Tun."  - Johann Gottlieb Fichte, Die Grundzüge des gegenwärtigen Zeitalters XV
Der Aberglaube, "Rest des Heidentums", der Islam oder "Muhamedismus" wird zunehmend vernichtet. Fichte sagt dazu: "Beklagt man nun etwa diesen Sturz des Aberglaubens, als Verfall der Religiosität, so vergreift man sich sehr im Ausdrucke, und beklagt, worüber man sich freuen sollte." Die eigentliche, die christliche Philosophie und Wissenschaft "richtet den Aberglauben, als ein deutlich Gedachtes und Bewusstes, zugrunde." Manch eine Philosophie schießt allerdings über das Ziel hinaus und vernichtet die wahre Religion, das Christentum gleich mit, wie es später Nietzsche unternahm. Dazu Fichte: "Das leere und unerquickliche freigeisterische Geschwätz hat Zeit gehabt, auf alle Weise sich auszusprechen ... Wir sind desselben müde; wir fühlen seine Leerheit, und die völlige Nullität." [10]
 

2. Philosophie der Geschichte; Arabien, Tamerlan, orientalische Welt, China, Indien

Wir hatten oben am Beispiel von Afghanistan gesehen, dass es eine "Torheit" ist, in einem Volk, das in islamischer Barbarei lebt, eine Staatsverfassung nach westlichem Vorbild zu etablieren. Das konnte nicht funktionieren, denn solange der Islam nicht durch das Christentum ersetzt wird und die Menschen nicht eine entsprechende Bildung (statt Pseudobildung durch Koranschulen wie in Pakistan) erfahren, wird es nur eine Verfassung geben, die islamischen Barbaren, also hier  den Taliban, angemessen ist. Eine echte Verfassung ist die Arbeit von Jahrhunderten und es wäre eine "Torheit" Staatsverfassungen unabhängig von der christlichen Religion "erfinden und ausführen zu wollen".[11]

Dies betrifft auch "die Wüsten in Arabien, die Wüsten der Berberei in Afrika", wo die Extreme anzutreffen sind von Gastfreundschaft und "Räuberei, die letztere namentlich, wenn sie von Kulturländern umgeben sind, wie die Araber, die darin von ihren Pferden und Kamelen unterstützt werden." Vor allem wenn die Völker vom Islam beeinflusst sind, "früher friedlich gestimmt, fallen sie alsdann wie ein verwüstender Strom über Kulturländer, und die Revolution, die jetzt hereinbricht, hat kein anderes Resultat als Zerstörung und Einöde. In solche Bewegung gerieten die Völker unter Tschingiskhan und Tamerlan, sie zertraten alles, verschwanden dann wieder, wie ein verheerender Waldstrom abläuft, weil er kein eigentliches Prinzip der Lebendigkeit besitzt." [12]

China ist die älteste orientalische Kultur. Nach Hegel sind die Chinesen "einem unendlichen Aberglauben ergeben: dieser beruht eben auf der Unselbstständigkeit des Innern und setzt das Gegenteil von der Freiheit des Geistes voraus." Mit diesem Mangel an Innerlichkeit hänge auch die Bildung der chinesischen Wissenschaft zusammen. Die Wissenschaften werden dort verehrt und werden von der Regierung hochgeschätzt und gefördert. "Eine der höchsten Staatsbehörden ist die Akademie der Wissenschaften."  [13]
 

"Wenn so einerseits die Wissenschaften aufs höchste geehrt und gepflegt scheinen, so fehlt ihnen auf der andern Seite gerade jener freie Boden der Innerlichkeit und das eigentliche wissenschaftliche Interesse, das sie zu einer theoretischen Beschäftigung macht. Ein freies, ideeles Reich des Geistes hat hier nicht Platz, und das, was hier wissenschaftlich heißen kann, ist empirischer Natur und steht wesentlich im Dienste des Nützlichen für den Staat und für seine und der Individuen Bedürfnisse."  - G.W.F. Hegel, Philosophie der Geschichte I, 1 


Zu Indien, das in weiten Teilen auch vom Islam verdorben wurde, schreibt Hegel: "Indem das Allgemeine zu sinnlicher Gegenständlichkeit verkehrt wird, wird diese auch aus ihrer Bestimmtheit zur Allgemeinheit herausgetrieben, wodurch sie sich haltungslos zur Maßlosigkeit erweitert." In China und Indien gibt es Gedichte, "die man mit dem, was vom Besten in der europäischen Literatur vorkommt, vergleichen kann... aber Sittlichkeit, Moralität, Freiheit des Geistes, Bewusstsein des eigenen Rechts sind ganz davon getrennt... das Versenken in die abstrakte Allgemeinheit hat keinen Zusammenhang mit dem Wirklichen." Wie die Inder durch den Islam verdorben wurden, zeigen viele Autoren, nicht zuletzt Schopenhauer und S. Rushdie.  Hegel schreibt dazu: "List und Verschlagenheit ist der Grundcharakter des Inders; Betrügen, Stehlen, Rauebn, Morden liegt in seinen Sitten; demütig kriechend und niederträchtig zeigt er sich dem Sieger und Herrn, vollkommen rücksichtslos und grausam dem Überwundenen und Untergebenen. Die Menschlichkeit des Inders charakterisierend ist es, dass er kein Tier tötet, reiche Hospitäler für Tiere, besonders für alte Kühe und Affen, stiftet und unterhält, dass aber im ganzen Lande keine einzige Anstalt für kranke und altersschwache Menschen zu finden ist. Auf Ameisen treten die Inder nicht, aber arme Wanderer lassen sie gleichgültig verschmachten. Besonders unsittlich sind die Brahmanen. Sie essen und schlafen nur, erzählen die Engländer. Wenn ihnen etwas nicht durch ihre Gebräuche verboten ist, so lassen sie sich ganz durch ihre Triebe leiten; wo sie ins öffentliche Leben eingreifen, zeigen sie sich habsüchtig, betrügerisch, wollüstig; sie behandeln die mit Demut, welche sie zu fürchten haben, und lassen es ihre Untergebenen entgelten. Ein rechtschaffener Mann, sagt ein Engländer, ist mir unter ihnen nicht bekannt. Die Kinder haben vor den Eltern keine Achtung, der Sohn misshandelt die Mutter." [14]

Das Prinzip der Freiheit war in Indien damals so wenig vorhanden wie in China oder der Türkei oder anderen orientalischen Staaten, somit konnte auch kein Staat im heutigen Sinne entstehen; es gab also nur Despotien und Tyranneien wie sie in den meisten islamischen "Staaten" immer noch anzutreffen sind. Dazu Hegel: "Nachdem nun das indische Prinzip in den Kastenunterschieden, in der Religion und Literatur ist nachgewiesen worden, so ist nun auch die Art und Weise des politischen Daseins, d. i. der Grundsatz des indischen Staates anzugeben. – Der Staat ist diese geistige Wirklichkeit, dass das selbstbewußte Sein des Geistes, die Freiheit des Willens als Gesetz verwirklicht werde. Dies setzt schlechthin das Bewusstsein des freien Willens überhaupt voraus. Im chinesischen Staate ist der moralische Wille des Kaisers das Gesetz; aber so, dass die subjektive, innerliche Freiheit dabei zurückgedrängt ist, und das Gesetz der Freiheit nur als außerhalb der Individuen sie regiert. In Indien ist diese erste Innerlichkeit der Einbildung, eine Einheit des Natürlichen und Geistigen, worin weder die Natur als eine verständige Welt noch das Geistige als das der Natur sich gegenüberstellende Selbstbewusstsein ist. Hier fehlt der Gegensatz im Prinzip; es fehlt die Freiheit sowohl als an sich seiender Wille, wie auch als subjektive Freiheit. Es ist hiemit der eigentümliche Boden des Staates, das Prinzip der Freiheit gar nicht vorhanden: es kann also kein eigentlicher Staat vorhanden sein. Dies ist das erste; wenn China ganz Staat ist, so ist das indische politische Wesen nur ein Volk, kein Staat. Ferner, wenn in China ein moralischer Despotism war, so ist das, was in Indien noch politisches Leben genannt werden kann, ein Despotism ohne irgendeinen Grundsatz, ohne Regel der Sittlichkeit und der Religiosität: denn Sittlichkeit, Religion, insofern die letztere sich auf das Handeln der Menschen bezieht, haben schlechthin zu ihrer Bedingung und Basis die Freiheit des Willens. In Indien ist daher der willkürlichste, schlechteste, entehrendste Despotism zu Hause. China, Persien, die Türkei, Asien überhaupt ist der Boden des Despotism und, im bösen Charakter, der Tyrannei; aber die letztere gilt als etwas, das nicht in der Ordnung ist, und das an der Religion, an dem moralischen Bewußtsein der Individuen seine Mißbilligung findet. Die Tyrannei empört hier die Individuen, sie verabscheuen und empfinden sie als Druck, sie ist darum zufällig und außer der Ordnung, sie soll nicht sein. Aber in Indien ist sie in der Ordnung, denn hier ist kein Selbstgefühl vorhanden, mit dem die Tyrannei vergleichbar wäre, und wodurch das Gemüt sich in Empörung setzte; es bleibt nur der körperliche Schmerz, die Entbehrung der nötigsten Bedürfnisse und der Lust, welche eine negative Empfindung dagegen enthalten. Bei einem solchen Volke ist denn das, was wir im doppelten Sinne Geschichte heißen, nicht zu suchen, und hier tritt der Unterschied zwischen China und Indien am deutlichsten und am auffallendsten hervor. Die Chinesen haben die genaueste Geschichte ihres Landes, und es ist schon bemerkt worden, welche Anstalten in China getroffen werden, dass alles genau in die Geschichtsbücher verzeichnet werde. Das Gegenteil ist in Indien der Fall. Wenn wir in der neueren Zeit, als wir mit den Schätzen der indischen Literatur bekannt wurden, gefunden haben, dass die Inder großen Ruhm in der Geometrie, Astronomie und Algebra erlangten, dass sie es in der Philosophie weit brachten, und dass das grammatische Studium so angebaut worden ist, dass keine Sprache als ausgebildeter zu betrachten ist als das Sanskrit, so finden wir die Seite der Geschichte ganz vernachlässigt oder vielmehr gar nicht vorhanden. Denn die Geschichte erfordert Verstand, die Kraft, den Gegenstand für sich freizulassen und ihn in seinem verständigen Zusammenhange aufzufassen. Der Geschichte, wie der Prosa überhaupt, sind daher nur Völker fähig, die dazu gekommen sind und davon ausgehen, dass die Individuen sich als für sich seiend, mit Selbstbewußtsein, erfassen. Die Chinesen gelten nach dem, wozu sie sich im großen Ganzen des Staates gemacht haben. Indem sie auf diese Weise zu einem Insichsein gelangen, lassen sie auch die Gegenstände frei und fassen dieselben auf, wie sie vorliegen, in ihrer Bestimmtheit und in ihrem Zusammenhange. Die Inder dagegen sind durch Geburt einer substantiellen Bestimmtheit zugeteilt, und zugleich ist ihr Geist zur Idealität erhoben, so dass sie der Widerspruch sind, die feste verständige Bestimmtheit in ihrer Idealität aufzulösen und andrerseits diese zur sinnlichen Unterschiedenheit herabzusetzen. Dies macht sie zur Geschichtschreibung unfähig. Alles Geschehene verflüchtigt sich bei ihnen zu verworrenen Träumen. Was wir geschichtliche Wahrheit und Wahrhaftigkeit, verständiges, sinnvolles Auffassen der Begebenheiten und Treue in der Darstellung nennen, – nach allem diesen ist bei den Indern gar nicht zu fragen. Es ist teils eine Gereiztheit und Schwäche der Nerven, die ihnen nicht gestattet, ein Dasein zu ertragen und fest aufzufassen, – wie sie es auffassen, hat es ihre Empfindlichkeit und Phantasie zum Fiebertraum verkehrt; teils ist Wahrhaftigkeit das Gegenteil ihrer Natur, sie lügen sogar wissentlich und vorsätzlich, wo sie es besser wissen. Wie der indische Geist ein Träumen und Vorschweben, ein selbstloses Aufgelöstsein ist, so verschweben ihm auch die Gegenstände zu wirklichkeitslosen Bildern und zu einem Maßlosen. Dieser Zug ist absolut charakteristisch, und durch ihn allein ließe sich der indische Geist in seiner Bestimmtheit auffassen und aus ihm alles Bisherige entwickeln." [15]

Als die ältesten und sichersten Quellen der indischen Geschichte gelten die Notizen der griechischen Schriftsteller, nachdem Alexander der Große den Weg nach Indien eröffnet hatte. Eine andre Quelle bieten die mohammedanischen Geschichtschreiber, womit allerdings auch die Geschichtsklitterei beginnt. "Schon im zehnten Jahrhundert begannen die Mohammedaner ihre Einfälle. Ein türkischer Sklave ist der Stammvater der Ghaznawiden; sein Sohn Mahmud brach in Hindostan ein und eroberte fast das ganze Land. Die Residenz schlug er westlich von Kabul auf, und an seinem Hofe lebte der Dichter Ferdusi. Die ghaznawidische Dynastie wurde bald durch die Afghanen und später durch die Mongolen völlig ausgerottet... Als die Europäer mit Indien bekannt wurden, fanden sie eine Menge von kleinen Reichen, an deren Spitze mohammedanische und indische Fürsten standen. Der Zustand war beinahe lehnsmäßig organisiert, und die Reiche zerfielen in Distrikte, die zu Vorstehern Mohammedaner oder Leute aus der Kriegerkaste hatten. Das Geschäft dieser Vorsteher bestand darin, Abgaben einzuziehen und Kriege zu führen... Es ist der Kampf eines energischen Fürstenwillens gegen einen ohnmächtigeren, die Geschichte der Herrscherdynastien, aber nicht der Völker, eine Reihe immer wechselnder Intrigen und Empörungen, und zwar nicht der Untertanen gegen ihre Beherrscher, sondern des fürstlichen Sohnes gegen den Vater, der Brüder, der Onkel und Neffen untereinander und der Beamten gegen ihren Herrn. Man könnte nun glauben, dass, wenn die Europäer einen solchen Zustand vorfanden, dies ein Resultat der Auflösung früherer besserer Organisationen gewesen sei, man könnte namentlich annehmen, dass die Zeiten der mongolischen Oberherrschaft eine Periode des Glücks und des Glanzes und eines politischen Zustandes gewesen seien, wo Indien nicht durch fremde Eroberer in seinem religiösen und politischen Sein zerrissen, unterdrückt und aufgelöst war. Was aber davon an geschichtlichen Spuren und Zügen beiläufig in dichterischen Beschreibungen und Sagen vorkommt, deutet immer auf denselben Zustand der Geteiltheit durch Krieg und der Unstetheit der politischen Verhältnisse; und das Gegenteil ist leicht als Traum und leere Einbildung zu erkennen. Dieser Zustand geht aus dem angegebenen Begriffe des indischen Lebens und seiner Notwendigkeit hervor. Die Kriege der Sekten, der Brahmanen und Buddhisten, der Anhänger des Wischnu und Siwa trugen zu dieser Verwirrung noch bei. – Ein gemeinschaftlicher Charakter zieht sich zwar durch ganz Indien hindurch: daneben besteht aber die größte Verschiedenheit der einzelnen Staaten Indiens; so dass man in dem einen indischen Staate der größten Weichlichkeit begegnet, in dem andern dagegen auf ungeheure Kraft und Grausamkeit trifft. – Vergleichen wir nun zum schluss noch einmal übersichtlich Indien mit China, so fanden wir also in China einen durchaus phantasielosen Verstand, ein prosaisches Leben in festbestimmter Wirklichkeit, in der indischen Welt gibt es sozusagen keinen Gegenstand, der ein wirklicher, fest begrenzter wäre, der nicht von der Einbildungskraft sogleich zum Gegenteil dessen verkehrt würde, was er für ein verständiges Bewußtsein ist. In China ist es das Moralische, was den Inhalt der Gesetze ausmacht und zu äußeren festbestimmten Verhältnissen gemacht ist, und über allem schwebt die patriarchalische Vorsorge des Kaisers, der als Vater für seine Untertanen auf gleiche Weise sorgt. Bei den Indern dagegen ist nicht diese Einheit, sondern die Unterschiedenheit derselben das Substantielle: Religion, Krieg, Gewerbe, Handel, ja die geringsten Beschäftigungen werden zu einer festen Unterscheidung, welche die Substanz des unter sie subsumierten einzelnen Willens ausmachen und das Erschöpfende für ihn sind. Damit ist verbunden eine ungeheure, vernunftlose Einbildung, welche den Wert und das Verhalten der Menschen in eine unendliche Menge von ebenso geist- als gemütlosen Handlungen legt, alle Rücksicht auf das Wohl der Menschen beiseite setzt und sogar die grausamste und härteste Verletzung desselben zur Pflicht macht. Bei der Festigkeit jener Unterschiede bleibt für den allgemeinen einen Staatswillen nichts übrig als die reine Willkür, gegen deren Allgewalt nur die Substantialität des Kastenunterschiedes in etwas zu schützen vermag. Die Chinesen bei ihrer prosaischen Verständigkeit verehren als das Höchste nur den abstrakten obersten Herrn, und für das Bestimmte haben sie einen schmählichen Aberglauben. Bei den Indern gibt es insofern keinen solchen Aberglauben, als dieser der Gegensatz gegen den Verstand ist; sondern vielmehr ihr ganzes Leben und Vorstellen ist nur ein Aberglauben, weil alles bei ihnen Träumerei und Sklaverei derselben ist. Die Vernichtung, Wegwerfung aller Vernunft, Moralität und Subjektivität kann nur zu einem positiven Gefühle und Bewußtsein ihrer selbst kommen, indem sie maßlos in wilder Einbildungskraft ausschweift, darin als ein wüster Geist keine Ruhe findet und sich nicht fassen kann, aber nur auf diese Weise Genüsse findet, – wie ein an Körper und Geist ganz heruntergekommener Mensch seine Existenz verdumpft und unleidlich findet und nur durch Opium sich eine träumende Welt und ein Glück des Wahnsinns verschafft." [16]
 

3. Buddhismus in China, Indien, Tibet, Mongolei, Ceylon, Thailand, Burma, Vietnam, Korea

Der Buddhaismus ist in Asien am weitesten verbreitet und wirkt sich eher positiv auf die Menschen aus. "Höchst verschiedenartige Völker und Länder sind hierunter zusammengefasst: Ceylon, Hinterindien mit dem Birmanenreich, Siam, Anam, nördlich davon Tibet, dann das chinesische Hochland mit seinen verschiedenen Völkerschaften von Mongolen und Tataren. Es sind hier nicht die besonderen Individualitäten dieser Völker zu betrachten, sondern es soll nur kurz ihre Religion, welche die interessanteste Seite an ihnen ausmacht, charakterisiert werden. Die Religion dieser Völker ist der Buddhaismus, welcher die am weitesten verbreitete Religion auf unsrer Erde ist. In China wird Buddha als Foe verehrt, in Ceylon als Gautama; in Tibet und bei den Mongolen hat diese Religion die Schattierung des Lamaismus erhalten. In China, wo die Religion des Foe schon früh eine große Ausbreitung gefunden und das Klosterleben herbeigeführt hat, erhält dieselbe die Stellung eines integrierenden Moments zum chinesischen Prinzip. Wie der substantielle Geist in China sich nur zu einer Einheit des weltlichen Staatslebens ausbildet, welches die Individuen nur im Verhältnis steter Abhängigkeit läßt, so bleibt auch die Religion bei der Abhängigkeit stehen. Ihr fehlt das Moment der Befreiung, denn ihr Gegenstand ist das Naturprinzip überhaupt, der Himmel, die allgemeine Materie. Die Wahrheit dieses Außersichseins des Geistes aber ist die ideelle Einheit, die Erhebung über die Endlichkeit der Natur und des Daseins überhaupt, die Rückkehr des Bewusstseins in das Innere. Dieses Moment, welches im Buddhaismus enthalten ist, hat in China insoweit Eingang gefunden, als die Chinesen dazu gelangten, die Geistlosigkeit ihres Zustands und die Unfreiheit ihres Bewusstseins zu empfinden. – In dieser Religion, welche überhaupt als die Religion des Insichseins zu bezeichnen ist .. Was die negative Erhebung anbetrifft, so ist diese die Sammlung des Geistes zum Unendlichen und muss zuerst in religiösen Bestimmungen vorkommen. Sie liegt in dem Grunddogma, dass das Nichts das Prinzip aller Dinge sei, dass alles aus dem Nichts hervorgegangen und auch dahin zurückgehe. Die Unterschiede der Welt sind nur Modifikationen des Hervorgehens. Versuchte jemand die verschiedenen Gestalten zu zerlegen, so würden sie ihre Qualität verlieren, denn an sich sind alle Dinge ein und dasselbe, untrennbar, und diese Substanz ist das Nichts. Der Zusammenhang mit der Metempsychose ist hieraus zu erklären: Alles ist nur eine Änderung der Form. Die Unendlichkeit des Geistes in sich, die unendliche konkrete Selbständigkeit ist hiervon ganz entfernt. Das abstrakte Nichts ist eben das Jenseits der Endlichkeit, was wir wohl auch das höchste Wesen nennen. Dieses wahre Prinzip, heißt es, sei in ewiger Ruhe und in sich unveränderlich, sein Wesen bestehe eben darin, ohne Tätigkeit und Willen zu sein. Denn das Nichts ist das abstrakt mit sich Eine. Um glücklich zu sein, muss der Mensch durch beständige Siege über sich diesem Prinzipe sich gleichzumachen suchen und deswegen nichts tun, nichts wollen, nichts verlangen; es kann daher in diesem glückseligen Zustande weder von Laster noch von Tugend die Rede sein, denn die eigentliche Seligkeit ist die Einheit mit dem Nichts. Je mehr der Mensch zur Bestimmungslosigkeit kommt, desto mehr vervollkommnet er sich, und in der Vernichtung der Tätigkeit, in der reinen Passivität ist er eben dem Foe gleich. Die leere Einheit ist nicht bloß das Zukünftige, das Jenseits des Geistes, sondern auch das Heutige, die Wahrheit, die für den Menschen ist und in ihm zur Existenz kommen soll. In Ceylon und im birmanischen Reiche, wo dieser buddhistische Glaube wurzelt, herrscht die Anschauung, dass der Mensch durch Meditation dazu gelangen könne, der Krankheit, dem Alter, dem Tode nicht mehr unterworfen zu sein. Wenn dieses aber die negative Weise der Erhebung des Geistes aus seiner Äußerlichkeit zu sich selbst ist, so geht diese Religion auch zum Bewusstsein eines Affirmativen fort. Das Absolute ist der Geist. Doch bei der Auffassung des Geistes kommt es wesentlich auf die bestimmte Form an, in welcher der Geist vorgestellt wird. Sprechen wir vom Geiste als allgemeinem, so wissen wir, dass er für uns nur in der innerlichen Vorstellung ist: dass es aber dahin komme, ihn nur in der Innerlichkeit des Denkens und Vorstellens zu haben, ist selbst erst infolge eines weiteren Weges der Bildung geschehen. Wo wir jetzt in der Geschichte stehen, ist die Form des Geistes noch die Unmittelbarkeit. Gott ist in unmittelbarer Form, nicht in der Form des Gedankens gegenständlich. Diese unmittelbare Form ist aber die menschliche Gestalt. Die Sonne, die Sterne sind noch nicht der Geist, Wohl aber der Mensch, welcher hier als Buddha, Gautama, Foe, in der Weise eines verstorbenen Lehrers, und in der lebendigen Gestalt des Ober-Lama göttlicher Verehrung teilhaftig wird. Der abstrakte Verstand wendet sich gewöhnlich gegen solche Vorstellung eines Gottmenschen, deren Mangelhaftes das sein soll, dass die Form des Geistes ein Unmittelbares, und zwar der Mensch, als dieser, sei. Mit dieser religiösen Richtung ist hier der Charakter eines ganzen Volkes verbunden. Die Mongolen, welche sich durch ganz Mittelasien bis nach Sibirien hin erstrecken, wo sie den Russen unterworfen sind, verehren den Lama, und mit dieser Anbetung ist ein einfacher politischer Zustand, ein patriarchalisches Leben verbunden; denn sie sind eigentlich Nomaden, und nur zuweilen gären sie auf, kommen wie außer sich und verursachen Völkerausbrüche und Überschwemmungen. Der Lamas gibt es überhaupt drei: der bekannteste ist der Dalai-Lama, welcher seinen Sitz in Hlassa im Reiche Thibet hat, der andre ist der Tischu-Lama, der unter dem Titel Bantschen Rinbotschi zu Tischu-Lombu residiert; ein dritter ist noch im südlichen Sibirien. Die beiden ersten Lamen stehen an der Spitze zweier verschiedener Sekten, von denen die Priester der einen gelbe Kappen tragen, die der andern aber rote. Die gelben Kappenträger, an deren Spitze der Dalai-Lama steht und zu denen sich der Kaiser von China hält, haben bei den Geistlichen das Zölibat eingeführt, wahrend die rotfarbigen die Ehe der Priester erlauben. Besonders mit dem Tischu-Lama haben die Engländer eine Bekanntschaft angeknüpft und uns Schilderungen von ihm entworfen. Die Form überhaupt, in welcher das Geistige der lamaischen Entwicklung des Buddhaismus steht, ist die eines gegenwärtigen Menschen, während es im ursprünglichen Buddhaismus ein verstorbener ist. Gemeinschaftlich haben beide das Verhältnis zu einem Menschen überhaupt. dass nun ein Mensch als Gott verehrt wird, namentlich ein lebendiger, hat in sich etwas Widerstreitendes und Empörendes, man muss aber dabei naher folgendes vor Augen haben. Es liegt im Begriffe des Geistes, ein Allgemeines in sich selbst zu sein. Diese Bestimmung muss hervorgehoben werden, und in der Anschauung der Völker muss sich zeigen, dass diese Allgemeinheit ihnen vorschwebt. Nicht eben die Einzelnheit des Subjekts ist das Verehrte, sondern das Allgemeine in ihm, welches bei den Thibetanern, Indern und den Asiaten überhaupt als das alles Durchwandernde bettachtet wird. Diese substantielle Einheit des Geistes kommt im Lama zur Anschauung, welcher nichts als die Gestalt ist, in der sich der Geist manifestiert, und diese Geistigkeit nicht als sein besonderes Eigentum hat, sondern nur als teilnehmend an derselben gedacht wird, um sie für die andern zur Darstellung zu bringen, auf dass diese die Anschauung der Geistigkeit erhalten und zur Frömmigkeit und Seligkeit geführt werden. Die Individualität als solche, die ausschließende Einzelheit ist hier also überhaupt gegen jene Substantialität untergeordnet. Das Zweite, was in dieser Vorstellung wesentlich hervortritt, ist die Unterscheidung von der Natur. Der chinesische Kaiser war die Macht über die Naturkräfte, die er beherrscht, während hier gerade die geistige Macht unterschieden von der Naturmacht ist. Den Lamadienern fällt nicht ein, vom Lama zu verlangen, dass er sich als Herr der Natur beweise, zaubere und Wunder tue, denn von dem, was sie Gott nennen, wollen sie nur geistiges Tun und Spenden geistiger Wohltaten. Auch Buddha heißt der Heiland von Seelen, das Meer der Tugend, der große Lehrer. Die den Tischu-Lama kannten, schildern ihn als den vortrefflichsten, ruhigsten und der Meditation ergebensten Mann. So sehen ihn auch die Lamadiener an. Sie finden in ihm einen Mann, der beständig mit der Religion beschäftigt ist, und der, wenn er seine Aufmerksamkeit auf das Menschliche wendet, nur dazu da ist, Trost und Erhebung durch seinen Segen, durch Ausübung der Barmherzigkeit und Verzeihung auszuteilen. Diese Lamen führen ein durchaus isoliertes Leben und haben fast mehr weibliche als männliche Bildung. Früh aus den Armen der Eltern gerissen, ist der Lama in der Regel ein wohlgebildetes und schönes Kind. In vollkommener Stille und Einsamkeit, in einer Art von Gefängnis wird er erzogen, er wird wohlgenährt, bleibt ohne Bewegung und Kinderspiel, und so ist es kein Wunder, dass die stille empfangende weibliche Richtung in ihm vorherrschend ist. Die großen Lamas haben unter sich, als Vorsteher der großen Genossenschaften, die niederen Lamas. Jeder Vater, der in Thibet vier Söhne hat, muss einen dem Klosterleben widmen. Die Mongolen, die hauptsächlich vom Lamaismus, dieser Modifikation des Buddhaismus, ergriffen sind, haben großen Respekt vor allem Lebendigen. Sie leben vornehmlich von Vegetabilien und scheuen sich vor der Tötung des Tierischen, sogar einer Laus. Dieser Dienst der Lamas hat das Schamanentum verdrängt, das heißt, die Religion der Zauberei. Die Schamanen, Priester dieser Religion, betäuben sich durch Getränke und Tanz, zaubern infolge dieser Betäubung, fallen erschöpft nieder und sprechen Worte aus, die für Orakel gelten. Seitdem der Buddhaismus und Lamaismus an die Stelle der schamanischen Religion getreten ist, ist das Leben der Mongolen einfach, substantiell und patriarchalisch gewesen, und wo sie in die Geschichte eingreifen, da haben sie nur historisch elementarische Anstöße verursacht. Daher ist auch von der politischen Staatsführung der Lamen wenig zu sagen. Ein Vezier führt die weltliche Herrschaft und berichtet alles an den Lama; die Regierung ist einfach und milde, und die Verehrung, welche die Mongolen dem Lama darbringen, äußert sich hauptsächlich darin, dass sie ihn in politischen Angelegenheiten um Rat fragen." [17]
 

4. Die Assyrier, Babylonier, Meder und Perser

Die Sagen gelten als die ältesten; "sie sind aber an und für sich dunkel und zum Teil widersprechend, und dieser Widerspruch ist um so weniger aufzuhellen, als dem Volke Grundbücher und einheimische Werke abgehen." Historische Quellen gibt es kaum, da die Verfasser Mohammedaner waren, was für nicht nur für Hegel keine Quelle war, der man trauen konnte, wie man auch heute der Geschichtsklitterung an islamischen und teilweise islamisierten amerikanischen Elite-Universitäten nichts Vernünftiges abgewinnen kann. "Der griechische Historiker Ktesias soll aus den Archiven der persischen Könige selbst geschöpft haben; indessen sind nur noch wenige Bruchstücke vorhanden. Herodot gibt viele Nachrichten; außerdem sind auch die Erzählungen in der Bibel höchst wichtig und merkwürdig, denn die Hebräer standen in unmittelbarer Beziehung mit den Babyloniern. Es kann hier noch namentlich in Beziehung auf die Perser überhaupt die Epopöe, Schah-nameh von Ferdusi, erwähnt werden, ein Heldenbuch in 60 000 Strophen, wovon Görres einen weitläufigen Auszug gegeben hat. Ferdusi lebte im Anfange des elften Jahrhunderts n. Chr. Geburt am Hofe Mahmud des Großen zu Ghasna, östlich von Kabul und Kandahar. Die berühmte eben genannte Epopöe hat die alten Heldensagen Irans (das ist, des eigentlichen Westpersiens) zu ihrem Gegenstande, kann aber nicht für eine historische Quelle gelten, da ihr Inhalt poetisch und ihr Verfasser ein Mohammedaner ist. Der Kampf von Iran und Turan wird in dem Heldengedicht beschrieben. Iran ist das eigentliche Persien, das Gebirgsland im Süden vom Oxus, Turan bezeichnet die Ebenen des Oxus und die zwischen demselben und dem alten Jaxartes liegenden. Ein Held, Rustan, macht die Hauptfigur im Gedichte, aber die Erzählungen sind ganz fabelhaft oder vollkommen entstellt. Alexanders geschieht Erwähnung, und er wird Ischkander oder Skander von Rum genannt. Rum ist das türkische Reich (noch jetzt heißt eine Provinz desselben Rumelien), aber ebenso das römische, und im Gedichte wird nicht minder Alexanders Reich Rum geheißen. Dergleichen Vermischungen gehören ganz der mohammedanischen Anschauung an."  [18]

Was nun Assyrien anbetrifft, so ist das mehr ein unbestimmter Name, Das eigentliche Assyrien ist ein Teil von Mesopotamien, im Norden von Babylon. Als Hauptstädte dieses Reiches werden angegeben, Atur oder Assur am Tigris, später Ninive, das vom Ninus, dem Stifter des assyrischen Reiches, begründet und erbaut worden sein soll. In jenen Zeiten machte eine Stadt das ganze Reich aus: so Ninive, so auch Ekbatana in Medien, das sieben Mauern gehabt haben soll, zwischen deren Umschließungen Ackerbau getrieben wurde; innerhalb der mittelsten Mauer befand sich der Palast des Herrschers. "So soll nun auch Ninive, nach Diodor, 480 Stadien (ungefähr zwölf deutsche Meilen) im Umfange gehabt haben; auf den Mauern von 100 Fuß Höhe waren 1500 Türme, innerhalb welcher sich eine ungeheuere Volksmasse aufhielt. Eine nicht minder unermeßliche Population schloß Babylon in sich. Diese Städte entstanden aus dem doppelten Bedürfnis, einmal das Nomadenleben aufzugeben und in festen Sitzen Ackerbau, Gewerbe und Handel zu betreiben, dann sich gegen die herumschweifenden Bergvölker und die räuberischen Araber zu schützen. Ältere Sagen deuten darauf, dass dies ganze Talland von Nomaden durchzogen worden ist, und dass das städtische Leben diese dann verdrängt hat. So wanderte Abraham mit seiner Familie aus Mesopotamien gegen Westen in das gebirgige Palästina. Noch heute wird auf diese Weise Bagdad von streifenden Nomaden umschwärmt. Ninive soll 2050 Jahre v. Chr. Geburt erbaut worden sein, und so weit hinauf also wird die Begründung des assyrischen Reiches gestellt. Ninus unterwarf sich alsdann Babylonien, Medien und Baktrien, und insbesondere wird die Erwerbung des letzteren Landes als eine Äußerung der größten Anstrengung angegeben, denn Ktesias schätzt die Truppenzahl, die Ninus mit sich geführt haben soll, auf 1 700 000 Fußgänger und eine verhältnismäßige Anzahl von Reitern. Baktra wurde sehr lange belagert, und die Eroberung desselben wird der Semiramis zugeschrieben, die mit einer mutigen Schar den steilen Abhang eines Berges erstiegen haben soll. Die Person der Semiramis schwankt überhaupt zwischen mythologischen und historischen Vorstellungen; ihr wird auch der Turmbau Babels zugeschrieben, von dem wir in der Bibel eine der ältesten Sagen haben. Babylon lag südlich am Euphrat in einer höchst fruchtbaren und für Ackerbau sehr geeigneten Ebene. Auf dem Euphrat und Tigris wurde große Schiffahrt getrieben; teils kamen die Schiffe von Armenien, teils vom Süden nach Babylon und führten in dieser Stadt einen unermeßlichen Reichtum zusammen. Das Land um Babylon herum war von unzähligen Kanälen durchschnitten, mehr im Interesse des Ackerbaus, um das Land zu bewässern und die Überschwemmungen zu hindern, als im Interesse der Schiffahrt. Die Prachtgebäude der Semiramis in Babylon selbst sind berühmt; doch wieviel davon in die alte Zeit gehört, ist unbestimmt und ungewiß. Es wird angegeben, dass Babylon ein Viereck gewesen sei, mittendurch von dem Euphrat geteilt; auf der einen Seite des Stromes sei der Tempel des Bel gestanden, auf der andern die großen Paläste der Monarchen; die Stadt habe 100 eherne (d. i. kupferne) Tore gehabt, ihre Mauern seien 100 Fuß hoch und verhältnismäßig breit gewesen, mit 250 Türmen versehen. Die Straßen in der Stadt, die auf den Strom zugingen, wurden jede Nacht mit ehernen Toren geschlossen. Ker Porter, ein Engländer, bereiste vor ungefähr zwölf Jahren (seine ganze Reise dauerte von 1817–1820) die Gegenden, wo das alte Babylon gelegen war; auf einer Erhöhung glaubte er noch Reste des alten Turms zu Babel zu entdecken; er wollte Spuren von den vielen Gängen finden, die sich um den Turm herumwanden, und in deren höchstem Geschosse das Bild des Bel aufgestellt war; außerdem finden sich noch viele Hügel mit Resten von alten Gebäulichkeiten. Die Backsteine zeigen sich so, wie sie in der Bibel beim Turmbau beschrieben sind; eine ungeheure Ebene ist von einer unzähligen Menge solcher Backsteine bedeckt, obgleich schon seit mehreren tausend Jahren beständig von dort welche geholt werden und die ganze Stadt Hila, die in der Nähe des alten Babylon liegt, von denselben gebaut wurde. Herodot gibt einige merkwürdige Sittenzüge der Babylonier an, woraus hervorzugehen scheint, dass sie ein friedliches, gut nachbarliches Volk gewesen sind. Wenn einer in Babylon krank wurde, so brachte man ihn auf einen freien Platz, damit jeder Vorübergehende ihm seinen Rat erteilen könne. Die Töchter wurden in den Jahren der Mannbarkeit versteigert, und der hohe Preis, der für die Schöne geboten ward, wurde zum Heiratsgut der Häßlichen bestimmt. Dies hinderte nicht, dass jede Fran einmal in ihrem Leben im Tempel der Mylitta sich preisgegeben haben musste. Wie dies mit den Religionsbegriffen zusammengehangen habe, ist schwer zu ermitteln; sonst sagt Herodot, dass Sittenlosigkeit erst spät eingerissen sei, als Babylon ärmer geworden. Auch deutet der Umstand, dass die Schönen die Häßlichen dotierten, auf die Vorsorge für alle hin, sowie das öffentliche Ausstellen der Kranken auf eine gewisse Gemeinsamkeit. Es ist hier noch der Meder Erwähnung zu tun. Sie waren, wie die Perser, ein Bergvolk, dessen Wohnsitze sich südlich und südwestlich vom Kaspischen Meere befanden und sich bis nach Armenien herüberzogen. Unter diesen Medern werden dann auch die Magier aufgeführt, als einer der sechs Stämme, die das medische Volk bildeten, dessen Haupteigenschaften Wildheit, Roheit und kriegerischer Mut waren. Die Hauptstadt Ekbatana wurde erst vom Dejozes erbaut; er soll die Stämme, nachdem sie sich zum zweitenmal von der assyrischen Herrschaft frei gemacht hatten, als König vereinigt und sie bewogen haben, ihm eine anständige Residenz zu bauen und zu befestigen. – Was die Religion der Meder betrifft, so nennen die Griechen alle orientalischen Priester überhaupt Magier, und eben deswegen ist dieser Name völlig unbestimmt. So viel geht aber aus allem hervor, dass bei den Magiern ein näherer Zusammenhang mit der Zendreligion zu suchen ist, aber dass, wenn auch die Magier Bewahrer und Verbreiter derselben waren, diese doch große Modifikationen durch den Übergang auf die verschiedenen Völker erlitt. Xenophon sagt, dass Cyrus zuerst in der Weise der Magier Gott opferte; die Meder waren somit ein Mittelvolk zur Fortpflanzung der Zendreligion. – Das assyrisch-babylonische Reich nun, das so viele Völker unter sich hatte, soll tausend oder anderthalbtausend Jahre bestanden haben. Der letzte Herrscher war Sardanapal, ein großer Wollüstling, wie er beschrieben wird. Arbakes, der Satrap von Medien, regte die übrigen Satrapen gegen ihn auf und führte mit denselben die Truppen, welche sich alle Jahre zu Ninive zur Zählung versammelten, gegen Sardanapal. Dieser, wenn er auch mehrere Siege erfocht, wurde doch endlich genötigt, der Übermacht zu weichen, sich in Ninive einzuschließen und, als er zuletzt keinen Widerstand mehr leisten konnte, sich mit allen seinen Schätzen daselbst zu verbrennen. Nach einigen soll dieses 888 Jahre v. Chr. Geburt, nach andern am Ausgang des siebenten Jahrhunderts geschehen sein. Nach dieser Katastrophe löste sich das ganze Reich auf, es zerfiel in ein assyrisches, ein medisches und in ein babylonisches Reich, wozu auch die Chaldäer, ein Bergvolk aus dem Norden, das sich mit den Babyloniern vermischt hatte, gehörten. Diese einzelnen Reiche hatten wieder verschiedene Schicksale, doch herrscht hier eine noch nicht aufgelöste Verwirrung in den Nachrichten. In diesen Zeiten beginnen die Berührungen mit den Juden und Ägyptern. Das jüdische Reich unterlag der überwiegenden Macht; die Juden wurden nach Babylon geführt, und von ihnen haben wir nun genaue Nachrichten über den Zustand dieses Reiches. Nach den Angaben des Daniel war in Babylon eine sorgfältige Geschäftsorganisation vorhanden. Er spricht von Magiern, von denen die Erklärer der Schriften, die Wahrsager, Astrologen, Gelehrten und die Chaldäer, die die Träume auslegten, unterschieden werden. Die Propheten überhaupt erzählen viel von dem großen Handel in Babylon, entwerfen aber auch ein schreckliches Bild von der dort herrschenden Sittenlosigkeit." [19]

Das persische Reich hat alle drei geographische Momente in sich. "Zuerst die Hochlande von Persien und Medien, dann die Talebenen des Euphrat und Tigris, deren Bewohner sich zu einem gebildeten Kulturleben vereinigt haben, sowie Ägypten, die Talebene des Nils, wo Ackerbau, Gewerbe und Wissenschaften blühten, endlich das dritte Element, nämlich die Nationen, welche sich in die Gefahr des Meeres begeben, die Syrier, Phönizier, die Einwohner der griechischen Kolonien und griechischen Uferstaaten in Kleinasien. Persien vereinigte also die drei natürlichen Prinzipien in sich, während China und Indien der See fremd geblieben sind. Wir finden hier weder das substantielle Ganze von China noch das indische Wesen, wo eine und dieselbe Anarchie der Willkür herrscht, sondern die Regierung in Persien ist nur in ihrer allgemeinen Einheit ein Völkerverein, der die zusammengefassten Völker frei bestehen läßt. Dadurch ist der Grausamkeit, der Wildheit Einhalt getan, mit welcher sonst die Völker sich zerstörten, und wovon das Buch der Könige und das Buch Samuel hinreichendes Zeugnis geben. Das Wehklagen und die Verwünschungen der Propheten über den Zustand vor der Eroberung geben das Elend, die Bosheit und das Wüste desselben zu erkennen, zugleich mit dem Glück, welches Cyrus über die vorderasiatische Welt brachte. Es ist den Asiaten nicht gegeben, Selbständigkeit, Freiheit, gediegene Kraft des Geistes mit Bildung, dem Interesse für mannigfaltige Beschäftigung und der Bekanntschaft mit den Bequemlichkeiten zu vereinigen; kriegerischer Mut besteht nur in Wildheit der Sitten, er ist nicht der ruhige Mut der Ordnung, und wenn der Geist sich mannigfaltigen Interessen eröffnet, so geht er sogleich zur Verweichlichung über, lässt sich sinken und macht die Menschen zu Knechten einer schwachen Sinnlichkeit." [20]

"Das Wehklagen und die Verwünschungen der Propheten über den Zustand vor der Eroberung geben das Elend, die Bosheit und das Wüste desselben zu erkennen...Kriegerischer Mut besteht nur in Wildheit der Sitten, er ist nicht der ruhige Mut der Ordnung, und wenn der Geist sich mannigfaltigen Interessen eröffnet, so geht er sogleich zur Verweichlichung über, lässt sich sinken und macht die Menschen zu Knechten einer schwachen Sinnlichkeit." - G.W.F. Hegel, Philosophie der Geschichte I, 2 

"So ging man nach Ägypten, nach Szythien, nach Thrazien, so endlich nach Griechenland, wo diese ungeheure Macht gebrochen werden sollte. Ein solcher Aufbruch erschien fast wie eine Völkerwanderung, die Familien zogen mit; die Völker erschienen in ihrer Besonderheit mit ihrer Bewaffnung und wälzten sich haufenweise fort, jedes hatte eine andre Ordnung und eine andre Art zu kämpfen. Herodot entwirft uns bei dem großen Völkermarsch des Xerxes (es sollen zwei Millionen Menschen mit ihm gezogen sein) ein glänzendes Bild von dieser Manigfaltigkeit; doch da diese Völkerschaften so ungleich diszipliniert waren, so verschieden an Kraft und Tapferkeit, so wird es leicht begreiflich, dass die kleinen, disziplinierten, von einem Mut beseelten Heere der Griechen, unter trefflicher Anführung, jenen unermeßlichen, aber ungeordneten Streitkräften Widerstand leisten konnten."  - G.W.F. Hegel, Philosophie der Geschichte I, 2 

Von Persien strebte die orientalische Welt danach, Griechenland zu unterwerfen, doch Griechenland behauptete sich erfolgreich und begründete damit Europa. "Die Perser, ein freies Berg- und Nomadenvolk, über reichere, gebildetere und üppigere Länder herrschend, behielten doch im ganzen die Grundzüge ihrer alten Lebensweise bei, sie standen mit einem Fuße in ihrem Stammlande, mit dem andren im Auslande. In dem Stammlande war der König Freund unter Freunden und wie unter seinesgleichen; außer demselben der Herr, dem alle unterworfen sind und sich durch Tribut ihm angehörend beweisen. Der Zendreligion treu, üben sich die Perser in der Reinheit und in dem reinen Dienst des Ormuzd. Die Gräber der Könige waren im eigentlichen Persien, und dort besuchte bisweilen der König seine Landsleute, mit denen er in einem ganz einfachen Verhältnis lebte. Er brachte ihnen Geschenke mit, während bei allen andern Nationen diese dem Könige Geschenke geben mussten. Am Hofe des Monarchen befand sich eine Abteilung persischer Reiterei, welche den Kern der ganzen Armee ausmachte, miteinander speiste und überhaupt sehr gut diszipliniert war. Sie zeichnete sich durch Tapferkeit rühmlich aus, und auch die Griechen erkannten in den medischen Kriegen ihren Mut mit Achtung an. Wenn das ganze persische Heer, zu dem diese Abteilung gehörte, ausziehen sollte, so wurde zuvörderst ein Aufgebot an alle asiatischen Völkerschaften erlassen. Fanden sich die Krieger zusammen, so wurde der Zug alsdann mit jenem Charakter der Unruhe und schweifenden Lebensweise unternommen, der das Eigentümliche der Perser ausmachte. So ging man nach Ägypten, nach Szythien, nach Thrazien, so endlich nach Griechenland, wo diese ungeheure Macht gebrochen werden sollte. Ein solcher Aufbruch erschien fast wie eine Völkerwanderung, die Familien zogen mit; die Völker erschienen in ihrer Besonderheit mit ihrer Bewaffnung und wälzten sich haufenweise fort, jedes hatte eine andre Ordnung und eine andre Art zu kämpfen. Herodot entwirft uns bei dem großen Völkermarsch des Xerxes (es sollen zwei Millionen Menschen mit ihm gezogen sein) ein glänzendes Bild von dieser Manigfaltigkeit; doch da diese Völkerschaften so ungleich diszipliniert waren, so verschieden an Kraft und Tapferkeit, so wird es leicht begreiflich, dass die kleinen, disziplinierten, von einem Mut beseelten Heere der Griechen, unter trefflicher Anführung, jenen unermeßlichen, aber ungeordneten Streitkräften Widerstand leisten konnten. Die Provinzen hatten für den Unterhalt der persischen Reiterei, die sich im Mittelpunkte des Reiches aufhielt, zu sorgen. Babylon hatte von diesem Unterhalt den dritten Teil zu geben und erscheint somit als die bei weitem reichste Provinz. Sonst musste jedes Volk nach der Eigentümlichkeit seiner Produkte davon das Vorzüglichste liefern. So gab Arabien den Weihrauch, Syrien den Pupur usw." wie später die Mohammedaner, zerstörten die Perser griechische Kunstwerke. "Griechische Tempel wurden zerstört und die Bilder der Götter zertrümmert." [21]
 

5. Die Phönizier und Judäa

Nicht die Muslime, wie immer behauptet wird, vereinfachten die Schrift und die Zahlen, sondern die Phönizier. "Die Schriftsprache empfing hier ihre erste Ausbildung, denn bei dem Verkehr mit verschiedenen Völkern tritt sehr bald das Bedürfnis derselben ein. (So hat z. B. Lord Macartney bemerkt, dass in Canton selbst die Chinesen das Bedürfnis einer leichteren Schriftsprache gefühlt hätten.) Die Phönizier entdeckten und beschifften zuerst den Atlantischen Ozean; auf Cypern und Kreta siedelten sie sich an; auf Thasos, einer weit von ihnen gelegenen Insel, bebauten sie Goldbergwerke; im südlichen und südwestlichen Spanien legten sie Silberbergwerke an; in Afrika gründeten sie die Kolonien Utika und Karthago; von Gades aus schifften sie weit an der afrikanischen Küste herunter und sollen nach einigen sogar ganz Afrika umsegelt haben; aus Britannien holten sie sich Zinn und aus der Ostsee den preußischen Bernstein. Auf diese Weise ergibt sich ein ganz neues Prinzip, Die Untätigkeit hört auf sowie die bloß rohe Tapferkeit, an ihre Stellen treten die Tätigkeit der Industrie und der besonnene Mut, der bei der Kühnheit, die See zu befahren, auch auf die Mittel verständig bedacht ist. Hier ist alles auf die Tätigkeit des Menschen gesetzt, auf seine Kühnheit, seinen Verstand, so wie auch die Zwecke für ihn sind. Menschlicher Wille und Tätigkeit sind hier das erste, nicht die Natur und ihre Gütigkeit. Babylonien hatte seinen bestimmten Boden, und die Subsistenz war durch den Lauf der Sonne und durch den Naturgang überhaupt bedingt. Aber der Seemann vertraut auf sich selbst im Wechsel der Wellen, und Auge und Herz müssen immer offen sein. Ebenso enthält das Prinzip der Industrie das Entgegengesetzte dessen, was man von der Natur erhält; denn die Naturgegenstände werden zum Gebrauche und zum Schmucke verarbeitet. In der Industrie ist der Mensch sich selber Zweck und behandelt die Natur als ein ihm Unterworfenes, dem er das Siegel seiner Tätigkeit aufdrückt. Der Verstand ist hier die Tapferkeit, und die Geschicklichkeit ist besser als der nur natürliche Mut. Wir sehen die Völker hier befreit von der Furcht der Natur und ihrem sklavischen Dienste."  [22]

Vergleichen wir hiermit die religiösen Vorstellungen, so sehen wir in Babylon, in den syrischen Völkerschaften, in Phrygien zunächst einen "rohen, gemeinen, sinnlichen Götzendienst", dessen Beschreibung uns hauptsächlich in den Propheten gegeben wird. "Dagegen finden wir bei den Phöniziern, jenem kühnen Seevolke, etwas andres. Herodot erzählt uns, dass zu Tyrus der Herkules verehrt worden sei. Ist dieses auch nicht die griechische Gottheit, so muss doch darunter eine verstanden werden, die mit den Begriffen jener ungefähr übereinstimmt. Diese Verehrung ist außerordentlich bezeichnend für den Charakter des Volkes, denn Herkules ist es ja, von dem die Griechen sagen, dass er sich durch menschliche Tapferkeit und Kühnheit in den Olymp geschwungen habe. Dem Herkules liegt wohl in seinen zwölf Arbeiten die Vorstellung der Sonne zugrunde, doch bezeichnet diese Grundlage nicht die Hauptbestimmung, welche vielmehr bleibt, dass Herkules der Göttersohn ist, der durch seine Tugend und Arbeit sich zum Gott durch menschlichen Mut und Tapferkeit emporschwingt und, statt in Untätigkeit, in Mühseligkeit und Arbeit sein Leben verbringt. Ein zweites religiöses Moment ist der Dienst des Adonis, der sich in den Küstenstädten findet (auch in Ägypten wurde er von den Ptolemäern mit Pracht gefeiert), worüber eine Hauptstelle in dem Buche der Weisheit (14, 13 f.), in welcher es heißt: »die Götzen waren nicht von Anfang an, – sondern sind durch die eitle Ehre der Menschen darum erdacht, dass diese kurzen Lebens sind. Denn ein Vater, so er über seinen Sohn, der ihm allzufrüh dahin genommen ward (– Adonis), Leid und Schmerzen trug, ließ er ein Bild machen und fing an, den, so ein toter Mensch war, nun für Gott zu halten; und stiftete für die Seinen einen Gottesdienst und Opfer.« Das Fest des Adonis war, ungefähr wie der Dienst des Osiris, die Feier seines Todes, ein Leichenfest, bei dem die Frauen in die ausschweifendsten Klagen über den verlornen Gott ausbrachen. In Indien verstummt die Klage im Heroismus der Stumpfheit; klaglos stürzen sich dort die Weiber in den Strom, und die Männer, sinnreich in Peinigungen, legen sich die schrecklichsten Qualen auf, denn sie ergeben sich nur der Leblosigkeit, um das Bewusstsein in leerer, abstrakter Anschauung zu vertilgen; hier aber wird der menschliche Schmerz ein Moment des Kultus, ein Moment der Verehrung; im Schmerz empfindet der Mensch seine Subjektivität, er soll, er darf hier als er selbst sich wissen und sich gegenwärtig sein. Das Leben erhält hier wieder Wert. Es wird ein allgemeiner Schmerz veranstaltet; denn der Tod wird dem Göttlichen immanent, und der Gott stirbt. Bei den Persern sahen wir Licht und Finsternis miteinander im Kampf; hier aber sind beide Prinzipien in einem, dem Absoluten, geeint. Das Negative ist hier auch nur das Natürliche, aber als Tod des Gottes nicht nur das Beschränkte eines Bestimmten, sondern die reine Negativität selbst. Dieser Punkt ist nämlich wichtig, weil das Göttliche überhaupt als Geist gefasst werden soll, worin liegt, dass es konkret sein und das Moment der Negativität in sich haben muss. Die Bestimmungen der Weisheit, der Macht sind auch konkrete Bestimmungen, aber nur als Prädikate, so dass Gott die abstrakte substantielle Einheit bleibt, worin die Unterschiede selber verschwinden und nicht Momente dieser Einheit werden. Hier aber ist das Negative selbst Moment des Gottes, das Natürliche, der Tod, dessen Kultus der Schmerz ist. In der Feier also des Todes des Adonis und seines Auferstehens ist es, dass das Konkrete zum Bewusstsein kommt. Adonis ist ein Jüngling, der den Eltern entrissen wird und zu früh stirbt. In China, im Dienste der Voreltern, genießen diese letzteren göttliche Ehre; aber Eltern bezahlen im Tode nur die Schuld der Natur. Den Jüngling rafft der Tod dagegen als ein Nichtseinsollen hin, und während der Schmerz über den Tod der Eltern kein gerechter Schmerz ist, ist im Jüngling der Tod ein Widerspruch. Und dies eben ist das Tiefe, dass im Gott das Negative, der Widerspruch zur Anschauung kommt, und dass der Kultus beide Momente, den Schmerz über den dahingerafften und die Freude über den wiedergefundenen Gott, enthält." [23]

Das andre zum persischen Reiche im weiteren Sinne gehörende Volk dieser Küste ist das jüdische; der Geist steht an erster Stelle wie in keinem der orientalischen Völker. "Wir finden bei demselben wieder ein Grundbuch, das Alte Testament, in welchem die Anschauungen dieses Volkes, dessen Prinzip dem eben dargestellten geradezu gegenübersteht, hervortreten. Wenn das Geistige im phönizischen Volke noch durch die Naturseite beschränkt war, so zeigt es sich dagegen bei den Juden vollkommen gereinigt; das reine Produkt des Denkens, das Sichdenken kommt zum Bewusstsein, und das Geistige entwickelt sich in seiner extremen Bestimmtheit gegen die Natur und gegen die Einheit mit derselben. Wir sahen früher wohl den reinen Brahm, aber nur als das allgemeine Natursein, und zwar so, dass Brahm nicht selbst Gegenstand des Bewusstseins wird; wir sahen ihn bei den Persern zum Gegenstand desselben werden, jedoch in sinnlicher Anschauung, als das Licht. Das Licht aber ist nunmehr Jehova, das reine Eine. Dadurch geschieht der Bruch zwischen dem Osten und dem Westen; der Geist geht in sich nieder und erfasst das abstrakte Grundprinzip für das Geistige. Die Natur, die im Orient das Erste und die Grundlage ist, wird jetzt herabgedrückt zum Geschöpf; und der Geist ist nun das Erste. Von Gott wird gewusst, er sei der Schöpfer aller Menschen wie der ganzen Natur, sowie die absolute Wirksamkeit überhaupt. Dieses große Prinzip ist aber in seiner weiteren Bestimmtheit das ausschließende Eine. Diese Religion muss notwendig das Moment der Ausschließung gewinnen, welches wesentlich darin besteht, dass nur das eine Volk den Einen erkennt und von ihm anerkannt wird. Der Gott des jüdischen Volkes ist nur der Gott Abrahams und seines Samens; die nationelle Individualität und ein besonderer Lokaldienst sind in die Vorstellung desselben verflochten. Gegen diesen Gott sind alle andern Götter falsche; und zwar ist der Unterschied von wahr und falsch ganz abstrakt, denn bei den falschen Göttern ist nicht anerkannt, dass ein Schein des Göttlichen in sie hineinblicke. Nun ist aber jede geistige Wirksamkeit, und um so mehr jede Religion, so beschaffen, dass, wie sie auch sei, ein affirmatives Moment in ihr enthalten ist. So sehr eine Religion irrt, hat sie doch die Wahrheit, wenn auch auf verkümmerte Weise. In jeder Religion ist göttliche Gegenwart, ein göttliches Verhältnis, und eine Philosophie der Geschichte hat in den verkümmertsten Gestalten das Moment des Geistigen aufzusuchen. Darum aber, weil sie Religion ist, ist sie als solche noch nicht gut; man muss nicht in die Schlaffheit verfallen zu sagen, dass es auf den Inhalt nicht ankomme, sondern lediglich auf die Form. Diese schlaffe Gutmütigkeit hat die jüdische Religion nicht, indem sie absolut ausschließt."  [24]
 

"Durch die Geistigkeit überhaupt wird nun das Sinnliche und Unsittliche nicht mehr privilegiert, sondern als das Ungöttliche herabgesetzt. Nur das Eine, der Geist, das Unsinnliche ist die Wahrheit; der Gedanke ist frei für sich, und wahrhafte Moralität und Rechtlichkeit kann nunmehr auftreten; denn es wird Gott durch Rechtlichkeit verehrt, und Rechttun ist Wandeln im Wege des Herrn." - G.W.F. Hegel, Philosophie der Geschichte I, 3 


Die orientalische Welt, zu der auch der Islam zählt, erfährt hier das erste Mal, dass der Gedanke frei ist, und nun "wahrhafte Moralität und Rechtlichkeit" auftreten kann. "Das Geistige sagt sich hier vom Sinnlichen unmittelbar los, und die Natur wird zu einem Äußerlichen und Ungöttlichen herabgesetzt. Dies ist eigentlich die Wahrheit der Natur, denn erst später kann die Idee in dieser ihrer Äußerlichkeit zur Versöhnung gelangen; ihr erster Ausspruch wird gegen die Natur sein, denn der Geist, welcher bisher entwürdigt war, erhält erst hier seine Würde, sowie die Natur ihre rechte Stellung wieder. Die Natur ist sich selbst äußerlich, sie ist das Gesetzte, sie ist erschaffen, und diese Vorstellung, dass Gott Herr und Schöpfer der Natur sei, bringt die Stellung Gottes als des Erhabenen herbei, indem die ganze Natur Gottes Schmuck und gleichsam zu seinem Dienste verwendet ist. Gegen diese Erhabenheit gehalten ist die indische nur die des Maßlosen. Durch die Geistigkeit überhaupt wird nun das Sinnliche und Unsittliche nicht mehr privilegiert, sondern als das Ungöttliche herabgesetzt. Nur das Eine, der Geist, das Unsinnliche ist die Wahrheit; der Gedanke ist frei für sich, und wahrhafte Moralität und Rechtlichkeit kann nunmehr auftreten; denn es wird Gott durch Rechtlichkeit verehrt, und Rechttun ist Wandeln im Wege des Herrn. Damit ist verbunden das Glück, Leben und zeitliches Wohlergehen als Belohnung; denn es heißt; auf dass du lange lebest auf Erden. – Auch die Möglichkeit einer geschichtlichen Ansicht ist hier vorhanden; denn es ist hier der prosaische Verstand, der das Beschränkte und Umschriebene an seinen Platz stellt und es als eigentümliche Gestalt der Endlichkeit auffasst, Menschen werden als Individuen, nicht als Inkarnationen Gottes, Sonne als Sonne, Berge als Berge, nicht als in ihnen selbst Geist und Willen habend, genommen. Wir sehen bei diesem Volke den harten Dienst, als Verhältnis zum reinen Gedanken. Das Subjekt als konkretes wird nicht frei, weil das Absolute selbst nicht als der konkrete Geist aufgefasst ist, weil der Geist noch als geistlos gesetzt erscheint. Die Innerlichkeit haben wir wohl vor uns, das reine Herz, die Büßung, die Andacht, aber es ist nicht auch das besondere konkrete Subjekt sich gegenständlich im Absoluten geworden, und es bleibt daher streng an den Dienst der Zeremonie und des Rechtes gebunden, dessen Grund eben die reine Freiheit als abstrakte ist. Die Juden haben, was sie sind, durch den Einen, dadurch hat das Subjekt keine Freiheit für sich selbst, Spinoza sieht das Gesetzbuch Mosis so an, als habe es Gott den Juden zur Strafe, zur Zuchtrute gegeben. Das Subjekt kommt nie zum Bewusstsein seiner Selbständigkeit, deswegen finden wir bei den Juden keinen Glauben an die Unsterblichkeit der Seele, denn das Subjekt ist nicht an und für sich seiend. Wenn das Subjekt aber im Judentume wertlos ist, so ist dagegen die Familie selbständig, denn an die Familie ist der Dienst Jehovas gebunden und sie somit das Substantielle. Der Staat aber ist das dem jüdischen Prinzip Unangemessene und der Gesetzgebung Mosis fremd. In der Vorstellung der Juden ist Jehova der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, der sie aus Ägypten ausziehen hieß und ihnen das Land Kanaan gab. Die Erzählungen von den Erzvätern ziehen uns an. Wir sehen in dieser Geschichte den Übergang aus dem patriarchalischen Nomadenzustand zum Ackerbau. Überhaupt hat die jüdische Geschichte große Züge; nur ist sie verunreinigt durch das geheiligte Ausschließen der andern Volksgeister (die Vertilgung der Einwohner Kanaans wird sogar geboten), durch Mangel an Bildung überhaupt und durch den Aberglauben, der durch die Vorstellung von dem hohen Werte der Eigentümlichkeit der Nation herbeigeführt wird. Auch Wunder stören uns in dieser Geschichte als Geschichte, denn insofern das konkrete Bewusstsein nicht frei ist, ist auch das Konkrete der Einsicht nicht frei; die Natur ist entgöttert, aber ihr Verständnis ist noch nicht da. Die Familie ist durch die Eroberung Kanaans zu einem Volke herangewachsen, hat ein Land in Besitz genommen und in Jerusalem einen allgemeinen Tempel errichtet. Ein eigentliches Staatsband war aber nicht vorhanden. Bei einer Gefahr erhoben sich Helden, die sich an die Spitze der Heereshaufen stellten, doch war das Volk meist unterjocht. Später wurden Könige erwählt, und erst diese machten die Juden selbständig. David ging sogar zu Eroberungen über. In ihrer Ursprünglichkeit geht die Gesetzgebung nur auf die Familie, doch ist in den mosaischen Büchern schon der Wunsch nach einem Könige vorausgesehen. Die Priester sollen ihn wählen; er soll nicht Ausländer sein, nicht Reiterei in großen Haufen und wenig Weiber haben. Nach kurzem Glanze zerfiel das Reich in sich selbst und teilte sich. Da es nur einen Stamm Leviten und nur einen Tempel in Jerusalem gab, so musste bei Teilung des Reichs sogleich Abgötterei eintreten; denn es konnte der eine Gott nicht in verschiedenen Tempeln verehrt werden und nicht zwei Reiche von einer Religion geben. So rein geistig der objektive Gott gedacht wird, so gebunden und ungeistig ist noch die subjektive Seite der Verehrung desselben. Die beiden Reiche, gleich unglücklich in äußeren und inneren Kriegen, wurden zuletzt den Assyriern und Babyloniern unterworfen. Durch Cyrus wurde den Israeliten erlaubt, heimzukehren und nach eignen Gesetzen zu leben."   [25]
 

6. Ägypten und der Übergang zur griechischen Welt; "Mensch erkenne dich selbst"

Hier ist wieder die orientalische Welt, weshalb sich Ägypten auch so leicht zum Islam bekehrt hat. Wir sehen die Vorstellung aus der unmittelbaren Tiergestalt und dem Verweilen bei ihrer Anschauung sich herauswinden und das in ihr nur Geahnte und Gesuchte sich zur Begreiflichkeit und Fasslichkeit hervorwagen. Das Verschlossene, das Geistige bricht als menschliches Gesicht aus dem Tierwesen heraus. Die vielfach gestalteten Sphinxe, Löwenleiber mit Jungfrauenköpfen oder auch als Mannsphinxe mit Bärten, sind es eben, die uns dies darstellen, dass die Bedeutung des Geistigen die zu lösende Aufgabe ist; wie das Rätsel überhaupt nicht das Sprechen von einem Unbekannten, sondern die Forderung ist, es herauszubringen, das Wollen, dass es sich offenbaren solle.  "Umgekehrt ist aber die Menschengestalt auch wieder verunstaltet durch das Tiergesicht, um sie zu einem bestimmten Ausdruck zu partikularisieren. Die schöne Kunst der Griechen weiß den besonderen Ausdruck durch den geistigen Charakter in der Form der Schönheit zu erreichen und braucht nicht das menschliche Antlitz zum Behufe des Verstehens zu verunstalten. Die Ägypter haben selbst auch den menschlichen Gestaltungen der Götter die Erklärung durch Tierköpfe und Tiermasken hinzugefügt; der Anubis z. B. hat einen Hundskopf, die Isis den Löwenkopf mit Stierhörnern usf. Auch die Priester sind bei ihren Funktionen in Falken, Schakals, Stieren usf. maskiert; ebenso der Chirurg, der dem Toten die Eingeweide herausgenommen (als fliehend vorgestellt, denn er hat sich am Lebendigen versündigt), sowie die Einbalsamierer, die Schreiber. Der Sperber mit Menschenkopf und ausgebreiteten Flügeln bedeutet die Seele, welche die sinnlichen Räume durchfliegt, um einen neuen Körper zu beseelen. – Auch schuf die ägyptische Einbildungskraft wieder Gebilde aus der Zusammensetzung von verschiedenen Tieren: Schlangen mit Stier- und Widderköpfen, Löwenleiber mit Widderköpfen usf. Wir sehen so Ägypten in gedrungener, verschlossener Naturanschauung verdumpft, diese auch durchbrechen, sie zum Widerspruch in sich treiben und die Aufgabe desselben aufstellen. Das Prinzip bleibt nicht im Unmittelbaren stehen, sondern deutet auf den andern Sinn und Geist, der im Innern verborgen liegt."   [26]

Herodot erzählt, "dass nämlich die Ägypter die ersten gewesen seien, welche den Gedanken ausgesprochen, dass die Seele des Menschen unsterblich sei. Dies aber, dass die Seele unsterblich ist, soll heißen: sie ist ein andres als die Natur, der Geist ist selbständig für sich. Das Höchste bei den Indern war das Übergehen in die abstrakte Einheit, in das Nichts; hingegen ist das Subjekt, wenn es frei ist, unendlich in sich, das Reich des freien Geistes ist dann das Reich des Unsichtbaren, wie bei den Griechen der Hades. Dieses stellt sich den Menschen zunächst als das Reich der Verstorbenheit, den Ägyptern als das Totenreich dar. Die Vorstellung, dass der Geist unsterblich ist, enthält dies, dass das menschliche Individuum einen unendlichen Wert in sich hat. Das bloß Natürliche erscheint vereinzelt, ist schlechthin abhängig von anderm und hat seine Existenz in anderm: mit der Unsterblichkeit aber ist es ausgesprochen, dass der Geist in sich selbst unendlich ist. Diese Vorstellung wird zuerst bei den Ägyptern gefunden. Wir müssen aber hinzufügen, dass die Seele von den Ägyptern nur vorerst als ein Atom, d. h. als ein konkret Partikularisiertes, gewusst wurde. Denn es knüpft sich sofort die Vorstellung der Metempsychose daran an, die Vorstellung, dass die menschliche Seele auch einem Tierkörper inwohnen könne. Aristoteles spricht auch von jener Vorstellung und tut sie mit wenigen Worten ab. Jedes Subjekt, sagt er, habe seine eigentümlichen Organe für seine Tätigkeit, so der Schmied, der Zimmermann für sein Handwerk; ebenso habe auch die menschliche Seele ihre eigentümlichen Organe, und ein tierischer Leib könne nicht der ihrige sein. Pythagoras hat die Seelenwanderung in seine Lehre mit aufgenommen; sie hat aber wenig Beifall bei den Griechen, die sich an das Konkrete hielten, finden können. Die Inder haben nicht minder eine trübe Vorstellung davon, indem das letzte der Übergang in die allgemeine Substanz ist. Bei den Ägyptern ist aber wenigstens die Seele, der Geist ein Affirmatives, wenn auch abstrakt Affirmatives. Die Periode der Wanderung war auf dreitausend Jahre bestimmt; sie sagen jedoch, eine Seele, die dem Osiris treu geblieben, sei einer solchen Degradation (denn dafür halten sie es) nicht unterworfen." [27]

Aus dieser Welt entsteht Griechenland. "Der freie heitere Geist Griechenlands ist es, welcher dieses vollbringt und daraus hervorgeht. – Ein ägyptischer Priester hat gesagt, dass die Griechen ewig nur Kinder bleiben; umgekehrt können wir sagen, die Ägypter seien die kräftigen, in sich drängenden Knaben, welche nichts als der Klarheit über sich, der ideellen Form nach, bedürfen, um Jünglinge zu werden. Im orientalischen Geiste bleibt als Grundlage die gediegene Substantialität des in die Natur versenkten Geistes; dem ägyptischen Geiste ist, obzwar ebenso noch in unendlicher Befangenheit, doch die Unmöglichkeit geworden, es in ihr auszuhalten. Die derbe afrikanische Natur hat jene Einheit auseinander getrieben und hat die Aufgabe gefunden, deren Lösung der freie Geist ist. Dass aber vor dem Bewusstsein der Ägypter ihr Geist selbst in Form einer Aufgabe gewesen ist, darüber können wir uns auf die berühmte Inschrift des Allerheiligsten der Göttin Neïth zu Sais berufen: »Ich bin, was da ist, was war und sein wird: niemand hat meine Hülle gelüftet.« Hierin ist ausgesprochen, was der ägyptische Geist sei, obgleich man oft die Meinung gehabt hat, es gelte dieser Satz für alle Zeiten. Vom Proklus wird hier noch der Zusatz angegeben: »die Frucht, die ich gebar, ist Helios«. Das sich selbst Klare also ist das Resultat jener Aufgabe und die Lösung. Dieses Klare ist der Geist, der Sohn der Neïth, der verborgenen nächtlichen Gottheit. In der ägyptischen Neïth ist die Wahrheit noch verschlossen." [28]
 

"Der griechische Apoll ist die Lösung; sein Ausspruch ist: Mensch erkenne dich selbst. In diesem Spruche ist nicht etwa die Selbsterkenntnis der Partikularitäten seiner Schwächen und Fehler gemeint; es ist nicht der partikulare Mensch, der seine Besonderheit erkennen soll, sondern der Mensch überhaupt soll sich selbst erkennen. Dieses Gebot ist für die Griechen gegeben, und im griechischen Geist stellt sich das Menschliche in seiner Klarheit und in der Herausbildung desselben dar. Wunderbar muss uns nun die griechische Erzählung überraschen, welche berichtet, dass die Sphinx, das ägyptische Gebilde, in Theben erschienen sei, und zwar mit den Worten: »Was ist das, was morgens auf vier Beinen geht, mittags auf zweien und abends auf dreien?« Ödipus mit der Lösung, dass dies der Mensch sei, stürzte die Sphinx vom Felsen. Die Lösung und Befreiung des orientalischen Geistes, der sich in Ägypten bis zur Aufgabe gesteigert hat, ist allerdings dies: dass das Innere der Natur der Gedanke ist, der nur im menschlichen Bewusstsein seine Existenz hat." - G.W.F. Hegel, Philosophie der Geschichte I, 3 


Freiheit, Selbsterkenntnis, Moralität, Recht wird sich in Europa entwickeln. "Der innere Übergang zu Griechenland oder der nach dem Begriffe macht sich so vom ägyptischen Geiste aus; Ägypten aber ist eine Provinz des großen persischen Reichs geworden, und der geschichtliche Übergang tritt bei der Berührung der persischen und griechischen Welt ein. Wir sind hier zum erstenmal bei einem geschichtlichen Übergang, das heißt, bei einem untergegangenen Reich. China und Indien sind, wie wir schon gesagt haben, geblieben, Persien nicht; der Übergang zu Griechenland ist zwar innerlich, hier aber wird er auch äußerlich, als Übergang der Herrschaft, eine Tatsache, die von nun an immer wieder eintritt. Denn die Griechen übergeben den Römern den Herrscherstab und die Kultur, und die Römer werden von den Germanen unterworfen. Betrachten wir dieses Übergehen näher, so fragt sich zum Beispiel sogleich bei Persien, warum es sank, während China und Indien dauern. Zuvörderst muss hier das Vorurteil entfernt werden, als wenn die Dauer gegen das Vergehen gehalten, etwas Vortrefflicheres wäre: die unvergänglichen Berge sind nicht vorzüglicher als die schnell entblätterte Rose in ihrem verduftenden Leben. In Persien beginnt das Prinzip des freien Geistes gegen die Natürlichkeit, und diese natürliche Existenz also blüht ab, sinkt hin; das Prinzip der Trennung von der Natur liegt im persischen Reiche, und es steht daher höher als jene im Natürlichen versenkten Welten. Die Notwendigkeit des Fortschreitens hat sich dadurch aufgetan, der Geist hat sich erschlossen und muss sich vollbringen. Der Chinese hat erst als Verstorbener Geltung; der Inder tötet sich selbst, versenkt sich in Brahm, ist lebendig tot im Zustande vollendeter Bewusstlosigkeit oder ist gegenwärtiger Gott durch die Geburt; da ist keine Veränderung, kein Fortschreiten gesetzt, denn der Fortgang ist nur möglich durch das Hinstellen der Selbständigkeit des Geistes. Mit dem Lichte der Perser beginnt die geistige Anschauung, und in derselben nimmt der Geist Abschied von der Natur. Daher finden wir auch hier zuerst, was schon oben bemerkt werden musste, dass die Gegenständlichkeit frei bleibt, das heißt, dass die Völker nicht unterjocht, sondern in ihrem Reichtum, ihrer Verfassung, ihrer Religion belassen werden. Und zwar ist dies die Seite, in welcher eben Persien gegen Griechenland sich schwach erweist. Denn wir sehen, dass die Perser kein Reich mit vollendeter Organisation errichten konnten, dass sie ihr Prinzip nicht in die eroberten Länder einbildeten und daraus kein Ganzes, sondern nur ein Aggregat der verschiedensten Individualitäten hervorbrachten. Die Perser haben bei diesen Völkern keine innerliche Legitimität erhalten; sie haben ihre Rechte und Gesetze nicht geltend gemacht, und als sie sich selbst eine Ordnung gaben, sahen sie nur auf sich und nicht auf die Größe ihres Reiches. Indem auf diese Weise Persien nicht politisch ein Geist war, erschien es gegen Griechenland schwach. Nicht die Weichlichkeit der Perser (obgleich sie Babylon wohl schwächte) ließ sie sinken, sondern das Massenhafte, Unorganisierte ihres Heeres gegen die griechische Organisation, das heißt, das höhere Prinzip überwand das untergeordnete. Das abstrakte Prinzip der Perser erschien in seinem Mangel als unorganisierte, nicht konkrete Einheit disparater Gegensätze, worin die persische Lichtanschauung neben syrischem Genuß- und Wohlleben, neben der Betriebsamkeit und dem Mut der erwerbenden und den Gefahren der See trotzenden Phönizier, neben der Abstraktion des reinen Gedankens der jüdischen Religion und dem inneren Drange Ägyptens bestand, – ein Aggregat von Elementen, die ihre Idealität erwarteten und diese nur in der freien Individualität erhalten konnten. Die Griechen sind als das Volk anzusehen, in welchem diese Elemente ihre Durchdringung erhielten, indem der Geist sich in sich vertiefte, über die Partikularitäten siegte und dadurch sich selbst befreite." [29] 
 
 

7. Die griechische Welt

Das "abstrakte Prinzip der Perser" konnte bei den Griechen nichts ausrichten. Nicht nur die "Weichlichkeit der Perser" ließ sie sinken, sondern das "Massenhafte, Unorganisierte ihres Heeres" gegen die griechische Organisation, das heißt, "das höhere Prinzip überwand das untergeordnete". Zurückzuführen ist dies auch auf den elementarische Charakter des griechischen Geistes, welcher es schon mit sich bringt, "dass die Bildung von selbständigen Individualitäten ausgeht, von einem Zustand, in dem die Einzelnen auf sich stehen und nicht schon durch das Naturband patriarchalisch von Hause aus vereint sind, sondern sich erst in einem andern Medium, in Gesetz und geistiger Sitte, zusammentun. Denn das griechische Volk ist vornehmlich erst zu dem, was es war, geworden. Bei der Ursprünglichkeit der nationalen Einheit ist die Zerteilung überhaupt, die Fremdartigkeit in sich selbst, das Hauptmoment, das zu betrachten ist. Die erste Überwindung derselben macht die erste Periode der griechischen Bildung aus: und nur durch solche Fremdartigkeit und durch solche Überwindung ist der schöne, freie griechische Geist geworden. Über dieses Prinzip müssen wir ein Bewusstsein haben. Es ist eine oberflächliche Torheit, sich vorzustellen, dass ein schönes und wahrhaft freies Leben so aus der einfachen Entwicklung eines in seiner Blutsverwandtschaft und Freundschaft bleibenden Geschlechts hervorgehen könne. Selbst die Pflanze, die das nächste Bild solcher ruhigen, in sich nicht entfremdeten Entfaltung abgibt, lebt und wird nur durch die gegensätzliche Tätigkeit von Licht, Luft und Wasser. Der wahrhafte Gegensatz, den der Geist haben kann, ist geistig! es ist seine Fremdartigkeit in sich selbst, durch welche allein er die Kraft, als Geist zu sein, gewinnt. Die Geschichte Griechenlands zeigt in ihrem Anfange diese Wanderung und Vermischung von zum Teil einheimischen, zum Teil ganz fremdartigen Stämmen; und gerade Attika, dessen Volk den höchsten Gipfel griechischer Blüte erreichen sollte, war der Zufluchtsort der verschiedensten Stamme und Familien. Jedes welthistorische Volk, außer den asiatischen Reichen, die außer dem Zusammenhange der Weltgeschichte stehen, hat sich auf diese Weise gebildet. So haben sich die Griechen, wie die Römer, aus einer colluvies, aus einem Zusammenfluß der verschiedensten Nationen entwickelt. Von der Menge von Völkerschaften, welche wir in Griechenland antreffen, ist nicht anzugeben, welche eigentlich die ursprünglich griechischen gewesen und welche aus fremden Ländern und Weltteilen eingewandert seien, denn die Zeit, von der wir hier sprechen, ist überhaupt eine Zeit des Ungeschichtlichen und Trüben. Ein Hauptvolk in Griechenland waren damals die Pelasger; die verwirrten und sich widersprechenden Nachrichten, welche wir von ihnen haben, sind von den Gelehrten auf die mannigfaltigste Weise in Einklang zu bringen versucht worden, da eben eine trübe und dunkle Zeit ein besondrer Gegenstand und Anspornung der Gelehrsamkeit ist. Als früheste Punkte einer angehenden Kultur machen sich Thrazien, das Vaterland des Orpheus, und dann Thessalien, Landschaften, die später mehr oder weniger zurücktreten, bemerklich. Von Phthiotis, dem Vaterlande Achills, geht der gemeinschaftliche Name der Hellenen aus, ein Name, der nach Thukydides' Bemerkung in diesem zusammenfassenden Sinn ebensowenig beim Homer vorkommt als der Name Barbaren, von denen sich die Griechen noch nicht bestimmt unterschieden. Es muss der Spezialgeschichte überlassen bleiben, die einzelnen Stämme und ihre Umwandlungen zu verfolgen. Im allgemeinen ist anzunehmen, dass die Stämme und Individuen leicht ihr Land verließen, wenn eine zu große Menge von Einwohnern dasselbe überfüllte, und dass infolgedessen die Stämme sich im Zustande des Wanderns und der gegenseitigen Beraubung befanden. Noch bis jetzt, sagt der sinnige Thukydides, haben die Ozolischen Lokrer, Ätolier und Akarnanen die alte Lebensart; auch hat sich bei ihnen die Sitte, Waffen zu tragen, aus dem alten Raubwesen erhalten. Von den Atheniensern sagt er, dass sie die ersten waren, welche die Waffen im Frieden ablegten. Bei solchem Zustande wurde kein Ackerbau getrieben; die Einwohner hatten sich nicht nur gegen Räuber zu verteidigen, sondern auch den Kampf mit wilden Tieren zu bestehen (noch zu Herodots Zeit hausten viele Löwen am Nestus und am Achelous); später wurde besonders zahmes Vieh der Gegenstand der Plünderung, und selbst nachdem der Ackerbau schon allgemeiner geworden war, wurden noch Menschen geraubt und als Sklaven verkauft. Dieser griechische Urzustand wird uns von Thukydides noch weiter ausgemalt." [30]

Griechenland war erst noch in einem Zustand der Unruhe, der Unsicherheit, und seine Völkerschaften fortwährend auf der Wanderung. Es ist bekannt, dass die Anfänge der Bildung mit der Ankunft der Fremden in Griechenland zusammenhängen. Diesen Ursprung des sittlichen Lebens haben die Griechen mit dankbarem Andenken in einem Bewusstsein, das wir mythologisch nennen können, bewahrt: "in der Mythologie hat sich die bestimmte Erinnerung der Einführung des Ackerbaues durch Triptolemus, der von der Ceres unterrichtet war, erhalten, sowie die der Stiftung der Ehe usw. Dem Prometheus, dessen Vaterland nach dem Kaukasus hin verlegt wird, ist es zugeschrieben, dass er die Menschen zuerst gelehrt habe, das Feuer zu erzeugen und von demselben Gebrauch zu machen. Die Einführung des Eisens war den Griechen ebenfalls sehr wichtig, und während Homer nur von Erz spricht, nennt Äschylus das Eisen skythisch. Auch die Einführung des Ölbaumes, die Kunst des Spinnens und Webens, die Erschaffung des Pferdes durch Poseidon gehören hierher. Geschichtlicher als diese Anfänge ist dann die Ankunft der Fremden; es wird angegeben, wie die verschiedenen Staaten von Fremden gestiftet worden sind. So wird Athen vom Kekrops gegründet, einem Ägypter, dessen Geschichte aber in Dunkel gehüllt ist. Das Geschlecht des Deukalion, des Sohnes des Prometheus, wird mit den unterschiedenen Stämmen in Zusammenhang gebracht. Ferner wird Pelops aus Phrygien, Sohn des Tantalus, erwähnt; dann Danaus aus Ägypten: von ihm stammen Akrisius, Danae und Perseus ab. Pelops soll mit großem Reichtum nach dem Peloponnes gekommen sein und sich dort großes Ansehen und Macht verschafft haben. Danaus siedelte sich in Argos an. Besonders wichtig ist die Ankunft des Kadmus, phönizischen Ursprungs, mit dem die Buchstabenschrift nach Griechenland gekommen sein soll; von ihr sagt Herodot, dass sie phönizisch gewesen sei, und alte, damals noch vorhandene Inschriften werden angeführt, um die Behauptung zu unterstützen. Kadmus soll, der Sage nach, Theben gegründet haben. Wir sehen also eine Kolonisation von gebildeten Völkern, die den Griechen in der Bildung schon voraus waren; doch kann man diese Kolonisation nicht mit der der Engländer in Nordamerika vergleichen, denn diese haben sich nicht mit den Einwohnern vermischt, sondern dieselben verdrängt, während sich durch die Kolonisten Griechenlands Eingeführtes und Autochthonisches zusammenmischte. Die Zeit, in welche die Ankunft dieser Kolonien gesetzt wird, steigt sehr weit hinauf und fällt in das vierzehnte und fünfzehnte Jahrhundert vor Chr. Geburt. Kadmus soll Theben gegen das Jahr 1490 gegründet haben, eine Zeit, die mit dem Auszug Mosis aus Ägypten (1500 Jahre v. Chr. Geburt) ungefähr zusammenfällt. Auch Amphiktyon wird unter den Stiftern in Hellas genannt: er soll in Thermopylä einen Bund zwischen mehreren kleinen Völkerschaften des eigentlichen Hellas und Thessaliens gestiftet haben, woraus später der große Amphiktyonenbund entstanden ist. Diese Fremdlinge haben nun feste Mittelpunkte in Griechenland durch die Errichtung von Burgen und die Stiftung von Königshäusern gebildet. Die Mauerwerke, aus denen die alten Burgen bestanden, wurden in Argolis zyklopische genannt; man hat dergleichen auch noch in neueren Zeiten gefunden, da sie wegen ihrer Festigkeit unzerstörbar sind. Diese Mauern sind zum Teil aus unregelmäßigen Blöcken, deren Zwischenräume mit kleinen Steinen ausgefüllt wurden, zum Teil aus sorgfältig ineinander gefügten Steinmassen konstruiert. Solche Mauern sind die von Tiryns und von Mykenä. Noch gegenwärtig erkennt man das Tor mit dem Löwen von Mykenä nach der Beschreibung des Pausanias. Von Prötus, der in Argos herrschte, wird angegeben, dass er die Zyklopen, welche diese Mauern gebaut, aus Lykien mitgebracht habe. Man nimmt jedoch an, dass sie von den alten Pelasgern errichtet worden seien. Auf den von solchen Mauern geschützten Burgen legten die Fürsten der Heroenzeit meist ihre Wohnungen an. Besonders merkwürdig sind die von ihnen gebauten Schatzhäuser, dergleichen das Schatzhaus des Minyas zu Orchomenus, des Atreus zu Mykenä sind. Diese Burgen wurden nun die Mittelpunkte für kleine Staaten: sie gaben eine größere Sicherheit für den Ackerbau, sie schützten den Verkehr gegen Räuberei. Dennoch wurden sie, wie Thukydides berichtet, wegen der allgemeinen Seeräuberei, nicht unmittelbar am Meere angelegt, an welchem erst späterhin Städte erscheinen. Von jenen Königshäusern ging also die erste Festigkeit eines Zusammenlebens aus. Das Verhältnis der Fürsten zu den Untertanen, und zueinander selbst, erkennen wir am besten aus dem Homer: es beruhte nicht auf einem gesetzlichen Zustand, sondern auf der Übermacht des Reichtums, des Besitzes, der Bewaffnung, der persönlichen Tapferkeit, aus dem Vorzug der Einsicht und Weisheit und endlich der Abstammung und der Ahnen: denn die Fürsten als Heroen wurden für höheren Geschlechts angesehen. Die Völker waren ihnen untergeben, nicht als durch ein Kastenverhältnis von ihnen unterschieden, noch als unterdrückt, noch im patriarchalischen Verhältnisse, wonach das Oberhaupt nur Vorsteher des gemeinschaftlichen Stammes oder der Familie ist, noch auch in dem ausdrücklichen Bedürfnisse einer gesetzlichen Regierung, sondern nur in dem allgemeinen Bedürfnisse, zusammengehalten zu werden und dem Herrscher, der die Gewohnheit zu befehlen hat, zu gehorchen, ohne Neid und üblen Willen gegen denselben. Der Fürst hat die persönliche Autorität, die er sich zu geben und die er zu behaupten weiß; da aber diese Überlegenheit nur die individuell heroische ist durch das persönliche Verdienst, so hält sie nicht lange aus. So sehen wir im Homer die Freier der Penelope sich in Besitz der Habe des abwesenden Odysseus setzen, ohne dessen Sohn im geringsten zu achten. Achilles erkundigt sich nach seinem Vater, als Odysseus nach der Unterwelt kommt, und meint, da er alt sei, würden sie ihn wohl nicht mehr ehren. Die Sitten sind noch sehr einfach: die Fürsten bereiten sich selbst das Essen zu, und Odysseus zimmert sich selber sein Haus. In Homers Iliade sehen wir einen König der Könige, einen Chef der großen Nationalunternehmung, aber die andern Mächtigen umgeben ihn als freier Rat; der Fürst wird geehrt, aber er muss alles so einrichten, dass es den andern gefalle; er erlaubt sich Gewalttätigkeiten gegen den Achilles, aber dieser zieht sich dafür auch vom Kampfe zurück. Ebenso lose ist das Verhältnis der einzelnen Fürsten zur Menge, unter welcher sich immer einzelne finden, welche Gehör und Achtung in Anspruch nehmen. Die Völker fechten nicht als Söldner des Fürsten in seinen Schlachten, noch als eine stumpfe leibeigene Herde, die nur hineingetrieben wird, noch in ihrem eignen Interesse, sondern als Begleiter ihres geehrten Vorstandes, als Zeugen seiner Taten und seines Ruhms und als seine Verteidiger, wenn er in Not käme. Eine vollkommene Ähnlichkeit mit diesen Verhältnissen bietet auch die Götterwelt dar. Zeus ist der Vater der Götter, aber jeder von ihnen hat seinen eignen Willen, Zeus respektiert sie und diese ihn; er zankt sie wohl bisweilen aus und droht ihnen, und sie lassen ihm dann seinen Willen oder ziehen sich schmollend zurück; aber sie lassen es nicht aufs äußerste ankommen, und Zeus macht es im ganzen so, dem einen dies, dem andern jenes gewährend, dass sie zufrieden sein können. Es ist also auf der irdischen wie auf der olympischen Welt nur ein lockeres Band der Einheit bestehend; das Königtum ist noch keine Monarchie, denn das Bedürfnis derselben findet sich erst in einer weiteren Gesellschaft. In diesem Zustande, bei diesen Verhältnissen ist das Auffallende und Große geschehen, dass ganz Griechenland zu einer Nationalunternehmung, nämlich zum Trojanischen Krieg, zusammenkam, und dass damit eine weitere Verbindung mit Asien begann, die für die Griechen sehr folgereich war. (Der Zug des Jason nach Kolchis, dessen die Dichter ebenfalls Erwähnung tun, und der diesem Unternehmen voranging, ist dagegen gehalten etwas sehr Vereinzeltes gewesen.) Als Veranlassung dieser gemeinsamen Angelegenheit wird angegeben, dass ein Fürstensohn aus Asien sich der Verletzung des Gastrechts durch Raub der Frau des Gastfreundes schuldig gemacht habe." [31]

"Agamemnon versammelt die Fürsten Griechenlands durch seine Macht und sein Ansehen; Thukydides schreibt seine Autorität sowohl seiner angeerbten Herrschaft als auch der Seemacht zu (Hom. Il. 2, 108), worin er den andern weit überlegen war; doch scheint es, dass die Vereinigung ohne äußere Gewalt zustande kam, und dass das Ganze sich auf einfache persönliche Weise zusammengefunden hatte. Die Hellenen sind dazu gekommen, in einer Gesamtheit aufzutreten, wie nachher nie wieder. Der Erfolg ihrer Anstrengungen war die Eroberung und Zerstörung von Troja, ohne dass sie die Absicht hatten, dasselbe zu einem bleibenden Besitze zu machen. Ein äußerliches Resultat der Niederlassung in diesen Gegenden ist also nicht erfolgt; ebensowenig als die Vereinigung der Nation zu dieser einzelnen Tat eine dauernde politische Vereinigung geworden ist. Aber der Dichter hat der Vorstellung des griechischen Volkes ein ewiges Bild ihrer Jugend und ihres Geistes gegeben, und das Bild dieses schönen menschlichen Heldentums hat dann ihrer ganzen Entwicklung und Bildung vorgeschwebt. So sehen wir auch im Mittelalter die ganze Christenheit sich zu einem Zwecke, der Eroberung des heiligen Grabes verbinden, aber trotz allen Siegen am Ende ebenso erfolglos. Die Kreuzzüge sind der Trojanische Krieg der eben erwachenden Christenheit gegen die einfache sich selbst gleiche Klarheit des Mohammedanismus."  - G.W.F. Hegel, Philosophie der Geschichte II, 1
Die Blüte der griechischen Städte damals beweisen auch, nach Thukydides, die nach allen Seiten hin verschickten Kolonien: "so besetzte Athen mit seinen Kolonien Ionien und eine Menge Inseln; vom Peloponnes aus ließen sich Kolonien in Italien und Sizilien nieder. Kolonien wurden dann wieder relative Mutterstädte, wie z. B. Milet, das viele Städte an der Propontis und am Schwarzen Meere gründete. Diese Ausschickung von Kolonien, besonders im Zeitraum nach dem Trojanischen Kriege bis auf Cyrus, ist hier eine eigentümliche Erscheinung. Man kann sie also erklären. In den einzelnen Städten hatte das Volk die Regierungsgewalt in den Händen, indem es die Staatsangelegenheiten in höchster Instanz entschied. Durch die lange Ruhe nun nahm die Bevölkerung und Entwicklung sehr zu, und ihre nächste Folge war die Anhäufung eines großen Reichtums, mit welchem sich zugleich immer die Erscheinung von großer Not und Armut verbindet. Industrie war in unserem Sinne nicht vorhanden, und die Ländereien waren bald besetzt. Trotzdem ließ sich ein Teil der ärmeren Klasse nicht zur Lebensweise der Not herabdrücken, denn jeder fühlte sich als freier Bürger. Das einzige Auskunftmittel blieb also die Kolonisation; in einem andern Lande konnten sich die im Mutterlande Notleidenden einen freien Boden suchen und als freie Bürger durch den Ackerbau bestehen. Die Kolonisation war somit ein Mittel, einigermaßen die Gleichheit unter den Bürgern zu erhalten; aber dieses Mittel ist nur ein Palliativ, indem die ursprüngliche Ungleichheit, welche auf der Verschiedenheit des Vermögens begründet ist, sofort wieder zum Vorschein kommt. Die alten Leidenschaften erstanden mit erneuter Kraft, und der Reichtum wurde bald zur Herrschaft benutzt: so erhoben sich in den Städten Griechenlands Tyrannen. Thukydides sagt: Als Griechenland an Reichtum zunahm, sind Tyrannen in den Städten entstanden, und die Griechen haben sich eifriger auf das Seewesen gelegt. Zur Zeit des Cyrus gewinnt die Geschichte Griechenlands ihr eigentliches Interesse; wir sehen die Staaten nun in ihrer partikularen Bestimmtheit. In diese Zeit fällt auch die Ausbildung des unterschiedenen griechischen Geistes; Religion und Staatsverfassung entwickeln sich mit ihm, und diese wichtigen Momente sind es, welche uns jetzt beschäftigen müssen." [32]
 

8. "Wie Aristoteles sagt, dass die Philosophie von der Verwunderung ausgehe, so geht auch die griechische Naturanschauung von dieser Verwunderung aus"; Platon, Sokrates, Mysterien, Dodona, Delphi; "Der griechische Geist ist daher im ganzen ohne Aberglauben"; Freiheit des Geistes

Orientalische Gottheiten sind nicht nach Griechenland gekommen. "Die Diana zu Ephesus (das ist die Natur, als die allgemeine Mutter), die Cybele und Astarte in Syrien, dergleichen allgemeine Vorstellungen sind asiatisch geblieben und nicht nach Griechenland herübergekommen. Denn die Griechen lauschen nur auf die Naturgegenstände und ahnen sie mit der innerlichen Frage nach ihrer Bedeutung. Wie Aristoteles sagt, dass die Philosophie von der Verwunderung ausgehe, so geht auch die griechische Naturanschauung von dieser Verwunderung aus. Damit ist nicht gemeint, dass der Geist einem Außerordentlichen begegne, das er mit dem Gewöhnlichen vergleicht; denn die Verstandesansicht von einem regelmäßigen Naturlauf und die vergleichende Reflexion damit ist noch nicht vorhanden; sondern der aufgeregte griechische Geist verwundert sich vielmehr über das Natürliche der Natur; er verhält sich nicht stumpf zu ihr als zu einem Gegebenen, sondern als zu einem dem Geiste zunächst Fremden, zu welchem er jedoch die ahnende Zuversicht und den Glauben hat, als trage es etwas in sich, das ihm freundlich sei, zu dem er sich positiv zu verhalten vermöge. Diese Verwunderung und dieses Ahnen sind hier die Grundkategorien; doch blieben die Hellenen bei diesen Weisen nicht stehen, sondern stellten das Innere, nach welchem das Ahnen frägt, zu bestimmter Vorstellung, als Gegenstand des Bewusstseins heraus. Das Natürliche gilt als durch den Geist hindurchgehend, der es vermittelt, nicht unmittelbar; der Mensch hat das Natürliche nur als anregend, und nur das, was er aus ihm Geistiges gemacht hat, kann ihm gelten. Dieser geistige Anfang ist denn auch nicht bloß als eine Erklärung zu fassen, die wir nur machen, sondern er ist in einer Menge griechischer Vorstellungen selbst vorhanden. Das ahnungsvolle, lauschende, auf die Bedeutung begierige Verhalten wird uns im Gesamtbilde des Pan vorgestellt. Pan ist in Griechenland nicht das objektive Ganze, sondern das Unbestimmte, das zugleich mit dem Momente des Subjektiven verbunden ist: er ist der allgemeine Schauer in der Stille der Wälder; daher ist er besonders in dem waldreichen Arkadien verehrt worden (ein panischer Schreck ist der gewöhnliche Ausdruck für einen grundlosen Schreck). Pan, dieser Schauererweckende, wird dann als Flötenspieler vorgeführt: es bleibt nicht bloß bei der inneren Ahnung, sondern Pan läßt sich auf der siebenrohrigen Pfeife vernehmen. In diesem Angegebenen haben wir einerseits das Unbestimmte, das sich aber vernehmen läßt, und andrerseits ist das, was vernommen wird, eignes subjektives Einbilden und Erklären des Vernehmenden. Ebenso horchten die Griechen auf das Gemurmel der Quellen und fragten, was das zu bedeuten habe, die Bedeutung aber ist nicht die objektive Sinnigkeit der Quelle, sondern die subjektive des Subjekts selbst, welches dann weiter die Najade zur Muse erhebt. Die Najaden oder Quellen sind der äußerliche Anfang der Musen. Doch der Musen unsterbliche Gesänge sind nicht das, was man hört, wenn man die Quellen murmeln hört, sondern sie sind die Produktionen des sinnig horchenden Geistes, der in seinem Hinauslauschen in sich selbst produziert. Die Auslegung und Erklärung der Natur und der natürlichen Veränderungen, das Nachweisen des Sinnes und der Bedeutung darin, das ist das Tun des subjektiven Geistes." [33]

Man kann von einer Art der "Bezüglichkeit des Menschen auf die Natur" sprechen. Plato spricht davon in Beziehung auf die Träume und den Wahnsinn, in den der Mensch in der Krankheit verfällt; es bedürfe eines Auslegers, um diese Träume und diesen Wahnsinn zu erklären. "Die Natur hat dem Griechen auf seine Fragen geantwortet: das ist in dem Sinne wahr, dass der Mensch aus seinem Geiste die Fragen der Natur beantwortet hat. Die Anschauung wird dadurch rein poetisch, denn der Geist macht darin den Sinn, den das natürliche Gebilde ausdrückt. Überall verlangen die Griechen nach einer Auslegung und Deutung des Natürlichen. Homer erzählt im letzten Buche der Odyssee, dass, als die Griechen um den Achill ganz in Trauer versenkt waren, ein großes Tosen über das Meer her entstanden sei; die Griechen seien schon im Begriff gewesen, auseinander zu fliehen, da stand der erfahrene Nestor auf und erklärte ihnen diese Erscheinung. Die Thetis, sagte er, komme mit ihren Nymphen, um den Tod ihres Sohnes zu beklagen. Als eine Pest im Lager der Griechen ausbrach, gab der Priester Kalchas ihnen die Auslegung: Apoll sei erzürnt, dass man seinem Priester Chryses die Tochter für das Lösegeld nicht zurückgegeben habe. Das Orakel hatte ursprünglich auch ganz diese Form der Auslegung. Das älteste Orakel war zu Dodona (in der Gegend des heutigen Janina). Herodot sagt, die ersten Priesterinnen des Tempels daselbst seien aus Ägypten gewesen, und doch wird dieser Tempel als ein altgriechischer angegeben. Das Gesäusel der Blätter von den heiligen Eichen war dort die Weissagung. Es waren daselbst auch metallne Becken aufgehängt. Die Töne der zusammenschlagenden Becken waren aber ganz unbestimmt und hatten keinen objektiven Sinn, sondern der Sinn, die Bedeutung kam erst durch die auffassenden Menschen hinein." So gaben auch die delphischen Priesterinnen, bewusstlos, besinnungslos, im Taumel der Begeisterung unvernehmliche Töne von sich, in die eine bestimmte Bedeutung hinein gelegt werden musste. Es ist noch zu bemerken, dass die Anregungen des Geistes zunächst äußerliche natürliche Regsamkeiten sind, dann aber eben so innere Veränderungen, die im Menschen selbst vorgehen, wie die Träume, oder der Wahnsinn der delphischen Priesterin, welche erst sinnvoll ausgelegt werden mussten. "Im Anfang der Iliade braust Achill gegen den Agamemnon auf und ist im Begriff, sein Schwert zu ziehen, aber schnell hemmt er die Bewegung seines Armes und fasst sich im Zorn, indem er sein Verhältnis zu Agamemnon bedenkt. Der Dichter legt dieses aus, indem er sagt: das sei die Pallas Athene (die Weisheit, die Besinnung) gewesen, die ihn aufgehalten habe. Als Odysseus bei den Phäaken seinen Diskus weiter als die andern geworfen hatte und einer der Phäaken sich ihm freundlich gesinnt gezeigt, so erkennt der Dichter in ihm die Pallas Athene. Diese Bedeutung ist so das Innere, der Sinn, das Wahrhafte, was gewusst wird, und die Dichter sind auf diese Weise die Lehrer der Griechen gewesen, vor allem aber war es Homer." Die Poesie ist nicht willkürliches Phantasieren, sondern eine Phantasie, die das Geistige in das Natürliche hineinlegt und sinnvolles Wissen ist. Es handelt sich also nicht um Aberglauben, wie er in der orientalischen Welt verbreitet war und durch den Islam in abstrakter Weise erneuert wurde, nämlich wenn die "Bestimmungen für das Dafürhalten und Handeln aus einer andern Quelle als aus dem Geistigen geschöpft werden."  [34]
 

"Der griechische Geist ist daher im ganzen ohne Aberglauben, indem er das Sinnliche in Sinniges verwandelt, so dass die Bestimmungen aus dem Geiste herkommen." - G.W.F. Hegel, Philosophie der Geschichte II, 1


Alte Athener waren noch in die Mysterien eingeweiht, Sokrates ließ sich nicht initiieren, weil er wohl wusste, "dass Wissenschaft und Kunst nicht aus den Mysterien hervorgehen und niemals im Geheimnis die Weisheit liegt. Die wahre Wissenschaft ist vielmehr auf dem offenen Felde des Bewusstseins. Wollen wir nun das, was der griechische Geist ist, zusammenfassen, so macht dies die Grundbestimmung aus, dass die Freiheit des Geistes bedingt und in wesentlicher Beziehung auf eine Naturerregung ist. Die griechische Freiheit ist durch andres erregt und dadurch frei, dass sie die Anregung aus sich verändert und produziert. Diese Bestimmung ist die Mitte zwischen der Selbstlosigkeit des Menschen, (wie wir sie im asiatischen Prinzip erblicken, wo das Geistige und Göttliche nur auf natürliche Weise besteht,) und der unendlichen Subjektivität als reiner Gewißheit ihrer selbst, dem Gedanken, dass das Ich der Boden für alles sei, was gelten soll. Der griechische Geist als Mitte geht von der Natur aus und verkehrt sie zum Gesetztsein seiner aus sich; die Geistigkeit ist daher noch nicht absolut frei und noch nicht vollkommen aus sich selbst, Anregung ihrer selbst. Von Ahnung und Verwunderung geht der griechische Geist aus und geht dann weiter zum Setzen der Bedeutung fort. Auch am Subjekte selbst wird diese Einheit hervorgebracht. Am Menschen ist die natürliche Seite das Herz, die Neigung, die Leidenschaft, die Temperamente; diese wird nun ausgebildet zur freien Individualität, so dass der Charakter nicht im Verhältnis zu den allgemeinen sittlichen Mächten, als Pflichten, steht, sondern dass das Sittliche als eigentümliches Sein und Wollen des Sinnes und der besonderen Subjektivität ist. Dies macht eben den griechischen Charakter zur schönen Individualität, welche durch den Geist hervorgebracht ist, indem er das Natürliche zu seinem Ausdruck umbildet. Die Tätigkeit des Geistes hat hier noch nicht an ihm selbst das Material und das Organ der Äußerung, sondern sie bedarf der natürlichen Anregung und des natürlichen Stoffes; sie ist nicht freie, sich selbst bestimmende Geistigkeit, sondern zur Geistigkeit gebildete Natürlichkeit, – geistige Individualität. Der griechische Geist ist der plastische Künstler, welcher den Stein zum Kunstwerk bildet. Bei diesem Bilden bleibt der Stein nicht bloß Stein und die Form nur äußerlich an ihn gebracht, sondern er wird auch gegen seine Natur zum Ausdruck des Geistigen gemacht und so umgebildet. Umgekehrt bedarf der Künstler für seine geistigen Konzeptionen des Steines, der Farben, der sinnlichen Formen zum Ausdruck seiner Idee; ohne solches Element kann er selbst sowohl der Idee nicht bewusst werden als auch sie andern nicht gegenständlich machen, denn sie kann ihm nicht im Denken Gegenstand werden."  [35] 

"Auch der ägyptische Geist war dieser Arbeiter im Stoff, aber das Natürliche war dem Geistigen noch nicht unterworfen; es blieb beim Ringen und Kämpfen mit ihm; das Natürliche blieb noch für sich und eine Seite des Gebildes, wie im Leibe der Sphinx. In der griechischen Schönheit ist das Sinnliche nur Zeichen, Ausdruck, Hülle, worin der Geist sich manifestiert." - G.W.F. Hegel, Philosophie der Geschichte II, 1
 
 

9. Griechische Kunst; Olympische, isthmische, pythische und nemeische Spiele; griechische und orientalische Götter; griechische Religion als Vorstufe zur christlichen

Barbaren wie die abergläubischen Orientalen, später vor allem die Osmanen und andere Muslime, bleiben dabei stehen, sich zu putzen und zu schmücken, zeigen nur sinnlichen Genuss und "die daran sich knüpfende Abhängigkeit und Stumpfheit des Aberglaubens." Davon unterschieden ist die griechische Kunst. "Der Mensch gebraucht aber nun die Natur andrerseits zum Schmuck, welcher den Sinn hat, nur ein Zeichen des Reichtums und dessen zu sein, was der Mensch aus sich gemacht hat. Solch Interesse des Schmuckes sehen wir bei den homerischen Griechen schon sehr ausgebildet. Barbaren und gesittete Völker putzen sich; aber die Barbaren bleiben dabei stehen, sich zu putzen, d. h. ihr Körper soll durch ein Äußerliches gefallen. Der Schmuck aber hat nur die Bestimmung, Schmuck eines andern zu sein, welches der menschliche Leib ist, in welchem sich der Mensch unmittelbar findet, und welchen er, wie das Natürliche überhaupt, umzubilden hat. Das nächste geistige Interesse ist daher, den Körper zum vollkommenen Organ für den Willen auszubilden, welche Geschicklichkeit einerseits wieder Mittel für andre Zwecke sein, andrerseits selbst als Zweck erscheinen kann." [36] 
"Der sinnliche Genuss wird nicht die Basis ihres friedlichen Zustandes, so wenig als die daran sich knüpfende Abhängigkeit und Stumpfheit des Aberglaubens."  - G.W.F. Hegel, Philosophie der Geschichte II, 2
Dies ist der subjektive Anfang der griechischen Kunst, worin der Mensch seine Körperlichkeit, in freier schöner Bewegung und in kräftiger Geschicklichkeit, zu einem Kunstwerke ausarbeitete. "Die Griechen machten sich selbst erst zu schönen Gestaltungen, ehe sie solche objektiv im Marmor und in Gemälden ausdrückten. Der harmlose Wettkampf in Spielen, worin ein jeder zeigt, was er ist, ist sehr alt. Homer beschreibt auf eine herrliche Weise die Spiele Achills zu Ehren des Patroklus, aber in allen seinen Dichtungen findet sich keine Angabe von Bildsäulen der Götter, ohnerachtet er das Heiligtum zu Dodona und das Schatzhaus des Apollo zu Delphi erwähnt. Die Spiele bestehen beim Homer im Ringen und Faustkampf, im Lauf, im Lenken der Rosse und Wagen, im Wurf des Diskus oder des Wurfspießes und im Bogenschießen. – Mit diesen Übungen verbindet sich Tanz und Gesang zur Äußerung und zum Genuss froher, geselliger Heiterkeit, welche Künste gleichfalls zur Schönheit erblühten. Auf dem Schilde des Achill wird von Hephästos unter anderm vorgestellt, wie schöne Jünglinge und Mädchen sich mit gelehrigen Füßen so schnell bewegen, als der Töpfer seine Scheibe herumtreibt. Die Menge steht umher sich daran ergötzend, der göttliche Sänger begleitet den Gesang mit der Harfe, und zwei Haupttänzer drehen sich in der Mitte des Reigens. Diese Spiele und Künste mit ihrem Genuss und ihrer Ehre waren anfangs nur Privatsache und bei besonderen Gelegenheiten veranstaltet; in der Folge wurden sie aber eine Nationalangelegenheit und auf bestimmte Zeiten an bestimmten Orten festgesetzt. Außer den olympischen Spielen in der heiligen Landschaft Elis wurden noch die isthmischen, pythischen und nemeischen an andern Orten gefeiert. Betrachten wir nun die innere Natur dieser Spiele, so ist zuvorderst das Spiel dem Ernste, der Abhängigkeit und Not entgegengesetzt. Mit solchen Ringen, Laufen, Kämpfen war es kein Ernst; es lag darin keine Not des Sichwehrens, kein Bedürfnis des Kampfes. Ernst ist die Arbeit in Beziehung auf das Bedürfnis: ich oder die Natur muss zugrunde gehen; wenn das eine bestehen soll, muss das andre fallen. Gegen diesen Ernst nun gehalten ist aber das Spiel dennoch der höhere Ernst, denn die Natur ist darin dem Geiste eingebildet, und wenn auch in diesen Wettkämpfen das Subjekt bis zum höchsten Ernste des Gedankens nicht fortgegangen ist, so zeigt doch der Mensch in dieser Übung der Körperlichkeit seine Freiheit, dass er den Körper nämlich zum Organ des Geistes umgebildet habe." [37]

Wir haben den Begriff des griechischen Geistes gesehen; auch die Religion unterscheidet sich von der der Orientalen. "Die Religion ist nun nichts andres, als dass dieser Begriff als das Wesentliche zum Gegenstande gemacht wird. Nach diesem Begriff wird auch das Göttliche die Naturmacht nur als Element in sich enthalten, welches zur geistigen Macht umgebildet wird. Von diesem Naturelement, als dem Anfange, wird nur noch ein analoger Anklang in der Vorstellung der geistigen Macht erhalten, denn die Griechen haben Gott als Geistiges verehrt. Wir können den griechischen Gott daher nicht wie den indischen so fassen, dass der Inhalt irgendeine Naturmacht sei, woran die menschliche Gestalt nur die äußerliche Form darstelle, sondern der Inhalt ist das Geistige selbst, und das Natürliche ist nur der Ausgangspunkt. Andrerseits müssen wir aber sagen, dass der Gott der Griechen noch nicht der absolute freie Geist ist, sondern der Geist in besonderer Weise, in menschlicher Beschränkung, noch als eine bestimmte Individualität von äußeren Bedingungen abhängend." [38]

"Die objektiv schönen Individualitäten sind die Götter der Griechen. Der Geist Gottes ist hier so beschaffen, dass er noch nicht selbst als Geist für sich ist, sondern da ist, sich noch sinnlich manifestiert, so aber, dass das Sinnliche nicht seine Substanz, sondern nur Element seiner Manifestation ist. Dieser Begriff muss für uns der leitende sein bei der Betrachtung der griechischen Mythologie." - G.W.F. Hegel, Philosophie der Geschichte II, 2
Der Kampf gegen die Titanen war gleichzeitig ein Kampf gegen die Götter der Orientalen. "Wir haben im Begriff des griechischen Geistes die zwei Elemente, Natur und Geist, in dem Verhältnis gefunden, dass die Natur nur den Ausgangspunkt bildet. Diese Herabsetzung der Natur ist in der griechischen Mythologie als Wendepunkt des Ganzen, als der Götterkrieg ausgesprochen, als Sturz der Titanen durch das Geschlecht des Zeus. Der Übergang vom orientalischen zum okzidentalischen Geist ist darin vorgestellt, denn die Titanen sind das Natürliche, Naturwesen, denen die Herrschaft entrissen wird. Sie werden zwar nachher noch verehrt, doch nicht als die Regierenden, denn sie sind an den Saum der Erde gewiesen. Die Titanen sind Naturmächte, Uranos, Gäa, Okeanos, Selene, Helios usf. Kronos ist die Herrschaft der abstrakten Zeit, welche ihre Kinder verzehrt. Die wilde Erzeugungskraft wird gehemmt, und Zeus tritt auf als das Haupt der neuen Götter, die geistige Bedeutung haben und selbst Geist sind... Das zweite ist, dass die neuen Götter die Naturmomente und damit das bestimmte Verhältnis zu den Naturmächten, wie schon oben angedeutet worden ist, in sich aufbewahren. Zeus hat seine Blitze und Wolken, und Here ist die Erzeugerin des Natürlichen, die Gebärerin der werdenden Lebendigkeit; Zeus ist aber dann der politische Gott, der Beschützer des Sittlichen und der Gastfreundschaft. Okeanos ist als solcher nur die Naturmacht; Poseidon aber hat zwar noch die Wildheit des Elements an ihm, ist jedoch auch eine sittliche Figur: er hat Mauern gebaut und das Pferd geschaffen. Helios ist die Sonne als Naturelement. Dieses Licht ist, in der Analogie des Geistigen, zum Selbstbewusstsein umgewandelt, und Apollo ist aus dem Helios hervorgegangen... Apoll ist der Weissagende und Wissende, das alles hellmachende Licht; ferner der Heilende und Bekräftigende, wie auch der Verderbende, denn er tötet die Männer; er ist der Sühnende und Reinigende, z. B. gegen die Eumeniden, die alten unterirdischen Gottheiten, welche das harte, strenge Recht verfolgen; er selber ist rein, er hat keine Gattin, sondern nur eine Schwester und ist nicht in viele hässliche Geschichten wie Zeus verwickelt; er ist ferner der Wissende und Aussprechende, der Sänger und Führer der Musen, wie die Sonne den harmonischen Reigen der Gestirne anführt. – Ebenso sind die Najaden zu den Musen geworden. Die Göttermutter Cybele, noch zu Ephesus als Artemis verehrt, ist bei den Griechen als Artemis, die keusche Jägerin und Wildtöterin, kaum wiederzuerkennen. Würde nun gesagt, dass diese Verwandlung des Natürlichen in Geistiges unserm oder späterem griechischen Allegorisieren angehöre, so ist dagegen anzuführen, dass dies Herüberwenden des Natürlichen zum Geistigen gerade der griechische Geist ist. Die Epigramme der Griechen enthalten solche Fortgänge vom Sinnlichen zum Geistigen. Nur der abstrakte Verstand weiß diese Einheit des Natürlichen und Geistigen nicht zu fassen. Das weitere ist, dass die Götter als Individualitäten, nicht als Abstraktionen zu fassen sind, wie z. B. das Wissen, der Eine, die Zeit, der Himmel, die Notwendigkeit. Solche Abstraktionen sind nicht der Inhalt dieser Götter; sie sind keine Allegorien, keine abstrakten mit vielfachen Attributen behängten Wesen, wie die Horazische necessitas clavis trabalibus. Ebensowenig sind die Götter Symbole, denn das Symbol ist nur ein Zeichen, eine Bedeutung von etwas anderm. Die griechischen Götter drücken an ihnen selbst aus, was sie sind. Die ewige Ruhe und sinnende Klarheit im Kopfe Apollos ist nicht ein Symbol, sondern der Ausdruck, in welchem der Geist erscheint und sich gegenwärtig zeigt. Die Götter sind Subjekte, konkrete Individualitäten; ein allegorisches Wesen hat keine Eigenschaften, sondern ist selbst nur eine Eigenschaft. Die Götter sind ferner besondere Charaktere, indem in jedem von ihnen eine Bestimmung als die charakteristische überwiegend ist; es wäre aber vergebens, diesen Kreis von Charakteren in ein System bringen zu wollen. Zeus herrscht wohl über die andern Götter, aber nicht in wahrhafter Kraft, so dass sie in ihrer Besonderheit frei gelassen bleiben. Weil aller geistige und sittliche Inhalt den Göttern angehörte, so musste die Einheit, welche über sie gestellt wurde, notwendig abstrakt bleiben; sie war also das gestalt- und inhaltlose Fatum, die Notwendigkeit, deren Trauer darin ihren Grund hat, dass sie das Geistlose ist, während die Götter sich in freundlichem Verhältnis zu den Menschen befinden, denn sie sind geistige Naturen. Das Höhere, dass die Einheit als Gott, der eine Geist, gewusst wird, war den Griechen noch nicht bekannt. In Ansehung der Zufälligkeit und der Besonderheit, welche an den griechischen Göttern hängt, entsteht die Frage, wo der äußerliche Ursprung dieser Zufälligkeit zu suchen sei. Einerseits kommt sie durch das Lokal herein, durch das Zerstreute des Anfangs des griechischen Lebens, das sich punktualisiert und somit sogleich Lokalvorstellungen herbeiführt. Die Lokalgötter stehen allein und haben eine viel größere Breite, als da sie später in den Kreis der Götter eintreten und zu einem Beschränkten herabgesetzt werden; sie sind nach dem besonderen Bewusstsein und den partikularen Begebenheiten der Gegenden bestimmt, in welchen sie erscheinen. Es gibt eine Menge von Herkules und Zeus, die ihre Lokalgeschichte haben, ähnlich den indischen Göttern, die auch an verschiedenen Orten Tempel mit einer eigentümlichen Historie besitzen. Ebenso ist es mit den katholischen Heiligen und ihren Legenden, wo aber nicht von dem Lokalen, sondern z. B. von der einen Muttergottes ausgegangen und dann zu der vielfältigsten Lokalität fortgeschritten wird. Die Griechen erzählen von ihren Göttern die heitersten und anmutigsten Geschichten, deren Grenze gar nicht zu ziehen ist, da die Einfälle im lebendigen Geiste der Griechen immer neu hervorsprudelten. Eine zweite Quelle des Ursprungs der Besonderheiten ist die Naturreligion, deren Darstellungen ebenso in den griechischen Mythen erhalten als auch wiedergeboren und verkehrt sind. Das Erhalten der anfänglichen Mythen führt auf das berühmte Kapitel der Mysterien, deren wir schon oben Erwähnung taten. Diese Mysterien der Griechen sind etwas, was als Unbekanntes, mit dem Vorurteil tiefer Weisheit, die Neugier aller Zeiten auf sich gezogen hat. Zuvörderst ist zu bemerken, dass dieses Alte und Anfängliche eben seines Anfangs wegen nicht das Vortreffliche, sondern das Untergeordnete ist, dass die reineren Wahrheiten in diesen Geheimnissen nicht ausgesprochen waren und nicht etwa, wie viele meinten, die Einheit Gottes gegen die Vielheit der Götter darin gelehrt wurde. Die Mysterien waren vielmehr alte Gottesdienste, und es ist ebenso ungeschichtlich als töricht, tiefe Philosopheme darin finden zu wollen, da im Gegenteil nur Naturideen, rohere Vorstellungen von der allgemeinen Umwandlung in der Natur und von der allgemeinen Lebendigkeit der Inhalt derselben waren. Wenn man alles Historische, was hier hereinfällt, zusammenstellt, so wird das Resultat notwendig sein, dass die Mysterien nicht ein System von Lehren ausmachten, sondern sinnliche Gebräuche und Darstellungen waren, die nur in Symbolen der allgemeinen Operationen der Natur bestanden, als z. B., von dem Verhältnisse der Erde zu den himmlischen Erscheinungen. Den Vorstellungen der Ceres und Proserpina, dem Bacchus und seinem Zuge lag als Hauptsache das Allgemeine der Natur zugrunde, und das weitere waren obskure Geschichten und Darstellungen, deren Hauptinteresse die Lebenskraft und ihre Veränderungen sind. Einen analogen Prozeß wie die Natur hat auch der Geist zu bestehen; denn er muss zweimal geboren sein, das heißt, sich in sich selbst negieren; und so erinnerten die Darstellungen in den Mysterien, wenn auch nur schwach, an die Natur des Geistes. Sie hatten für die Griechen etwas Schauererweckendes; denn der Mensch hat eine angeborene Scheu, wenn er sieht, es sei eine Bedeutung in einer Form, die als sinnlich diese Bedeutung nicht ausspricht und daher abstößt und anzieht, durch den durchklingenden Sinn Ahnungen erweckt, aber Schauder zugleich durch die abschreckende Form. Äschylus wurde angeklagt, in seinen Tragödien die Mysterien entweiht zu haben. Die unbestimmten Vorstellungen und Symbole der Mysterien, wo das Bedeutungsvolle nur geahnt ist, sind das den klaren reinen Gestalten Heterogene und drohen denselben den Untergang, weshalb die Götter der Kunst von den Göttern der Mysterien getrennt bleiben und beide Sphären streng auseinandergehalten werden müssen."  [39]

Die meisten Götter haben die Griechen zwar aus der Fremde her erhalten, wie es Herodot ausdrücklich von Ägypten erzählt; "aber diese fremden Mythen sind von den Griechen umgebildet und vergeistigt worden, und was von den ausländischen Theogonien mit herüberkam, das wurde in dem Munde der Hellenen zu einer Geschichte, die oft eine üble Nachrede für die Götter war, verarbeitet. So sind auch die Tiere, die noch bei den Ägyptern als Götter gelten, bei den Griechen zu äußerlichen Zeichen herabgesetzt, die neben den geistigen Gott treten. Mit den Besonderheiten ihres Charakters zugleich werden die griechischen Götter als menschlich vorgestellt, und dieser Anthropomorphismus wird für ihren Mangel ausgegeben. Hiergegen ist nun sogleich zu sagen, dass der Mensch, als das Geistige, das Wahrhafte an den griechischen Göttern ausmacht, wodurch sie über alle Naturgötter und über alle Abstraktionen des einen und höchsten Wesens zu stehen kommen. Andrerseits wird es auch als ein Vorzug der griechischen Götter angegeben, dass sie als Menschen vorgestellt werden, während dem christlichen Gott dies fehlen solle. Schiller sagt: "Da die Götter menschlicher noch waren, / Waren Menschen göttlicher."  [40]

"Aber die griechischen Götter sind nicht als menschlicher wie der christliche Gott anzusehen. Christus ist viel mehr Mensch: er lebt, stirbt, leidet den Tod am Kreuze, was unendlich menschlicher ist als der Mensch der griechischen Schönheit. Was nun aber die griechische und christliche Religion gemeinschaftlich betrifft, so ist von beiden zu sagen, dass, wenn Gott erscheinen soll, seine Natürlichkeit die des Geistes sein müsse, was für die sinnliche Vorstellung wesentlich der Mensch ist, denn keine andre Gestalt vermag es, als Geistiges aufzutreten. Gott erscheint zwar in der Sonne, in den Bergen, in den Bäumen, in allem Lebendigen, aber dies natürliche Erscheinen ist nicht die Gestalt des Geistes, Gott ist dann vielmehr nur im Innern des Subjekts wahrnehmbar. Soll Gott selbst in einem entsprechenden Ausdruck auftreten, so kann dieses nur die menschliche Gestalt sein, denn aus dieser strahlt das Geistige hervor" - G.W.F. Hegel, Philosophie der Geschichte II, 2 
Die griechische Religion ist praktisch die Vorstufe zur christlichen. "Der wahrhafte Mangel der griechischen Religion, gegen die christliche gehalten, ist nun, dass in ihr die Erscheinung die höchste Weise, überhaupt das Ganze des Göttlichen ausmacht, während in der christlichen Religion das Erscheinen nur als ein Moment des Göttlichen angenommen wird. Der erscheinende Gott ist hier gestorben, ist als sich aufhebend gesetzt; erst als gestorben ist Christus sitzend an der Rechten Gottes dargestellt. Der griechische Gott ist dagegen für die Hellenen in der Erscheinung perennierend, nur im Marmor, im Metall oder Holz, oder in der Vorstellung als Bild der Phantasie. Warum aber ist Gott ihnen nicht im Fleische erschienen? Weil der Mensch nur galt, Ehre und Würde nur hatte als zur Freiheit der schönen Erscheinung herausgearbeiteter und gemachter; die Form und Gestaltung der Göttlichkeit blieb somit eine vom besondern Subjekte erzeugte. Das ist das eine Element im Geiste, dass er sich hervorbringt, dass er sich zu dem macht, was er ist; das andre aber ist, dass er ursprünglich frei und die Freiheit seine Natur und sein Begriff ist. Die Griechen aber, weil sie sich noch nicht denkend erfassten, kannten noch nicht den Geist in seiner Allgemeinheit, noch nicht den Begriff des Menschen und die an sich seiende Einheit der göttlichen und menschlichen Natur nach der christlichen Idee. Erst der in sich gewisse, innere Geist kann es ertragen, die Seite der Erscheinung frei zu entlassen, und hat diese Sicherheit, einem Diesen die göttliche Natur anzuvertrauen. Er braucht nicht mehr die Natürlichkeit in das Geistige einzubilden, um das Göttliche festzuhalten und die Einheit äußerlich anschaubar zu haben, sondern indem der freie Gedanke das Äußerliche denkt, kann er es lassen, wie es ist: denn er denkt diese Vereinigung des Endlichen und Unendlichen und weiß sie nicht als zufällige Vereinigung, sondern als das Absolute, die ewige Idee selbst. Weil die Subjektivität vom griechischen Geist noch nicht in ihrer Tiefe erfasst ist, so ist die wahrhafte Versöhnung in ihm noch nicht vorhanden und der menschliche Geist noch nicht absolut berechtigt. Dieser Mangel hat sich schon darin gezeigt, dass über den Göttern als reine Subjektivität das Fatum steht; er zeigt sich auch darin, dass die Menschen ihre Entschlüsse noch nicht aus sich selbst, sondern von ihren Orakeln hernehmen. Menschliche wie göttliche Subjektivität nimmt noch nicht, als unendliche, die absolute Entscheidung aus sich selbst."  [41]
 
 

10. Demokratische Verfassung für Griechenland und christliche Länder; Sieg bei Marathon, Thermopylä über die Perser

"Nur die demokratische Verfassung war für diesen Geist und für diesen Staat geeignet. Wir haben den Despotismus im Orient in glänzender Ausbildung als eine dem Morgenland entsprechende Gestaltung gesehen; nicht minder ist die demokratische Form in Griechenland die welthistorische Bestimmung."   - G.W.F. Hegel, Philosophie der Geschichte II, 2 
War der Despotismus im Orient (in islamischen Ländern noch immer) die angemessene Staatsform, so ist es in Griechenland und Europa bzw. christlichen Ländern die Demokratie. "Der demokratische Staat ist nicht patriarchalisch, ruht nicht auf dem noch ungebildeten Vertrauen, sondern es gehören Gesetze, sowie das Bewusstsein der rechtlichen und sittlichen Grundlage dazu, sowie dass diese Gesetze als positiv gewusst werden. Zur Zeit der Könige war in Hellas noch kein politisches Leben und also auch nur geringe Spuren von Gesetzgebung. In dem Zwischenraum aber, vom Trojanischen Kriege bis gegen die Zeit des Cyrus, trat das Bedürfnis derselben ein. Die ersten Gesetzgeber sind unter dem Namen der sieben Weisen bekannt, worunter noch keine Sophisten und Lehrer der Weisheit zu verstehen sind, die mit Bewusstsein das Richtige und Wahre vorgetragen hätten, sondern nur denkende Menschen, deren Denken aber nicht bis zur eigentlichen Wissenschaft fortgeschritten war. Es sind praktisch politische Männer, und von den guten Ratschlägen, welche zwei derselben, Thales von Milet und Bias von Priene, den ionischen Städten gaben, ist schon früher gesagt worden. Solon wurde so von den Athenern beauftragt, ihnen Gesetze zu geben, da die vorhandenen nicht mehr genügten. Solon gab den Athenern eine Staatsverfassung, wodurch alle gleiche Rechte bekamen, ohne dass jedoch die Demokratie eine ganz abstrakte geworden wäre."  [42]
"Das Hauptmoment der Demokratie ist sittliche Gesinnung. Die Tugend ist die Grundlage der Demokratie, sagt Montesquieu; dieser Ausspruch ist ebenso wichtig als wahr inbezug auf die Vorstellung, welche man sich gewöhnlich von der Demokratie macht."   - G.W.F. Hegel, Philosophie der Geschichte II, 2 
Die demokratische Verfassung ist hier also die einzig mögliche: "Athene, die Göttin, ist Athen selbst, d. h. der wirkliche und konkrete Geist der Bürger... Diesem Umstande, dass jeder sich ein Urteil zumutet, ist das Vertrauen in große Individuen zuwider. Wenn die Athener in früheren Zeiten dem Solon, ihnen Gesetze zu geben, auftragen, wenn Lykurg in Sparta als Gesetzgeber und Ordner erscheint, so liegt darin nicht, dass das Volk meint, das Rechte am besten zu wissen. Auch später waren es große plastische Gestalten, in die das Volk sein Zutrauen setzte: Klisthenes, der die Verfassung noch demokratischer machte, Miltiades, Themistokles, Aristides, Cimon, die in den medischen Kriegen an der Spitze der Athener stehen, und Perikles, der große Glanzpunkt von Athen; aber sobald einer dieser großen Männer vollbracht hatte, was nottat, trat der Neid, das heißt, das Gefühl der Gleichheit in Ansehung des besonderen Talents ein, und er wurde entweder ins Gefängnis geworfen oder verbannt. Endlich sind dann die Sykophanten im Volke ausgestanden, die alles Große von Individualität und die Personen, die an der Spitze der Verwaltung standen, verunglimpften." Es sind aber in den griechischen Republiken noch drei Umstände besonders hervorzuheben 1. Mit der Demokratie, wie sie nur in Griechenland gewesen ist, sind die Orakel verbunden, 2. Ein andrer Umstand, welcher hier hervorzuheben ist, ist die Sklaverei. "Diese war notwendige Bedingung einer schönen Demokratie, wo jeder Bürger das Recht und die Pflicht hatte, auf öffentlichem Platze Vorträge über die Staatsverwaltung zu halten und anzuhören, in Gymnasien sich zu üben, Feste mitzumachen. Die Bedingung dieser Beschäftigungen war notwendig, dass der Bürger den Handwerksarbeiten entnommen sei, und dass also, was bei uns den freien Bürgern zufällt, die Arbeit des täglichen Lebens von den Sklaven verrichtet werde. Die Gleichheit der Bürger brachte das Ausgeschlossensein der Sklaven mit sich. Die Sklaverei hört erst auf, wenn der Wille unendlich in sich reflektiert ist, wenn das Recht gedacht ist als dem Freien zukommend, der Freie aber der Mensch ist nach seiner allgemeinen Natur als mit Vernunft begabt. Hier aber stehen wir noch auf dem Standpunkt der Sittlichkeit, welche nur Gewohnheit und Sitte ist und damit noch eine Partikularität im Dasein. 3. Es muss noch drittens bemerkt werden, dass solche demokratische Verfassungen nur in kleinen Staaten möglich sind, in Staaten, die den Umfang von Städten nicht viel übersteigen. Der ganze Staat der Athenienser ist in der einen Stadt vereinigt: vom Theseus wird erzählt, er habe die zerstreuten Flecken zu einem Ganzen verbunden; zur Zeit des Perikles im Anfang des Peloponnesischen Krieges flüchtete sich beim Anrücken der Spartaner die sämtliche Bevölkerung des athenischen Gebietes in die Stadt. In solchen Städten nur kann das Interesse im ganzen gleich sein, wogegen in großen Reichen verschiedene Interessen, die sich widerstreiten, zu finden sind. Das Zusammenleben in einer Stadt, der Umstand, dass man sich täglich sieht, machen eine gemeinsame Bildung und eine lebendige Demokratie möglich. In der Demokratie ist die Hauptsache, dass der Charakter des Bürgers plastisch, aus einem Stück sei. Er muss bei der Hauptverhandlung gegenwärtig sein; er muss an der Entscheidung als solcher teilnehmen, nicht durch die einzelne Stimme bloß, sondern im Drange des Bewegens und Bewegtwerdens, indem die Leidenschaft und das Interesse des ganzen Mannes darein gelegt und auch im Vorgang die Wärme der ganzen Entscheidung gegenwärtig ist. Die Einsicht, zu der sich alle bekehren sollen, muss durch Erwärmung der Individuen vermittelst der Rede hervorgebracht werden. Geschähe diese durch die Schrift auf abstrakte, unlebendige Weise, so würden die Individuen nicht zur Wärme der Allgemeinheit angefeuert, und je größer die Menge wäre, desto weniger würde die Einzelheit der Stimme Gewicht haben. Man kann in einem großen Reiche wohl herumfragen, Stimmen sammeln lassen in allen Gemeinden und die Resultate zählen, wie das durch den französischen Konvent geschehen ist; dies ist aber ein totes Wesen, und die Welt ist da schon in eine Papierwelt auseinandergegangen und abgeschieden. In der französischen Revolution ist deshalb niemals die republikanische Verfassung als eine Demokratie zustande gekommen, und die Tyrannei, der Despotismus erhob unter der Maske der Freiheit und Gleichheit seine Stimme." [43]

Das Ziel der orientalischen Despoten, vor allem der Perser, die "das Gestaltlose und Ungeformte verehren", war es, Griechenland zu unterjochen, Athen zu verwüsten und die Kunstschätze zu zerstoren (wie es in islamischen Ländern heute noch üblich ist). Hier haben die Griechen Weltgeschichte geschrieben. Der Perserkönig sandte ein Heer gegen Griechenland. "Gegen diese große Übermacht fochten die Athener mit den Platäern allein bei Marathon unter Führung des Miltiades und errangen den Sieg. Später ist dann Xerxes mit seinen ungeheuren Völkermassen gegen Griechenland herangezogen (Herodot beschreibt diesen Zug ausführlich); zu der furchtbaren Landarmee gesellte sich noch die nicht minder bedeutende Flotte. Thrakien, Makedonien, Thessalien wurden bald unterworfen, aber den Eingang ins eigentliche Griechenland, den Paß von Thermopylä, verteidigten 300 Spartaner und 700 Thespier, deren Schicksal bekannt ist. Das freiwillig verlassene Athen wurde verwüstet, und die Götterbilder waren den Persern, die das Gestaltlose und Ungeformte verehrten, ein Greuel. Trotz der Uneinigkeit der Griechen wurde die persische Flotte bei Salamis geschlagen; an dem hohen Tage dieses Sieges treffen die drei größten Tragiker Griechenlands merkwürdigerweise zusammen: denn Äschylus kämpfte mit und half den Sieg erringen, Sophokles tanzte beim Siegesfeste, und Euripides wurde geboren. Nachher wurde das Heer, welches unter dem Mardonius in Griechenland zurückblieb, bei Platää von Pausanias geschlagen und darauf die persische Macht an verschiedenen Punkten gebrochen. So wurde Griechenland von der Last, welche es zu erdrücken drohte, befreit. Es sind unstreitig größere Schlachten geschlagen worden, diese aber leben unsterblich im Angedenken der Geschichte der Völker nicht allein, sondern auch der Wissenschaft und der Kunst, des Edlen und Sittlichen überhaupt. Denn es sind welthistorische Siege: sie haben die Bildung und die geistige Macht gerettet und dem asiatischen Prinzipe alle Kraft entzogen. Wie oft haben nicht sonst Menschen für einen Zweck alles hingegeben, wie oft sind nicht Krieger für Pflicht und Vaterland gestorben? Hier ist aber nicht nur Tapferkeit, Genie und Mut zu bewundern, sondern hier ist es der Inhalt, die Wirkung, der Erfolg, die einzig in ihrer Art sind. Alle andern Schlachten haben ein mehr partikulares Interesse; der unsterbliche Ruhm der Griechen aber ist gerecht, wegen der hohen Sache, welche gerettet worden ist. In der Weltgeschichte hat nicht die formelle Tapferkeit, nicht das sogenannte Verdienst, sondern der Wert der Sache über den Ruhm zu entscheiden. Das Interesse der Weltgeschichte hat hier auf der Wagschale gelegen. Es standen gegeneinander der orientalische Despotismus, also eine unter einem Herrn vereinigte Welt, und auf der andern Seite geteilte und an Umfang und Mitteln geringe Staaten, welche aber von freier Individualität belebt waren. Niemals ist in der Geschichte die Überlegenheit der geistigen Kraft über die Masse, und zwar über eine nicht verächtliche Masse, in solchem Glanze erschienen. – Dieser Krieg und dann die Entwicklung der an der Spitze stehenden Staaten nach diesem Kriege ist die glänzendste Periode Griechenlands: alles, was im griechischen Prinzipe gelegen, hat sich nun vollkommen entfaltet und zur Anschauung gebracht."   [44]
 

11. Sokrates, Platon, Denken, Philosophie, Meinungsfreiheit, Prinzip der griechischen Freiheit; in den orientalischen Staaten, also in persischen, später muslimischen bzw. türkisch-osmanischen Reichen, in welchen die Gegensatzlosigkeit vorhanden ist, "kann es nicht zu einer moralischen Freiheit kommen"

In den orientalischen Staaten, also in persischen, später muslimischen bzw. türkisch-osmanischen Reichen, in welchen die Gegensatzlosigkeit vorhanden ist, "kann es nicht zu einer moralischen Freiheit kommen, da das höchste Prinzip die Abstraktion ist. Indem aber das Denken sich affirmativ weiß, wie in Griechenland, so stellt es Prinzipe auf, und diese stehen in einem wesentlichen Verhältnisse zur vorhandenen Wirklichkeit. Denn die konkrete Lebendigkeit bei den Griechen ist Sittlichkeit, Leben für die Religion, den Staat, ohne weiteres Nachdenken, ohne allgemeine Bestimmungen, die sich sogleich von der konkreten Gestaltung entfernen und sich ihr gegenüberstellen müssen. Das Gesetz ist vorhanden und der Geist in ihm."  [45]

Weder moralische Freiheit, Gedankenfreiheit und Meinungsfreiheit noch echte Philosophie findet sich in Persien bzw. islamisch-osmanisch-türkischen Reichen. "In dem Prinzip der griechischen Freiheit, weil sie Freiheit ist, liegt es, dass der Gedanke für sich frei werden muss. Aufgehen sahen wir ihn zuerst im Kreise der sieben Weisen, deren wir schon Erwähnung taten. Diese fingen zuvörderst an, allgemeine Sätze auszusprechen, doch wurde zu jener Zeit die Weisheit noch mehr in die konkrete Einsicht gesetzt. Parallel mit dem Fortgange der Ausbildung der religiösen Kunst und des politischen Zustandes geht die Erstarkung des Gedankens, ihres Feindes und Zerstörers, fort, und zur Zeit des Peloponnesischen Krieges war die Wissenschaft schon ausgebildet. Mit den Sophisten hat das Reflektieren über das Vorhandene und das Räsonnieren seinen Anfang genommen. Eben diese Betriebsamkeit und Tätigkeit, die wir bei den Griechen im praktischen Leben und in der Kunstausübung sahen, zeigte sich bei ihnen in dem Hin- und Hergehen und Wenden in den Vorstellungen, so dass, wie die sinnlichen Dinge von der menschlichen Tätigkeit verändert, verarbeitet, verkehrt werden, ebenso der Inhalt des Geistes, das Gemeinte, das Gewusste hin und her bewegt, Objekt der Beschäftigung und diese Beschäftigung ein Interesse für sich wird. Die Bewegung des Gedankens und das innerliche Ergehen darin, dies interesselose Spiel wird nun selbst zum Interesse. Die gebildeten Sophisten, nicht Gelehrte oder wissenschaftliche Männer, sondern Meister der Gedankenwendungen, setzten die Griechen in Erstaunen. Auf alle Fragen hatten sie eine Antwort, für alle Interessen politischen und religiösen Inhalts hatten sie allgemeine Gesichtspunkte, und die weitere Ausbildung bestand darin, alles beweisen zu können, in allem eine zu rechtfertigende Seite aufzufinden. In der Demokratie ist es das besondere Bedürfnis, vor dem Volke zu sprechen, ihm etwas vorstellig zu machen, und dazu gehört, dass ihm der Gesichtspunkt, den es als wesentlich ansehen soll, gehörig vor die Augen geführt werde. Hier ist die Bildung des Geistes notwendig, und diese Gymnastik haben die Griechen sich bei ihren Sophisten erworben. Es wurde aber nun diese Gedankenbildung das Mittel, seine Absichten und Interessen bei dem Volke durchzusetzen; der geübte Sophist wusste den Gegenstand nach dieser oder jener Seite hin zu wenden, und so war den Leidenschaften Tür und Tor geöffnet. Ein Hauptprinzip der Sophisten hieß: »der Mensch ist das Maß aller Dinge;« hierin, wie in allen Aussprüchen derselben, liegt aber die Zweideutigkeit, dass der Mensch der Geist in seiner Tiefe und Wahrhaftigkeit oder auch in seinem Belieben und besonderen Interessen sein kann. Die Sophisten meinten den bloß subjektiven Menschen und erklärten hiemit das Belieben für das Prinzip dessen, was recht ist, und das dem Subjekte Nützliche für den letzten Bestimmungsgrund. Diese Sophistik kehrt zu allen Zeiten nur in verschiedenen Gestalten wieder; so auch in unsren Zeiten macht sie das subjektive Dafürhalten von dem, was recht ist, das Gefühl, zum Bestimmungsgrund. In der Schönheit, als dem Prinzipe der Griechen, war die konkrete Einheit des Geistes mit der Realität, mit Vaterland und Familie usw. verbunden. Bei dieser Einheit war noch kein fester Standpunkt innerhalb des Geistes selbst gefasst, und der Gedanke, der sich über die Einheit erhob, hatte noch das Belieben zu seinem Entscheidenden. Aber schon Aanaxagoras hatte gelehrt, dass der Gedanke selbst das absolute Wesen der Welt sei."  [46]

Sokrates, Plato und Aristoteles haben das Denken und die Moral gebracht. "In Sokrates ist es dann, dass zu Anfang des Poleponnesischen Krieges das Prinzip der Innerlichkeit, der absoluten Unabhängigkeit des Gedankens in sich, zum freien Aussprechen gelangt ist. Er lehrte, dass der Mensch in sich zu finden und zu erkennen habe, was das Rechte und Gute ist, und dass dies Rechte und Gute seiner Natur nach allgemein sei. Sokrates ist als moralischer Lehrer berühmt; vielmehr aber ist er der Erfinder der Moral. Sittlichkeit haben die Griechen gehabt; aber welche moralische Tugenden, Pflichten usw., das wollte sie Sokrates lehren. Der moralische Mensch ist nicht der, welcher bloß das Rechte will und tut, nicht der unschuldige Mensch, sondern der, welcher das Bewusstsein seines Tuns hat. Sokrates, indem er es der Einsicht, der Überzeugung anheimgestellt hat, den Menschen zum Handeln zu bestimmen, hat das Subjekt als entscheidend gegen Vaterland und Sitte gesetzt und sich somit zum Orakel im griechischen Sinne gemacht... Wenn Sokrates selbst zwar noch seine Pflichten als Bürger erfüllte, so war ihm doch nicht dieser bestehende Staat und dessen Religion, sondern die Gedankenwelt die wahre Heimat. Nun wurde die Frage aufgeworfen, ob Götter sind, und was sie sind? Der Schüler des Sokrates, Plato, verbannte aus seinem Staate den Homer und Hesiod, die Urheber der religiösen Vorstellungsart der Griechen, denn er verlangte eine höhere, dem Gedanken zusagende Vorstellung von dem, was als Gott verehrt werden soll. Viele Bürger schieden jetzt vom praktischen Leben, von Staatsgeschäften ab, um in der idealen Welt zu leben. Das Prinzip des Sokrates erweist sich als revolutionär gegen den athenischen Staat: denn das Eigentümliche dieses Staates ist, dass die Sitte die Form ist, worin er besteht, nämlich die Untrennbarkeit des Gedankens von dem wirklichen Leben. Wenn Sokrates seine Freunde zum Nachdenken bringen will, so ist die Unterhaltung immer negativ, das heißt, er bringt sie zum Bewusstsein, dass sie nicht wissen, was das Rechte sei. Wenn er nun aber, weil er das Prinzip, das nunmehr herankommen muss, ausspricht, zum Tode verurteilt wird, so liegt darin ebensosehr die hohe Gerechtigkeit, dass das athenische Volk seinen absoluten Feind verurteilt, als auch das Hochtragische, dass die Athener erfahren mussten, dass das, was sie im Sokrates verdammten, bei ihnen schon feste Wurzel gefasst hatte, dass sie also ebenso mitschuldig oder ebenso freizusprechen seien. In diesem Gefühle haben sie die Ankläger des Sokrates verdammt und diesen für unschuldig erklärt. In Athen entwickelte sich nunmehr das höhere Prinzip, welches das Verderben des substantiellen Bestehens des athenischen Staates war, immer mehr und mehr: der Geist hatte den Hang, sich selbst zu befriedigen, nachzudenken, gewonnen. Auch im Verderben erscheint der Geist Athens herrlich, weil er sich als der freie zeigt, als der liberale, der seine Momente in ihrer reinen Eigentümlichkeit, in der Gestalt, wie sie sind, darstellt. Liebenswürdig und selbst im Tragischen heiter ist die Munterkeit und der Leichtsinn, mit der die Athener ihre Sittlichkeit zu Grabe begleiten. Wir erkennen darin das höhere Interesse der neuen Bildung, dass sich das Volk über seine eignen Torheiten lustig machte und großes Vergnügen an den Komödien des Aristophanes fand, die eben die bitterste Verspottung zu ihrem Inhalte haben und zugleich das Gepräge der ausgelassensten Lustigkeit an sich tragen."  [47]
 
 

12. Aristoteles, Alexander, das makedonische Reich

Auf Platon folgte sein Schüler Aristoteles, der Lehrer des Alexander. "Die Kleinkrämerei, das Harte, Gewaltsame, politisch Betrügerische, – dies Gehässige, das dem Philipp so oft zum Vorwurf gemacht worden ist, fiel nicht mehr auf den Jüngling Alexander, als sich dieser an die Spitze der Griechen stellte. Dieser hatte es nicht nötig, sich dergleichen zuschulden kommen zu lassen; er brauchte sich nicht damit abzugeben, sich erst ein Heer zu bilden, denn er fand es schon vor. Gleichwie er den Bukephalos nur zu besteigen, denselben zu zügeln und seinem Willen folgsam zu machen brauchte, ebenso fand er jene makedonische Phalanx, jene starre geordnete Eisenmasse vor, deren kräftige Wirkung sich schon unter Philipp, der sie dem Epaminondas nachgebildet, geltend gemacht hatte." [48] 
"Von dem tiefsten und auch umfangreichsten Denker des Altertums, von Aristoteles, war Alexander erzogen worden, und die Erziehung war des Mannes würdig, der sie übernommen hatte. Alexander wurde in die tiefste Metaphysik eingeführt, dadurch wurde sein Naturell vollkommen gereinigt und von den sonstigen Banden der Meinung, der Rohheit, des leeren Vorstellens befreit. Aristoteles hat diese große Natur so unbefangen gelassen, als sie war, ihr aber das tiefe Bewusstsein von dem, was das Wahrhafte ist, eingeprägt und den genievollen Geist, der er war, zu einem plastischen, gleich wie eine frei in ihrem Äther schwebende Kugel, gebildet."   - G.W.F. Hegel, Philosophie der Geschichte II, 2 
Von Aristoteles ausgebildet, bringt Alexander griechischen Geist nach Asien, die Grundlage für eine spätere Christianisierung durch das byzantinische Reich. "So ausgebildet stellte sich Alexander an die Spitze der Hellenen, um Griechenland nach Asien hinüberzuführen. Ein zwanzigjähriger Jüngling führte er eine durch und durch erfahrene Armee, deren Feldherrn lauter bejahrte und in der Kriegskunst wohlbewanderte Männer waren. Alexanders Zweck war es, Griechenland für alles, was ihm von Asien seit langer Zeit angetan worden war, zu rächen und den alten Zwiespalt und Kampf zwischen dem Osten und Westen endlich auszukämpfen. Wenn er dem Orient in diesem Kampfe das Übel vergalt, das Griechenland von ihm erfahren, so gab er ihm auch für die Anfänge der Bildung, welche von daher gekommen, das Gute zurück, indem er die Reife und Hoheit der Bildung über den Osten verbreitete und das von ihm besetzte Asien gleichsam zu einem hellenischen Lande umstempelte. Die Größe und das Interesse dieses Werkes stand im Gleichgewicht mit seinem Genie, mit seiner eigentümlichen jugendlichen Individualität, die wir in dieser Schönheit nicht wieder an der Spitze eines solchen Unternehmens gesehen haben. Denn in ihm waren nicht allein Feldherrngenie, der größte Mut und die größte Tapferkeit vereinigt, sondern alle diese Eigenschaften wurden durch schöne Menschlichkeit und Individualität erhöht. Obschon seine Feldherrn ihm ergeben sind, so waren sie doch die alten Diener seines Vaters gewesen, und dies machte seine Lage schwierig; denn seine Größe und seine Jugend ist eine Demütigung für sie, die sich und was geschehen für fertig hielten; und wenn ihr Neid, wie bei Clitus, zur blinden Wut überging, so wurde auch Alexander zu großer Heftigkeit gezwungen. Alexanders Zug nach Asien war zugleich ein Entdeckungszug, denn er zuerst hat den Europäern die orientalische Welt eröffnet und ist in Länder, wie Baktrien, Sogdiana, das nördliche Indien, die seitdem kaum wieder von den Europäern berührt worden sind, vorgedrungen. Die Art der Verfolgung des Zuges, nicht minder das militärische Genie in der Anordnung der Schlachten, in der Taktik überhaupt, wird immer ein Gegenstand der Bewunderung bleiben. Er war groß als Feldherr in den Schlachten, weise in den Zügen und Anordnungen und der tapferste Soldat im Gewühl des Kampfes. Der Tod Alexanders, der im 33. Jahre seines Lebens zu Babylon erfolgte, gibt uns noch ein schönes Schauspiel seiner Größe und den Beweis von seinem Verhältnisse zum Heere, denn er nimmt von demselben mit dem vollkommenen Bewusstsein seiner Würde Abschied. Alexander hat das Glück gehabt, zur gehörigen Zeit zu sterben; man kann es zwar ein Glück nennen, aber es ist vielmehr eine Notwendigkeit. Damit er als Jüngling für die Nachwelt dastehe, musste ihn ein frühzeitiger Tod wegraffen. Sowie Achill, was schon oben bemerkt wurde, die griechische Welt beginnt, so beschließt sie Alexander, und diese Jünglinge geben nicht nur die schönste Anschauung von sich selbst, sondern liefern zu gleicher Zeit ein ganz vollendetes fertiges Bild des griechischen Wesens. Alexander hat sein Werk vollendet und sein Bild abgeschlossen, so dass er der Welt eine der größten und schönsten Anschauungen darin hinterlassen hat, welche wir nur mit unsern schlechten Reflexionen trüben können. Es würde zu der großen weltgeschichtlichen Gestalt Alexanders nicht heranreichen, wenn man ihn, wie die neueren Philister unter den Historikern tun, nach einem modernen Maßstab, dem der Tugend oder Moralität messen wollte. Und wenn man, etwa um sein Verdienst zu verringern, anführte, er habe keinen Nachfolger gehabt und keine Dynastie hinterlassen, so sind eben die nach ihm in Asien sich bildenden griechischen Reiche seine Dynastie. Zwei Jahre hat er in Baktrien Feldzüge gemacht, von wo aus er mit den Massageten und Skythen in Berührung kam; dort ist das griechisch-baktrische Reich entstanden, welches zwei Jahrhunderte bestanden hat. Von hier aus kamen die Griechen in Verbindung mit Indien und selbst mit China. Die griechische Herrschaft hat sich über das nördliche Indien ausgebreitet, und Sandrokottus (Chandraguptas) wird als derjenige genannt, welcher sich zuerst davon befreit habe. Derselbe Name kommt zwar bei den Indern vor, aber aus Gründen, welche schon angeführt worden sind, kann man sich sehr wenig darauf verlassen. Andre griechische Reiche sind in Kleinasien, in Armenien, in Syrien und Babylonien entstanden. Besonders Ägypten ist aber unter den Reichen der Nachfolger Alexanders ein großer Mittelpunkt für Wissenschaft und Kunst geworden, denn eine große Menge von Architekturwerken fällt in die Zeit der Ptolemäer, wie man aus den entzifferten Inschriften herausgebracht hat. Alexandria wurde der Hauptmittelpunkt des Handels, der Vereinigungsort morgenländischer Sitte und Tradition und westlicher Bildung. Außerdem blühten das makedonische Reich, das thrakische bis über die Donau, ein illyrisches und Epirus unter der Herrschaft griechischer Fürsten. Auch den Wissenschaften war Alexander außerordentlich zugetan, und er wird nächst Perikles als der freigebigste Gönner der Künste gerühmt. Meier sagt in seiner Kunstgeschichte, dass dem Alexander nicht weniger seine verständige Kunstliebe als seine Eroberungen das ewige Andenken erhalten haben." [49]
 
 
 

13. Die römische Welt; "Räuberanfang des Staates"; Ursprung und die Ausbildung des positiven Rechts

Hier haben wir eine Gelehrsamkeit, die auch an heutigen Universitäten verbreitet ist und "die da immer am breitesten sich ausdehnt, wo am wenigsten zu holen ist". Grundsätzlich gilt, "in Griechenland war die Demokratie die Grundbestimmung des politischen Lebens, wie im Orient der Despotismus; hier ist es nun die Aristokratie, und zwar eine starre, die dem Volke gegenübersteht. Auch in Griechenland hat sich die Demokratie, aber nur in Weise der Faktionen, entzweit; in Rom sind es Prinzipien, die das Ganze geteilt halten, sie stehen einander feindselig gegenüber und kämpfen miteinander: erst die Aristokratie mit den Königen, dann die Plebs mit der Aristokratie, bis die Demokratie die Oberhand gewinnt; da erst entstehen Faktionen, aus welchen jene spätere Aristokratie großer Individuen hervorging, welche die Welt bezwungen hat. Dieser Dualismus ist es, der eigentlich Roms innerstes Wesen bedeutet. Die Gelehrsamkeit hat die römische Geschichte von vielerlei Gesichtspunkten aus betrachtet und sehr verschiedene und entgegengesetzte Ansichten aufgestellt, namentlich gilt dieses von der älteren römischen Geschichte, die von drei verschiedenen Klassen von Gelehrten bearbeitet worden ist, von Geschichtschreibern, Philologen und Juristen. Die Geschichtschreiber halten sich an die großen Züge und achten die Geschichte als solche, so dass man sich bei ihnen noch am besten zurechtfindet, da sie entschiedene Begebenheiten gelten lassen. Ein andres ist es mit den Philologen, bei denen die allgemeinen Traditionen weniger bedeuten, und die mehr auf Einzelheiten, welche auf mannigfache Weise kombiniert werden können, gehen. Diese Kombinationen gelten zuerst als historische Hypothesen und bald darauf als ausgemachte Fakta. In nicht geringerem Grade, wie die Philologen, haben die Juristen bei Gelegenheit des römischen Rechts das Kleinlichste untersucht und mit Hypothesen vermischt. Das Resultat war, dass man die älteste römische Geschichte ganz und gar für Fabel erklärte, wodurch dieses Gebiet nun durchaus der Gelehrsamkeit anheimfiel, die da immer am breitesten sich ausdehnt, wo am wenigsten zu holen ist. Wenn einerseits die Poesie und die Mythen der Griechen tiefe geschichtliche Wahrheiten enthalten sollen und in Geschichte übersetzt werden, so zwingt man dagegen die Römer, Mythen, poetische Anschauungen zu haben, und dem bisher als prosaisch und geschichtlich Angenommenen sollen Epopöen zugrunde liegen... Das römische Reich bekam nunmehr die welterobernde Ausdehnung, welche seinen Verfall vorbereitete. Die innere Zerrüttung trat ein, indem der Gegensatz sich zum Widerspruch in sich und zur völligen Unverträglichkeit entwickelte; sie endigt mit dem Despotismus, der die dritte Periode bezeichnet. Die römische Macht erscheint hier prächtig, glänzend, zugleich aber ist sie tief in sich gebrochen, und die christliche Religion, die mit dem Kaiserreiche beginnt, erhält eine große Ausdehnung. In die dritte Periode fällt zuletzt noch die Berührung mit dem Norden und den germanischen Völkern, welche nun welthistorisch werden sollen." [50]

Rom ist entstanden, in einem Winkel, wo drei verschiedene Gebiete, das der Lateiner, Sabiner und Etrusker, zusammenstießen; "es hat sich nicht aus einem alten Stamme, einem natürlich patriarchalisch zusammengehörenden, dessen Ursprung sich in alte Zeiten verliefe, gebildet (wie es etwa bei den Persern der Fall gewesen, die doch auch dann über ein großes Reich geherrscht haben); sondern Rom war von Hause aus etwas Gemachtes, Gewaltsames, nichts Ursprüngliches. Es wird erzählt, die Abkömmlinge der von Äneas nach Italien geführten Trojaner hätten Rom gegründet, denn der Zusammenhang mit Asien ist etwas sehr Beliebtes gewesen, und es gibt in Italien, Frankreich und Deutschland selbst (Xanten) manche Städte, die ihren Ursprung oder Namen auf die geflüchteten Trojaner zurückleiten. Livius spricht von den alten Tribus in Rom, den Ramnenses, Titienses und Luceres; wenn man nun diese als verschiedene Nationen ansehen und behaupten will, dass sie eigentlich die Elemente seien, aus denen Rom gebildet wäre, – eine Ansicht, die in neueren Zeiten sich sehr oft hat geltend machen wollen –, so wirft man geradezu um, was durch die Geschichte überliefert ist. Alle Geschichtschreiber stimmen darin überein, dass schon früh auf den Hügeln Roms Hirten unter Oberhäuptern herumgestreift seien, dass das erste Zusammensein Roms sich als Räuberstaat konstituiert habe, und dass mit Mühe die zerstreuten Bewohner der Umgegend zu einem gemeinsamen Leben seien vereinigt worden. Es wird auch das Nähere aller dieser Umstände angegeben. Jene räuberischen Hirten nahmen alles auf, was sich zu ihnen schlagen wollte (Livius nennt es eine colluvies); aus allen drei Gebieten, zwischen welchen Rom lag, hat sich das Gesindel der neuen Stadt versammelt. Die Geschichtschreiber geben an, dass dieser Punkt auf einem Hügel am Flusse sehr wohl gewählt war und sehr geeignet, ihn zum Asyl für alle Verbrecher zu machen." Dieses Beispiel wurde später vom osmanischen Reich, den Nationalsozialisten und den Türken als Vorbild genommen, sogar in der heutigen Türkei gibt es "Asyl für alle Verbrecher".  [51]

Solche Staaten, die auf Gewalt beruhen, müssen auch mit Gewalt zusammengehalten werden. Wie später das türkisch-osmanische Reich, bei dem ebenfalls von einem "Räuberanfang des Staates" gesprochen werden kann, so war auch hier notwendig jeder Bürger Soldat, "denn der Staat beruhte auf dem Krieg". Dazu Hegel: "Diese Stiftung des Staates ist es, welche als die wesentliche Grundlage für die Eigentümlichkeit Roms angesehen werden muss. Denn sie führt unmittelbar die härteste Disziplin mit sich, sowie die Aufopferung für den Zweck des Bundes. Ein Staat, der sich selbst erst gebildet hat und auf Gewalt beruht, muss mit Gewalt zusammengehalten werden. Es ist da nicht ein sittlicher, liberaler Zusammenhang, sondern ein gezwungener Zustand der Subordination, der sich aus solchem Ursprunge herleitet. Die römische virtus ist die Tapferkeit, aber nicht bloß die persönliche, sondern die sich wesentlich im Zusammenhang der Genossen zeigt, welcher Zusammenhang für das Höchste gilt und mit aller Gewalttätigkeit verknüpft sein kann. Wenn nun die Römer so einen geschlossenen Bund bildeten, so waren sie zwar nicht, wie die Lakedämonier, im inneren Gegensatz mit einem eroberten und unterdrückten Volk; aber es tat sich in ihnen der Unterschied und der Kampf der Patrizier und Plebejer hervor. Dieser Gegensatz ist schon mythisch angedeutet in den feindlichen Brüdern, Romulus und Remus. Remus ist auf dem Aventinischen Berg begraben; dieser ist den üblen Genien geweiht, und dorthin gehen die Sezessionen der Plebs. Es ist nun die Frage, wie sich dieser Unterschied gemacht habe. Es ist schon gesagt worden, dass Rom sich durch räuberische Hirten und den Zusammenlauf von allerlei Gesindel bildete; später wurden auch noch die Bewohner genommener und zerstörter Städte dahin geschleppt. Die Schwächeren, Ärmeren, die später Hinzugekommenen sind notwendig im Verhältnis der Geringschätzung und Abhängigkeit gegen die, welche ursprünglich den Staat begründet hatten, und die, welche sich durch Tapferkeit und auch durch Reichtum auszeichneten. Man hat also nicht nötig, zu einer in neuerer Zeit beliebten Hypothese seine Zuflucht zu nehmen, dass die Patrizier ein eigner Stamm gewesen seien... In dem Räuberanfang des Staates war notwendig jeder Bürger Soldat, denn der Staat beruhte auf dem Krieg; diese Last war drückend, da jeder Bürger sich im Kriege selber unterhalten musste. Es führte dieser Umstand nun eine ungeheure Verschuldung herbei, in welche die Plebs gegen die Patrizier verfiel. Mit der Einführung der Gesetze musste auch dieses willkürliche Verhältnis nach und nach aufhören; denn es fehlte viel, dass die Patrizier sogleich geneigt gewesen wären, die Plebs aus dem Verhältnisse der Hörigkeit zu entlassen, vielmehr sollte noch immer die Abhängigkeit zu ihren Gunsten bestehen. Die Gesetze der zwölf Tafeln enthielten noch viel Unbestimmtes, der Willkür des Richters war noch sehr viel überlassen; Richter aber waren nur die Patrizier; und so dauert denn der Gegensatz zwischen Patriziern und Plebejern noch lange fort. Allmählich erst ersteigen die Plebejer alle Höhen und gelangen zu den Befugnissen, die früher allein den Patriziern zustanden." [52]

Dem unfreien, geist- und gemütlosen Verstand der römischen Welt haben wir den Ursprung und die Ausbildung des positiven Rechts zu verdanken. "Die Römer haben nun diese große Trennung vollbracht und ein Rechtsprinzip erfunden, das äußerlich, d. h. gesinnungslos und gemütlos ist. Wenn sie uns damit ein großes Geschenk, der Form nach, gemacht haben, so können wir uns dessen bedienen und es genießen, ohne zum Opfer dieses dürren Verstandes zu werden, ohne es für sich als ein Letztes der Weisheit und der Vernunft anzusehen. Sie sind die Opfer gewesen, die darin gelebt, aber für andre haben sie eben damit die Freiheit des Geistes gewonnen, nämlich die innere Freiheit, die dadurch von jenem Gebiete des Endlichen und des Äußerlichen frei geworden ist. Geist, Gemüt, Gesinnung, Religion haben nun nicht mehr zu befürchten, mit jenem abstrakt juristischen Verstande verwickelt zu werden. Auch die Kunst hat ihre äußerliche Seite; wenn in der Kunst das mechanische Handwerk ganz für sich fertig geworden, so kann die freie Kunst erstehen und sich ausüben. Aber die sind zu beklagen, welche von nichts als dem Handwerk gewusst und nichts weiter gewollt haben; so wie die zu beklagen wären, welche, wenn die Kunst erstanden, noch immer das Handwerk als das Höchste ansehen würden." [53]
 
 

14. Die Geschichte Roms bis zum Kaisertum, "Beherrscherin des Mittelmeeres, d. i. des Mittellandes aller Bildung"

Zunächst waren noch alle Gewalten in den Händen der Konsuln; sowohl nach außen als nach innen ging es im Anfange sehr schlecht. "Es tritt nämlich in der römischen Geschichte eine ebenso trübe Zeit ein wie in der griechischen nach Untergang der königlichen Geschlechter. Die Römer hatten zuerst einen schweren Kampf mit ihrem vertriebenen Könige, der bei den Etruskern Hilfe gesucht und gefunden hatte, zu bestehen. In dem Kriege gegen den Porsena verloren die Römer alle ihre Eroberungen, ja sogar ihre Selbständigkeit: sie wurden gezwungen, ihre Waffen abzulegen und Geißeln zu geben; nach einem Ausdruck des Tacitus ( Hist. 3, 72.) scheint es sogar, als habe Porsena Rom genommen. Nach der Vertreibung der Könige beginnt auch bald der Kampf der Patrizier und Plebejer; denn die Abschaffung des Königtums war ganz nur zum Vorteil der Aristokratie geschehen, an welche die königliche Gewalt überging, und die Plebs verlor den Schutz, den sie bei den Königen gefunden hatte. Alle obrigkeitliche und richterliche Gewalt und alles Grundeigentum des Staates befand sich um diese Zeit in den Händen der Patrizier, das Volk aber, unaufhörlich in den Krieg hinausgerissen, konnte sich nicht mit friedlichen Beschäftigungen abgeben, die Gewerbe konnten nicht blühen, und der einzige Erwerb der Plebejer war der Anteil, den sie an der Beute hatten. Die Patrizier ließen ihren Grund und Boden durch Sklaven bebauen und gaben von ihrem Ackerbesitz an ihre Klienten, welche gegen Abgaben und Beisteuern, also als Pächter, den Nießbrauch derselben hatten. Dieses Verhältnis war durch die Art der Beisteuer der Klienten dem Lehnsverhältnis sehr ähnlich: sie mussten Beisteuer geben zur Verheiratung der Töchter des Patronus, um den gefangenen Patron oder dessen Söhne loszulaufen, um ihnen zu obrigkeitlichen Ämtern zu verhelfen oder das in Prozessen Verlorene zu ersetzen. In den Händen der Patrizier war auch die Rechtspflege, und zwar ohne bestimmte und geschriebene Gesetze; welchem Mangel dann später durch die Dezemvirn abgeholfen werden sollte. Den Patriziern gehörte auch alle Regierungsgewalt, denn sie waren im Besitz aller Ämter, des Konsulats, nachher des Kriegstribunats und der Zensur (errichtet u. c. 311), wodurch das praktische Regiment sowohl als auch die Aufsicht ihnen allein überlassen war. Die Patrizier bildeten endlich auch den Senat. Sehr wichtig erscheint die Frage, auf welche Weise derselbe ergänzt wurde. Darin war aber eine große Unbestimmtheit. Vom Romulus wurde erzählt, dass er den Senat, aus hundert Mitgliedern bestehend, gestiftet habe; die folgenden Könige vermehrten diese Anzahl, und Tarquinius Priscus setzte sie auf dreihundert fest. Junius Brutus ergänzte den Senat, welcher sehr zusammengeschmolzen war, aufs neue. In der Folgezeit scheint es, dass die Zensoren, und bisweilen die Diktatoren, den Senat ergänzt haben. Im zweiten Punischen Kriege, im Jahre 538 u. c., wurde ein Diktator erwählt, welcher 177 neue Senatoren ernannte: er nahm dazu die, welche kurulische Würden bekleidet hatten, die plebejischen Ädilen, Volkstribunen und Quästoren, Bürger, welche die spolia optima oder die corona civica davongetragen hatten. Unter Cäsar war die Anzahl der Senatoren auf 800 gestiegen, Augustus reduzierte sie auf 600."  [54]

Das Volk befand sich in diesem Zustand der Unterdrückung, "wie z. B. die Irländer noch vor wenigen Jahren in Großbritannien waren, indem es zugleich ganz von der Regierung ausgeschlossen blieb. Mehrere Male hat es sich empört und ist aus der Stadt ausgezogen. Zuweilen hat es auch den Kriegsdienst verweigert; doch bleibt es immer äußerst auffallend, dass der Senat so lange einer durch Unterdrückung gereizten und im Kriege geübten Mehrzahl habe Widerstand leisten können, denn der Hauptkampf hat über hundert Jahre gedauert. In dem Umstande, dass das Volk so lange im Zaum gehalten werden konnte, offenbart sich eben die Achtung desselben vor der gesetzlichen Ordnung und den sacris. Endlich aber musste es dennoch eintreten, dass den Plebejern ihre rechtmäßigen Forderungen zugestanden und öfter ihre Schulden erlassen wurden. Die Härte der Patrizier, ihrer Gläubiger, denen sie ihre Schulden durch Sklavenarbeit abtragen mussten, zwang die Plebs zu Aufständen. Sie forderte und erhielt zunächst nur, was sie unter den Königen schon gehabt hatte, nämlich Grundbesitz und Schutz gegen die Mächtigen. Sie erhielt Landassignationen und Volkstribunen, Beamte nämlich, welche die Macht hatten, jeden Senatsbeschluss zu verhindern. Die Anzahl der Tribunen beschränkte sich anfangs nur auf zwei, später waren sie zehn; was indessen der Plebs eher schädlich war, da es nur darauf ankam, dass der Senat einen der Tribunen gewann, um durch den Widerspruch eines einzigen den Beschluss aller übrigen aufzuheben. Die Plebs erlangte damit zugleich die Provokation ans Volk: bei jedem obrigkeitlichen Zwange nämlich konnte der Verurteilte an die Entscheidung des Volkes appellieren, ein unendlich wichtiges Vorrecht für die Plebs, welches die Patrizier besonders aufbrachte. Auf das wiederholte Verlangen des Volkes wurden später die Dezemvirn mit Aufhebung der Volkstribunen ernannt, um dem Mangel einer bestimmten Gesetzgebung abzuhelfen; sie mißbrauchten bekanntlich die unumschränkte Gewalt zur Tyrannei und wurden auf eine ähnliche schändliche Veranlassung wie die Könige vertrieben. Die Abhängigkeit der Klientel war indessen geschwächt; nach den Dezemvirn verschwinden die Klienten mehr und mehr und gehen in die Plebs ein, welche in eignen Volksversammlungen unter ihren Tribunen, selbst über Staatsangelegenheiten, Beschlüsse ( plebiscita) fasst; der Senat konnte für sich nur senatus consulta ausgehen lassen, und die Tribunen konnten jetzt so gut wie der Senat die Komitien und Wahlen verhindern. Nach und nach erreichten es die Plebejer, dass ihnen der Weg zu allen Würden und Ämtern geöffnet wurde, aber anfangs war ein plebejischer Konsul, Ädil, Zensor usw. dem patrizischen nicht gleich, wegen der sacra, welcher dieser in Händen behielt; auch dauerte es sehr lange nach diesem Zugeständnis, bis ein Plebejer wirklich dazu kam, Konsul zu werden. Die Gesamtheit dieser Bestimmungen hat der Volkstribun Licinius festgestellt, und zwar in der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts (387 u. c.). Derselbe brachte hauptsächlich auch die lex agraria in Anregung, worüber so viel unter den neueren Gelehrten geschrieben und gestritten worden ist. Die Urheber dieses Gesetzes haben zu jeder Zeit die größten Bewegungen in Rom verursacht. Die Plebejer waren faktisch fast von allem Grundbesitz ausgeschlossen, und die agrarischen Gesetze gingen darauf hin, ihnen Äcker teils in der Nähe von Rom, teils in den eroberten Gegenden einzuräumen, wohin dann Kolonien ausgeführt werden sollten. Zur Zeit der Republik sehen wir häufig, dass Feldherrn dem Volke Äcker anwiesen, aber jedesmal wurden sie dann beschuldigt, nach dem Königtume zu streben, weil eben die Könige die Plebs gehoben hatten. Das agrarische Gesetz verlangte, es sollte kein Bürger über 500 Morgen besitzen: die Patrizier mussten demnach einen großen Teil ihres Eigentums herausgeben... Es ist dies das Hauptmoment in der ersten Periode der römischen Geschichte, dass die Plebs zum Rechte, die höheren Staatswürden bekleiden zu können, gelangt ist, und dass durch einen Anteil, den auch sie an Grund und Boden bekam, die Subsistenz der Bürger gesichert war. Durch diese Vereinigung des Patriziats und der Plebs gelangte Rom erst zur wahren inneren Konsistenz, und erst von da ab hat sich die römische Macht nach außen entwickeln können. Es tritt ein Zeitpunkt der Befriedigung in dem gemeinsamen Interesse ein und der Ermüdung an den inneren Kämpfen. Wenn die Völker nach bürgerlichen Unruhen sich nach außen wenden, so erscheinen sie am stärksten; denn es bleibt die vorhergehende Erregung, welche nun kein Objekt mehr im Innern hat, und dasselbe nach außen hin sucht. Dieser Trieb der Römer konnte das Mangelhafte, was in der Vereinbarung selbst lag, für einen Augenblick verdecken; das Gleichgewicht war hergestellt, aber ohne eine wesentliche Mitte und den Unterstützungspunkt. Der Gegensatz musste später fürchterlich wieder hervorbrechen; aber zuvor hatte sich die Römergröße in Krieg und Welteroberung zu zeigen. Die Macht, der Reichtum, der Ruhm aus diesen Kriegen, sowie die Not, welche durch sie herbeigeführt wurde, hielt die Römer im Innern zusammen. Ihre Tapferkeit und Kriegszucht verlieh ihnen den Sieg. Die römische Kriegskunst hat gegen die griechische und makedonische besondere Eigentümlichkeiten. Die Stärke der Phalanx lag in der Masse und im Massenhaften. Die römischen Legionen waren auch geschlossen, zugleich aber in sich gegliedert: sie verbanden die beiden Extreme des Massenhaften und des Zersplitterns in leichte Truppen, indem sie sich fest zusammenhielten und zugleich sich leicht entwickelten, Bogenschützen und Schleuderer gingen beim Angriffe dem römischen Heere voran, um hernach dem Schwerte die Entscheidung zu lassen."  [55]

Zum römischen und später byzantinischen Reich gehört auch Nordafrika, das unter den Byzantinern christlich wurde. "Im ersten Punischen Kriege hatten die Römer gezeigt, dass sie dem mächtigen Karthago, das einen großen Teil der Küste von Afrika und das südliche Spanien besaß und in Sizilien und Sardinien festen Fuß gefasst hatte, gewachsen seien. Der zweite Punische Krieg warf Karthagos Macht darnieder. Das Element dieses Staates war das Meer; er hatte aber kein ursprüngliches Gebiet, bildete keine Nation und hatte keine Nationalarmee, sondern sein Heer war aus den Truppen unterworfener und verbündeter Nationen zusammengesetzt. Trotzdem brachte mit einem solchen, aus den verschiedensten Nationen gebildeten Heere der große Hannibal Rom dem Untergang nahe. Ohne irgendeine Unterstützung hielt er sich allein durch sein Genie sechzehn Jahre in Italien gegen die römische Ausdauer und Beharrlichkeit, während welcher Zeit freilich die Scipionen Spanien eroberten und mit den afrikanischen Fürsten Verbindungen eingingen. Endlich wurde Hannibal genötigt, seinem bedrängten Vaterlande zu Hilfe zu eilen, er verlor die Schlacht von Zama im Jahre 552 u. c. und sah nach 36 Jahren seine Vaterstadt wieder, welcher er jetzt selbst zum Frieden raten musste. Der zweite Punische Krieg begründete so in seinem Resultate die unbestrittene Macht Roms über Karthago; durch ihn kamen die Römer in feindliche Berührung mit dem Könige von Makedonien, der fünf Jahre später besiegt wurde. Nun kam die Reihe an den Antiochus, König von Syrien. Dieser stellte den Römern ein ungeheure Macht entgegen, wurde bei Thermopylä und bei Magnesia geschlagen und den Römern Kleinasien bis an den Taurus abzutreten gezwungen. Nach der Eroberung von Makedonien wurde dieses und Griechenland von den Römern für frei erklärt, eine Erklärung, über deren Bedeutung wir bei dem vorangegangenen weltgeschichtlichen Volke schon gehandelt haben. Nun erst kam es zum dritten Punischen Kriege, denn Karthago hatte sich von neuem gehoben und die Eifersucht der Römer rege gemacht. Es wurde nach langem Widerstande genommen und in Asche gelegt. Nicht lange aber konnte nunmehr der achäische Bund neben der römischen Herrschsucht bestehen: die Römer suchten den Krieg, zerstörten Korinth in demselben Jahre als Karthago und machten Griechenland zur Provinz. Karthagos Fall und Griechenlands Unterwerfung waren die entscheidenden Momente, von welchen aus die Römer ihre Herrschaft ausdehnten." [56]
 

"Rom schien jetzt ganz gesichert zu sein, keine auswärtige Macht stand ihm gegenüber. Es war die Beherrscherin des Mittelmeeres, d. i. des Mittellandes aller Bildung geworden."  - G.W.F. Hegel, Philosophie der Geschichte III, 2 


In dieser Periode des Sieges ziehen die sittlich großen und glücklichen Individuen, – vornehmlich die Scipionen, unsern Blick aus sich. "Sittlich glücklich waren sie, wenn schon der größte der Scipionen äußerlich unglücklich endete, weil sie in einem gesunden und ganzen Zustand ihres Vaterlands für dasselbe tätig waren. Nachdem aber der Sinn des Vaterlandes, der herrschende Trieb Roms befriedigt war, bricht auch gleich das Verderben in Massen in den römischen Staat; die Größe der Individualität wird darin durch kontrastierende Ereignisse starker an Intensität und Mitteln. Wir sehen von jetzt an den Gegensatz Roms in sich wieder in andrer Form hervortreten, und die Epoche, welche die zweite Periode schließt, ist dann auch die zweite Vermittlung des Gegensatzes. Wir sahen früher den Gegensatz in dem Kampfe der Patrizier gegen die Plebejer, jetzt gibt er sich die Form partikularer Interessen gegen die patriotische Gesinnung, und der Sinn für den Staat hält diesen Gegensatz nicht mehr im notwendigen Gleichgewicht. Es erscheint vielmehr jetzt neben den Kriegen um Eroberung, Beute und Ruhm das fürchterliche Schauspiel der bürgerlichen Unruhen in Rom und der einheimischen Kriege. Es erfolgt nicht wie bei den Griechen auf die Medischen Kriege der schöne Glanz in Bildung, Kunst und Wissenschaft, worin der Geist innerlich und idealisch genießt, was er vorher praktisch vollführt hat. Wenn auf die Periode des äußeren Glückes der Waffen eine innere Befriedigung hätte folgen sollen, so hätte auch das Prinzip des Lebens der Römer konkreter sein müssen. Was wäre aber das Konkrete, das sie aus dem Innern durch Phantasie und Denken sich zum Bewusstsein bringen konnten? Ihre Hauptschauspiele waren die Triumphe, die Schätze der Siegesbeute und die Gefangenen aller Nationen, welche schonungslos unter das Joch der abstrakten Herrschaft gezwungen wurden. Das Konkrete, das die Römer in sich finden, ist nur diese geistlose Einheit, und der bestimmte Inhalt kann nur in der Partikularität der Individuen liegen. Die Anspannung der Tugend hat nachgelassen, weil die Gefahr vorüber ist. Zur Zeit der ersten Punischen Kriege bereinigte die Not die Gesinnung aller zur Rettung Roms. Auch in den folgenden Kriegen mit Makedonien, Syrien, mit den Galliern in Oberitalien handelte es sich noch um die Existenz des Ganzen. Doch nachdem die Gefahr von Karthago und Makedonien vorüber war, wurden die folgenden Kriege immer mehr die Konsequenz der Siege, und es galt nur, die Früchte derselben einzusammeln. Die Heere wurden für die Unternehmungen der Politik und der partikularen Individuen gebraucht, zur Erwerbung des Reichtums, des Ruhms, der abstrakten Herrschaft. Das Verhältnis zu andern Nationen war das reine Verhältnis der Gewalt. Die nationale Individualität der Völker forderte die Römer noch nicht zum Respekte auf, wie dies heutigentags der Fall ist. Die Völker galten noch nicht als legitim, die Staaten waren gegenseitig noch nicht als wesentlich existierend anerkannt. Das gleiche Recht des Bestehens führt einen Staatenbund mit sich, wie im neuen Europa, oder einen Zustand wie in Griechenland, wo die Staaten unter dem delphischen Gott gleichberechtigt waren. Ein solches Verhältnis gehen die Römer nicht zu den andern Völkern ein, denn ihr Gott ist nur der Jupiter Capitolinus, und sie respektieren die sacra der andern Völker nicht, (so wenig als die Plebejer die der Patrizier,) sondern als Eroberer im eigentlichen Sinne plündern sie die Palladien der Nationen. – Rum hielt stehende Heere in den eroberten Provinzen, und Prokonsuln und Proprätoren wurden in dieselben als Statthalter geschickt. Die Ritter trieben die Zölle und Tribute ein, die sie vom Staate gepachtet hatten. Ein Netz von solchen Pächtern ( publicani) zog sich auf diese Weise über die ganze römische Welt. – Cato sagte nach jeder Beratung des Senats: Ceterum censeo Carthaginem esse delendam, und Cato war ein echter Römer. Das römische Prinzip stellt sich dadurch als die kalte Abstraktion der Herrschaft und Gewalt heraus, als die reine Selbstsucht des Willens gegen andre, welche keine sittliche Erfüllung in sich hat, sondern nur durch die partikularen Interessen Inhalt gewinnt. Der Zuwachs an Provinzen schlug um in eine Vermehrung der inneren Partikularisation und in das daraus hervorgehende Verderben. Aus Asien ward Luxus und Schwelgerei nach Rom gebracht. Der Reichtum wurde als Beute empfangen und war nicht Frucht der Industrie und rechtschaffener Tätigkeit; so wie die Marine nicht aus dem Bedürfnis des Handels, sondern zum Zwecke des Krieges entstanden war. Der römische Staat, auf Raub seine Mittel gründend, hat daher auch um den Anteil an der Beute sich entzweit. Denn die erste Veranlassung zur ausbrechenden Zwistigkeit im Inneren war die Erbschaft des Attalus, Königs von Pergamus, der seine Schätze dem römischen Staate vermacht hatte. Tiberius Gracchus trat mit dem Vorschlage auf, sie unter die römischen Bürger zu verteilen; ebenso erneuerte er die licinischen Ackergesetze, die bei der herrschenden Übermacht einzelner Individuen ganz und gar vernachlässigt worden waren. Sein Hauptaugenmerk war, den freien Bürgern zu einem Eigentum zu verhelfen und Italien, statt mit Sklaven, mit Bürgern zu bevölkern. Dieser edle Römer unterlag indessen der habsüchtigen Nobilität, denn die römische Verfassung konnte nicht mehr durch die Verfassung selbst gerettet werden. Cajus Gracchus, der Bruder des Tiberius, verfolgte denselben edlen Zweck, welchen sein Bruder gehabt hatte, teilte aber dasselbe Schicksal. Das Verderben brach nun ungehemmt ein, und da kein allgemeiner und in sich wesentlicher Zweck für das Vaterland mehr vorhanden war, so mussten die Individualitäten und die Gewalt herrschend werden. Die ungeheure Verdorbenheit Roms offenbart sich im Kriege mit Jugurtha, der durch seine Bestechungen den Senat gewonnen hatte, und so ungestraft sich die größten Gewalttätigkeiten und Verbrechen erlaubte. Eine allgemeine Aufregung erhielt Rom durch den Kampf gegen die den Staat bedrohenden Cimbern und Teutonen. Mit großer Anstrengung wurden die letztem in der Provence bei Aix, die andern in der Lombardei an der Etsch, durch Marius, den Sieger des Jugurtha, vernichtet. Es empörten sich dann die Bundesgenossen in Italien, denen man auf ihr Verlangen das römische Bürgerrecht nicht einräumen wollte; und während die Römer in Italien selbst den Kampf gegen eine ungeheure Macht zu bestehen hatten, erhielten sie die Nachricht, dass auf den Befehl des Mithridates 80 000 Römer in Kleinasien den Tod gefunden hatten. Mithridates war König von Pontus, beherrschte Kolchis und die Länder des Schwarzen Meeres bis zur Taurischen Halbinsel und konnte auch die Völkerschaften des Kaukasus, von Armenien, Mesopotamien und einem Teil von Syrien, durch seinen Schwiegersohn Tigranes, gegen Rom aufbieten. Sulla, der schon im Bundesgenossenkriege das römische Heer angeführt hatte, besiegte ihn. Athen, das bis jetzt verschont geblieben war, wurde belagert und eingenommen, aber der Väter wegen, wie Sulla sich ausdrückte, nicht zerstört. Dieser kehrte dann nach Rom zurück, bezwang die Volkspartei unter Marius und Cinna, eroberte die Stadt und ordnete methodische Ermordungen angesehener Römer an. 40 Senatoren und 1600 Ritter opferte er seinem Ehrgeize und seiner Herrschsucht. Mithridates war zwar besiegt, aber nicht überwunden und konnte den Krieg von neuem beginnen. Zu gleicher Zeit stand Sertorius, ein vertriebener Römer, in Spanien auf, kämpfte dort acht Jahre hindurch und kam nur durch Verräterei um. Der Krieg gegen Mithridates wurde durch Pompejus beendigt; der König von Pontus ermordete sich, nachdem seine Hilfsquellen erschöpft waren. Gleichzeitig ist der Sklavenkrieg in Italien. Eine große Menge Gladiatoren und Bergbewohner hatten sich unter Spartacus versammelt, erlagen aber dem Crassus. Zu dieser Verwirrung kam noch die allgemeine Seeräuberei, welche Pompejus durch große Anstalten schnell unterdrückte. Wir sehen so die fürchterlichsten, gefährlichsten Mächte gegen Rom auftreten, aber die Militärmacht dieses Staates trägt über alle den Sieg davon. Es treten nun große Individuen auf, wie zu den Zeiten des Verfalls von Griechenland. Die Plutarchischen Lebensbeschreibungen sind auch hier wieder vom größten Interesse. Aus der Zerrüttung des Staates, welcher keinen Halt noch Festigkeit mehr in sich hatte, sind diese kolossalen Individualitäten hervorgegangen, mit dem Bedürfnis, die Einheit des Staates herzustellen, welche in der Gesinnung nicht mehr vorhanden war. Ihr Unglück ist, dass sie das Sittliche nicht rein bewahren können, denn, was sie tun, ist gegen das Vorhandene gerichtet und Verbrechen. Selbst die Edelsten, die Gracchen, sind nicht bloß der äußeren Ungerechtigkeit und Gewalt unterlegen, sondern waren selber in das allgemeine Verderben und Unrecht verwickelt. Aber was diese Individuen wollen und tun, hat die höhere Berechtigung des Weltgeistes für sich und muss endlich den Sieg davontragen. Bei dem gänzlichen Mangel an der Idee einer Organisation des großen Reiches konnte der Senat die Autorität der Regierung nicht behaupten. Die Herrschaft war abhängig gemacht vom Volk, welches jetzt nur Pöbel war und mit Korn aus den römischen Provinzen ernährt werden musste. Man muss im Cicero lesen, wie alle Staatsangelegenheiten tumultuarisch mit den Waffen in der Hand, durch den Reichtum und die Macht der Vornehmen auf der einen Seite und durch einen Haufen Gesindels auf der andern entschieden wurden. Die römischen Bürger schließen sich an Individuen an, die ihnen schmeicheln, und welche dann in Faktionen auftreten, um die Herrschaft von Rom zu erringen. So sehen wir in Pompejus und Cäsar die beiden Glanzpunkte Roms einander gegenübertreten, auf der einen Seite Pompejus mit dem Senat und darum scheinbar als Verteidiger der Republik, auf der andern Cäsar mit seinen Legionen und der Überlegenheit des Genies. Dieser Kampf zwischen den zwei mächtigsten Individualitäten konnte sich nicht zu Rom auf dem Forum entscheiden. Cäsar bemächtigte sich nacheinander Italiens, Spaniens, Griechenlands, schlug seinen Feind bei Pharsalus, 48 Jahre vor Chr. Geburt, aufs Haupt, versicherte sich Asiens und kehrte so als Sieger nach Rom zurück." [57]

Die römische Weltherrschaft wurde so einem einzigen zuteil. Die demokratische Verfassung konnte in Rom nicht mehr bewahrt, sondern nur scheinbar gehalten werden. "Cicero, der sich durch sein großes Rednertalent viel Ansehen verschafft hatte, durch seine Gelehrsamkeit viel galt, setzt den Zustand des Verderbens der Republik immer in die Individuen und ihre Leidenschaften. Plato, dem Cicero nachahmen wollte, hatte das vollkommene Bewusstsein, dass der athenische Staat, wie er sich ihm darstellte, nicht bestehen konnte, und entwarf so nach seinen Ansichten eine vollkommene Staatsverfassung; Cicero hingegen denkt nicht daran, dass es unmöglich sei, die römische Republik länger zu erhalten und sucht für sie immer nur eine momentane Nachhilfe; über die Natur des Staates und namentlich des römischen hat er kein Bewusstsein. Auch Cato sagt von Cäsar: »Seine Tugenden sollen verflucht sein, denn sie haben mein Vaterland ins Verderben gestürzt.« Aber es ist nicht die Zufälligkeit Cäsars, welche die Republik gestürzt hat, sondern die Notwendigkeit." [58] 
 

"Das römische Prinzip war ganz auf die Herrschaft und Militärgewalt gestellt: es hatte keinen geistigen Mittelpunkt in sich zum Zweck, zur Beschäftigung und zum Genusse des Geistes... Die Kunstwerke, welche die Römer aus Griechenland von allen Seiten herbeischleppten, waren nicht ihre eignen Erzeugnisse, der Reichtum war nicht Frucht ihrer Industrie, wie in Athen, sondern er war zusammengeraubt. Eleganz, Bildung war den Römern als solchen fremd; von den Griechen suchten sie dieselbe zu erhalten, und zu diesem Zwecke wurde eine große Masse von griechischen Sklaven nach Rom geführt. Delos war der Mittelpunkt dieses Sklavenhandels, und an einem Tage sollen daselbst bisweilen 10 000 Sklaven gekauft worden sein. Griechische Sklaven waren die Dichter, die Schriftsteller der Römer, die Vorsteher ihrer Fabriken, die Erzieher ihrer Kinder."  - G.W.F. Hegel, Philosophie der Geschichte III, 2 
Ohne geistigen Mittelpunkt, der im byzantinischen Reich das Christentum war, konnte unmöglich die Republik in Rom länger bestehen. Besonders aus Ciceros Schriften kommt man zu dieser Anschauung, wie alle öffentlichen Angelegenheiten durch die Privatautorität der Vornehmen, durch ihre Macht, ihren Reichtum entschieden wurden, wie alles tumultuarisch geschehen ist. "In der Republik war somit kein Halt mehr, welcher nur noch im Willen eines einzigen Individuums konnte gefunden werden. Cäsar, der als ein Muster römischer Zweckmäßigkeit aufgestellt werden kann, der mit richtigstem Verstande seine Entschlüsse fasste und sie aufs tätigste und praktischste, ohne weitere Leidenschaft, zur Ausführung brachte, Cäsar hat weltgeschichtlich das Rechte getan, indem er die Vermittlung und die Art und Weise des Zusammenhaltes, der notwendig war, hervorbrachte. Cäsar hat zweierlei getan: er hat den inneren Gegensatz beschwichtigt und zugleich einen neuen nach außen hin aufgeschlossen. Denn die Weltherrschaft war bisher nur bis an den Kranz der Alpen gedrungen, Cäsar aber eröffnete einen neuen Schauplatz, er gründete das Theater, das jetzt der Mittelpunkt der Weltgeschichte werden sollte. Dann hat er sich zum Herrscher der Welt gemacht, durch einen Kampf, der nicht in Rom selbst sich entschied, sondern dadurch, dass er die ganze römische Welt eroberte. Er stand freilich der Republik gegenüber, aber eigentlich nur ihrem Schatten, denn machtlos war alles, was von der Republik noch übrig war. Pompejus und alle die, welche auf seiten des Senats waren, haben ihre dignitas, auctoritas, die partikulare Herrschaft, als Macht der Republik emporgehalten, und die Mittelmäßigkeit, welche des Schutzes bedurfte, hat sich unter diesen Titel geflüchtet. Cäsar hat dem leeren Formalismus dieses Titels ein Ende gemacht, sich zum Herrn erhoben und den Zusammenhalt der römischen Welt durch die Gewalt gegen die Partikularität durchgesetzt. Trotzdem sehen wir, dass die edelsten Männer Roms dafürhalten, die Herrschaft Cäsars sei etwas Zufälliges, und der ganze Zustand desselben sei an seine Individualität gebunden: so Cicero, so Brutus und Cassius; sie glaubten, wenn dies eine Individuum entfernt sei, so sei auch von selbst die Republik wieder da. Durch diesen merkwürdigen Irrtum befangen, ermordeten Brutus, ein höchst edles Individuum, und Cassius, tatkräftiger als Cicero, den Mann, dessen Tugenden sie schätzten. Unmittelbar darauf aber zeigte es sich, dass nur einer den römischen Staat leiten könne, und nun mussten die Römer daran glauben; wie denn überhaupt eine Staatsumwälzung gleichsam im Dafürhalten der Menschen sanktioniert wird, wenn sie sich wiederholt." [59]
 
 

15. Rom in der Kaiserperiode; Christentum

In dieser Periode kommen die Römer in Berührung mit dem Volke, welches dazu bestimmt ist, nach ihnen das welthistorische zu werden. Doch im Imperator herrscht "Willkür in ihrer gänzlichen Unbeschränktheit", so wie später im osmanischen Reich.  "Der Kaiser war princeps senatus, Zensor, Konsul, Tribun: er vereinigte alle diese dem Namen nach noch bleibenden Würden in sich, und die militärische Macht, worauf es hier hauptsächlich ankam, war allein in seinen Händen. Die Verfassung war die ganz substanzlose Form, aus der alle Lebendigkeit und damit die Macht und Gewalt entwichen war; und das einfache Mittel, sie als solche zu erhalten, waren die Legionen, die der Kaiser beständig in der Nähe von Rom hielt. Die Staatsangelegenheiten wurden freilich vor den Senat gebracht, und der Kaiser erschien nur wie ein andres Mitglied, aber der Senat musste gehorchen, und wer widersprach, wurde mit dem Tode bestraft und sein Vermögen konfisziert. Es geschah daher, dass die, welche schon dem gewissen Tode entgegensahen, sich selbst töteten, um der Familie doch wenigstens das Vermögen zu erhalten. Am meisten war Tiberius den Römern, und zwar wegen seiner Verstellungskunst, verhasst; er wusste die Schlechtigkeit des Senats sehr gut zu benutzen, um aus der Mitte desselben die, welche er fürchtete, zu verderben. Die Macht des Imperators beruhte, wie gesagt, auf der Armee und auf der prätorianischen Leibwache, die ihn umgab. Es dauerte aber nicht lange, so kamen die Legionen und besonders die Prätorianer zum Bewusstsein ihrer Wichtigkeit und maßten sich an, den Thron zu besetzen. Im Anfang bewiesen sie noch einige Ehrfurcht vor der Familie des Cäsar Augustus, später aber wählten die Legionen ihre Feldherren, und zwar solche, die sich ihre Zuneigung und Gunst teils durch Tapferkeit und Verstand, teils auch durch Geschenke und Nachsicht in Hinsicht der Disziplin erworben hatten... In dem Individuum des Imperator ist die partikulare Subjektivität zur völlig maßlosen Wirklichkeit gekommen. Der Geist ist ganz außer sich gekommen, indem die Endlichkeit des Seins und des Wollens zu einem Unbeschränkten gemacht ist. Nur eine Grenze hat auch diese Willkür, die Grenze alles Menschlichen, den Tod; und selbst der Tod ist zu einem Schauspielstück geworden. So ist Nero einen Tod gestorben, der für den edelsten Helden wie für den resigniertesten Menschen ein Beispiel sein kann. Die partikulare Subjektivität in ihrer völligen Losgebundenheit hat keine Innerlichkeit, kein Vor- noch Rückwärts, keine Reue, noch Hoffnung, noch Furcht, keinen Gedanken, – denn alles dieses enthält feste Bestimmungen und Zwecke; hier aber ist alle Bestimmung völlig zufällig. Sie ist die Begierde, die Lust, die Leidenschaft, der Einfall, kurz die Willkür in ihrer gänzlichen Unbeschränktheit. An dem Willen andrer hat sie so wenig eine Schranke, dass vielmehr das Verhältnis von Willen zu Willen das der unbeschränkten Herrschaft und Knechtschaft ist. So weit die Menschen wissen auf der bekannten Erde ist kein Wille, der außer dem Willen des Imperator läge. Unter der Herrschaft dieses Einen aber ist alles in Ordnung; denn wie es ist; so ist es in Ordnung, und die Herrschaft besteht eben darin, dass alles in Harmonie mit dem Einen stehe. Das Konkrete der Charaktere der Imperatoren ist darum selbst von keinem Interesse, weil es eben nicht das Konkrete ist, worauf es ankommt. So hat es Kaiser von edlem Charakter und edlem Naturell gegeben, die sich durch ihre Bildung besonders auszeichneten. Titus, Trajanus, die Antonine sind als solche, gegen sich selbst höchst strenge, Charaktere bekannt; aber auch sie haben keine Veränderung im Staate hervorgebracht; nie ist bei ihnen die Rede davon gewesen, dem römischen Volke eine Organisation des freien Zusammenlebens zu geben; sie waren nur wie ein glücklicher Zufall, der spurlos vorübergeht und den Zustand läßt, wie er ist. Denn die Individuen befinden sich hier auf einem Standpunkte, wo sie gleichsam nicht handeln, weil kein Gegenstand als Widerstand ihnen entgegentritt; sie haben nur zu wollen, gut oder schlecht, und so ist es. Auf die ruhmwürdigen Kaiser Vespasian und Titus folgte der roheste und verabscheuungswürdigste Tyrann Domitianus; dennoch heißt es bei den römischen Geschichtschreibern, dass die römische Welt unter ihm ausgeruht habe. Jene einzelnen Lichtpunkte haben also nichts geändert; das ganze Reich unterlag dem Drucke der Abgaben wie der Plünderung, Italien wurde entvölkert, die fruchtbarsten Länder lagen unbebaut. Dieser Zustand lag wie ein Fatum über der römischen Welt." [60]

Das Volk ist zwar freier als in islamischen Despotien, kann aber nichts anderes tun als sich "in das Fatum zu ergeben und eine vollkommene Gleichgültigkeit des Lebens zu erringen", wovon auch die simplen und sbstrakten Philosophien dieser Zeit wie Stoizismus, Epikureismus und Skeptizismus, Zeugnis ablegen. "Der Kaiser herrschte nur und regierte nicht; denn es fehlte die rechtliche und sittliche Mitte zwischen dem Herrscher und den Beherrschten, es fehlte das Band einer Verfassung und Organisation des Staates, worin eine Ordnung für sich berechtigter Kreise des Lebens in den Gemeinden und Provinzen besteht, welche, für das allgemeine Interesse tätig, auf die allgemeine Staatsverwaltung einwirken. "Es bestehen zwar Kurien in den Städten, aber sie sind bedeutungslos oder werden nur als Mittel gebraucht, die einzelnen zu drücken und ordnungsmäßig auszuplündern. Was also vor dem Bewusstsein der Menschen stand, war nicht das Vaterland oder eine solche sittliche Einheit, sondern sie waren einzig und allein darauf verwiesen, sich in das Fatum zu ergeben und eine vollkommene Gleichgültigkeit des Lebens zu erringen, welche sie denn entweder in der Freiheit des Gedankens oder in dem unmittelbaren sinnlichen Genuß suchten. So war der Mensch entweder im Bruch mit dem Dasein oder ganz dem sinnlichen Dasein hingegeben. Er fand entweder seine Bestimmung in der Bemühung, sich die Mittel des Genusses durch die Erwerbung der Gunst des Kaisers oder durch Gewalttätigkeit, Erbschleicherei und List zu verschaffen; oder er suchte seine Beruhigung in der Philosophie, welche allein noch etwas Festes und Anundfürsichseiendes zu geben vermochte." [61] 
 

"Die Systeme jener Zeit, der Stoizismus, Epikureismus und Skeptizismus, obgleich in sich entgegengesetzt, gingen doch auf dasselbe hinaus, nämlich, den Geist in sich gleichgültig zu machen gegen alles, was die Wirklichkeit darbietet. Jene Philosophien waren daher unter den Gebildeten sehr ausgebreitet, sie bewirkten die Unerschütterlichkeit des Menschen in sich selbst, durch das Denken, die Tätigkeit, welche das Allgemeine hervorbringt. Aber diese innerliche Versöhnung durch die Philosophie war selbst nur eine abstrakte, in dem reinen Prinzip der Persönlichkeit; denn das Denken, welches als reines sich selbst zum Gegenstand machte und sich versöhnte, war vollkommen gegenstandslos, und die Unerschütterlichkeit des Skeptizismus machte zum Zweck des Willens die Zwecklosigkeit selbst. Die Philosophie hat nur die Negativität alles Inhalts gewusst und ist der Rat der Verzweiflung gewesen für eine Welt, die nichts Festes mehr hatte. Sie konnte den lebendigen Geist nicht befriedigen, der nach einer höheren Versöhnung verlangte."  - G.W.F. Hegel, Philosophie der Geschichte III, 3


Der fehlende Inhalt des römischen Reiches kam durch das Christentum. "Beim Beginn des Kaisertums, dessen Prinzip wir als die zur Unendlichkeit gesteigerte Endlichkeit und partikulare Subjektivität erkannt haben, ist in demselben Prinzip der Subjektivität das Heil der Welt geboren worden; nämlich als ein dieser Mensch, in abstrakter Subjektivität, aber so, dass umgekehrt die Endlichkeit nur die Form seiner Erscheinung ist, deren Wesen und Inhalt vielmehr die Unendlichkeit, das absolute Fürsichsein ausmacht. Die römische Welt, wie sie beschrieben worden, in ihrer Ratlosigkeit und in dem Schmerz des von Gott Verlassensein hat den Bruch mit der Wirklichkeit und die gemeinsame Sehnsucht nach einer Befriedigung, die nur im Geiste innerlich erreicht werden kann, hervorgetrieben und den Boden für eine höhere geistige Welt bereitet. Sie war das Fatum, welches die Götter und das heitere Leben in ihrem Dienst erdrückte, und die Macht, welche das menschliche Gemüt von aller Besonderheit reinigte. Ihr ganzer Zustand gleicht daher der Geburtsstätte und ihr Schmerz den Geburtswehen von einem andern höheren Geist, der mit der christlichen Religion geoffenbart worden."  [62] 
 

"Dieser höhere Geist enthält die Versöhnung und die Befreiung des Geistes, indem der Mensch das Bewusstsein vom Geiste in seiner Allgemeinheit und Unendlichkeit erhält. Das absolute Objekt, die Wahrheit, ist der Geist, und weil der Mensch selbst Geist ist, so ist er sich in diesem Objekte gegenwärtig und hat so in seinem absoluten Gegenstande das Wesen und sein Wesen gefunden...Gott wird nur so als Geist erkannt, indem er als der Dreieinige gewusst wird. Dieses neue Prinzip ist die Angel, um welche sich die Weltgeschichte dreht. Bis hieher und von daher geht die Geschichte."  - G.W.F. Hegel, Philosophie der Geschichte III, 3


Von den Griechen wurde gesagt, dass das Gesetz für ihren Geist war: »Mensch erkenne dich.« Der griechische Geist war Bewusstsein des Geistes, aber der Geist erschien als bestimmter in einer Menge von Individualitäten der Volksgeister und der Götter und war vorgestellt durch die Kunst, worin das Sinnliche nur bis zur Mitte der schönen Form und Gestalt, nicht aber zum reinen Denken erhoben wird. "Das den Griechen fehlende Moment der Innerlichkeit fanden wir bei den Römern; aber weil es formell und unbestimmt in sich war, nahm es seinen Inhalt aus der Leidenschaft und Willkür, ja das Verruchteste konnte sich hier mit dem Schauer der Göttlichkeit verbinden. (Man sehe die Aussage der Hispala über die Bacchanalien bei Livius 39, 13.) Dies Element der Innerlichkeit ist dann weiter realisiert als Persönlichkeit der Individuen, welche Realisierung dem Prinzipe adäquat und so abstrakt und formell wie dieses ist. Als dieses Ich bin ich für mich unendlich, und das Dasein meiner ist mein Eigentum und meine Anerkennung als Person. Weiter geht diese Innerlichkeit nicht; aller weitere Inhalt ist darin verschwunden. Dadurch sind die Individuen als Atome gesetzt; zugleich aber stehen sie unter der harten Herrschaft des Einen, welche als monas monadum die Macht über die Privatpersonen ist. Dies Privatrecht ist daher ebenso ein Nichtdasein, ein Nichtanerkennen der Person, und dieser Zustand des Rechts ist vollendete Rechtlosigkeit. Dieser Widerspruch ist das Elend der römischen Welt. Das Subjekt ist nach dem Prinzipe seiner Persönlichkeit nur zu dem Besitze berechtigt, und die Person der Personen zum Besitz aller, so dass das einzelne Recht zugleich aufgehoben und rechtlos ist." [63] 

Zur Geschichte des Sündenfalls: Der Mensch, nach dem Ebenbilde Gottes geschaffen, wird erzählt, habe sein absolutes Befriedigtsein dadurch verloren, dass er von dem Baume des Erkenntnisses des Guten und Bösen gegessen habe. "Die Sünde besteht hier nur in der Erkenntnis: diese ist das Sündhafte, und durch sie hat der Mensch sein natürliches Glück verscherzt. Es ist dieses eine tiefe Wahrheit, dass das Böse im Bewusstsein liegt, denn die Tiere sind weder böse noch gut, ebensowenig der bloß natürliche Mensch. Erst das Bewusstsein gibt die Trennung des Ich, nach seiner unendlichen Freiheit als Willkür, und des reinen Inhalts des Willens, des Guten. Das Erkennen als Aufhebung der natürlichen Einheit ist der Sündenfall, der keine zufällige, sondern die ewige Geschichte des Geistes ist. Denn der Zustand der Unschuld, dieser paradiesische Zustand, ist der tierische. Das Paradies ist ein Park, wo nur die Tiere und nicht die Menschen bleiben können. Denn das Tier ist mit Gott eins, aber nur an sich. Nur der Mensch ist Geist, das heißt, für sich selbst. Dieses Fürsichsein, dieses Bewusstsein ist aber zugleich die Trennung von dem allgemeinen göttlichen Geist. Halte ich mich in meiner abstrakten Freiheit gegen das Gute, so ist dies eben der Standpunkt des Bösen. Der Sündenfall ist daher der ewige Mythus des Menschen, wodurch er eben Mensch wird. Das Bleiben auf diesem Standpunkte ist jedoch das Böse, und diese Empfindung des Schmerzes über sich und der Sehnsucht finden wir bei David, wenn er singt: Herr, schaffe mir ein reines Herz, einen neuen gewissen Geist. Diese Empfindung sehen wir schon im Sündenfall vorhanden, wo jedoch noch nicht die Versöhnung, sondern das Verbleiben im Unglück ausgesprochen wird. Doch ist darin zugleich die Prophezeiung der Versöhnung enthalten, namentlich in dem Satze: »Der Schlange soll der Kopf zertreten werden;« aber noch tiefer darin, dass Gott, als er sah, dass Adam von jenem Baume gegessen hatte, sagte: »Siehe, Adam ist worden wie unsereiner, wissend das Gute und das Böse.« Gott bestätigt die Worte der Schlange. An und für sich ist also die Wahrheit, dass der Mensch durch den Geist, durch die Erkenntnis des Allgemeinen und Einzelnen Gott selbst erfasst. Aber dies spricht Gott erst, nicht der Mensch, welcher vielmehr in der Entzweiung bleibt. Die Befriedigung der Versöhnung ist für den Menschen noch nicht vorhanden, die absolute letzte Befriedigung des ganzen Wesens des Menschen ist noch nicht gefunden, sondern nur erst für Gott. Vorderhand bleibt das Gefühl des Schmerzes über sich das Letzte des Menschen. Die Befriedigung des Menschen sind zunächst endliche Befriedigungen in der Familie und im Besitze des Landes Kanaan. In Gott ist er nicht befriedigt. Gott werden wohl im Tempel Opfer gebracht, ihm wird gebüßt durch äußerliche Opfer und innere Reue. Diese äußerliche Befriedigung in der Familie und im Besitze aber ist dem jüdischen Volke in der Zucht des römischen Reiches genommen worden. Die syrischen Könige unterdrückten es zwar schon, aber erst die Römer haben seine Individualität negiert. Der Tempel Zions ist zerstört, das Gott dienende Volk ist zerstäubt. Hier ist also jede Befriedigung genommen und das Volk auf den Standpunkt des ersten Mythus zurückgeworfen, auf den Standpunkt des Schmerzes der menschlichen Natur in ihr selbst. Dem allgemeinen Fatum der römischen Welt steht hier gegenüber das Bewusstsein des Bösen und die Richtung auf den Herrn. Es kommt nur darauf an, dass diese Grundidee zu einem objektiven allgemeinen Sinne erweitert und als das konkrete Wesen des Menschen, als die Erfüllung seiner Natur, genommen werde. Früher galt den Juden als dies Konkrete das Land Kanaan und sie selbst, als das Volk Gottes. Dieser Inhalt ist aber jetzt verloren, und es entsteht daraus das Gefühl des Unglücks und des Verzweifelns an Gott, an den jene Realität wesentlich geknüpft war. Das Elend ist also hier nicht Stumpfheit in einem blinden Fatum, sondern unendliche Energie der Sehnsucht. Der Stoizismus lehrte nur: das Negative ist nicht, und es gibt keinen Schmerz; aber die jüdische Empfindung beharrt vielmehr in der Realität und verlangt darin die Versöhnung; denn sie ruht auf der orientalischen Einheit der Natur, d. i. der Realität, der Subjektivität und der Substanz des Einen. Durch den Verlust der bloß äußerlichen Realität wird der Geist in sich zurückgetrieben; die Seite der Realität wird so gereinigt zum Allgemeinen, durch die Beziehung auf den Einen. Der orientalische Gegensatz von Licht und Finsternis ist hier in den Geist verlegt, und die Finsternis ist hier die Sünde. Es bleibt nun für die negierte Realität nichts übrig, als die Subjektivität selbst, der menschliche Wille in sich als allgemeiner; und dadurch allein wird die Versöhnung möglich. Sünde ist Erkennen des Guten und Bösen, als Trennung; das Erkennen heilt aber ebenso den alten Schaden und ist der Quell der unendlichen Versöhnung."  [64] 
 

"Der Inhalt der Wahrheit ist der Geist selbst, die lebendige Bewegung in sich selbst. Die Natur Gottes, reiner Geist zu sein, wird dem Menschen in der christlichen Religion offenbar... So ist der Mensch also selbst in dem Begriffe Gottes enthalten, und dies Enthaltensein kann so ausgedrückt werden, dass die Einheit des Menschen und Gottes in der christlichen Religion gesetzt sei. Diese Einheit darf nicht flach aufgefasst werden, als ob Gott nur Mensch und der Mensch ebenso Gott sei, sondern der Mensch ist nur insofern Gott, als er die Natürlichkeit und Endlichkeit seines Geistes aufhebt und sich zu Gott erhebt. Für den Menschen nämlich, der der Wahrheit teilhaftig ist und das weiß, dass er selbst Moment der göttlichen Idee ist, ist zugleich das Aufgeben seiner Natürlichkeit gesetzt, denn das Natürliche ist das Unfreie und Ungeistige. In dieser Idee Gottes liegt nun auch die Versöhnung des Schmerzes und des Unglücks des Menschen in sich. Denn das Unglück ist selbst nunmehr als ein notwendiges gewusst, zur Vermittlung der Einheit des Menschen mit Gott. Diese ansichseiende Einheit ist zunächst nur für das denkende, spekulative Bewusstsein; sie muss aber auch für das sinnliche vorstellende Bewusstsein sein, sie muss Gegenstand für die Welt werden, sie muss erscheinen, und zwar in der sinnlichen Gestalt des Geistes, welche die menschliche ist. Christus ist erschienen, ein Mensch, der Gott ist, und Gott, der Mensch ist; damit ist der Welt Friede und Versöhnung geworden. Es ist hier an den griechischen Anthropomorphismus zu erinnern, von dem gesagt worden, dass er nicht weit genug gegangen sei. Denn die griechische natürliche Heiterkeit ist noch nicht fortgegangen bis zur subjektiven Freiheit des Ich selbst, noch nicht zu dieser Innerlichkeit, noch nicht bis zur Bestimmung des Geistes als eines Diesen. Zu der Erscheinung des christlichen Gottes gehört ferner, dass sie einzig in ihrer Art sei; sie kann nur einmal geschehen, denn Gott ist Subjekt und als erscheinende Subjektivität nur ausschließend ein Individuum."  - G.W.F. Hegel, Philosophie der Geschichte III, 3 


Nirgends ist so revolutionär gesprochen worden wie in den Evangelien. Die Beglaubigung der Göttlichkeit Christi ist das Zeugnis des eignen Geistes, nicht die Wunder; denn nur der Geist erkennt den Geist. Die Wunder können der Weg zur Erkenntnis sein. Wunder heißt, dass der natürliche Lauf der Dinge unterbrochen wird; es ist aber sehr relativ, was man den natürlichen Lauf nennt, und die Wirkung des Magnets z. B. ist so ein Wunder. Auch das Wunder der göttlichen Sendung beweist nichts; denn auch Sokrates brachte ein neues Selbstbewusstsein des Geistes gegen den gewöhnlichen Lauf der Vorstellung auf. Die Hauptfrage ist nicht die göttliche Sendung, sondern die Offenbarung und der Inhalt dieser Sendung. Christus selbst tadelt die Pharisäer, welche Wunder von ihm verlangen, und spricht von den falschen Propheten, welche Wunder tun werden. "Das Weitere ist dann, dass dieses Prinzip sich entwickelt hat, und die ganze folgende Geschichte ist die Geschichte seiner Entwicklung. Die nächste Realität ist diese, dass die Freunde Christi eine Gesellschaft, eine Gemeinde bilden. Es ist schon bemerkt worden, dass erst nach dem Tode Christi der Geist über seine Freunde kommen konnte, dass sie da erst die wahrhafte Idee Gottes zu fassen vermochten, dass nämlich in Christus der Mensch erlöst und versöhnt ist; denn in ihm ist der Begriff der ewigen Wahrheit erkannt, dass das Wesen des Menschen der Geist ist, und dass er nur, indem er sich seiner Endlichkeit entäußert und sich dem reinen Selbstbewusstsein hingibt, die Wahrheit erreicht. Christus, der Mensch als Mensch, in dem die Einheit Gottes und des Menschen erschienen ist, hat an seinem Tode, seiner Geschichte überhaupt, selbst die ewige Geschichte des Geistes gezeigt, – eine Geschichte, die jeder Mensch an ihm selbst zu vollbringen hat, um als Geist zu sein oder um Kind Gottes, Bürger seines Reiches zu werden. Die Anhänger Christi, die sich in diesem Sinne verbinden und in dem geistigen Leben als ihrem Zwecke leben, bilden die Gemeinde, die das Reich Gottes ist. »Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen (d. i. in der Bestimmung dessen, was ich bin),« sagt Christus, »da bin ich mitten unter ihnen.« Die Gemeinde ist ein wirkliches, gegenwärtiges Leben im Geiste Christi. Die christliche Religion muss durchaus nicht bloß auf die Aussprüche Christi selbst zurückgeführt werden, in den Aposteln stellt sich erst die gesetzte, entwickelte Wahrheit dar. Dieser Inhalt hat sich in der christlichen Gemeinde entwickelt. Die Gemeinde befand sich nun zunächst in einem doppelten Verhältnisse, einmal im Verhältnisse zur römischen Welt und dann zur Wahrheit, deren Entwicklung ihr Ziel war. Wir wollen diese verschiedenen Beziehungen einzeln durchgehen. Die Gemeinde befand sich in der römischen Welt, und die Ausbreitung der christlichen Religion sollte in dieser vor sich gehen. Es musste sich nun die Gemeinde zunächst von aller Tätigkeit im Staate entfernt halten, für sich eine getrennte Gesellschaft ausmachen und gegen die Staatsbeschlüsse, Ansichten und Handlungen nicht reagieren. Da sie aber vom Staate abgeschlossen war und ebenso den Kaiser nicht für ihren unumschränkten Oberherrn hielt, so war sie der Gegenstand der Verfolgung und des Hasses. Da offenbarte sich nun diese unendliche innere Freiheit durch die große Standhaftigkeit, womit Leiden und Schmerzen um der höchsten Wahrheit willen geduldig ertragen wurden. Weniger sind es die Wunder der Apostel, welche dem Christentum diese äußere Ausbreitung und innere Stärke gegeben haben, als der Inhalt, die Wahrheit der Lehre selbst, Christus selbst sagt: »Es werden viele zu mir sagen an jenem Tage: Herr, Herr! haben wir nicht in deinem Namen geweissaget, haben wir nicht in deinem Namen Teufel ausgetrieben, haben wir nicht in deinem Namen viele Taten getan? Dann werde ich ihnen bekennen: ich habe euch noch nie erkannt, weichet alle von mir, ihr Übeltäter.«  [65] 

In der römischen Welt war die Vereinigung des Morgen- und Abendlandes zunächst aus äußerliche Weise durch Eroberung geschehen; sie geschah nun auch innerlich, indem der Geist des Morgenlandes sich über das Abendland zog. Die Gottesdienste der Isis und des Mithra waren über die ganze römische Welt verbreitet: der ins Äußerliche und in die endlichen Zwecke verlorene Geist hat sich nach einem Unendlichen gesehnt. Das Abendland verlangte aber nach einer tieferen, rein innerlichen Allgemeinheit, nach einem Unendlichen, das zugleich die Bestimmtheit in sich hätte. Wiederum war es in Ägypten, und zwar in Alexandrien, in dem Mittelpunkt der Kommunikation zwischen dem Orient und dem Okzident, wo das Problem der Zeit für den Gedanken aufgestellt wurde, und die Lösung war jetzt – der Geist. Dort sind sich die beiden Prinzipien wissenschaftlich begegnet und sind wissenschaftlich verbreitet worden. Es ist besonders merkwürdig, dort gelehrte Juden, wie Philo, abstrakte Formen des Konkreten, die sie von Plato und Aristoteles erhalten haben, mit ihrer Vorstellung des Unendlichen verbinden und Gott nach dem konkreteren Begriffe des Geistes erkennen. "So haben auch die tiefen Denker zu Alexandria die Einheit der platonischen und aristotelischen Philosophie begriffen, und ihr spekulativer Gedanke gelangte zu den abstrakten Ideen, welche ebenso der Grundinhalt der christlichen Religion sind. Die Philosophie hatte bei den Heiden schon die Richtung genommen, dass die Ideen, welche man als die wahren erkannte, als Forderungen an die heidnische Religion gebracht wurden. Plato hatte die Mythologie gänzlich verworfen und wurde mit seinen Anhängern des Atheismus angeklagt. Die Alexandriner dagegen versuchten in den griechischen Götterbildern eine spekulative Wahrheit aufzuweisen, und der Kaiser Julianus Apostata hat diese Seite dann wieder aufgenommen, indem er behauptete, die heidnischen Gottesdienste seien mit der Vernünftigkeit eng verbunden. Die Heiden wurden gleichsam dazu gezwungen, auch ihre Götter nicht bloß als sinnliche Vorstellungen ansehen zu lassen, und so haben sie es versucht, dieselben zu vergeistigen. Auch ist so viel gewiß, dass die griechische Religion eine Vernunft enthält, denn die Substanz des Geistes ist die Vernunft, und sein Erzeugnis muss ein Vernünftiges sein, nur ist ein Unterschied, ob die Vernunft in der Religion expliziert oder ob sie nur dunkel und als Grundlage darin vorhanden ist. Wenn nun die Griechen ihre sinnlichen Götter so vergeistigt haben, so suchten die Christen ihrerseits auch in dem Geschichtlichen ihrer Religion einen tieferen Sinn. Ebenso wie Philo in der mosaischen Urkunde ein Tieferes angedeutet fand und das Äußerliche der Erzählung idealisierte, taten auch die Christen dasselbe, einerseits in polemischer Rücksicht, andrerseits noch mehr um der Sache selbst willen. Weil aber die Dogmen in die christliche Religion durch die Philosophie hineingekommen sind, darf man nicht behaupten, sie seien dem Christentume fremd und gingen dasselbige nichts an. Wo etwas hergekommen ist, das ist vollkommen gleichgültig; die Frage ist nur: ist es wahr an und für sich? Viele glauben genug getan zu haben, wenn sie sagen, etwas sei neuplatonisch, um es aus dem Christentume zu verweisen. Ob eine christliche Lehre gerade so in der Bibel steht, worauf in neueren Zeiten die exegetischen Gelehrten alles setzen, darauf kommt es nicht allein an. Der Buchstabe tötet, der Geist macht lebendig, das sagen sie selbst und verdrehen es doch, indem sie den Verstand für den Geist nehmen. Es ist die Kirche, welche jene Lehren erkannt und festgestellt hat, der Geist der Gemeinde, und es ist selbst ein Artikel der Lehre: Ich glaube an eine heilige Kirche; wie auch Christus selbst gesagt hat: »Der Geist wird euch in alle Wahrheit leiten.« Im Nizäischen Konzilium wurde endlich (im Jahre 325 nach Chr. Geb.) ein festes Glaubensbekenntnis, an das wir uns jetzt noch halten, aufgestellt: dieses Bekenntnis hatte zwar keine spekulative Gestalt, aber das tief Spekulative ist aufs innigste verwebt mit der Erscheinung Christi selbst."  [66] 
 

"Der tiefste Gedanke ist mit der Gestalt Christi, mit dem Geschichtlichen und Äußerlichen vereinigt, und das ist eben das Große der christlichen Religion, dass sie bei aller dieser Tiefe leicht vom Bewusstsein in äußerlicher Hinsicht aufzufassen ist und zugleich zum tieferen Eindringen auffordert. Sie ist so für jede Stufe der Bildung und befriedigt zugleich die höchsten Anforderungen."  - G.W.F. Hegel, Philosophie der Geschichte III, 3 
"Durch die christliche Religion ist also die absolute Idee Gottes in ihrer Wahrheit zum Bewusstsein gekommen, worin ebenso der Mensch nach seiner wahrhaften Natur, die in der bestimmten Anschauung des Sohnes gegeben ist, sich selbst aufgenommen findet. Der Mensch, als endlicher für sich betrachtet, ist zugleich auch Ebenbild Gottes und Quell der Unendlichkeit in ihm selbst; er ist Selbstzweck, hat in ihm selbst unendlichen Wert und die Bestimmung zur Ewigkeit. Er hat seine Heimat somit in einer übersinnlichen Welt."  - G.W.F. Hegel, Philosophie der Geschichte III, 3 


Die Sklaverei ist im Christentum natürlich unmöglich, denn der Mensch ist jetzt als Mensch nach seiner allgemeinen Natur in Gott angeschaut; jeder einzelne ist ein Gegenstand der Gnade Gottes und des göttlichen Endzwecks: Gott will, dass alle Menschen selig werden, zumindest wenn sie sich nicht aktiv gegen Christus und das Christentum entscheiden wie die Muslime oder Mohammedaner, die die Göttlichkeit Christi leugnen. "Die griechische Freiheit war die des Glücks und des Genies; sie war noch durch Sklaven und durch Orakel bedingt; jetzt aber tritt das Prinzip der absoluten Freiheit in Gott auf. Der Mensch ist jetzt nicht mehr im Verhältnis der Abhängigkeit, sondern der Liebe, in dem Bewusstsein, dass er dem göttlichen Wesen angehört. In Ansehung der partikularen Zwecke bestimmt jetzt der Mensch sich selber und weiß sich als allgemeine Macht alles Endlichen. Alles Besondere tritt gegen den geistigen Boden der Innerlichkeit zurück, welche sich nur gegen den göttlichen Geist aufhebt. Dadurch fällt aller Aberglaube der Orakel und des Vögelfluges fort, der Mensch ist als die unendliche Macht des Entschließens anerkannt." [67] 

Das Geschäft der Geschichte ist nicht Pseudo-Religion und Unfreiheit wie im Islam sondern, "dass die Religion als menschliche Vernunft erscheine, dass das religiöse Prinzip, das dem Herzen der Menschen inwohnt, auch als weltliche Freiheit hervorgebracht werde. So wird die Entzweiung zwischen dem Innern des Herzens und dem Dasein aufgehoben. Für diese Verwirklichung ist jedoch ein andres Volk, oder sind andre Völker berufen, nämlich die germanischen. Innerhalb des alten Roms selbst kann das Christentum nicht seinen wirklichen Boden finden und ein Reich daraus gestalten."  [68] 
 
 

16. Das byzantinische Reich, zusammengesetzt aus dem christlich-morgenländischen Teil mit dem alten Griechenland, Thracien, Kleinasien, Syrien, Ägypten und dem christlich-abendländischen Teil Italien, Afrika, Spanien, Gallien, Britannien

Das Römische Reich konvertierte bereits 380 zum Christentum, als Theodosius I. mit dem Erlass "Cunctos Populos" alle heidnischen und häretischen Religionen verbot: "die übrigen, die wir für wahrhaft toll und wahnsinnig erklären, haben die Schande ketzerische Lehre zu tragen ... und werden von unserer Strafgerechtigkeit ereilt." Das war keine Konversion, sondern ein Befehl, dem rund 60 "Ausführungsbestimmungen" folgten. Das Edikt von Thessalonike verbietet den Arianismus im Osten. Der Athanasionismus wird Staatsreligion (Katholizismus). Einige Länder am Rande des römischen Reiches wie Armenien konnten christianisiert werden. Dies war letztlich die Grundvoraussetzung für die romanische und byzantinische Kunst und Architektur. [69] 

Am 28. Oktober 312 kämpft der Sohn des Konstantinus Chlorus, Konstantin der Große, gegen Maxentius vor Rom und führt eine Entscheidung herbei, "die für das ganze Abendland ungeheuer wichtig war in bezug auf die Konfiguration des Christentums." Diese Schlacht wurde nicht entschieden durch Armeebefehle oder Scharfsinn der Anführer, "sondern sie wurde entschieden durch Träume und sibyllinische Zeichen! Und bedeutsam wird uns erzählt von dieser Schlacht, die am 28. Oktober 312 stattfand, dass Maxentius, als Konstantin gegen die Tore Roms anrückte, einen Traum hatte. Der Traum sagte ihm - er war noch innerhalb der Tire - : Bleibe nicht an demselben Ort, wo du bist! Maxentius beging unter dem Einfluss dieses Traumes, der noch verstärkt wurde dadurch, dass man in den Sibyllinischen Büchern über die Aussagen der Sibyllen nachforschte, die größte Torheit - äußerlich betrachtet - , die er machen konnte: er verließ Rom und führte die Schlacht mit seinem Heere, das viermal stärker war als das des Konstantin, nicht im Schutze der Mauern Roms, sondern außerhalb derselben. Denn die Auskunft der Sibyllinischen Bücher lautete: Wenn du gegen Konstantin ausserhalb der römischen Mauern kämpfen wirst, so wirst du den größten Feind Roms vernichten." Maxentius folgte ihm, und zwar mit Mut und Vertrauen, er ging hinaus vor die Tore Roms. So wie einstmals ein anderer sibyllinischer Orakelspruch den Krösus geführt hatte, so führte dieser den Maxentius. Er vernichtete den Feind Roms, sich selber, durch seine Unternehmung. Konstantin hatte einen anderen Traum. Ihm sagte der Traum: Führe voran deine Scharen - sie waren nicht so groß, sie waren viermal geringer als die des Maxentius - das Monogramm Christi! Und er ließ es voranführen und er erfocht den Sieg. Eine wichtige Entscheidung für die Konfiguration Europas, durch die Träume und sibyllinischen Aussprüche entschieden. [70]

Den mächtigen Vorzügen des Christentums gegenüber finden wir das "Heidentum in voller Auflösung begriffen, ja in einem solchen Zustande, dass es auch ohne den Zutritt des Christentums kaum noch lange fortlebend zu denken ist. Nehmen wir zum Beispiel an, Mohammed hätte in der Folge seinen fanatischen Monotheismus ohne alle Einwirkung von christlicher Seite her zustande bringen können, so hätte das Heidentum am Mittelmeer dem ersten Angriff desselben so gewiss erliegen müssen als die Heidentümer Vorderasiens. Es war schon allzu tödlich geschwächt durch innere Zersetzung und neue willkürliche Mischung.... Das Christentum musste auf die Länge siegen, weil es alle diese Fragen, um deren Lösung sich jene gärende Zeit so sehr bemühte, ohne allen Vergleich einfacher und in einem grossartigen, einleuchtenden Zusammenhange beantwortete." Konstantins Siege beendeten die Christenverfolgung: "Blitzschnell rückte er wieder aus Syrien durch Kleinasien nach Europa und nahm in dem Gebiete seines Gegners das feste Byzanz sowie Heraklea weg. Zwischen dieser Stadt und Adrianopel kam es zu einer Schlacht mit dem überraschten Gegner. Wider Willen der beiden handelte es sich hier ganz offenbar um Christentum oder Heidentum.... Die während der Verfolgung konfiszierten Versammlungsplätze und andere Grundstücke der christlichen Gemeinden wurden zurückgegeben, die Christen offenbar begünstigt und ihr Proselytismus tätig unterstützt." [71]

"Das Jahrhundert war ausgegangen, sich eine neue Heimat für seine Gedanken und Gefühle zu suchen. Für die eifrigen Christen war dieses irdisch-himmlische Vaterland gegeben: es hiess Palästina... Vielleicht die erste weite Wallfahrt war die des kappadocischen Bischofs Alexander, welcher unter Caracalla Jerusalem – das damalige Aelia Capitolina – besuchte, »um des Gebetes und der Geschichte der Orte willen«. Auch Origenes kam, »um die Fußstapfen Christi, der Jünger und der Propheten aufzusuchen« ... "Eine merkwürdige Fügung hat es gewollt, dass Constantin auch in dem, was er für Palästina tat, weltgeschichtlich auf viele Jahrhunderte hinaus wirken sollte. Ohne den Glanz, welchen er über Jerusalem und die Umgegend verbreitete, hätte sich die Andacht der römischen Welt und folgerichtig die des Mittelalters nicht mit solcher Glut an diese Stätten geheftet und sie nicht nach einem halben Jahrtausend der Knechtschaft unter dem Islam wieder entrissen."  - Jacob Burckardt
Mit Konstantin dem Großen kam also die christliche Religion auf den Thron des Kaiserreichs; auf diesen folgt nun eine Reihe von christlichen Kaisern, die nur durch Julian unterbrochen wird, der aber nur wenig für die gesunkene alte Religion tun konnte. "Das römische Reich umfasste die ganze gebildete Erde, vom westlichen Ozean bis an den Tigris, vom Inneren von Afrika bis an die Donau (Pannonien, Dacien). In diesem ungeheuren Reiche war bald die christliche Religion allgemein verbreitet. Rom war schon lange Zeit nicht mehr die absolute Residenz der Kaiser: mehrere Imperatoren vor Konstantin hatten in Mailand oder an andern Orten residiert, und dieser errichtete eine zweite Residenz in dem alten Byzanz, welches den Namen Konstantinopel annahm. Gleich von Anfang an bestand hier die Bevölkerung aus Christen, und Konstantin wandte alles auf, um seine neue Residenz der alten an Pracht gleichzumachen. Das Reich bestand noch immer in seiner Totalität, bis Theodosius der Große die schon früher auf Zeiten stattgehabte Trennung bleibend machte und dasselbe unter seine beiden Söhne verteilte. Die Herrschaft des Theodosius trug den letzten Schimmer des Glanzes an sich, der die römische Welt verherrlicht hatte. Unter ihm wurden die heidnischen Tempel geschlossen, die Opfer und Zeremonien abgeschafft und die heidnische Religion selbst verboten; nach und nach ist aber diese ganz von selbst verschwunden. Die heidnischen Redner dieser Zeit können ihr Staunen und ihre Verwunderung nicht genug über den ungeheuren Kontrast früherer und jetziger Zeit ausdrücken. »Unsre Tempel sind zu Gräbern geworden. Die heiligen Orte, welche früher mit den heiligen Bildsäulen der Götter geschmückt waren, sind jetzt mit heiligen Knochen (Reliquien der Märtyrer) bedeckt, Menschen, die einen schmählichen Tod um ihrer Verbrechen willen erduldet haben, deren Leiber mit Striemen bedeckt sind, und deren Köpfe eingesalzen worden sind, sind der Gegenstand der Verehrung.« Alles Verächtliche ist erhaben und alles, was früher für hoch gehalten worden ist, in den Staub getreten. Diesen ungeheuren Kontrast sprechen die letzten Heiden mit tiefer Klage aus."  [72]

Das christliche byzantinisch-römische Reich wurde unter die beiden Söhne des Theodosius geteilt. "Der ältere, Arkadius, erhielt das morgenländische Reich: das alte Griechenland mit Thracien, Kleinasien, Syrien, Ägypten; der jüngere, Honorius, das abendländische: Italien, Afrika, Spanien, Gallien, Britannien. Unmittelbar nach dem Tode des Theodosius trat Verwirrung ein, und die römischen Provinzen wurden von den auswärtigen Nationen überwältigt. Schon unter dem Kaiser Valens hatten die Westgoten, von den Hunnen bedrängt, Wohnsitze diesseits der Donau verlangt; sie wurden ihnen zugestanden, indem sie dafür die Grenzprovinzen des Reiches verteidigen sollten. Aber schlecht behandelt, empörten sie sich; Valens wurde geschlagen und blieb auf dem Schlachtfelde. Die späteren Kaiser schmeichelten den Fürsten dieser Goten. Alarich, der kühne Gotenfürst, wandte sich gegen Italien. Stilicho, der Feldherr und Minister des Honorius, hielt ihn im Jahre 403 nach Chr. Geburt durch die Schlacht von Pollentia auf, sowie er später auch den Radagaisus, Heerführer der Alanen, Sueven und andrer, schlug. Alarich wandte sich nun gegen Gallien und Spanien und kehrte dann, als Stilicho gestürzt war, nach Italien zurück. Rom wurde von ihm im Jahre 410 gestürmt und geplündert. Später näherte sich Attila mit der furchtbaren Macht der Hunnen, – eine der rein orientalischen Erscheinungen, die wie ein bloßer Gewitterstrom anschwellen, alles niederreißen, aber auch nach weniger Zeit so verflossen sind, dass man nur ihre Spuren in den Ruinen, die sie zurücklassen, nicht aber sie selbst mehr sieht. Attila drang in Gallien ein, wo ihm unter Aëtius, im Jahre 451, bei Chalons an der Marne ein heftiger Widerstand entgegengesetzt wurde. Der Sieg blieb unentschieden. Attila zog dann später nach Italien und starb im Jahre 453. Bald darauf wurde aber Rom von den Vandalen unter Genserich genommen und geplündert. Zuletzt wurde die Würde der weströmischen Kaiser zur Farce, und ihrem leeren Titel machte endlich Odoaker, König der Heruler, ein Ende. Das östliche Kaiserreich blieb noch lange bestehen, und im westlichen bildete sich ein neues Volk von Christen aus den hereingekommenen barbarischen Horden. Die christliche Religion hatte sich anfangs von dem Staate entfernt gehalten, und die Ausbildung, die sie bekam, betraf das Dogma und die innere Organisation, die Disziplin usw. Jetzt aber war sie herrschend geworden: sie war nun eine politische Macht, ein politisches Motiv. Wir sehen nun die christliche Religion in zwei Formen: auf der einen Seite barbarische Nationen, die in aller Bildung von vorne anzufangen haben, die für Wissenschaft, Rechtszustand, Staatsverfassung die allerersten Elemente erst zu gewinnen hatten, auf der andern Seite gebildete Völker, im Besitz griechischer Wissenschaft und feinerer morgenländischer Bildung. Die bürgerliche Gesetzgebung war bei ihnen vollendet, wie sie die großen römischen Rechtsgelehrten aufs vollständigste ausgebildet hatten, so dass die Sammlung, welche der Kaiser Justinian davon veranstaltete, noch heute die Bewunderung der Welt erregt. Hier wird die christliche Religion in eine fertige Bildung gesetzt, die nicht von ihr ausgegangen; dort hingegen fängt der Bildungsprozess ganz von vorne an, und zwar vom Christentume aus."  [73]

Schon bevor der Islam in Form der türkischen Barbaren das östliche byzantinische Reich vernichten sollte, war die christliche Religion dort durch den Arianismus korrumpiert worden; statt dass der "Geist des Christentums in seiner Wahrheit und Reinheit aufgefasst" wurde,  stellt sich uns eine "tausendjährige Reihe von fortwährenden Verbrechen, Schwächen, Niederträchtigkeiten und Charakterlosigkeit dar, das schauderhafteste und deswegen uninteressanteste Bild. Es zeigt sich daran, wie die christliche Religion abstrakt sein kann und als solche schwach ist... Das byzantinische Reich ist ein großes Beispiel, wie die christliche Religion bei einem gebildeten Volke abstrakt bleiben kann, wenn nicht die ganze Organisation des Staates und der Gesetze nach dem Prinzipe derselben rekonstruiert wird. Das Christentum war zu Byzanz in die Hände des Abschaums und des ungebändigten Pöbels gelegt. Die pöbelhafte Wildheit einerseits und dann die höfische Niederträchtigkeit auf der andern Seite legitimiert sich durch die Religion und entweiht diese zu etwas Scheußlichem. Hinsichtlich der Religion waren zwei Interessen vorwiegend: zuerst die Bestimmung des Lehrbegriffs und dann die Besetzung der geistlichen Ämter. Die Bestimmung des Lehrbegriffs fiel den Konzilien und Gemeindevorstehern anheim, aber das Prinzip der christlichen Religion ist Freiheit, subjektive Einsicht: darum lagen die Streitigkeiten ebenso in den Händen des Haufens, es entwickelten sich heftige Bürgerkriege, und überall traf man auf Szenen von Mord, Brand und Raub, um christlicher Dogmen willen." Eine berühmte Abweichung in einem Dogma war zum Beispiel folgende. Die Worte lauten: »Heilig, heilig, heilig ist der Herr Gott Zebaoth.« Dazu machte nun eine Partei zur Ehre Christi den Zusatz: »der für uns gekreuzigt worden,« eine andre wollte diesen nicht gelten lassen, und es kam zu blutigen Kämpfen. In dem Streit, ob Christus von gleicher oder von ähnlicher Beschaffenheit mit Gott, hat ein Buchstabe vielen Tausenden das Leben gekostet. Berühmt sind besonders die Bilderstreitigkeiten, bei denen es oft geschah, dass der Kaiser für die Bilder Partei nahm und der Patriarch dagegen oder auch umgekehrt. Ströme von Blut sind deshalb vergossen worden. Bei Gregor von Nazianz heißt es irgendwo: »Diese Stadt (Konstantinopel) ist voll von Handwerkern und Sklaven, welche alle tiefe Theologen sind und in ihren Werkstätten und auf den Straßen predigen. Wenn ihr von einem Manne ein Silberstück gewechselt haben wollt, so belehrt er euch, wodurch der Vater vom Sohne unterschieden sei; wenn ihr nach dem Preis eines Laibs Brot fragt, so wird euch zur Antwort, dass der Sohn geringer sei als der Vater, und wenn ihr fragt, ob das Brot fertig, so erwidert man euch, dass der Sohn aus Nichts geworden.« Die Idee des Geistes, welche im Dogma enthalten ist, wurde so völlig geistlos behandelt. "Die Besetzung des Amtes der Patriarchen zu Konstantinopel, Antiochien und Alexandrien sowie die Eifersucht und Ehrsucht dieser Patriarchen untereinander verursachte ebenfalls viele Bürgerkriege. Zu allen diesen religiösen Streitigkeiten kam noch das Interesse an den Gladiatoren und ihren Kämpfen, an den Parteien der blauen oder der grünen Farbe, welches ebenfalls zu den blutigsten Kämpfen führte, ein Zeichen der furchtbarsten Entwürdigung, weil dadurch bewiesen wird, dass aller Sinn für Wichtiges und Höheres verloren ist, und dass der Wahnsinn religiöser Leidenschaftlichkeit sich sehr gut mit der Schaulust an unkünstlerischen und grausamen Spielen verträgt." [74]

Die Hauptpunkte der christlichen Religion wurden endlich nach und nach durch die Konzilien festgesetzt. "Die Christen des byzantischen Reiches blieben in dem Traum des Aberglaubens versunken, im blinden Gehorsam gegen die Patriarchen und die Geistlichkeit verharrend. Der schon oben erwähnte Bilderdienst veranlasste die heftigsten Kämpfe und Stürme. Der tapfere Kaiser Leo der Isaurier besonders verfolgte die Bilder mit der größten Hartnäckigkeit, und der Bilderdienst wurde im Jahre 754 durch ein Konzil für eine Erfindung des Teufels erklärt. Nichtsdestoweniger ließ ihn die Kaiserin Irene im Jahre 787 durch ein Nizäisches Konzilium wieder einführen, und die Kaiserin Theodora setzte ihn 842 definitiv durch, indem sie mit energischen Strafen gegen die Bilderfeinde verfuhr. Der ikonoklastische Patriarch bekam 200 Prügel, die Bischöfe zitterten, die Mönche frohlockten, und das Andenken an diese Orthodoxie wurde durch ein kirchliches Fest jährlich gefeiert. Das Abendland verwarf dagegen noch im Jahre 794 den Bilderdienst in der Kirchenversammlung zu Frankfurt, und indem man die Bilder zwar beibehielt, tadelte man doch aufs schärfste den Aberglauben der Griechen. Erst im späteren Mittelalter fand der Bilderdienst durch stille und langsame Fortschritte allgemeinen Eingang." [75]
 
 
 

17. Die europäisch-christliche Welt, "Träger des christlichen Prinzips"

Die Bestimmung der europäischen Völker ist, Träger des christlichen Prinzips zu werden. "Der Grundsatz der geistigen Freiheit, das Prinzip der Versöhnung, wurde in die noch unbefangenen ungebildeten Gemüter jener Völker gelegt, und es wurde diesen aufgegeben, im Dienste des Weltgeistes den Begriff der wahrhaften Freiheit nicht nur zur religiösen Substanz zu haben, sondern auch in der Welt aus dem subjektiven Selbstbewusstsein frei zu produzieren."  [76]

Die Geschichte zeigt, dass der Gang der Entwicklung bei diesen Völkern ein ganz verschiedener war. "Die Griechen und Römer waren gereift in sich, als sie sich nach außen wendeten. Umgekehrt haben die Germanen damit angefangen, aus sich herauszuströmen, die Welt zu überschwemmen und die in sich morschen und ausgehöhlten Staaten der gebildeten Völker sich zu unterwerfen. Dann erst hat ihre Entwicklung begonnen, angezündet an einer fremden Kultur, fremden Religion, Staatsbildung und Gesetzgebung. Sie haben sich durch das Aufnehmen und Überwinden des Fremden in sich gebildet, und ihre Geschichte ist vielmehr ein Insichgehen und Beziehen auf sich selbst. Allerdings hat auch die Abendwelt in den Kreuzzügen, in der Entdeckung und Eroberung von Amerika sich ausserhalb begeben, aber sie kam da nicht in Berührung mit einem ihr vorangegangenen welthistorischen Volke, sie verdrängte da nicht ein Prinzip, das bisher die Welt beherrscht hatte. Die Beziehung nach außen begleitet hier nur die Geschichte, bringt nicht wesentliche Veränderungen in der Natur der Zustände mit sich, sondern trägt vielmehr das Gepräge der inneren Evolutionen an sich. – Das Verhältnis nach außen ist also ein ganz andres als bei den Griechen und Römern. Denn die christliche Welt ist die Welt der Vollendung; das Prinzip ist erfüllt, und damit ist das Ende der Tage voll geworden: die Idee kann im Christentume nichts Unbefriedigtes mehr sehen. Die Kirche ist zwar einerseits für die Individuen Vorbereitung für die Ewigkeit als Zukunft, insofern die einzelnen Subjekte als solche immer noch in der Partikularität stehen; aber die Kirche hat auch den Geist Gottes in sich gegenwärtig, sie vergibt dem Sünder und ist das gegenwärtige Himmelreich. So hat denn die christliche Welt kein absolutes Außen mehr, sondern nur ein relatives, das an sich überwunden ist, und in Ansehung dessen es nur darum zu tun ist, auch zur Erscheinung zu bringen, dass es überwunden ist. Hieraus folgt, dass die Beziehung nach außen nicht mehr das Bestimmende in betreff der Epochen der modernen Welt ist. Es ist also ein andres Prinzip der Einteilung aufzusuchen. Die germanische Welt hat die römische Bildung und Religion als fertig aufgenommen. Es war wohl eine deutsche und nordische Religion vorhanden, aber sie hatte auf keine Weise feste Wurzeln im Geiste gefasst: Tacitus nennt daher die Germanen securi adversus deos. Die christliche Religion nun, welche sie annahmen, war durch die Konzilien und Kirchenväter, welche die ganze Bildung, insbesondere die Philosophie der griechischen und römischen Welt besaßen, ein fertiges dogmatisches System geworden, so wie die Kirche eine ganz ausgebildete Hierarchie. Der eignen Volkssprache der Germanen setzte ebenso die Kirche eine ganz ausgebildete, die lateinische, entgegen. In Kunst und Philosophie war dieselbe Fremdartigkeit. Was an der alexandrinischen und formell aristotelischen Philosophie in den Schriften des Boëthius und sonst noch aufbewahrt war, das ist nun das Bleibende auf viele Jahrhunderte für das Abendland geworden. Auch in der Form der weltlichen Herrschaft war derselbe Zusammenhang: gotische und andre Fürsten ließen sich Patrizier von Rom nennen, und später wurde das römische Kaisertum wiederhergestellt. So scheint die germanische Welt äußerlich nur eine Fortsetzung der römischen zu sein. Aber es lebte in ihr ein vollkommen neuer Geist, aus welchem sich nun die Welt regenerieren musste, nämlich der freie Geist, der auf sich selbst beruht, der absolute Eigensinn der Subjektivität. Dieser Innigkeit steht der Inhalt als absolutes Anderssein gegenüber. Der Unterschied und Gegensatz, der sich aus diesen Prinzipien entwickelt, ist der von Kirche und Staat. Auf der einen Seite bildet sich die Kirche aus, als das Dasein der absoluten Wahrheit; denn sie ist das Bewusstsein dieser Wahrheit und zugleich die Wirksamkeit, dass das Subjekt ihr gemäß werde. Auf der andern Seite steht das weltliche Bewusstsein, welches mit seinen Zwecken in der Welt steht, – der Staat, vom Gemüt, der Treue, der Subjektivität überhaupt ausgehend. Die europäische Geschichte ist die Darstellung der Entwicklung eines jeden dieser Prinzipien für sich, in Kirche und Staat, dann des Gegensatzes von beiden nicht nur gegeneinander, sondern in jedem derselben, da jedes selbst die Totalität ist, und endlich der Versöhnung dieses Gegensatzes."  [77]

Es tritt die christliche Welt als Christentum auf, als eine Masse, woran das Geistliche und das Weltliche nur verschiedene Seiten sind. Diese Epoche geht bis auf Karl den Großen. Die zweite Periode entwickelt die beiden Seiten bis zur konsequenten Selbständigkeit und zum Gegensatze, – der Kirche für sich als eine Art Theokratie und des Staates für sich als Feudalmonarchie. "Karl der Große hatte sich mit dem heiligen Stuhl gegen die Longobarden und die Adelsparteien in Rom verbunden; es kam so eine Verbindung der geistlichen und weltlichen Macht zustande, und es sollte nun, nachdem die Versöhnung vollbracht war, sich ein Himmelreich auf Erden auftun. Aber gerade in dieser Zeit erscheint uns statt des geistigen Himmelreichs die Innerlichkeit des christlichen Prinzips schlechthin als nach außen gewendet und außer sich gekommen. Die christliche Freiheit ist zum Gegenteil ihrer selbst verkehrt, sowohl in religiöser als in weltlicher Hinsicht, einerseits zur härtesten Knechtschaft, andrerseits zur unsittlichsten Ausschweifung und zur Roheit aller Leidenschaften. In dieser Periode sind besonders zwei Gesichtspunkte hervorzuheben: der eine ist die Bildung der Staaten, welche sich in einer Unterordnung des Gehorsams darstellen, so dass alles ein festes partikulares Recht wird, ohne den Sinn der Allgemeinheit. Diese Unterordnung des Gehorsams erscheint im Feudalsystem. Der zweite Gesichtspunkt ist der Gegensatz von Kirche und Staat. Dieser Gegensatz ist nur darum vorhanden, weil die Kirche, welche das Heilige zu verwalten hatte, selbst zu aller Weltlichkeit herabsinkt, und die Weltlichkeit nur um so verabscheuungswürdiger erscheint, als alle Leidenschaften sich die Berechtigung der Religion geben."  [78]

Das Ende der zweiten und zugleich der Anfang der dritten Periode macht die Zeit der Regierung Karls des Fünften, in der ersten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts; in Spanien beginnt das goldene Zeitalter mit Entdeckungen, Vollendung der Reconquista, der Rückeroberung Spaniens von den Muslimen, und den großen Dichtern Cervantes, Lope de Vega und Calderon. Die Aufbruchstimmung begann mit der Renaissance, ausgelöst durch den Untergang des byzantinischen Reichs und die Wiederentdeckung der Antike und griechischen Philosophie. "Es erscheint nun die Weltlichkeit als in sich zum Bewusstsein kommend, dass auch sie ein Recht habe in der Sittlichkeit, Rechtlichkeit, Rechtschaffenheit und Tätigkeit des Menschen. Es tritt das Bewusstsein der Berechtigung seiner selbst durch die Wiederherstellung der christlichen Freiheit ein. Das christliche Prinzip hat nun die fürchterliche Zucht der Bildung durchgemacht." Diese dritte Periode wird auch die Neuzeit genannt. Das Prinzip des freien Geistes ist hier zum Panier der Welt gemacht, und aus diesem Prinzipe entwickeln sich die allgemeinen Grundsätze der Vernunft. Das formelle Denken, der Verstand war schon ausgebildet worden, aber seinen wahren Gehalt erhielt das Denken durch das wiederauflebende konkrete Bewusstsein des freien Geistes. Der Gedanke fing erst von daher an, seine Bildung zu bekommen; aus ihm heraus wurden Grundsätze festgestellt, aus welchen die Staatsverfassung rekonstruiert werden musste. [79]
 

"Das Staatsleben soll nun mit Bewusstsein, der Vernunft gemäß eingerichtet werden. Sitte, Herkommen gilt nicht mehr, die verschiedenen Rechte müssen sich legitimieren als auf vernünftigen Grundsätzen beruhend. So kommt die Freiheit des Geistes erst zur Realität." - G.W.F. Hegel, Philosophie der Geschichte IV 


Das Christentum bringt auch die Freiheit für die Völker der Zeit der Völkerwanderungen, hier spricht Hegel vom "Irrtum Rousseaus". Jene Wälder in Germanien haben immer als die Wohnsitze freier Völker gegolten, und Tacitus hat sein berühmtes Gemälde Germaniens mit einer gewissen Liebe und Sehnsucht, "im Gegensatz zu der Verdorbenheit und Künstlichkeit der Welt entworfen, der er selbst angehörte. Wir können aber deswegen einen solchen Zustand der Wildheit nicht für einen hohen halten und etwa in den Irrtum Rousseaus verfallen, der den Zustand der Wilden Amerikas als einen solchen vorgestellt hat, in welchem der Mensch im Besitz der wahren Freiheit sei. Allerdings kennt der Wilde ungeheuer viel Unglück und Schmerz gar nicht, aber das ist nur negativ, während die Freiheit wesentlich affirmativ sein muss. Die Güter der affirmativen Freiheit sind erst die Güter des höchsten Bewusstseins. Jedes Individuum besteht bei den Germanen als ein freies für sich, und doch ist eine gewisse Gemeinsamkeit vorhanden, wenn auch noch nicht ein politischer Zustand. Wir sehen dann die Germanen das römische Reich überschwemmen. Teils haben sie die fruchtbaren Gegenden, teils der Drang, sich andre Wohnsitze zu suchen, angereizt. Trotz den Kriegen, in welchen sie mit den Römern sich befinden, nehmen doch Einzelne und ganze Stämme Kriegsdienste bei denselben, schon mit Cäsar focht germanische Reiterei auf den pharsalischen Feldern. Im Kriegsdienst und Verkehr mit gebildeten Völkern lernten sie die Güter desselben kennen, Güter für den Genuss und die Bequemlichkeit des Lebens, aber vornehmlich auch Güter der geistigen Bildung. Bei den späteren Auswanderungen blieben manche Nationen, einige ganz, andre zum Teil, in ihrem Vaterlande zurück. Wir haben demnach unter den germanischen Nationen solche zu unterscheiden, welche in ihren alten Wohnsitzen geblieben sind, und solche, welche sich über das römische Reich ausbreiteten und sich mit den unterworfenen Nationen vermischt haben. Da die Germanen bei den Zügen nach außen sich den Anführern auf freie Weise anschlossen, so zeigt sich das eigentümliche Verhältnis, dass die germanischen Völker sich gleichsam verdoppeln (Ost- und Westgoten; Goten auf allen Punkten der Welt und in ihrem Vaterlande; Skandinavier, Normannen in Norwegen und dann als Ritter in der Welt). Wie verschieden die Schicksale dieser Völker auch sind, sie hatten doch das gemeinsame Ziel, sich Besitz zu verschaffen und sich dem Staate entgegen zu bilden. Dieses Fortbilden kommt allen gleichmäßig zu. Im Westen, in Spanien und Portugal, lassen sich zuerst die Sueven und Vandalen nieder, werden aber dann von den Westgoten unterworfen und verdrängt. Es bildete sich ein großes westgotisches Reich, zu dem Spanien, Portugal und ein Teil von Südfrankreich gehörte. Das zweite Reich ist das der Franken, mit welchem gemeinsamen Namen die istaevonischen Stämme zwischen Rhein und Weser seit dem Ende des zweiten Jahrhunderts genannt werden; sie setzten sich zwischen Mosel und Schelde fest und drangen unter ihrem Heerführer Chlodwig in Gallien bis an die Loire vor. Derselbe unterwarf sich dann noch die Franken am Niederrhein und die Alemannen am Oberrhein und seine Söhne die Thüringer und Burgunder. Das dritte Reich ist das der Ostgoten in Italien, das von Theodorich gestiftet wurde und unter diesem besonders blühte. Die gelehrten Römer Cassiodorus und Boëthius waren die obersten Staatsbeamten des Theodorich. Aber dieses ostgotische Reich bestand nicht lange, es wurde von den Byzantinern unter Belisarius und Narses zerstört. In der zweiten Hälfte (568) des sechsten Jahrhunderts rückten dann die Longobarden in Italien ein und herrschten zwei Jahrhunderte, bis auch dieses Reich von Karl dem Großen dem fränkischen Szepter unterworfen wurde. Später setzten sich noch die Normannen in Unteritalien fest. Dann sind die Burgunder zu erwähnen, die von den Franken bezwungen wurden, und deren Reich eine Art von Scheidewand zwischen Frankreich und Deutschland bildet. Nach Britannien sind die Angeln und Sachsen gezogen und haben sich dasselbe unterworfen. Später kommen auch hier die Normannen herein. Diese Länder, welche früher einen Teil des römischen Reiches bilden, haben so das Schicksal gehabt, von den Barbaren unterworfen zu werden. Augenblicklich stellte sich ein großer Kontrast zwischen den schon gebildeten Einwohnern jener Länder und den Siegern auf, aber dieser Kontrast endete in der Zwitternatur der nunmehr gebildeten neuen Nationen. Das ganze geistige Dasein solcher Staaten enthält eine Geteiltheit in sich, im Innersten zugleich eine Äußerlichkeit. Dieser Unterschied fällt äußerlich sogleich durch die Sprache auf, welche eine Ineinanderarbeitung des selbst schon mit dem Einheimischen verknüpften Altrömischen und des Germanischen ist. Wir können diese Völker als romanische zusammenstellen und begreifen darunter Italien, Spanien mit Portugal und Frankreich. Diesen gegenüber stehen drei andre, mehr oder weniger deutschredende Nationen, welche sich in dem einen Ton der ungebrochenen Innigkeit gehalten haben, nämlich Deutschland selbst, Skandinavien und England, welches letztere zwar dem römischen Reiche einverleibt, doch von römischer Bildung mehr nur am Saum, wie Deutschland selbst, berührt und durch Angeln und Sachsen wieder germanisiert wurde. Das eigentliche Deutschland erhielt sich rein von aller Vermischung, nur der südliche und westliche Saum an der Donau und dem Rhein war den Römern unterworfen gewesen; der Teil zwischen Rhein und Elbe blieb durchaus volkstümlich. Dieser Teil von Deutschland wurde von mehreren Völkerschaften bewohnt. Außer den ripuarischen und den durch Chlodwig in den Maingegenden angesiedelten Franken sind noch vier Hauptstämme, die Alemannen, die Bojoarier, die Thüringer und die Sachsen zu nennen." [80]

Die Skandinavier machten sich auch unter dem Namen der Normannen durch ihre Heereszüge berühmt. Sie dehnten ihre Ritterzüge fast über alle Teile von Europa aus: "ein Teil kam nach Russland und gründete dort das russische Reich, ein Teil ließ sich in Nordfrankreich und Britannien nieder; ein andrer stiftete Fürstentümer in Unteritalien und Sizilien. So hat ein Teil der Skandinavier außerhalb Staaten begründet, ein andrer hat seine Nationalität am väterlichen Herde bewahrt. Wir finden nun außerdem im Osten von Europa die große slavische Nation, deren Wohnsitze sich im Westen der Elbe entlang bis an die Donau erstreckten; zwischen sie hinein haben sich dann die Magyaren (Ungarn) gelagert; in Moldau und Wallachei und dem nördlichen Griechenland sind die Bulgaren, Serbier und Albanesen ebenso asiatischen Ursprungs und in den Stößen und Gegenstößen der Völkerschaften hier als gebrochene barbarische Reste geblieben. Es haben zwar diese Völkerschaften Königreiche gebildet und mutige Kämpfe mit den verschiedenen Nationen bestanden; sie haben bisweilen als Vortruppen, als ein Mittelwesen in den Kampf des christlichen Europa und unchristlichen Asien eingegriffen, die Polen haben sogar das belagerte Wien von den Türken befreit." [81]

Die germanische Nation hatte das, was man das Gemüt nennt. "Gemüt ist diese eingehüllte, unbestimmte Totalität des Geistes, in Beziehung auf den Willen, worin der Mensch auf ebenso allgemeine und unbestimmte Weise die Befriedigung in sich hat. Charakter ist eine bestimmte Form des Willens und des Interesses, die sich geltend macht; die Gemütlichkeit aber hat keinen bestimmten Zweck, des Reichtums, der Ehre und dergleichen, betrifft überhaupt nicht einen objektiven Zustand, sondern den ganzen Zustand als der allgemeine Genuß seiner selbst. Es ist darin also nur der Wille überhaupt als formeller Wille und die subjektive Freiheit als Eigensinn. Für die Gemütlichkeit wird jede Besonderheit wichtig, weil das Gemüt sich ganz in jede hineinlegt; weil es ihm aber wiederum nicht um die Bestimmtheit des besonderen Zweckes als solche zu tun ist, so kommt es darin auch nicht zum Isolieren in gewalttätigen, bösen Leidenschaften, nicht zum Bösen überhaupt. Im Gemüt ist diese Trennung nicht, sondern es sieht im ganzen aus wie ein Wohlmeinen. Charakter ist das Gegenteil davon. Dies ist das abstrakte Prinzip der germanischen Völker und die subjektive Seite gegen die objektive im Christentum. Das Gemüt hat keinen besonderen Inhalt; im Christentum ist es dagegen gerade um die Sache, um den Inhalt als Objekt zu tun. Aber im Gemüt liegt eben dies Befriedigtseinwollen auf eine ganz allgemeine Weise, und dies ist ebendasselbe, was sich als Inhalt im Prinzip des Christentums ergeben hat. Das Unbestimmte als Substanz, objektiv, ist das ganz Allgemeine, Gott; dass aber in Gott der einzelne Wille zu Gnaden aufgenommen werde, ist das andre Moment in der christlichen, konkreten Einheit. Das absolute Allgemeine ist es, das alle Bestimmungen in sich enthält und insofern unbestimmt ist; das Subjekt ist das schlechthin Bestimmte; beide sind identisch. Dies ist zuerst als Inhalt im Christentum aufgewiesen worden, jetzt auf subjektive Weise als Gemüt. Das Subjekt muss nun auch objektive Form gewinnen, d. h. sich zum Gegenstande entfalten. Es ist Bedürfnis, dass für die unbestimmt empfindende Weise des Gemütes das Absolute auch als Objekt werde, damit der Mensch auch zum Bewusstsein seiner Einheit mit diesem Objekte gelange. Dazu gehört die Reinigung des Subjektes an ihm, dass es wirkliches, konkretes Subjekt werde, dass es als weltliches Subjekt allgemeine Interessen gewinne, dass es nach allgemeinen Zwecken handle, vom Gesetze wisse und darin befriedigt werde. – So ist es denn also, dass diese beiden Prinzipien einander entsprechen, und dass die germanischen Völker, wie gesagt wurde, die Fähigkeit in sich haben, die Träger des höheren Prinzips des Geistes zu sein. – Das Weitere ist nun, dass wir das germanische Prinzip in seiner unmittelbaren Existenz betrachten, d. h. die ersten geschichtlichen Zustände der germanischen Nationen. Die Gemütlichkeit ist in ihrer ersten Erscheinung ganz abstrakt, ohne Entwicklung, ohne besonderen Inhalt; denn die substantiellen Zwecke liegen nicht im Gemüte als solchem. Wo das Gemütliche die ganze Form des Zustandes ist, da erscheint es als ein Charakterloses und Stumpfes. Gemüt ganz abstrakt ist Stumpfheit, und so sehen wir im ursprünglichen Zustande der Germanen eine barbarische Stumpfheit, Verworrenheit und Unbestimmtheit in sich. Von der Religion der Germanen wissen wir wenig. Die Druiden waren in Gallien zu Hause und sind von den Römern ausgerottet worden. Es hat zwar eine eigentümliche nordische Mythologie gegeben; wie wenig tief aber die Religion der Deutschen in den Gemütern wurzelte, ist schon bemerkt worden, und man sieht es auch daraus, dass die Deutschen sich leicht zur christlichen Religion bekehren ließen. Zwar haben die Sachsen Karl dem Großen bedeutenden Widerstand geleistet, aber dieser Kampf war nicht sowohl gegen die Religion als gegen die Unterdrückung überhaupt gerichtet. Die Religion hatte bei ihnen nichts Tiefes, ebensowenig die Rechtsbegriffe. Der Mord ist nicht als Verbrechen angesehen und bestraft worden; er wurde mit einer Geldbuße gesühnt. Das zeigt einen Mangel an Tiefe der Empfindung in dem Nichtentzweitsein des Gemütes, welches es nur als eine Beeinträchtigung der Gemeinde ansieht, wenn einer getötet wird, und als weiter nichts. Die Blutrache der Araber beruht auf der Empfindung, dass die Ehre der Familie verletzt ist. Bei den Germanen war die Gemeinde nicht Herr über das Individuum; denn das Element der Freiheit ist das Erste bei ihrer Vereinigung zu einem gesellschaftlichen Verhältnis. Die alten Deutschen sind berühmt durch ihre Freiheitsliebe, und die Römer haben sie gleich anfangs so ganz richtig aufgefasst. Die Freiheit in Deutschland ist bis auf die neuesten Zeiten das Panier gewesen, und selbst der Fürstenbund unter Friedrich II. war aus Freiheitsliebe entstanden. Dieses Element der Freiheit, indem es zu einem gesellschaftlichen Verhältnisse übergeht, kann nichts setzen als Volksgemeinden, so dass diese Gemeinden das Ganze ausmachen, und jedes Mitglied der Gemeinde, als solches, ein freier Mann ist. Der Totschlag konnte durch eine Geldbuße abgemacht werden, weil der freie Mann als bestehend galt und blieb, er mochte getan haben, was er wollte. Dieses absolute Gelten des Individuums macht eine Hauptbestimmung aus, wie schon Tacitus bemerkt hat. Die Gemeinde oder ihr Vorstand mit Zuziehung von Gemeindemitgliedern richtete in Angelegenheiten des Privatrechts zur Sicherheit der Person und des Eigentums. Für gemeine Angelegenheiten, Kriege und dergl. waren gemeinsame Beratschlagungen und Beschlüsse erforderlich. Das andere Moment ist, dass sich Mittelpunkte bildeten durch eine freiwillige Genossenschaft und durch freies Anschließen an Heerführer und Fürsten. Der Zusammenhang ist hier der der Treue, und die Treue ist das zweite Panier der Germanen, wie die Freiheit das erste war. Die Individuen schließen sich mit freier Willkür einem Subjekte an und machen dieses Verhältnis aus sich zu einem unverbrüchlichen. Dies finden wir weder bei den Griechen noch bei den Römern. Das Verhältnis Agamemnons und seiner Könige war nicht ein Dienstgefolge, sondern eine freie Assoziation nur zu einem besonderen Zwecke, eine Hegemonie. Die deutschen Genossenschaften aber stehen nicht in Beziehung der objektiven Sache nur, sondern in Beziehung des geistigen Selbst, der subjektiven, innerlichsten Persönlichkeit. Herz, Gemüt, die ganze konkrete Subjektivität, die nicht vom Inhalte abstrahiert, sondern diesen zugleich zur Bedingung macht, indem sie sich von der Person und von der Sache abhängig setzt, macht dies Verhältnis zu einer Vermischung der Treue und des Gehorsams. Um die Vereinigung der beiden Verhältnisse, der individuellen Freiheit in der Gemeinde und des Zusammenhangs der Genossenschaft, handelt es sich nun für die Bildung zum Staate, worin die Pflichten und Rechte nicht mehr der Willkür überlassen, sondern als rechtliche Verhältnisse fixiert sind, – und so zwar, dass der Staat die Seele des Ganzen sei und der Herr darüber bleibe, dass von ihm aus die bestimmten Zwecke und die Berechtigung sowohl der Geschäfte als der Gewalten ausgehen, indem die allgemeine Bestimmung die Grundlage darin bleibt. Hier ist nun aber das Eigentümliche in den germanischen Staaten, dass im Gegenteil die gesellschaftlichen Verhältnisse nicht den Charakter allgemeiner Bestimmungen und Gesetze erhalten, sondern durchaus zu Privatrechten und Privatverpflichtungen zersplittert werden. Es ist wohl eine gemeinschaftliche Art und Weise darin, aber nichts Allgemeines; die Gesetze sind schlechthin partikular und die Berechtigungen Privilegien. So ist der Staat aus Privatrechten zusammengesetzt, und mühselig aus Kämpfen und Krämpfen ist erst spät ein verständiges Staatsleben zustande gekommen."  [82]

Die germanischen Nationen, man könnte auch sagen die europäischen Nationen hatten die Bestimmung, die "Träger des christlichen Prinzips" zu sein. "Zunächst ist nur der trübe Wille, in dessen Hintergrund das Wahre und Unendliche liegt, vorhanden. Das Wahre ist nur als Aufgabe, denn das Gemüt ist noch nicht gereinigt. Ein langer Prozess kann die Reinigung zum konkreten Geiste erst zustande bringen. Die Religion tritt mit einer Forderung gegen die Gewalttätigkeit der Leidenschaften auf und bringt diese bis zur Wut; das Gewaltige der Leidenschaften wird durch das böse Gewissen erbittert und zur Raserei gebracht, zu der es vielleicht nicht so gekommen wäre, wenn es ohne Gegensatz geblieben wäre. Wir sehen nun das schreckliche Schauspiel der furchtbarsten Losgebundenheit in allen Königshäusern der damaligen Zeit. Chlodwig, der Stifter der fränkischen Monarchie, macht sich der ärgsten Verbrechen schuldig. Härte und Grausamkeit charakterisiert die ganze folgende Reihe der Merovinger; dasselbe Schauspiel wiederholt sich in dem thüringischen und in den andern Königshäusern. Das christliche Prinzip ist allerdings die Aufgabe in den Gemütern; aber diese sind unmittelbar noch roh. Der Wille, der an sich der wahrhafte ist, verkennt sich selbst und trennt sich von dem wahrhaften Zweck durch partikulare, endliche Zwecke; aber es ist mit diesem Kampfe mit sich selbst und wider seinen Willen, dass er das hervorbringt, was er will; er bekämpft das, was er wahrhaft will, und so bewirkt er es, denn er ist an sich versöhnt. Der Geist Gottes lebt in der Gemeinde; er ist der innere treibende Geist; aber es ist in der Welt, dass der Geist realisiert werden soll, in einem Material, das ihm noch nicht gemäß ist; dies Material aber ist selbst der subjektive Wille, welcher so den Widerspruch in sich selbst hat. Nach der religiösen Seite sehen wir oft den Übergang, dass ein Mensch sein ganzes Leben hindurch sich in der Wirklichkeit herumgeschlagen und zerhauen, mit aller Kraft des Charakters und der Leidenschaft in weltlichen Geschäften gerungen und genossen hat und dann auf einmal alles abwirft, um sich in religiöse Einsamkeit zu begeben. Aber in der Welt wirft sich jenes Geschäft nicht ab, sondern es will vollbracht sein, und es findet sich zuletzt, dass der Geist gerade in dem, was er zum Gegenstande seines Widerstandes machte, das Ende seines Kampfes und seiner Befriedigung findet, dass das weltliche Treiben ein geistiges Geschäft ist. Wir finden daher, dass Individuen und Völker das, was ihr Unglück ist, für ihr größtes Glück ansehen und umgekehrt, was ihr Glück ist, als ihr größtes Unglück bekämpfen. La vérité, en la repoussant, on l'embrasse. Europa kommt zur Wahrheit, indem und insofern es sie zurückgestoßen hat. In dieser Bewegung ist es, dass die Vorsehung im eigentlichen Sinne regiert, indem sie aus Unglück, Leiden, aus partikularen Zwecken und dem unbewussten Willen der Völker ihren absoluten Zweck und ihre Ehre vollführt."  [83]
 

18. Kampf um das Christentum, der Mohammedanismus

Eine "Revolution des Orients" ist noch heute mit Vorsicht zu begegnen. Damals wurde durch die islamische Revolution das orientalische Christentum nahzu vernichtet. Die mohammedanische Pseudo-Religion nahm ihren Ursprung bei den Arabern: "hier ist der Geist ein ganz einfacher, und der Sinn des Formlosen ist hier zu Hause, denn in diesen Wüsten ist nichts, was gebildet werden könnte. Von der Flucht Mohammeds aus Mekka im Jahre 622 beginnt die Zeitrechnung der Mohammedaner. Noch bei Lebzeiten Mohammeds unter seiner eignen Führung und dann besonders nach seinem Tode unter der Leitung seiner Nachfolger haben die Araber diese ungeheuren Eroberungen gemacht. Sie warfen sich zunächst auf Syrien und eroberten den Hauptort Damaskus im Jahre 634; weiter zogen sie dann über den Euphrat und Tigris und kehrten ihre Waffen gegen Persien, das ihnen bald unterlag; in Westen eroberten sie Ägypten, das nördliche Afrika, Spanien und drangen ins südliche Frankreich bis an die Loire, wo sie von Karl Martell bei Tours im Jahre 732 besiegt wurden. So dehnte sich die Herrschaft der Araber im Westen aus, im Osten unterwarfen sie sich, wie gesagt, Persien, Samarkand und den südwestlichen Teil von Kleinasien nacheinander." Diese Eroberungen, wie die Verbreitung des Islam, geschehen mit einer ungemeinen Schnelligkeit. "Wer sich zum Islam bekehrte, bekam völlig gleiche Rechte mit allen Muselmännern. Was sich nicht bekehrte, wurde in der ersten Zeit umgebracht; später verfuhren jedoch die Araber milder gegen die Besiegten, so dass diese, wenn sie nicht zum Islam übergehen wollten, nur ein jährliches Kopfgeld zu entrichten hatten. Die Städte, welche sich sogleich ergaben, mussten dem Sieger ein Zehntel alles Besitzes abgeben; die, welche erst genommen werden mussten, ein Fünftel. Die Abstraktion beherrschte die Mohammedaner: ihr Ziel war, den abstrakten Dienst geltend zu machen, und danach haben sie mit der größten Begeisterung gestrebt. Diese Begeisterung war Fanatismus, das ist eine Begeisterung für ein Abstraktes, für einen abstrakten Gedanken, der negierend sich zum Bestehenden verhält. Der Fanatismus ist wesentlich nur dadurch, dass er verwüstend, zerstörend gegen das Konkrete sich verhält." [84]

Wir sehen diese Eroberer zuerst alles, was die Kunst und Wissenschaft angeht, zerstören: Omar soll die herrliche alexandrinische Bibliothek zerstört haben. Entweder enthalten diese Bücher, sagte er, was im Koran steht, oder ihr Inhalt ist ein andrer, in beiden Fällen sind sie überflüssig. "Der Orient selbst aber ist, nachdem die Begeisterung allmählich geschwunden war, in die größte Lasterhaftigkeit versunken, die hässlichsten Leidenschaften wurden herrschend, und da der sinnliche Genuss schon in der ersten Gestaltung der mohammedanischen Lehre selbst liegt und als Belohnung im Paradiese aufgestellt wird, so trat nun derselbe an die Stelle des Fanatismus. Gegenwärtig nach Asien und Afrika zurückgedrängt und nur in einem Winkel Europas durch die Eifersucht der christlichen Mächte geduldet, ist der Islam schon längst von dem Boden der Weltgeschichte verschwunden und in orientalische Gemächlichkeit und Ruhe zurückgetreten." [85]

Europa musste sich gegen den Mohammedanismus zur Wehr setzen, geistig und physisch; die Scholastiker, allen voran Albertus Magnus und Thomas von Aquin, später Cusanus widerlegten die Philosophie bzw. ihre Gedanken. Eine wichtige Rolle in der Frühzeit der Romanik spielen die bis ins elfte Jahrhundert das Abendland verheerenden Invasionen, von denen sich der Mensch von heute wieder ein lebendiges Bild machen kann (islamischer Terror vor allem in arabischen und afrikanischen Ländern). Neben den Normannen und Horden der Ungarn, drängen wie einst die Hunnen die ebenfalls asiatischen Magyaren sengend und mordend bis an die Loire, und rhoneabwärts gelangen sie bis nach Arles. Vom Mittelmeer her aber droht die immerwährende Gefahr der mohammedanischen Sarazenen. Wie ein Ring hat sich das Reich des Islams um das christliche Abendland geschlossen. Nicht nur in Nordafrika, nicht nur in weiten Teilen der iberischen Halbinsel, auch in Sizilien und in Süditalien, ja selbst an der provenzialischen Küste haben die "Reiter Allahs" ihre befestigten Stützpunkte; von dort veranstalten sie ihre Razzien bis weit nach Norden. Und nirgends ein Karl Martel oder Prinz Eugen von Savoyen (einer der bedeutendsten Feldherren seines Zeitalters; er vertrieb die Osmanen aus Europa z.B. in der Schlacht bei Zenta, bei der allein 25.000 Moslems oder Osmanen ihr Leben aushauchten im Gegensatz von "nur 500" habsburgischen Soldaten), um ihnen geeigneten Widerstand zu leisten. Dass an der seit jeher unsicheren und umstrittenen Pyrenäengrenze ganze Klosteranlagen burgähnlichen Charakter tragen ist verständlich. Seit dem 8. Jahrhundert wurden die Küstenstädte der Provence wiederholt von Arabern überfallen. Die gross angelegte Offensive der Sarazenen in Richtung Norden konnte zwar durch Karl Martell, den Grossvater Karls des Grossen, 732 bei Tours und Poitiers abgefangen werden, aber der moslemische Feind setzte sich in der Provence vorerst fest. 838 wurde Marseille angegriffen und dem Erdboden gleich gemacht. Erst später gelang es der Provence "die lästigen Mauren abzuschütteln." So wie man in Spanien in den Burgähnlichen Klosteranlagen Schutz vor den Mauren suchte, so suchte man später in den Moldauklöstern Schutz vor den Türken. "Zum Schutz gegen die türkischen Kriegshaufen und gegen Räuberbanden befestigten die Mönche ihre Klöster mit hohen Mauern und Wehrtürmen.... Ein ähnliches Phänomen findet sich im oft kriegsbedrohten Siebenbürgen, wo die Sachsen ihre Kirchen in Städten und Dörfern in gleicher Weise zum Schutz gegen die Türken befestigten." Auch die Ikonographie der Portale und Kapitelle romanischer Kirchen ist aufschlussreich. Manche Skulpturen erzählen von den unheimlichen Feinden, die es besonders auf die Kirchenschätze der Klöster abgesehen haben. Eines der interessantesten derartigen Zeugnisse bietet ein Detail im marmornen Portalschmuck von Oloron-Sainte-Marie, wo gefesselte Sarazenen, also Mohammedaner als Atlanten die Last des Tympanons tragen müssen. Ähnliche Darstellungen lassen sich an der Fassade und den Portalen des Domes S.Giorgio in Ferrara finden. In der Basilica di San Nicola in Bari müssen Muslime den Abtsthron tragen. Die tragenden Gestalten halten die Erinnerung an einen über die Sarazenen errungenen Seesieg fest. Oft wird auf der einen Seite eines Portals links die verfolgte und rechts die befreite Kirche dargestellt. [86]

Vor der Reconquista konnte man sich in Spanien wie ein Fremdling im eigenen Land vorkommen. Lope de Vega beschreibt in seiner Novelle "El Pelegrino en su Patria" eine Stuation, die im Spanien der Reconquista-Zeit keine Seltenheit war (auch Cervantes berichtet von ähnlichen Fällen): "Zwischen Tortosa und Kastellon erhebt sich eine Hügelkette, deren Abhang das Meer einschließt, das Tal von Sago bildet und das Königreich Valencia begrenzt; hier ruhte er in einer finsteren Nach von den Beschwerden seiner Reise aus... An eben diesem Platze plegen die Mauren von Algier unter dem Schutze der Nacht ans Land zu steigen, und in ihren Höhlen und Schlupfwinkeln verborgen, nicht nur Fischer, sondern auch unglückliche Reisende zu rauben; ja man hat sogar Beispiele, dass sie sogar die Bewohner ganzer Ortschaften jenes Tales gewaltsam weggeschleppt haben, wenn eine hinreichende Menge von ihnen entweder durch einen Renegaten angeführt ward, oder wenn Einwohner maurischer Abkunft, von Geiz, oder vom Triebe nach Afrika überzugehen bewogen, ihr eigenes Land verkauften." Der Pilger hörte "das dumpfe Getön maurischer Stimmen", also von muslimischen Mauren, die sich über die Einträglichkeit ihrer Raubzüge besprachen, denn sie haben die Gewohnheit, ähnlich wie heute kürdisch-arabische Clans in den Vorstädten europäischer Großstädte, "an einem Orte zu verkaufen, was sie am anderen raubten. Wenn ein auf dem Felde entschlafener, beim erwachen eine giftige Schlange gewahrt, kann ihn der Schreck darüber nicht so entfärben, als unser Pilger bei dem Vernehmen maurischer Stimmen erbleichte." Nur durch eine List konnte er sich retten: "Auf Händen und Füßen kriechend, entfernte er sich so weit von ihnen, wie er nur konnte; und als, auf dem Gipfel des Hügels angekommen, ihn das Geräusch verriet, welches er im gehen verursachte, rief er mit starker Stimme: 'Herbei ihr Küstenbewohner! die Mauren sind hier, der Sieg ist unser!'- Kaum hatte er laut und entschlossen diese Worte gesagt, als die Mauren, quakenden Fröschen gleich, die, durch den Fußtritt des Wanderers erschreckt, vom Schilf des Ufers hinab in das schützende Wasser des Teiches springen, sich ins Meer und in ihre Barken stürzen, und eilig die hohe See zu erreichen suchten." [87]

"Toledo, diese Stadt im Herzen Spaniens, fest durch ihre Lage, edel durch ihr Alter, berühmt seit den Zeiten der Gothen durch die Erhaltung des wahren christlichen Glaubens unter den Mozarabischen Christen (die unter arabischer Herrschaft lebenden spanischen Christen der Maurenzeit 711-1492), fruchtbar an Wissenschaften, geübt im Gebrauch kriegerischer Waffen, gelegen unter dem lieblichen Himmel, umgeben mit reichen, fruchtbaren Gefilden, bewässert vom mächtigen Tajus, der, eingeschlossen von hohen aber freundlichen Bergen, wie in einem Spiegel die Gebirgsgipfel und Zinnen der Häuser auffängt und zurückwirft. Toledo ist meine Geburtsstadt, wenngleich meine Vorfahren aus dem Teile Asturiens abstammen, den man Santillana nennt, und der seit den Zeiten des srahlenden Don Inido, ersten Herzogs von Infantado, ein altertümlicher Titel des berühmten Hauses von Mendoza ist. Meinen Vater trieben die Ansprüche seiner Geburt, sowie seine Neigung, früh schon die Waffen zu ergreifen, und in der denkwürdigen Schlacht von Lepanto schloss er eine Freundschaft mit einem anderen Edlen aus Madrid, die für das Leben dauerte, und die Beide späterhin auf ihre Nachkommen zu verpflanzen wünschten. - Beide Freunde machten noch vereint die Kriege in Granada mit, wo der berühmte Sohn Karls des Fünften, Don Juan von Österreich, den Aufruhr jener Rebellen züchtigte, deren Nacken sich ungern dem neuen Joche des christlichen Königs beugte." - Lope de Vega, El Pelegrino en su Patria II, 94 ff.
Ländereien und Städte innerhalb Spaniens, die erst kürzlich von den islamischen Mauren zurückerobert waren wie Cartagena, mussten, wie andere islamische Regionen auch, einen langen Christianisierungsprozess durchmachen, ehe Christen dort gefahrlos leben konnten: "Dieses erst kürzlich eroberte Land war noch ohne Gouverneur, und deshalb voller Aufruhr und Raub." Es sollten im Zuge der Reconqista nicht alle Mauren bzw. Muslime aus dem Land geworfen werden, sondern nur diejenigen, die sich in Organisationen zusammenschlossen um einen Aufstand zu planen, ähnlich wie in Europa heute islamische Moscheegemeinden wie Ditib und Atib sich als islamische gemeinnützige Hilfsorganisationen tarnen und den Politikern vorgaukeln sie handelten nur im Sinne der Religionsfreiheit, damit sie in Ruhe eine Unterwanderung der Institutionen und später einen Aufstand planen können (z.B. im Auftrag des türkischen Päsidenten): "Der König wollte die maurischen Abkömmlinge nur aus solchen Provinzen vertreiben, in denen sie sich zu einem Aufstande vorzubereiten schienen, wie das die Briefe und Auseinandersetzungen des hochwürdigsten Patriarchen von Antiochia, Erzbischof von Valencia, Don Juan de Ribera beweisen." [88]

In seiner Komödie "Valor, fortuna y lealtad" geht es Lope de Vega darum, die falschen Zeichen (des Islams), "arrogantes lunas ser hijas del sol negaban" (arrogante Monde, Töchter der Sonne, die sie leugnen) zu entfernen und die richtigen Zeichen und Flaggen (des Christentums) in Spanien bzw. Europa und am "margen del mar de España" (Rand der spanischen Gewässer) bzw. im Mittelmeer aufzustellen. Nur wenn "la milicia" (das Militär) die Grenzen schütze, können Religion, Frieden, Gerechtigkeit, Wissenschaft blühen: "La religión, la paz y la justicia, / la ciencia y la milicia,  / se verán abrazadas,  / de pacífica oliva coronadas.  / Vivid siglos, vivid, y ¡plega al cielo  / que oyendo el justo celo  / y el ánimo devoto,  / vuestras banderas pongan en el remoto  / margen del mar de España,  / que las colunas baña  / que el tebano llamó fin de la tierra." Der Maure Celén Gazul hatte überall seine islamischen Fahnen und arroganten Halbmonde angebracht: "tenía Celín Gazul / de ricas tiendas formada  / una ciudad populosa,  / una portátil montaña,  / coronada de banderas  / verdes, azules y blancas,  / cuyas arrogantes lunas  / ser hijas del sol negaban." Genutzt hat es ihm nichts, denn im Zuge der Reconquista musste er in einer Schlacht das Leben lassen, islamische Flaggen und Halbmonde wurden wieder entfernt: "Murió a las manos de Tello  / Gazul; dio fin la batalla,  / y yo a lo demás, pues viene  / con diez banderas ganadas,  / ricos despojos y esclavos." Nicht aus einer Art Rassismus werden die islamischen Mauren in Spanien bekämpft, sondern "Porque no creen en Dios  y en su siempre Virgen Madre" (Weil sie nicht an Gott glauben und an seine immerwährende Jungfrau Mutter). Daher hat man auch Schwierigkeiten sie als Männer anzuerkennen: "¿Éstos son moros? Parecen hombres." (Sind das Mauren? Sieht aus wie Männer).  In einer anderen Komödie wird die Unsinnigkeit des Islam von Muslimen eingesehen. GAZUL hatte von EL CAPITÁN PIMENTEL erfahren, dass er für das Kreuz und gegen den Koran kämpfe: "Profesión por su cruz hago / de ir contra vuestro Alcorán." Auch GAZUL beginnt zu zweifeln am Koran und an Allah, der ihm inzwischen völlig verrückt erscheint:: "¡Loco estoy, por Alá, de verte loca!" (Verrückt bin ich, für Allah, dich verrückt zu sehen!). Auch Mohammed könne der Teufel holen, bzw. was an Mähne und Schweif befestigt sei: "Ponte a enlazar las crines y la cola. / ¡Por vida de Mahoma! ¡De un villano!"  Auch die Mauren ALQUINDO und CELINDO sind ähnlich wie GAZUL von Allah enttäuscht. Angesichts ihres kurzen Lebens fragen sie "¿Fuese el traidor? (War er der Verräter?). CELINDO meint in Bezug auf den verrückten Allah: "Se escapó; acometió, pero huyó, / que tiene estos falsos modos, / y por en medio de todos / a su Medina volvió." (Er entkam; er eilte, aber er, der diese falschen Modi hat, floh inmitten aller zu seinem Medina zurück).  Selbst ZARO, einst Maurenkönig in Murcia "rey de Murcia", hat sein Königreich verloren, dafür aber ein neues Königreich gefunden: er wolle Christ werden und er bewundere die christlichen Könige und Ritter. Der christliche Gott, möge ihm sein Licht geben, er habe deutlich gesehen, dass sein Prophet (Mohammed), dessen Gesetze er aufgebe, fälschlicherweise eine irreführende Sekte erfunden habe; dass es keine Wahrheit gibt als Christus. Und beim Kreuz seines Banners, schwor er, Christ zu sein. Er werde sein Königreich wachsen lassen, und er werde endlich wieder sein, wer er wirklich sei: "Y espero en la santa mano / de Dios, que su luz me dé, / que ya claramente he visto / que esto de nuestro Profeta, / de cuyas leyes desisto, / es falsa engañosa secta; / que no hay más verdad que Cristo. / Del Maestre, que traté / algunos días, cobré / a su ley esta opinión, / y a la cruz de su pendón, / de ser cristiano juré, / ... que si esto al cristiano soy, /  haré que su reino aumente, / y volveré a ser quien soy." [89]

Man kann sagen, das moderne Spanien ist "durch seinen Widerstand gegen die Religion Mohammeds und das Abstoßen des Islams zu dem geworden, was es ist." Mit entscheidend für diesen Prozess der Abstoßung war die sogenannte "Pragmatica" oder "Pragmatische Sanktion" aus dem Jahre 1567. Sie war eine Reaktion auf einen Aufstand der Moriscos ("Kryptomuslime"). Damals, nach der Zerschlagung der letzten maurischen Herrschaft auf spanischem Boden, des Reiches der Nasriden von Granada, durch die katholischen Majestäten Isabella und Ferdinand im Jahre 1492, lebten noch etwa 150 000 Muslime in Spanien. Ihr wichtigstes Rückzugsgebiet waren die Alpujarras, Hochtäler in der Sierra Nevada nördlich von Grenada. Dorthin war schon Boabdil geflüchtet, Abu Abdallah, der letzte Herrscher der Nasriden, nachdem Grenada in die Hände der Christen gefallen war. Die Morisken versuchten ähnlich wie die Muslime heute, ihre Kultur heimlich weiter zu pflegen und durch Salafismus und Terror zu verbreiten. "Mit der pragmatischen Sanktion wollten die spanischen Könige der Morisken endgültig Herr werden. Ihnen wurde verboten, Arabisch zu sprechen und zu schreiben, arabische Bücher mussten abgegeben werden oder wurden konfisziert... In Toledo, das schon 1085 endgültig wieder in die Hände der christlichen Reconquistadores gefallen war, aber multikulturell blieb, kam es zu berüchtigten Prozessen gegen die Morisken. Man schrieb den Morisken vor, sich so anzuziehen wie die Spanier, ihre Hochzeitsbräuche mussten den spanischen Sitten entsprechen. Den muslimischen Frauen wurde befohlen, sich so zu kleiden, dass man ihre Gesichter sehen könne, ja die Verschleierung wurde verboten. Muslimische Vor- und Nachnahmen (Herkunftsnamen), arabische Namen überhaupt, wurden ebenfalls untersagt.... Muslimische Migranten, deren Familien aus Nordafrika nach Spanien gekommen waren, wurden vertrieben. Schon Ende des 15. Jahrhunderts, nach der Eroberung Granadas, wo man dann auch die "Pragmatica" verkünden ließ, war es zu einem Massenexodus der Muslime von der spanischen Halbinsel gekommen. Sie gingen nach Nordafrika oder suchten Schutz beim Sultan der Osmanen." Die "Pragmatica" war nicht allein der spanischen Innenpolitik geschuldet, sondern auch der damaligen politischen Großwetterlage: Die Großmacht Spanien war mit der neu aufgetauchten Großmacht der Osmanen konfrontiert. Seit der Einnahme Konstantinopels 1453 durch Sultan Mehmed II. Fatih (1431-1481) war die osmanische Flotte die bestimmende Macht im Mittelmeer geworden. Sie bot Spanien kräftig Paroli, auch mit Hilfe jener muslimischen Vasallen, die nach den Eroberungszügen unter Sultan Selim und seinem Nachfolger Suleyman dem Prächtigen nach 1517 in Nordafrika der Hohen Pforte dienten. Das harsche Vorgehen gegen die Muslime und Moriscos im eigenen Land rechtfertigten die Spanier u.a. mit der Furcht, die "Kryptomuslime" könnten sich als "fünfte Kolonie der Türken" entpuppen. Vier Jahre nach dem Erlass der "Pragmatica", 1571, wurde die osmanische Flotte bei Lepanto durch eine vereinigte christliche Flotte versenkt. In vielen europäischen Ländern wird inzwischen laut und leise über ein wiederaufwärmen der "Pragmatica" nachgedacht. [90]
 
 

19. Das Reich Karls des Großen: Ein vereintes christliches Europa

Das Reich der Franken wurde von Chlodwig gestiftet. Nach seinem Tode wurde es unter seine Söhne geteilt, wieder vereinigt und abermals geteilt. "Nach innen wurde die Macht der Könige dadurch sehr vermehrt, dass sie Fürsten in eroberten Ländern wurden. Diese wurden zwar unter die freien Franken verteilt; aber dem Könige fielen höchst beträchtliche stehende Einkünfte zu, nebst den ehemals kaiserlichen und den konfiszierten Gütern. Diese verlieh nun der König als persönliche, d. h. nicht erbliche, Benefizien an seine Krieger, die damit eine persönliche Verbindlichkeit übernahmen, seine Leute wurden und seine Dienstmannschaft bildeten. Ihnen schlossen sich dann die sehr begüterten Bischöfe an und machten mit ihnen den Rat des Königs aus, der jedoch den König nicht band. An der Spitze der Dienstmannschaft stand der major domus. Diese majores domus maßten sich bald alle Gewalt an, stellten die königliche Macht in Schatten, indes die Könige in Dumpfheit versanken und bloße Figuranten wurden. Aus ihnen ging die Dynastie der Karolinger hervor, Pipin der Kurze, Karl Martells Sohn, wurde im Jahre 752 zum König der Franken erhoben. Der Papst Zacharias entband die Franken ihres Eides gegen den noch lebenden letzten Merovinger Childerich III., welcher die Tonsur erhielt, d. h. er wurde Mönch und zugleich der königlichen Auszeichnung des langen Haarwuchses beraubt. Die letzten Merovinger waren durchaus Weichlinge, welche sich mit dem Namen ihrer Würde begnügten und sich fast nur dem Genusse hingaben, eine Erscheinung, welche in den morgenländischen Herrscherfamilien ganz gewöhnlich ist und sich bei den letzten Karolingern ebenfalls wiederholt. Die majores domus dagegen waren in der Energie des Emporsteigens und befanden sich in einer so engen Verkettung mit der Dienstmannschaft, dass es ihnen zuletzt leicht wurde, den Thron zu erringen." [91]

Die Päpste waren von den langobardischen Königen bedrängt und suchten Schutz bei den Franken. "Pipin übernahm es aus Dankbarkeit, Stephan II. zu verteidigen, er zog zweimal über die Alpen und schlug zweimal die Langobarden. Seine Siege gaben dem neuen Throne Glanz und dem Stuhle Petri ein ansehnliches Erbe. Im Jahre 800 n. Chr. Geburt wurde der Sohn Pipins, Karl der Große, vom Papste zum Kaiser gekrönt, und hiemit beginnt die feste Verbindung der Karolinger mit dem päpstlichen Stuhle. Das römische Reich hatte nämlich immer noch bei den Barbaren das Ansehen einer hohen Macht und galt ihnen immer noch als der Mittelpunkt, von dem alle Würde, ebenso wie die Religion, die Gesetze und alle Kenntnisse, von der Buchstabenschrift an, zu ihnen gelange. Karl Martell, nachdem er Europa von der Herrschaft der Sarazenen befreit hatte, wurde, er selbst und seine Nachkommenschaft, vom römischen Volk und Senat zum Patrizier ernannt, Karl der Große aber wurde zum römischen Kaiser gekrönt, und zwar vom Papste. Es gab nunmehr zwei Kaiserreiche, und allmählich trennte sich in diesen die christliche Religion in zwei Kirchen: in die griechische und römische. Der römische Kaiser war der geborne Beschützer der römischen Kirche, und durch diese Stellung des Kaisers zum Papste war gleichsam ausgesprochen, die fränkische Herrschaft sei nur eine Fortsetzung des Römischen Reiches. Das Reich Karls des Großen hatte einen sehr großen Umfang. Das eigentliche Franken dehnte sich vom Rhein bis zur Loire aus. Aquitanien, südlich von der Loire, ward 768, im Todesjahre Pipins, völlig unterworfen. Es gehörten ferner zum Frankenreiche: Burgund, Alemannien (das südliche Deutschland zwischen dem Lech, Main und Rhein), Thüringen, das bis an die Saale sich ausdehnte, ferner Bayern. Außerdem hat Karl die Sachsen, welche zwischen dem Rhein und der Weser wohnten, besiegt und dem langobardischen Reiche ein Ende gemacht, wodurch er Herr Ober- und Mittelitaliens wurde." [92]

Ein vereintes christliches Europa hat es also schon unter Karl dem Großen gegeben. "Dieses große Reich hat Karl der Große zu einem systematisch geordneten Staate gebildet und dem Frankenreiche feste Einrichtungen, die dasselbe zusammenhielten, gegeben, doch nicht als ob er die Verfassung seines Reiches überall erst eingeführt habe, sondern die zum Teil schon früheren Institutionen sind unter ihm entwickelt worden und zu einer bestimmteren, ungehinderten Wirksamkeit gekommen. Der König stand an der Spitze der Reichsbeamten, und das Prinzip der Erblichkeit der Königswürde trat schon hervor. Der König war ebenso Herr der bewaffneten Macht wie der reichste Eigentümer an Grund und Boden, und die höchste Richtergewalt befand sich nicht minder in seinen Händen. Die Kriegsverfassung beruhte auf dem Heerbann. Jeder Freie war verpflichtet, sich zur Verteidigung des Reiches zu bewaffnen, und jeder hatte auf gewisse Zeit für seinen Unterhalt zu sorgen. Diese Landwehr, wie man sie heute nennen würde, stand unter dem Befehle von Grafen und Markgrafen, welche letztere größeren Bezirken an den Grenzen des Reiches, den Marken vorstanden. Der allgemeinen Einteilung nach war das Land in Gaue geteilt, deren jedem ein Graf vorstand. Über diesen standen unter den spätern Karolingern wieder Herzöge, deren Sitze große Städte wie Köln, Regensburg und dergleichen mehr waren. Nach ihnen war das Land in Herzogtümer eingeteilt: es gab so ein Herzogtum Elsaß, Lothringen, Friesland, Thüringen, Rhätien. Diese Herzöge wurden vom Kaiser eingesetzt. Völkerschaften, welche ihre eignen Stammfürsten nach ihrer Unterwerfung beibehalten hatten, verloren dieses Vorrecht und bekamen Herzöge, sobald sie sich empörten; so ging es Alemannien, Thüringen, Bayern und Sachsen. Es gab aber auch eine Art von stehendem Heere zur schnelleren Hilfe. Die Dienstmannen des Kaisers nämlich bekamen Güter zur Benutzung mit der Verpflichtung, Kriegsdienste zu leisten, wenn sie Befehl erhielten. Um diese Einrichtungen nun aufrecht zu erhalten, wurden Gewaltsboten ( missi) vom Kaiser abgeschickt, welche die Aufsicht haben und Berichte erstatten, auch das Gerichtswesen und die königlichen Güter inspizieren sollten. Nicht minder merkwürdig ist die Verwaltung der Staatseinkünfte. Es gab keine direkten Steuern und wenige Zölle auf Flüssen und Straßen, von denen mehrere an höhere Reichsbeamten verliehen waren. In den Fiskus flossen teils die gerichtlichen Strafgelder, teils die Geldbußen derer, die sich auf den Aufruf des Kaisers nicht zur Armee gestellt hatten. Auch diejenigen, welche Benefizien genossen, verloren dieselben, sobald sie diese Pflicht verabsäumten. Die Haupteinkünfte kamen aus den Kammergütern, deren der Kaiser eine große Menge besaß, auf denen sich königliche Pfalzen befanden. Es war schon lange Sitte, dass die Könige in den Hauptlandschaften herumreisten und sich dann in jeder Pfalz eine Zeitlang aufhielten; die gehörigen Vorbereitungen für den Unterhalt des Hofes waren schon früher durch Marschälle, Kämmerer etc. getroffen. Was nun die Gerichtsverfassung betrifft, so liegen die Angelegenheiten, welche Leib und Leben, sowie das Grundeigentum betreffen, in den Händen der Gemeindeversammlungen unter dem Vorsitz eines Grafen; weniger wichtige wurden unter dem Vorsitz des Zentgrafen von wenigstens sieben freien Männern, welche erwählte Schöffen waren, entschieden. Die höchsten Gerichte waren die Hofgerichte, wo der König in der Pfalz den Vorsitz hatte, hier wurde die Dienstmannschaft, geistliche und weltliche, gerichtet. Die königlichen Gewaltsboten, von denen schon oben gesprochen worden ist, hatten bei ihren Inspektionsreisen auch besonders das Gerichtswesen zu untersuchen, alle Klagen anzuhören und die Ungerechtigkeiten zu bestrafen. Ein geistlicher und ein weltlicher Bote mussten viermal des Jahres ihre Sprengel bereisen." [93]

Auch Schulen und Wissenschaft wurden gefördert. "Zur Zeit Karls des Großen hatte die Geistlichkeit schon eine große Bedeutung erlangt. Die Bischöfe hatten große Kathedralen unter sich, mit denen zugleich Seminarien und Schulanstalten verbunden waren. Karl suchte nämlich die fast ganz untergegangene Wissenschaftlichkeit wiederherzustellen, indem er verlangte, dass in Städten und Dörfern Schulen angelegt würden. Fromme Gemüter glaubten, ein gutes Werk zu tun und die Seligkeit zu erringen, wenn sie der Geistlichkeit Geschenke machten; auf diese Weise haben die wildesten und rohesten Könige ihre Frevel abbüßen wollen. Die gewöhnliche Schenkung der Privatleute war in der Weise, dass sie ihre Güter an Klöster vermachten und sich den Nießbrauch nur für ihr Leben oder auf gewisse Zeiten ausbedungen. Oft geschah es jedoch auch beim Tode eines Bischofs oder Abtes, dass die weltlichen Großen mit ihren Dienstmannen über die Güter der Geistlichkeit herfielen und darin lebten und hausten, bis alles verzehrt war; denn die Religion hatte damals noch nicht die Gewalt über die Gemüter, die Habsucht der Mächtigen zu zügeln. Zur Verwaltung ihrer Güter musste die Geistlichkeit Wirtschafter und Meier anstellen; außerdem besorgten Vögte alle ihre weltlichen Angelegenheiten, führten die Kriegsmannschaft ins Feld und erhielten allmählich von den Königen auch die landesherrliche Gerichtsbarkeit, als die Geistlichkeit eigne Gerichtsbarkeit und Immunität von der der königlichen Beamten (Grafen) erlangte. Es geschah damit ein großer Schritt zur Veränderung der Verhältnisse, da nun die geistlichen Güter mehr und mehr vollkommen selbständige Gebiete wurden, in einer Art, wie es die weltlichen noch gar nicht waren. Außerdem wusste die Geistlichkeit sich später von den Staatslasten zu befreien und eröffnete die Kirchen und Klöster als Asyle, das heißt, unverletzbare Freistätten für Verbrecher. Diese Einrichtung war einerseits allerdings sehr wohltätig gegen Gewalttätigkeiten und Unterdrückungen, welche von dem Kaiser und den Großen ausgingen, aber andrerseits artete sie in Ungestraftheit der größten Verbrechen vor den Gesetzen aus. Zu Karls des Großen Zeiten musste jeder noch von den Klöstern ausgeliefert werden. Die Bischöfe wurden von einer Behörde gerichtet, die aus Bischöfen bestand; als Dienstmannen waren sie eigentlich dem Hofgerichte unterworfen. Späterhin suchten auch die Klöster sich von der bischöflichen Gerichtsbarkeit zu befreien und machten sich so selbst von der Kirche unabhängig. Die Bischöfe wurden von den Geistlichen und den Gemeinden gewählt, allein insofern sie auch Dienstmannen des Königs waren, hatte auch dieser jene Würde zu verleihen. Der Streit wurde dahin ausgeglichen, dass ein Mann gewählt werden musste, welcher dem Könige genehm war. Die Reichsgerichte wurden in der Pfalz gehalten, wo der Kaiser sich aufhielt. Der König selbst hatte dabei den Vorsitz, und die Reichshofleute bildeten mit ihm den obersten Gerichtshof über die Großen selbst. Die Reichsberatungen über die Angelegenheiten des Reichs fanden nicht immer zu bestimmten Zeiten statt, sondern gelegentlich bei Heerschauen im Frühling, bei Kirchenversammlungen und Hoftagen. Besonders die Hoftage, wozu die Dienstmannen eingeladen waren (wenn der König in einer Landschaft, zumeist am Rhein, dem Mittelpunkte des Frankenreichs, Hof hielt), gaben Gelegenheit zu solchen Beratungen. Es war die Regel, dass der König zweimal im Jahre einen Ausschuß von den höheren Staats- und Kirchenbeamten berief, aber auch hier blieb dem Könige alle Entscheidung. Diese Versammlungen sind daher verschieden von den späteren Reichstagen, wo die Großen selbständiger auftreten." Die eben beschriebene Verfassung sieht vortrefflich aus, fast wie die des heutigen Europa, sie gab eine feste Verteidigungssorganisation und sorgte für Gerechtigkeit im Innern; und "dennoch erwies sie sich nach Karls des Großen Tode als vollkommen unmächtig, sowohl nach außen verteidigungslos gegen die Einfälle der Normannen, Ungarn, Araber, als nach innen unwirksam gegen Rechtlosigkeit, Beraubung und Unterdrückung jeder Art."  [94]
 

"So war das Frankenreich beschaffen, dieses erste sich Zusammennehmen des Christentums zu einer staatlichen Bildung, die aus ihm selbst hervorging".  - G.W.F. Hegel, Philosophie der Geschichte IV, 1 

20. Das Mittelalter, Romanik, Gotik, Scholastik; Kampf gegen die muslimischen Sarazenen, "der Schrecken Piemonts und der Provence", als Vorbild für andere (noch) muslimische Staaten; Im Tankred beschreibt Voltaire wie die Welt von Sizilien lernen kann, wie man den Islam ("Glaubensfeind") bekämpft und das Siegeszeichen, das christliche Kreuz, die heilige Dreifaltigkeit, die Madonna mit Kind, aufrichtet und die Zeichen der Moslems (Halbmond, Allah-Schriftzeichen) verbietet

Ludwig der Fromme, Sohn Karls des Großen, teilte das Reich unter seine drei Söhne. "Später aber erhielt er aus einer zweiten Ehe noch einen Sohn, Karl den Kahlen. Da er auch diesem ein Erbteil geben wollte, so entstanden Kriege und Streitigkeiten mit den andern Söhnen, welche des schon Erhaltenen beraubt werden sollten. Diese Kriege hatten so zunächst ein individuelles Interesse, aber die Nationen nehmen auch aus dem ihrigen heraus daran Anteil. Die westlichen Franken hatten sich bereits mit den Galliern identifiziert, und von ihnen ging eine Reaktion gegen die deutschen Franken aus, sowie später eine von Italien gegen die Deutschen. Durch den Verduner Vertrag im Jahre 843 wurde zwar eine Teilung unter den Nachkommen Karls des Großen gemacht, aber dennoch wurde später das ganze fränkische Reich mit Ausnahme einiger Provinzen auf einen Augenblick unter Karl dem Dicken wieder vereinigt. Nur kurze Zeit indessen vermochte dieser schwache Fürst das große Reich zusammenzuhalten; es wurde in viele kleinere Reiche zersplittert, die sich selbständig ausbildeten und erhielten: in das Königreich Italien, das selbst in sich geteilt war, die beiden burgundischen Reiche, Hochburgund, wovon die Hauptpunkte Genf und das Kloster St. Maurice in Wallis waren, und Niederburgund zwischen dem Jura, dem Mittelmeer und der Rhone, ferner Lothringen, zwischen dem Rhein und der Maas, die Normandie, Bretagne. Zwischen diesen Reichen war das eigentliche Frankreich eingeschlossen, und so beschränkt fand es Hugo Capet vor, als er den Thron bestieg. Ostfranken, Sachsen, Thüringen, Bayern, Schwaben blieb dem deutschen Reiche. Also zerfiel die Einheit der fränkischen Monarchie. Auch die inneren fränkischen Einrichtungen verschwanden nach und nach gänzlich, besonders die Organisation der Kriegsmacht. Bald nach Karl dem Großen sehen wir von vielen Seiten her die Normannen Einfälle in England, Frankreich und Deutschland machen. In England regierten ursprünglich sieben Dynastien angelsächsischer Könige, aber im Jahre 827 vereinigte Egbert sämtliche Herrschaften in ein einziges Reich. Unter seinem Nachfolger machten die Dänen sehr häufige Einfälle und plünderten das Land aus. Tapferen Widerstand fanden sie erst unter Alfred dem Großen, aber der Dänenkönig Knut eroberte später ganz England. Gleichzeitig waren die Einfälle der Normannen in Frankreich. Sie fuhren auf leichten Kähnen die Seine und die Loire hinauf, plünderten die Städte, verheerten die Klöster und zogen mit ihrer gemachten Beute davon; sie belagerten selbst Paris, und die karolingischen Könige mussten schimpflich den Frieden erkaufen. Ebenso verwüsteten sie die an der Elbe liegenden Städte; vom Rhein aus plünderten sie Aachen und Köln und machten sich Lothringen zinsbar. Zwar ließ der Reichstag zu Worms 882 ein allgemeines Aufgebot an alle Untertanen ergehen, dennoch musste man sich aber zu einem schimpflichen Vergleiche bequemen. Diese Stürme kamen von Norden und Westen. Im Osten brachen die Magyaren herein. Mit Weib und Kindern zogen diese barbarischen Völker auf Wagen herum und verwüsteten das ganze südliche Deutschland. Durch Bayern, Schwaben, die Schweiz gelangten sie bis ins Innere von Frankreich und nach Italien. Von Süden her drängten die Sarazenen. Sizilien befand sich schon längst in ihren Händen, von da aus fassten sie festen Fuß in Italien, bedrohten Rom, das durch einen Vergleich sie von sich abwendete, und waren der Schrecken Piemonts und der Provence." [95]

Die muslimischen Sarazenen, "der Schrecken Piemonts und der Provence", werden auch in Voltaires Tankred behandelt. Der Schauplatz ist in und bei Syrakus. Die Zeit der Handlung fällt in das Jahr 1005. Die afrikanisch-muslimsichen Sarazenen hatten, im neunten Jahrhundert, ganz Sizilien erobert. Da Syrakus ihr Joch abschüttelte, behielten sie Palermo und Girgenti. Die griechisch-byzantinischen Kaiser besaßen Messina. Es treten auf Tancred, Ritter, aus einer verbannten syrakusanischen Familie, in Byzanz erzogen, Arsir, Ältester des Ritterchors von Syrakus, Ritter von Syrakus: Orbassan,    Loredan, Roderich, Aldamon (Soldat), Amenaide, Tochter Arsirs, Euphanie, ihre Freundin, Mehrere Ritter, als Glieder des hohen Rats Knappen, Soldaten, Volk. Es geht darum "Syrakus die Freiheit zu verschaffen", denn "Solamir, der Maure, Beherrschet Agrigent und Ennas Flur, bis zu des Ätna fruchtbeglücktem Fuß" und droht "Knechtschaft unsrer Stadt". Der Augenblick ist günstig und soll genutzt werden: "Der Muselmannen Größe neigt sich schon, / Europa lernet weniger sie fürchten. / Uns lehrt in Frankreich Karl Martell, Pelag / In Spanien, der heil'ge Vater selbst, / Leo der Große, lehrt, mit festem Mut, / Wie dieses kühne Volk zu dämpfen sei." Die Muslemänner (Muslime) auf Sizilien gehen ihrem Geschäft nach, wie man es sogar vom heutigen türkischen Präsident noch kennt: Verräter besolden, Friedensverträge abschließen, während man zum Krieg rüstet, durch Pseudowissenschaft und Geschichtsklitterung die Menschen beschwatzen, Frauen verführen etc. : "Welch ein Verdruss für uns dass Solamir, / Als Muselmann, in dieser Christeninsel, / Ja selbst in dieser Stadt Verräter soldet, / Uns Friede bietet wenn er Krieg bereitet, / Um uns zu stürzen, uns zu trennen sucht." Im fünfter Aufzug ist der Islam auf Sizilien besiegt: Fels und Wald, im Hintergrund eine Aussicht auf den Ätna. "Soldaten, welche beschäftigt sind, aus Sarazenischer Beute Trophäen aufzustellen. Volk, von verschiedenem Geschlecht und Alter, das sich hinzudrängt. Zu ihnen Ritter und Knappen." In Goethe's Übersetzung des Tancred von Voltaire geht es um das Schicksal der Christenheit im Kampf mit den muslimischen Sarazenen und Türken. Es geht nach Voltaire und Shelley immer darum, das muslimische Joch abzuschütteln, so wie es später die Griechen erfolgreich getan hatten und so ein Vorbild für andere (noch) muslimische Staaten sein können: "Errichtet Siegeszeichen auf dem Platze, Wo diese Wundertaten euch befreit, Und schmücket, fromm, die heiligen Altäre Mit der Ungläub'gen besten Schätzen aus. O! möge doch die ganze Welt von uns, Wie man sein letztes Gut verteidigt, lernen! O möge Spanien, aus seinem Druck, Italien, aus seiner Asche blicken! Ägypten, das zertretne, Syrien, Das fesseltragende".  [96] 

Im Tankred beschreibt Voltaire wie die Welt von Sizilien lernen kann, wie man den Islam ("Glaubensfeind") bekämpft und das Siegeszeichen, das christliche Kreuz, die heilige Dreifaltigkeit, die Madonna mit Kind, aufrichtet und die Zeichen der Moslems (Halbmond, Allah-Schriftzeichen) verbietet, wie ja auch Zeichen anderer Terrororganisationen verboten sind: "Erhebt das Herz in freudigem Gesang / Und Weihrauch lasst dem Gott der Siege wallen! / Ihm, der für uns gestritten, unsern Arm / Mit Kraft gerüstet, sei allein der Dank! / Er hat die Schlingen, hat das Netz zerrissen, / Mit denen uns der Glaubensfeind umstellt. / Wenn dieser hundert überwundne Völker, / Mit ehrnem Stab, tyrannisch niederdrückt; / So gab der Herr ihn heut' in unsre Hand. / Errichtet Siegeszeichen auf dem Platze, / Wo diese Wundertaten euch befreit, / Und schmücket, fromm, die heiligen Altäre / Mit der Ungläub'gen besten Schätzen aus. / O! möge doch die ganze Welt von uns, / Wie man sein letztes Gut verteidigt, lernen! / O möge Spanien, aus seinem Druck, / Italien, aus seiner Asche blicken! / Ägypten, das zertretne, Syrien, / Das fesseltragende, nun auch / Zum Herren, der uns rettete, sich wenden!" [97]

Man musste sich zu sehr auf die Abwehr der Sarazenen konzentrieren und hatte kaum Zeit, vernünftige Gesetze zu erlassen. So ist der Sinn für Gesetzlichkeit und Allgemeinheit noch nicht so ausgeprägt, "ist in den Völkern selbst nicht lebendig. Die Verpflichtungen jedes freien Bürgers, die Befugnisse des Richters, Recht zu sprechen, die des Gaugrafen, Gericht zu halten, das Interesse für die Gesetze als solche zeigten sich als unkräftig, sobald die starke Hand von oben nicht mehr die Zügel straff hält. Die glänzende Staatsverwaltung Karls des Großen war spurlos geschwunden, und die nächste Folge davon war die allgemeine Schutzbedürftigkeit der Individuen. Eine gewisse Schutzbedürftigkeit ist sicherlich in jedem wohlorganisierten Staat: jeder Bürger kennt seine Rechte und weiß auch, dass zur Sicherheit des Besitzes der gesellschaftliche Zustand überhaupt notwendig ist, Barbaren kennen dieses Bedürfnis, einen Schutz am andern zu haben, noch nicht; sie sehen es als eine Beschränkung ihrer Freiheit an, wenn ihre Rechte ihnen von andern zugesichert werden sollen. So war also der Drang nach einer festen Organisation nicht vorhanden, die Menschen mussten erst in den Zustand der Schutzlosigkeit versetzt werden, um das notwendige Erscheinen des Staates zu empfinden. Die Staatsbildung fing wieder von ganz vorne an. Das Allgemeine hatte durchaus keine Lebendigkeit und Festigkeit in sich und im Volke, und seine Schwäche offenbarte sich darin, dass es den Individuen keinen Schutz zu geben vermochte. Die Bestimmung der Verpflichtung war im Geiste der Germanen, wie gesagt, nicht vorhanden; es kam darauf an, sie herzustellen. Der Wille konnte nun zunächst nur an dem Äußerlichen des Besitztums festgehalten werden, und bei der Erfahrung der Wichtigkeit des Staatsschutzes ward er gewaltsam aus der Stumpfheit gerissen und durch die Not zum Bedürfnis einer Verbindung und einer Gesellschaftlichkeit getrieben. Die Individuen mussten daher selbst ihre Zuflucht zu Individuen nehmen und wurden unter die Macht einiger Gewalthaber gestellt, welche aus der Autorität, die früher dein Allgemeinen angehörte, einen Privatbesitz und eine persönliche Herrschaft bildeten. Die Grafen haben als Staatsbeamten bei ihren Untergebenen keinen Gehorsam gefunden, aber ebensowenig verlangt, sondern nur für sich haben sie denselben gewollt. Sie haben die Gewalt des Staates für sich selbst genommen und die ihnen verliehene Macht zu einem erblichen Besitze gemacht. So wie früher der König, oder andre hohe Personen, Lehen zur Belohnung an ihre Dienstmannen gaben, so gaben nun umgekehrt die Schwächeren und Ärmeren den Mächtigen ihr Besitztum, um dadurch einen starken Schutz zu gewinnen; sie übergaben ihre Güter einem Herrn, Kloster, Abt, Bischof ( feudum oblatum) und erhielten sie zurück, belastet mit der Verpflichtung einer Leistung an diese Herren. Sie wurden aus Freien Vasallen, Lehnsleute, und ihr Besitztum wurde ein geliehenes. Dies ist das Verhältnis des Feudalsystems. Feudum ist mit fides verwandt; die Treue ist hier eine Verbindlichkeit durch Unrecht, ein Verhältnis, das etwas Rechtliches bezweckt, aber zu seinem Inhalt ebenso sehr das Unrecht hat: denn die Treue der Vasallen ist nicht eine Pflicht gegen das Allgemeine, sondern eine Privatverpflichtung, welche ebenso der Zufälligkeit, Willkür und Gewalttat anheimgestellt ist. Das allgemeine Unrecht, die allgemeine Rechtlosigkeit wird in ein System von Privatabhängigkeit und Privatverpflichtung gebracht, so dass das Formelle des Verpflichtetseins allein die rechtliche Seite davon ausmacht. – Da jeder sich selbst zu schützen hatte, so wurde auch der kriegerische Geist wieder erweckt, der in der Verteidigung nach außen aufs schmählichste verschwunden schien; denn die Stumpfheit wurde teils durch die äußerste Mißhandlung aufgerüttelt, teils durch die Privathabsucht und Herrschsucht. Die Tapferkeit, die sich jetzt zeigt, galt nicht dem Staate, sondern den subjektiven Interessen. In allen Gegenden entstanden Burgen, wurden Befestigungen aufgerichtet, und zwar zur Verteidigung des Besitzes, zum Raub und zur Tyrannei. Auf die eben angeführte Weise verschwand das Ganze in solchen Punkten der Einzelheit, als welche hauptsächlich die Sitze der Bischöfe und Erzbischöfe zu nennen sind. Die Bistümer hatten die Immunität von den Gerichten und aller Amtswirksamkeit erhalten; die Bischöfe hielten sich Vögte und ließen denselben vom Kaiser die Gerichtsbarkeit übertragen, welche sonst die Grafen ausgeübt hatten. So gab es abgeschlossene geistliche Territorien, Gemeinden, die einem Heiligen angehörten (Weichbilder). Ebenso bildeten sich späterhin weltliche Herrschaften aus. Beide traten an die Stelle der ehemaligen Gaue oder Grafschaften. Nur in wenigen Städten, wo die Gemeinden der freien Männer für sich stark genug waren, Schutz und Sicherheit auch ohne des Königs Hilfe zu gewähren, blieben Reste der alten freien Verfassung. Sonst verschwanden überall die freien Gemeinden und wurden den Prälaten oder den Grafen und Herzögen, den nunmehrigen Landesherren und Fürsten, untertan." [98]
 

"Die kaiserliche Gewalt wurde im ganzen für etwas sehr Großes und Hohes ausgegeben, der Kaiser galt für das weltliche Oberhaupt der gesamten Christenheit." - G.W.F. Hegel, Philosophie der Geschichte IV, 2


In Frankreich ging das Haus Karls des Großen wie das Chlodwigs durch die Schwäche der Regenten unter. "Ihre Herrschaft war zuletzt nur auf die kleine Herrschaft Laon beschränkt, und der letzte der Karolinger, Herzog Karl von Lothringen, der nach Ludwigs V. Tode die Krone in Anspruch nahm, ward geschlagen und gefangen. Der mächtige Hugo Capet, Herzog von Francien, wurde zum König ausgerufen. Der Titel König gab ihm jedoch keine wirkliche Gewalt, denn seine Macht war nur auf seinen Besitz gegründet. Später wurden die Könige durch Kauf, Heirat, Aussterben der Familien Eigentümer mehrerer Herrschaften, und man fing besonders an, sich an sie zu wenden, um vor den Gewalttätigkeiten der Fürsten Schutz zu suchen. Die königliche Gewalt wurde in Frankreich früh erblich, weil die Lehnsherrschaften erblich waren, doch haben im Anfange die Könige noch die Vorsicht gebraucht, ihre Söhne bei ihren Lebzeiten krönen zu lassen. Frankreich war in viele Herrschaften geteilt: in das Herzogtum Guyenne, Grafschaft Flandern, Herzogtum Gascogne, Grafschaft Toulouse, Herzogtum Burgund, Grafschaft Vermandois; Lothringen hatte auch einige Zeit zu Frankreich gehört. Die Normandie war von den Königen von Frankreich den Normannen eingeräumt worden, um auf einige Zeit Ruhe vor ihnen zu haben. Von der Normandie aus ging Herzog Wilhelm nach England hinüber und eroberte dasselbe im Jahre 1066. Er führte hier durchweg ein ausgebildetes Lehnssystem ein, dessen Netz zum großen Teile noch heute England umgarnt. Auf diese Weise standen aber die Herzoge der Normandie mit einer großen Macht den schwachen Königen von Frankreich gegenüber. Deutschland war aus den großen Herzogtümern Sachsen, Schwaben, Bayern, Kärnten, Lothringen, Burgund, der Markgrafschaft Thüringen usf., aus vielen Bistümern und Erzbistümern zusammengesetzt. Jedes dieser Herzogtümer zerfiel wieder ebenso in viele, mehr oder weniger unabhängige, Herrschaften. Mehrere Male hatte es den Anschein, als vereinigte der Kaiser mehrere Herzogtümer unter seiner unmittelbaren Herrschaft. Kaiser Heinrich III. war bei seiner Thronbesteigung Herr mehrerer großer Herzogtümer, aber er schwächte selbst seine Macht, indem er diese wieder an andre verlieh. Deutschland war von Hause aus eine freie Nation und hatte nicht wie Frankreich den Mittelpunkt einer erobernden Familie; es blieb ein Wahlreich. Die Fürsten ließen sich das Recht nicht nehmen, ihr Oberhaupt selbst zu wählen; bei jeder neuen Wahl machten sie neue einschränkende Bedingungen, so dass die kaiserliche Macht zum leeren Schatten herabsank. In Italien war dasselbe Verhältnis; die deutschen Kaiser hatten Ansprüche darauf, ihre Gewalt ging aber nur so weit, als sie sich durch unmittelbare Kriegsmacht verschafften, und als die italienischen Städte und der Adel in der Unterwerfung einen eignen Nutzen sahen. Italien war wie Deutschland in viele größere und kleinere Herzogtümer, Grafschaften, Bistümer und Herrschaften geteilt. Der Papst vermochte äußerst wenig, weder im Norden noch im Süden, welcher lange Zeit zwischen Longobarden und Griechen geteilt war, bis späterhin beide von den Normannen unterworfen wurden." [99]
 

"Spanien kämpfte während des ganzen Mittelalters, teils sich behauptend, teils siegreich mit den Sarazenen, bis diese endlich der konkreteren Macht christlicher Gesittung unterlagen." - G.W.F. Hegel, Philosophie der Geschichte IV, 2
Gregor wollte die Kirche vom Zustande der Abhängigkeit und Gewalttätigkeit befreien. "Gregor machte aber noch weitere Anforderungen an die weltliche Macht: es sollten nämlich alle Benefizien nur durch die Ordination des kirchlichen Oberen dem Neueingesetzten zufallen, und nur der Papst sollte über das ungeheure Vermögen der Geistlichkeit zu disponieren haben. Die Kirche wollte als göttliche Macht die Herrschaft über die weltliche, von dem abstrakten Prinzipe ausgehend, dass das Göttliche höher stehe als das Weltliche. Der Kaiser musste bei seiner Krönung, welche nur dem Papste zukam, einen Eid leisten, dass er dem Papste und der Kirche immer gehorsam sein wolle. Ganze Länder und Staaten wie Neapel, Portugal, England, Irland kamen in ein förmliches Vasallenverhältnis zum päpstlichen Stuhle. Die Kirche erhielt so eine selbständige Stellung: die Bischöfe versammelten in den verschiedenen Ländern Synoden, und an diesen Zusammenberufungen hatte der Klerus einen fortdauernden Anhaltspunkt. Auf diese Weise kam die Kirche zum größten Einfluss in den weltlichen Angelegenheiten, sie maßte sich die Entscheidung über die Krone der Fürsten an, machte die Vermittlerin zwischen den Mächten in Krieg und Frieden. Die nähere Veranlassung, welche die Kirche zu dieser Einmischung in die weltlichen Angelegenheiten hatte, war die Ehe der Fürsten. Es kam nämlich oft vor, dass die Fürsten von ihren Gemahlinnen geschieden sein wollten, und dazu bedurften sie der Erlaubnis der Kirche. Diese nahm nun die Gelegenheit wahr, auf ihren sonstigen Forderungen zu bestehen, und so ging sie weiter und wusste ihren Einfluss auf alles auszudehnen. Bei der allgemeinen Unordnung wurde das Dazwischentreten der Autorität der Kirche als Bedürfnis gefühlt. Durch die Einführung des Gottesfriedens wurde die Unterbrechung der Fehden und der Privatrache wenigstens für gewisse Wochentage und Wochen erlangt; und die Kirche behauptete diesen Waffenstillstand mit allen ihren geistlichen Mitteln des Bannes, des Interdikts und andrer Drohungen und Strafen. Durch die weltlichen Besitzungen kam aber die Kirche in ein ihr eigentlich fremdes Verhältnis zu den andern weltlichen Fürsten und Herren, sie bildete eine furchtbare weltliche Macht gegen dieselben und war zunächst so ein Mittelpunkt des Widerstandes gegen Gewalttätigkeit und Willkür. Insbesondere widerstand sie den Gewalttätigkeiten gegen die Stifter, die weltlichen Herrschaften der Bischöfe; und wenn die Vasallen der Gewalt und Willkür der Fürsten ihre Gewalt entgegensetzten, so wurden sie dabei vom Papste unterstützt. So aber setzte sie selbst nur gleiche Gewalt und Willkür entgegen und vermischte ihr weltliches Interesse mit dem Interesse der Kirche als geistlicher, d. h. göttlich substantieller Macht. Die Dynasten und Völker haben das Wohl zu unterscheiden gewusst und in der Einmischung der Kirche die weltlichen Zwecke erkannt. Sie haben daher die Kirche unterstützt, insofern es ihr eigner Vorteil war, sonst aber den Bann und die geistlichen Mittel wenig gescheut." [100] 
 
"Das Wesen des christlichen Prinzips ist schon früher entwickelt wurden, es ist das Prinzip der Vermittlung. Der Mensch wird erst als geistiges Wesen wirklich, wenn er seine Natürlichkeit überwindet. Diese Überwindung wird nur durch die Voraussetzung möglich, dass die menschliche und göttliche Natur an und für sich eins seien, und dass der Mensch, insofern er Geist ist, auch die Wesentlichkeit und Substantialität hat, die dem Begriffe Gottes angehört. Die Vermittlung ist eben durch das Bewusstsein dieser Einheit bedingt, und die Anschauung dieser Einheit ist dem Menschen in Christo gegeben worden." - G.W.F. Hegel, Philosophie der Geschichte IV, 2 


Woran die katholische und evangelische Kirche heute noch krankt, ist, dass es immer noch darum geht "nur schlechtweg zu glauben: der Gehorsam ist ihre Pflicht, der Gehorsam des Glaubens, ohne eigne Einsicht. Dies Verhältnis hat den Glauben zu einer Sache des äußerlichen Rechts gemacht und ist fortgegangen bis zu Zwang und Scheiterhaufen." Der Glaube genügt ihnen auch heute noch, auch wenn es der Glaube an den Pseudo-Gott Allah ist. "Das Vermittelnde zwischen Gott und dem Menschen ist also als etwas Äußerliches aufgefasst und gehalten worden: damit wurde durch die Verkehrung des Prinzips der Freiheit die absolute Unfreiheit zum Gesetze... Das Individuum hat zu beichten, muss die ganze Partikularität seines Tuns vor der Ansicht des Beichtvaters ausbreiten und erfahrt dann, wie es sich zu verhalten habe. So hat die Kirche die Stelle des Gewissens vertreten, sie hat die Individuen wie Kinder geleitet und ihnen gesagt, dass der Mensch von den verdienten Qualen befreit werden könne, nicht durch seine eigne Besserung, sondern durch äußerliche Handlungen, opera operata, – Handlungen nicht des guten Willens, sondern die auf Befehl der Diener der Kirche verrichtet werden, als: Messe hören, Büßungen anstellen, Gebete verrichten, Pilgern, Handlungen, die geistlos sind, den Geist stumpf machen, und die nicht allein das an sich tragen, dass sie äußerlich verrichtet werden, sondern man kann sie noch dazu von andern verrichten lassen. Man kann sich sogar von dem Überfluss der guten Handlungen, welche den Heiligen zugeschrieben werden, einige erkaufen, und man erlangt damit das Heil, dass diese mit sich bringen. So ist eine vollkommene Verrückung alles dessen, was als gut und sittlich in der christlichen Kirche anerkannt wird, geschehen, nur äußerliche Forderungen werden an den Menschen gemacht, und diesen wird auf äußerliche Weise genügt. Das Verhältnis der absoluten Unfreiheit ist so in das Prinzip der Freiheit selbst hineingebracht... Man muss nicht sagen, das Zölibat sei gegen die Natur, sondern gegen die Sittlichkeit. Die Ehe wurde nun zwar von der Kirche zu den Sakramenten gerechnet, trotz diesem Standpunkte aber degradiert, indem die Ehelosigkeit als das Heiligere gilt. Eine andre Sittlichkeit liegt in der Tätigkeit, in der Arbeit des Menschen für seine Subsistenz. Darin liegt seine Ehre, dass er in Rücksicht auf seine Bedürfnisse nur von seinem Fleiße, seinem Betragen und seinem Verstande abhänge. Diesem gegenüber wurde nun die Armut, die Trägheit und Untätigkeit als höher gestellt und das Unsittliche so zum Heiligen geweiht. Ein drittes Moment der Sittlichkeit ist, dass der Gehorsam auf das Sittliche und Vernünftige gerichtet sei, als der Gehorsam gegen die Gesetze, die ich als die rechten weiß, nicht aber der blinde und unbedingte, der nicht weiß, was er tut, und ohne Bewusstsein und Kenntnis in seinem Handeln herumtappt. Dieser letztere Gehorsam aber gerade galt als der Gott wohlgefälligste, wodurch also die Obedienz der Unfreiheit, welche die Willkür der Kirche auferlegt, über den wahren Gehorsam der Freiheit gesetzt ist. Also sind die drei Gelübde der Keuschheit, der Armut und des Gehorsams gerade das Umgekehrte dessen, was sie sein sollten, und in ihnen ist alle Sittlichkeit degradiert worden. Die Kirche war keine geistige Gewalt mehr, sondern eine geistliche, und die Weltlichkeit hatte zu ihr ein geistloses, willenloses und einsichtsloses Verhältnis. Als Folge davon erblicken wir überall Lasterhaftigkeit, Gewissenlosigkeit, Schamlosigkeit, eine Zerrissenheit, deren weitläufiges Bild die ganze Geschichte der Zeit gibt." [101]

Vom elften bis zum dreizehnten Jahrhundert entstand ein Drang, der sich auf vielfache Weise äußerte. Die Gemeinden fingen an, ungeheure Gotteshäuser zu erbauen, Dome, errichtet zur Umschließung der Gemeinde. "Die Baukunst ist immer die erste Kunst, welche das unorganische Moment, die Behausung des Gottes, bildet; dann erst versucht es die Kunst, den Gott selbst, das Objektive der Gemeinde darzustellen." Von den Städten an den italienischen, spanischen, flandrischen Küsten wurde ein lebhafter Seehandel getrieben, welcher wiederum eine große Regsamkeit der Gewerbe bei ihnen hervorrief. Die Wissenschaften begannen nach der Zurückschlagung der Sarazenen wieder aufzuleben, die Scholastik war im Schwunge mit Albertus Magnus, Thomas von Aquin, Anselm von Canterbury usw. Rechtsschulen wurden zu Bologna und an andern Orten gestiftet, ebenso medizinische. Allen diesen Schöpfungen liegt als Hauptbedingung die Entstehung und wachsende Bedeutung der Städte zugrunde; ein Thema, das in neueren Zeiten sehr beliebt geworden ist. Für dieses Entstehen der Städte war ein großes Bedürfnis vorhanden. Wie die Kirche stellen sich die Städte nämlich als Reaktionen gegen die Gewalttätigkeit des Feudalwesens dar, als erste in sich rechtliche Macht. Es ist schon früher des Umstandes Erwähnung geschehen, dass die Gewaltigen andre zwangen, Schutz bei ihnen zu suchen. Solche Schutzpunkte waren Burgen, Kirchen und Klöster, um welche herum sich die Schutzbedürftigen, die nunmehr Bürger, Schutzpflichtige der Burgherrn und Klöster wurden, versammelten. So bildete sich an vielen Orten ein festes Zusammensein. Aus den alten Römerzeiten hatten sich noch viele Städte und Kastelle in Italien, im südlichen Frankreich und in Deutschland am Rhein erhalten, welche anfänglich Munizipalrechte hatten, späterhin aber dieselben unter der Herrschaft der Vögte verloren. Die Städter waren Leibeigene geworden wie die Landbewohner. [102]

Aus dem Schutzverhältnis erwuchs jedoch nunmehr das Prinzip des freien Eigentums, das heißt, aus der Unfreiheit die Freiheit. "Die Dynastien oder adeligen Herren hatten eigentlich auch kein freies Eigentum; sie hatten alle Gewalt über ihre Untergebenen, zugleich waren sie aber auch Vasallen von Höheren und Mächtigeren, sie hatten Verpflichtungen gegen dieselben, die sie freilich nur, wenn sie gezwungen wurden, erfüllten. Die alten Germanen hatten nur von freiem Eigentum gewusst, aber dieses Prinzip hatte sich zur vollkommenen Unfreiheit verkehrt, und erst jetzt erblicken wir wenige schwache Anfänge eines wiedererwachenden Sinnes für Freiheit. Individuen, welche durch den Boden, den sie bebauten, einander nahe gebracht waren, bildeten unter sich eine Art von Bund, Konföderation oder Konjuration. Sie kamen überein, für sich das zu sein und zu leisten, was sie früher allein dem Herrn geleistet hatten. Die erste gemeinsame Unternehmung war, dass ein Turm, in dem eine Glocke aufgehängt war, erbaut wurde; auf das Läuten der Glocke mussten sich alle einfinden, und die Bestimmung des Vereins war, auf diese Weise eine Art Miliz zu bilden. Der weitere Fortgang ist alsdann, dass eine Obrigkeit von Schoppen, Geschwornen, Konsuln eingesetzt wird und die Einrichtung einer gemeinschaftlichen Kasse, die Erhebung von Abgaben, Zöllen usw. sich findet. Gräben und Mauern werden als gemeinsame Schutzmittel gezogen, und dem Einzelnen wird verboten, besondere Befestigungen für sich zu haben. In solcher Gemeinsamkeit sind die Gewerbe, die sich vom Ackerbau unterscheiden, einheimisch. Die Gewerbtreibenden mussten bald einen notwendigen Vorrang vor den Ackerbauern gewinnen, denn diese wurden mit Gewalt zur Arbeit getrieben; jene aber hatten eigne Tätigkeit, Fleiß und Interesse am Erwerb. Die Erlaubnis, ihre Arbeit zu verkaufen und sich so etwas zu verdienen, mussten früher die Gewerbsleute auch erst von dem Herrn einholen, sie mussten ihnen für diese Freiheit des Marktes eine gewisse Summe entrichten, und außerdem bekamen die Herren noch immer einen Teil des Erworbenen. Diejenigen, welche eigne Häuser hatten, mussten einen beträchtlichen Erbzins dafür entrichten; von allem, was ein- und ausging, erhoben die Herren große Zölle, und für die zugestandene Sicherheit der Wege bekamen sie Geleitsgeld. Als späterhin diese Gemeinheiten erstarkten, wurden den Herren alle Rechte abgekauft oder mit Gewalt abgenötigt; die Städte erkauften sich allmählich die eigne Gerichtsbarkeit und befreiten sich ebenso von allen Abgaben, Zöllen, Zinsen. Am längsten erhielt sich noch die Einrichtung, dass die Städte den Kaiser und sein ganzes Gefolge während seines Aufenthalts verpflegen mussten und auf dieselbe Weise die kleinen Dynasten. Das Gewerbe teilte sich später in Zünfte, deren jede besondere Rechte und Verpflichtungen erhielt. Die Faktionen, welche sich bei der Wahl der Bischöfe und andern Gelegenheiten bildeten, haben den Städten sehr oft zu diesen Rechten verholfen. Wenn es nämlich oft geschah, dass zwei Bischöfe für einen gewählt wurden, so suchte jeder die Bürger in sein Interesse zu ziehen, indem er ihnen Privilegien und Befreiung von Abgaben zugestand. Späterhin treten auch manche Fehden mit der Geistlichkeit, den Bischöfen und Äbten ein. In einzelnen Städten erhielten sie sich als Herren, in andern blieben die Bürger Meister und machten sich frei. So befreite sich zum Beispiel Köln von seinem Bischof, Mainz jedoch nicht. Nach und nach erstarkten die Städte zu freien Republiken: in Italien ganz besonders, dann in den Niederlanden, in Deutschland, Frankreich. Sie treten bald in ein eigentümliches Verhältnis zum Adel. Dieser vereinigte sich mit den Korporationen der Städte und machte selbst, wie z. B. in Bern, eine Zunft aus. Bald maßte er sich in den Korporationen der Städte eine besondere Gewalt an und gelangte zur Herrschaft, die Bürger lehnten sich aber dagegen auf und erlangten für sich die Regierung. Die reichen Bürger ( populus crassus) schlossen nun den Adel aus. Wie dieser aber in Faktionen, besonders in Ghibellinen und Guelfen, wovon jene sich dem Kaiser, diese dem Papste anschlossen, geteilt war, so zerfielen nun auch wiederum die Bürger in sich. Die siegende Faktion schloß die unterliegende von der Regierung aus. Der patrizische Adel, welcher im Gegensatz des Adels der Dynasten auftrat, entfernte das gemeine Volk von der Leitung des Staates und machte es so nicht besser als der eigentliche Adel. Die Geschichte der Städte ist eine beständige Abwechslung von Verfassungen, je nachdem dieser Teil der Bürgerschaft oder jener, diese oder jene Faktion die Oberhand bekam. Ein Ausschuss von Bürgern wählte anfänglich die Magistratspersonen, aber da bei diesen Wahlen immer die siegende Faktion stets den größten Einfluß hatte, so blieb, um unparteiische Beamte zu bekommen, kein andres Mittel übrig, als dass man Fremde zu Richtern und Potestaten wählte. Häufig geschah es auch, dass die Städte fremde Fürsten zu Oberhäuptern erwählten und ihnen die Signoria übergaben. Aber alle diese Einrichtungen waren nur von kurzer Dauer; die Fürsten missbrauchten bald ihre Oberherrschaft zu ehrgeizigen Plänen und zur Befriedigung ihrer Leidenschaften und wurden nach wenigen Jahren ihrer Herrschaft wieder beraubt... Betrachten wir dieses unruhige und veränderliche Treiben im Innern der Städte, die fortwährenden Kämpfe der Faktionen, so erstaunen wir, wenn wir auf der andern Seite die Industrie, den Handel zu Lande und zu Wasser in der höchsten Blüte sehen. Es ist dasselbe Prinzip der Lebendigkeit, das, gerade von dieser inneren Erregung genährt, diese Erscheinung hervorbringt." [103]
 

"Der Kaiser wird vorgestellt als die Spitze der christlichen, das heißt, der weltlichen Macht, der Papst dagegen als die der geistlichen Macht, die nun aber ebenso eine weltliche geworden war. Es war der Theorie nach unbestritten, dass der Römische Kaiser das Haupt der Christenheit sei, dass er das dominium mundi besitze, dass, da alle christlichen Staaten zum Römischen Reiche gehören, alle Fürsten ihm in ziemlichen und billigen Dingen untergeben sein sollen." - G.W.F. Hegel, Philosophie der Geschichte IV, 2 


In der glänzenden Periode der Hohenstaufen behaupteten Individuen von großem Charakter den Thron, "wie Friedrich Barbarossa, in welchem sich die kaiserliche Macht in ihrer größten Herrlichkeit darstellte, und welcher durch seine Persönlichkeit auch die ihm untergebenen Fürsten an sich zu halten wusste. So glänzend die Geschichte der Hohenstaufen erscheint, so lärmend der Kampf mit der Kirche war, so stellt jene doch im ganzen nur die Tragödie der Familie dieses Hauses und Deutschlands dar, und dieser hat geistig kein großes Resultat gehabt. Die Städte wurden zwar zur Anerkennung der kaiserlichen Autorität gezwungen, und die Abgeordneten derselben beschworen die Schlüsse des ronkalischen Reichstags, aber sie hielten sie nur so lange, als sie dazu gezwungen waren. Die Verpflichtung hing nur von dem unmittelbaren Gefühle der Übermacht ab. Als Kaiser Friedrich I., wie man erzählt, die Abgeordneten der Städte fragte, ob sie die Friedensschlüsse nicht beschworen hätten, da sagten sie: Ja, aber nicht, dass wir sie halten wollten. Der Ausgang war, dass Friedrich I. im Kostnitzer Frieden (1183) ihnen die Selbständigkeit so ziemlich einräumen musste, wenn er auch die Klausel hinzufügte: unbeschadet der Lehnspflichten gegen das deutsche Reich. – Der Investiturstreit zwischen den Kaisern und den Päpsten wurde am Ende im Jahre 1122 von Heinrich V. und dem Papste Calixtus II. so ausgeglichen, dass der Kaiser mit dem Zepter, der Papst aber mit Ring und Stab belehnen sollte; es sollten die Wahlen der Bischöfe durch die Kapitel in Gegenwart des Kaisers oder kaiserlicher Kommissarien geschehen; alsdann sollte der Kaiser den Bischof als weltlichen Lehnsträger mit den Temporalien belehnen, die geistliche Belehnung aber blieb dem Papste vorbehalten. So wurde dieser langwierige Streit zwischen den weltlichen und geistlichen Fürsten beigelegt."  [104]
 
 

21. Die Kreuzzüge, Reconquista in Spanien

Das Diesseits nun ist es, was der Christenheit abgeht, was sie noch gewinnen muss. Pilgrime in Menge hatten es zwar genießen können; aber der Zugang dazu ist in den Händen der Muslime, also "der Ungläubigen, und es ist der Christenheit unwürdig, dass die heiligen Örter und das Grab Christi nicht im Besitz der Kirche sind. In diesem Gefühle ist die Christenheit eins gewesen; darum hat sie die Kreuzzüge unternommen, und sie hatte dabei nicht diesen oder jenen, sondern einen einzigen Zweck, – das heilige Land zu erobern." [105]

Bei Friedrich Schiller finden sich viele Gedichte, die ihn als Philhelenen und Kämpfer für die Freiheit zeigen, er setzt sich für die Befreiung der Christen vom Joch der muslimischen Herrscher ein. Orden wie die Templer und Johanniter schützten griechische Inseln wie Rhodos und Zypern, geleiteten Pilger und Kreuzfahrer zum heiligen Land; die Johanniter errangen sich sogar eine "doppelte Palme", weil sie nicht nur die Ungläubigen Moslems bekämpften, sondern auch Kranke heilten: "Herrlich kleidet sie euch, des Kreuzes furchtbare Rüstung, / Wenn ihr, Löwen der Schlacht, Akkon und Rhodus beschützt, / Durch die syrische Wüste den bangen Pilgrim geleitet / Und mit der Cherubim Schwert steht vor dem heiligen Grab. / Aber ein schönerer Schmuck umgibt euch, die Schürze des Wärters, / Wenn ihr, Löwen der Schlacht, Söhne des edelsten Stamms, / Dient an des Kranken Bett, dem Lechzenden Labung bereitet / Und die niedrige Pflicht christlicher Milde vollbringt. / Religion des Kreuzes, nur du verknüpfest in einem / Kranze der Demut und Kraft doppelte Palme zugleich!"  Der Mensch ist ursprünglich frei geschaffen, nur steht er vielfach noch unter dem Joch der Ungläubigen, wie die Griechen unter dem Joch der Türken standen und sich erst nach und nach davon befreiten; oder die Moslems z.B. in der Türkei, die immer noch unter dem Joch des Islams stehen; der islamische Terror ist so stark, dass selbst Moslems in Europa sich nicht trauen die Ketten des Islams abzuschütteln; sogar europäische Politiker und Kleriker bestärken die Moslems darin diese Ketten beizubehalten: "Der Mensch ist frei geschaffen, ist frei, / Und würd' er in Ketten geboren, / Lasst euch nicht irren des Pöbels Geschrei, / Nicht den Missbrauch rasender Toren! / Vor dem Sklaven, wenn er die Kette bricht, / Vor dem freien Menschen erzittert nicht! / Und die Tugend, sie ist kein leerer Schall, / Der Mensch kann sie üben im Leben, / Und sollt' er auch straucheln überall, / Er kann nach der göttlichen streben, / Und was kein Verstand der Verständigen sieht, / Das übet in Einfalt ein kindlich Gemüt." [106] 

Zur Zeit der Osmanen bzw. Türken wurde das "Joch der Ungläubigen" auf viele Länder ausgedehnt. Die osmanische Expansion vollzog sich damals in drei Phasen. In einer ersten Phase werden die Sultane, von christlichen Herrschern um Unterstützung gebeten, in deren Händel einbezogen. Die Sultane scheinen damit zu Interessenwahrern christlicher Regenten zu werden, treten aber zugleich in ein politisches Spiel ein, das zunehmend ihr eigenes Spiel wird. In der zweiten Phase ist die militärische Überlegenheit der Osmanen so stark, dass sich die christlichen Herrscher unversehens als Tributzahler wiederfinden. Mit dieser Abhängigkeit sind weitere Verpflichtungen verbunden, etwa militärische Hilfe für den Sultan (auch heute wird die Türkei von Deutschland und der EU finanziell unterstützt, so dass die Türkei mehr Geld für ihre Kriegskasse zur Verfügung hat) . Aus eigenständig politisch Handelnden werden Objekte, denen der Sultan einen sehr engen Handlungsspielraum vorgibt. "Um diese Abhängigkeit zu zementieren, verlangen die Sultane hochrangige Geiseln: Fürstenkinder, die am Hof des Sultans - verbunden mit einer Konversion zum Islam - erzogen werden, oder als Ehefrauen für den Harem des Sultans besimmt sind." Erst in der dritten Phase kommt es zur formellen Eroberung und islamisierung. Auch für die Osmanen gilt: Der Islam kennt nur die "völlige Unterwerfung des Menschen unter den wilkürlichen Willen Gottes, womit die Freiheit des Menschen geleugnet und die Gewalt um des Glaubens willen als legitimes Mittel angesehen wird. Dies schliesst eine pragmatische Politik nicht aus; im Gegenteil, das Verbergen der wahren Ziele, die Verstellung ('Taqia') ist ebenso erlaubt wie ungerechtes Handeln, wenn es der Sache des Islams dient." Bei vielen Historikern und Politikern gibt es eine "Tendenz zur Verharmlosung" in der Frage nach dem Umgang der Osmanen mit den besiegten Christen; sie meinen, im Osmanischen Reich sei niemand wegen seines Glaubens verfolgt worden. Die Christen seinen nur von der Sondersteuer belastet gewesen. Die Wirklichkeit sieht anders. aus. Zum Beispiel wurde 1480 ein Massaker an Christen verübt nach der Eroberung der italienischen Stadt Otranto. "Die Einwohner Otrantos wussten, was es bedeutete, fortan unter dem Turban zu leben, denn mit Sicherheit waren zu ihnen die Nachrichten von den Gräueln der Osmanen bei der Eroberung Konstantinopels gelangt. Und auch in Otranto ereignete sich das, was in Konstantinopel und vielen anderen von den Muslimen eroberten Orten geschah: die selbst für die damalige Zeit beispiellose Massenversklavung von Frauen und Kindern." Es war Sultan Mehmed I. (1413-1421), der gegenüber den Christen eine der grauenvollsten Praktiken einführte, die sich über mehrere Jahrhunderte halten sollte: die Knabenlese. Ab einem Alter von etwa sechs bis zwanzig Jahren wurden besonders kräftige Knaben ihren christlichen Eltern geraubt und vornehmen Osmanen oder dem Sultan übergeben. "Als Erzieher fungierten Eunuchen und Derwische, die ihnen einen fanatischen Islam und absolute Ergebenheit gegenüber dem Herrscher einimpften. So bezog die Elitetruppe der Janitscharen zum großen Teil ihren Nachwuchs aus diesen Knaben, die, auch wenn sie Karriere gemacht hatten, keine Chance hatten, je ihre Familie wiederzusehen. Die Zahl der geraubten Knaben war gerade in den Jahrhunderten der größten osmanischen Expansion sehr hoch (Schätzungen gehen auf ca. 1/5 aller Knaben); sie richtete sich in der Regel nach dem Bedarf, der an gut ausgebildeten zivilen und militärischen Personal bestand. Doch wurden oft genug auch viel mehr Knaben ihren Eltern weggenommen als benötigt. Man verkaufte sie dann als Sklaven oder - trotz des strengen Verbots im Islam - als Lustknaben; oder aber man bot den verzweifelten Eltern die Möglichkeit an, ihre Kinder zurückzukaufen - ein florierender Menschenhandel also." Davon zeugt noch ein altes Wiegenlied "Heidschi Bumbeidschi", das eigentlich ein Klagelied ist. Der Heidschi Bumbeidschi, der in diesem Lied das Büblein mitnimmt, und nicht mehr bringt, ist niemand anders als der Hadschi (früherer Mekka-Pilger) Om-Baschi (Hauptmann oder türkischer Dorfbefehlshaber). Auch christliche Mädchen und junge Frauen waren in besonderer Weise Opfer der osmanischen Eroberungen: Sie fanden sich wieder in den Harems der Reichen oder wurden zur Beute der Soldaten. "Gefangenentötung, Kinderraub, Versklavung und Menschenhandel, verbunden mit unsäglichen Zerstörungen oder Schändungen christlicher Kirchen und Heiligtümer - all dies geschah nicht nur als Kollateralschaden der Kriege, als Folgen einer ohnehin gewalttätigen Zeit; diese Gräuel waren, wie auch die von den Christen zu entrichtende Sondersteuer, ganz bewusst eingesetzt Demütigungen.... Zu diesen Demütigungen gehörte auch die den Christen wie den Juden auferlegte Pflicht, sich durch ein besonderes Anzeichen an der Kleidung kenntlich zu machen. Auch war der Besitz von Waffen und Pferden den Nichtmuslimen verboten." Von Toleranz konnte unter diesen Umständen keine Rede mehr sein, zumal die Christen ihren Glauben nicht in der Öffentlichkeit ausüben und bekennen durften. Gewalt gegen die Christen und die Einwanderung türkischstämmiger Bevölkerung brachte die Christen in vielen Regionen in eine Minderheitenposition. [107] 

Diejenigen, die das "Licht der Freiheit - light of deliverance" (Percy Bysshe Shelley) schützen oder die Unterdrückten vom Joch des Islams befreien, werden von Schiller immer wieder beschrieben und geehrt, so auch in seinen Gedichten  "Der Kampf mit dem Drachen" und über die Johanniter: "Den kühnen Ritter soll man ehren! / Und nach dem Kloster geht der Zug, / Wo Sankt Johanns des Täufers Orden, / Die Ritter des Spitals, im Flug / Zu Rate sind versammelt worden." Es gilt natürlich die ungläubigen Sarazenen bzw. Moslems zu bezwingen, den falschen Gott Allah; darüber hinaus ist er aber generell wie Parzival und Lohengrin der Welt zum Retter gesandt: "Ist nur der Sarazen es wert, / dass ihn bekämpft des Christen Schwert? / Bekriegt er nur die falschen Götter? / Gesandt ist er der Welt zum Retter, / Von jeder Not und jedem Harm / Befreien muss sein starker Arm, / Doch seinen Mut muss Weisheit leiten, / Und List muss mit der Stärke streiten." Der Drache, der die Kirche in Beschlag genommen hat symbolisiert quasi die Hydra-Brut des Islam (Percy Bysshe Shelley), die im Orient viele Kirchen in Moscheen verwandelt hat und Christen an der Ausübung ihres Glaubens hindert: "Das Kirchlein kennst du, Herr, das hoch / Auf eines Felsenberges Joch, / Der weit die Insel überschauet, / Des Meisters kühner Geist erbauet. / Verächtlich scheint es, arm und klein / Doch ein Mirakel schließt es ein, / Die Mutter mit dem Jesusknaben, / Den die drei Könige begaben. / Auf dreimal dreißig Stufen steigt / Der Pilgrim nach der steilen Höhe, / Doch hat er schwindelnd sie erreicht, / Erquickt ihn seines Heilands Nähe. / Tief in den Fels, auf dem es hängt, / Ist eine Grotte eingesprengt, / Vom Tau des nahen Moors befeuchtet, / Wohin des Himmels Strahl nicht leuchtet / Hier hausete der Wurm und lag, / Den Raub erspähend, Nacht und Tag. / So hielt er wie der Höllendrache / Am Fuß des Gotteshauses Wache, / Und kam der Pilgrim hergewallt / Und lenkte in die Unglücksstraße, / Hervorbrach aus dem Hinterhalt / Der Feind und trug ihn fort zum Fraße." Auch der Unterschied zwischen Christen und Moslems wird herausgearbeitet: "Mut zeiget auch der Mameluck, / Gehorsam ist des Christen Schmuck; / Denn wo der Herr in seiner Größe / Gewandelt hat in Knechtes Blöße, / Da stifteten, auf heilgem Grund, / Die Väter dieses Ordens Bund, / Der Pflichten schwerste zu erfüllen: / Zu bändigen den eignen Willen! / Dich hat der eitle Ruhm bewegt, / Drum wende dich aus meinen Blicken, / Denn wer des Herren Joch nicht trägt, / Darf sich mit seinem Kreuz nicht schmücken.« / Da bricht die Menge tobend aus, / Gewaltger Sturm bewegt das Haus, / Um Gnade flehen alle Brüder, / Doch schweigend blickt der Jüngling nieder, / Still legt er von sich das Gewand / Und küsst des Meisters strenge Hand / Und geht. Der folgt ihm mit dem Blicke, / Dann ruft er liebend ihn zurücke / Und spricht: Umarme mich, mein Sohn! / Dir ist der härtre Kampf gelungen. / Nimm dieses Kreuz: es ist der Lohn / Der Demut, die sich selbst bezwungen. « " [108] 
 

"Das Abendland ist wiederum gegen das Morgenland ausgezogen. Wie in dem Zuge der Griechen nach Troja, so waren es auch hier lauter selbständige Dynasten und Ritter, die gen Morgen aufbrachen; doch waren sie nicht schon unter einer wirklichen Individualität, wie die Griechen unter Agamemnon oder Alexander vereint, sondern die Christenheit ging vielmehr darauf aus, das Dieses, die wirkliche Spitze der Individualität, zu holen. Dieser Zweck hat das Abendland nach dem Morgenlande getrieben, und um ihn handelt es sich in den Kreuzzügen."  - G.W.F. Hegel, Philosophie der Geschichte IV, 2 


Endlich haben geordnetere Heere ihren Zweck erreicht: sie sehen sich im Besitz aller berühmten heiligen Orte, Bethlehems, Gethsemanes, Golgathas, ja des heiligen Grabes. So kam die Christenheit in den Besitz des höchsten Gutes. "Es wurde ein Königreich Jerusalem gestiftet und daselbst das ganze Lehnssystem eingeführt, eine Verfassung, welche den Sarazenen gegenüber sicher die schlechteste war, die man finden konnte. Ein andres Kreuzheer hat im Jahre 1204 Konstantinopel erobert und daselbst ein lateinisches Königreich gestiftet. Die Christenheit hatte nun ihr religiöses Bedürfnis befriedigt, sie konnte jetzt in der Tat ungehindert in die Fußtapfen des Heilandes treten. Ganze Schiffsladungen von Erde wurden aus dem gelobten Lande nach Europa gebracht. Von Christus selbst konnte man keine Reliquien haben, denn er war auferstanden: das Schweißtuch Christi, das Kreuz Christi, endlich das Grab Christi wurden die höchsten Reliquien. Aber im Grabe liegt wahrhaft der eigentliche Punkt der Umkehrung, im Grabe ist es, wo alle Eitelkeit des Sinnlichen untergeht. Am heiligen Grabe vergeht alle Eitelkeit der Meinung, da wird es Ernst überhaupt. Im Negativen des Dieses, des Sinnlichen ist es, dass die Umkehrung geschieht und sich die Worte bewähren: Du lässest nicht zu, dass Dein Heiliger verwese. Im Grabe sollte die Christenheit das Letzte ihrer Wahrheit nicht finden. An diesem Grabe ist der Christenheit noch einmal geantwortet worden, was den Jüngern, als sie dort den Leib des Herrn suchten: »Was suchet ihr den Lebendigen bei den Toten? Er ist nicht hier, er ist auferstanden.« Das Prinzip eurer Religion habt ihr nicht im Sinnlichen, im Grabe bei den Toten zu suchen, sondern im lebendigen Geist bei euch selbst. Die ungeheure Idee der Verknüpfung des Endlichen und Unendlichen haben wir zum Geistlosen werden sehen, dass das Unendliche als Dieses in einem ganz vereinzelten äußerlichen Dinge gesucht worden ist. Die Christenheit hat das leere Grab, nicht aber die Verknüpfung des Weltlichen und Ewigen gefunden und das heilige Land deshalb verloren. Sie ist praktisch enttäuscht worden, und das Resultat, das sie mitbrachte, war von negativer Art: es war, dass nämlich für das Dieses, welches gesucht wurde, nur das subjektive Bewusstsein und kein äußerliches Ding das natürliche Dasein ist, dass das Dieses, als das Verknüpfende des Weltlichen und Ewigen, das geistige Fürsichsein der Person ist. So gewinnt die Welt das Bewusstsein, dass der Mensch das Dieses, welches göttlicher Art ist, in sich selbst suchen müsse: dadurch wird die Subjektivität absolut berechtigt und hat an sich selbst die Bestimmung des Verhältnisses zum Göttlichen. Dies aber war das absolute Resultat der Kreuzzüge, und von hier fängt die Zeit des Selbstvertrauens, der Selbsttätigkeit an. Das Abendland hat vom Morgenlande am heiligen Grabe auf ewig Abschied genommen und sein Prinzip der subjektiven unendlichen Freiheit erfasst. Die Christenheit ist nie wieder als ein Ganzes aufgetreten." [109] 

Kreuzzüge andrer Art, mehr Eroberungskriege, die aber auch das Moment religiöser Bestimmung hatten, waren die Kämpfe in Spanien gegen die Sarazenen auf der Halbinsel selbst. "Die Christen waren von den Arabern auf einen Winkel beschränkt worden, wurden aber dadurch mächtig, dass die Sarazenen in Spanien und Afrika in vielfachem Kampf begriffen waren und unter sich selbst zerfielen. Die Spanier, verbunden mit fränkischen Rittern, unternahmen häufige Züge gegen die Sarazenen." [110] 

Die Mauren bzw. Muslims galten als "bárbaros enemigos (barbarische Feinde)", die von den Christen in Schach gehalten werden mussten, auch wenn sie in Andalusien Schätze zusammengetragen, und, wie manche Journalisten und Historiker behaupten, einen "kultivierten" und "friedlichen" Islam gelebt haben sollen: "los bárbaros enemigos. / Siempre en ella los cristianos / han tenido mil vitorias, / tened parte destas glorias, / con las armas en las manos. / Juntemos un escuadrón, / seré vuestro Capitán. / ... Vamos zagales por moros, / que diz que traen tesoros / de toda la Andalucía. / A la he que hemos de ver / esta vez quien puede más." Es ging den spanischen Dichtern wie Lope de Vega damals nicht um Rassismus, sondern darum, die Muslims bzw. Mauren oder islamischen Afrikaner, "los bárbaros del África", die Europa zu unterwerfen drohten, den Wert des Christentum beizubringen und diese "Africano airado", diese wütenden Afrikaner ggf. wieder nach Afrika zurückzuschicken, wenn sie nicht integrierbar waren: "Tan cerca estamos, / que se oyen las trompetas de los moros, / retumbando los ecos en los ramos. / Conviene a los católicos decoros / de un rey cual tú, después de haber llamado / en tu defensa los celestes coros, / mostrar valor al Africano airado, / como se le mostraron tus mayores, / pues es de tus mayores heredado." Die Mauren von Granada und Almeria, hatten durch Vielehe ihr feiges Volk ("su cobarde gente") bereits so vermehrt, dass die christlichen Spanier handeln mussten, wenn sie nicht in die Defensive geraten wollten wie die orientalischen Christen; die Muslims bzw. Mauren oder islamischen Afrikaner, "los bárbaros del África", die Europa zu unterwerfen drohten und sich eben nicht der europäisch-christlichen Kultur anpassen wollten, wie es damals der Fall war, und wie es heute in europäischen Vorstädten der Fall ist,  mussten schließlich militärisch bekämpft werden: "¡Qué lleguen por mi tierra vencedores / los bárbaros del África, Manrique, / esmaltando los aires de colores! / ¡Qué su cobarde gente multiplique / el Moro de Granada y de Almería, / por más que lo contrario les suplique! / Pues será hoy de mi venganza el día; / no ha de quedar con vida solo un moro, / que me anima valor, la Fe me guía. / La santa Fe de aquel Señor que adoro." [111]

In "Las Paces de los Reyes y Judía de Toledo" lobt die Königin die großen Helden, Blasco de Guzmén, Beltran de Rojas, Illén de Toledo, die sich mit heroischen Heldentaten schmücken können; den starken Garcerén Manrique, dass er mit so hohen Siegen von Jerusalem zurück in Ihre berühmte Heimat gekommen ist: "Noble Blasco de Guzmán, / gallardo Beltrán de Rojas, / Illán de Toledo, ilustre / por hazañas tan heroicas; / fuerte Garcerán Manrique, / que con tan altas victorias / de Jerusalén volvistes / a vuestra patria famosa."  Aber es drohen neue Gefahren in Spanien, islamische Mauren kommen aus Andalusien, Granada und Archidona; sie haben die Sierra Morena passiert, und nach der Zerstörung von Almodevar, die Felder von Utiel passiert und in Ciudad Real bleiben sie. In diesem Tempo, Kastilianer, kommen sie auf den Wellen des Tajo. Es muss gehandel werden, damit sie nicht ihre roten Fahnen auf die Mauern pflanzen, oder gar in diese heilige Kirche, wo die Königin und die Frau des Himmels setzte ihre Füße, die "huesos Mahoma" (Knochen des Muhammad) legen: "Bajan de la Andalucía, / de Granada y de Archidona, / los moros, y al rey se atreven / de quien temblaron la sombra. / La Sierra, Morena pasan, / y destruyendo a Almodóvar, / pasan los campos de Utiel, / y en Ciudad Real se alojan. / A este paso, castellanos, / presto del Tajo en las ondas, / por dicha con sangre vuestra, / beberán sus yeguas moras; / presto de estos altos muros, / en vez de banderas rojas, / verán pendones azules, / que ya tan cerca tremolan; / presto en esta santa iglesia, / donde la Reina y Señora / del cielo puso los pies, / pondrá los huesos Mahoma." 
Kein Spanier wollte, dass seine Tochter einen islamischen Mauren heiratet, denn sie wussten, was dabei herauskam: "saldrá algún niño Ismael, / tan bastardo como él, / que me pretenda matar." (Ein Ismael Kind wird herauskommen, so ein Bastard wie er ist, der beabsichtigt, mich zu töten." Dass ein Spanier eine Jüdin heiratet, kam damals durchaus öfter vor, vor allem wenn sie sich zum Christentum bekannte: "Muero en la ley de mi Alfonso; / testigos los cielos sean. / Creo en Cristo, a Cristo adoro. / ... La ley de Cristo confiesa." Auch Engel treten auf, wenn der König sich blasphemisch geäußert hat, und sein Gleichgewicht verloren hat, denn die Regierung muss immer christlich sein, sonst erschreckt sich nicht nur die Natur, sogar die Steine: "las piedras espantan", sondern ganz Spanien staht dann auf dem Spiel; bzw. auf die heutige Zeit übertragen, ganz Europa. [112]

In einigen Komödien behandelt Lope de Vega die Befreiung der Spanier von dem Tribute der 100 Jungfrauen, denn seit Mauregato mussten die Spanier einen jährlichen Tribut von 100 edlen Jungfrauen an die Harems der Mauren entrichten. Zuständig dafür war der Zuhälter des Almanzor. Wie sie sich desselben unter Alfonso 11.  entledigten, ist der Gegenstand der Komödie „Las famosas Asturianas. Auch in der Komödie: „Lasdonzellas de Simancas" wird das Thema behandelt. Hier verstümmeln sich die Jungfrauen von Simancas in der grausamsten Weise, weil sie so von den islamischen Mohren bzw, Mauren verschont zu werden und ihre Tugend zu bewahren hoffen. Als die übermütigen Feinde einen solchen Tribut nicht annehmen wollen und die Leistung eines neuen verlangen, greifen die Spanier zu den Waffen und besiegen sie in einer glänzenden Schlacht. Also in den ihnen noch verbliebenen Gebieten in Spanien treiben die Mauren weiter ihr Unwesen, zum Beispiel diesen Tribut bzw. Frauenraub. Zwei Landstreicher beobachten die Mauren dabei, wie sie gegen wehrlose Frauen und Kinder vorgehen und rufen: "¡Bravo africano!" und "¡Bárbaro valiente!" (mutiger Barbar). Sie beobachten wie sie die Mädchen davontragen und die Elenden und Einfältigen zurücklassen: "Coitadas las doncellas que llevaren... Más desdichadas son las que las paren." Er sei froh kein schönes Mädchen zu sein: "Si yo fuera mujer, aunque muy bella,  / guardárame, a la fe, de ser doncella." Wenn islamische Mauren gesichtet wurden, hieß es gleich: "Andan moros por allí,  / y aunque non vienen de guerra,  / non se comerán la sierra,  / pero los ganados sí.  / ... ¿Moros, Toribio?" (Es sind Mauren da draußen, und auch wenn sie nicht aus dem Krieg kommen,  sie werden die Sierra nicht essen,  aber die Rinder tun es... Moros, Toribio?). Auch wenn es friedliche Mauren ("moros de paz") zu sein schienen, wollte man ihnen sicherheitshalber nicht ohne Waffen begegnen, ausserdem sollten die Frauen in Sicherheit gebracht werden: "Ha venido / Audalla, un gran capitán,  / con quien diz que a cobrar van  / aquel infame partido  / que fincó de Mauregato  / entre Córdoba y León;  / y aunque moros de paz son,  / non puede ganar el hato.  / Ven a tomar la tu lanza,  / y en una yegua saldrás,  / para que se alueñen más  / de tu ganado y labranza.  / El carro quedaba apuesta  / y las tus mujeres." Die Frauen mussten vor den islamischen Mauren bzw. Türken in Sicherheit gebracht werden, schafften sie es nicht mehr und waren ihnen ausgesetzt wie es heute noch in Europa passieren kann, blieb ihnen nur noch die Lage zu kommentieren: "En oyendo nombrar moros,  / non se me miembra de amor." (wenn ich den Namen Maure höre,  / bin ich kein Mitglied der Liebe).  Ein Cordoba Maure, genannt Audalla, Almanzor-Botschafter, bittet den König um Unterredung: "Un moro cordobés, llamado Audalla, / embajador del Almanzor, te pide / le des licencia." Das klingt ersteinmal nicht ungewöhnlich. Das Geschäft, das ausgehandelt werden soll, allerdings schon. Denn AUDALLA möchte für den Harem seines Herrn hundert spanische Mädchen, eskortiert von 500 Mann: "por las cien doncellas; traigo  / de resguardo para esto  / quinientos hombres no más", sozusagen als Schutzgeld, damit sie die Christen nicht angreifen. Der König solle den "mandadero de Almanzor" (Besorgungsjunge, Zuhälter, Bote des Almansor) nicht zu lange warten lassen. Der "mandadero de Almanzor" sagt zum König, er solle sich nicht täuschen lassen durch die Ratschläge seiner hervorragenden Männer: "no te engañen consejos de hombres soberbios" und er hoffe auf baldige Zustimmung für die Übersendung der einhundert spanischen Mädchen. Vorsichtshalber baut er eine Drohkulisse auf und verspricht die Entsendung von "Cien mil moros en campaña  / puede Alimanzor, mi dueño,  / poner en un mes, que pasen  / la Sierra-Morena fieros" (Hunderttausend Mauren im Feldzug kann Alimanzor, mein Besitzer, in einen Monat setzen, die die Sierra-Morena passieren).  Der König und sein Rat überlegen ernsthaft, ob sie in das Geschäft der Zuhälterei und des Menschenhandel einsteigen sollen.  NUÑO-OSORIO fragt, ob hundert Frauen gut seien für das Bett eines abscheulichen Mauren "Cien mujeres ¿es bien para la cama de un moro vil?" Ein anderer meint, was seien hundert Frauen wichtig, wenn hunderttausend Häuser im Falle einer Absage sterben?  "¿Qué importan cien mujeres, / si por negallas mueren cien mil homes?"  Dazu NUÑO-OSORIO: ¿Cien mujeres no importan? (spielen hundert Frauen keine Rolle?). Ein anderer argumentiert wieder, Wenn der Maure von Cordoba zu Fuß gehe, könne er Städte und Orte stehlen und das bringe uns in einen mageren Ruin; der Wert der Häuser sei zu bedenken: "Si el moro desde Córdoba camina,  / robando las ciudades y lugares  / y ésta nos pone en mísera ruina;  / por ciento ¿es bien que tantas desampares?"  NUÑO-OSORIO meint, man könne die Mauren auch einfach fesseln, was eher im Sinne des christlichen Glaubens sei: "Antes por una sola non cuidara / que cien homes el moro cautivara. / Digan tantas fazañas en historias / el valor de las fembras en el mundo."  Nach Gutsherrenart meint der König, EL REY ALFONSO EL CASTO, alle seien einverstanden.  NUÑO OSORIO reicht es langsam: "Saldréme yo del consejo." (Ich werde aus dem Rat aussteigen). Und wie die heutigen Politiker den Opfern des islamischen Terrorismus gerne Trost ausprechen und Mut wünschen, so auch der König den Eltern, die ihre Kinder dem Harem des Almansor opfern sollen: "y dé a sus padres consuelo; / que bien será menester  / todo su valor y esfuerzo." (Und geben Sie Ihren Eltern Trost;  / der notwendig sein wird  / ihren ganzen Mut und ihre Anstrengungen).  AUDALLA, der Zuhälter des Almanzor kommt wieder und fragt was sie denn nun beschlossen hätten: "A ver lo que acuerdas vengo... Pues, hidalgos, ¿qué tenemos? (Mal sehen, woran Sie sich erinnern, ich bin hier... Nun, hidalgos, was haben wir?)" Mache meinen, wenn man schon den Mauren ausgeliefert würde, sei es eine gute Sache, wenn die Augen schon blind seien: "Por lo menos la veré  / fasta que al moro la entreguen. / Endespués mis ojos cieguen." Bei den Mauren gebe es viele Könige und Königinnen; letztere seien aber weniger glücklich; man könne sie eher Königin des Elends nennen: "Moros hay muchos reyes.. reina seréis por dicha... -Mal dije: reina, sí; mas por desdicha-"  Andere können sich kaum vorstellen, ihre Frau bei einem Mauren zu sehen: "Doña Sancha de León,  / el mi amor, el mi principio,  / que antes ni en pos non amé  / otra fembra, por Dios vivo,  / ha de gozar un Zulema,  / un Almanzor, un Celindo?" (Doña Sancha de León, meine Liebe, mein Prinzip, die vorher nicht einmal liebte, einen anderen Glauben hat, um Gottes willen, und sie soll einen Zulema vernaschen, einen Almanzor, einen Celindo?). Manche wollen Widerstand leisten: "¿Dónde vas?...  A resistillos." (Wo gehst du hin? ...  Widerstand leisten). In der Zwischenzeit treten die Zuhälter auf und wollen das Geschäft über die Bühne bringen. AUDALLA fragt noch einmal nach: "¿Hay mujeres hermosas?" (Gibt es schöne Frauen?); der Lieferant der Frauen schwärmt: "Tan fermosas / que las de antaño exceden; mas entre ellas  / como a las hojas las bermejas rosas  / excede Sancha de León las bellas.  / Non hay entre cristianas generosas,  / atanto de casadas cual doncellas,  / fembra de más valor nin fermosura." (So schön, dass sie die von gestern übersteigen; alle übertrifft die schöne Sancha de León. Es gibt unter großzügigen Christen, unter verheirateten Frauen keine mit wertvollerem Glaube als Dienstmädchen.) Dazu AUDALLA: "Por mía la acoto" (die werde ich für mich nehmen.) Der weitere Vorgang des Geschäfts wird beschrieben: "Ya están, señor, enfrente de los moros las cien doncellas..Bien lo vi en sus lloros." (Sie sind schon, Herr, vor den Mauren die hundert Mädchen... Nun, ich sah es an ihren Schreien). Womit die Mauren allerdings nicht gerechnet hatten, war, dass die Asturier nicht so schnell aufgeben und sich nun gegen die Mauren zur Wehr setzen obwohl sie in der Minderheit: "Quinientos moros están  / armados, cual veis, enfrente: / ciento somos; toca el arma." (Fünfhundert Mauren sind bewaffnet, wie man sieht, gegenüber: hundert von uns). Mit dem Schlachtruf: "La vida presto se pierde; / la fama por siempre dura,  / y vuela de gente en gente  / fasta los fines del mundo." (Das geliehene Leben ist verloren;  Ruhm hält für immer,  und fliegt von Mensch zu Mensch fast bis zu den Enden der Welt) ziehen die neuen Amazonen gegen die Mauren und rufen immer wieder: "¡Oh valerosa asturiana!  / Si vida el cielo me ofrece,  / yo te pagaré el valor  / Santiago! ... ¡Santiago!" (O tapferer Asturianer!  Wenn mir das Leben der Himmel bietet,  Ich zahle Dir den Wert, Santiago! ... Santiago!). Der Kampf beginnt. AUDALLA ist verdutzt: "¿Qué es esto?" NUÑO OSORIO habe genug von dem Hund eines Zuhälters ("¡Oh perro!") und Denjenigen, die er bezahlt habe, sie seien gegensätzlich zum Himmel und zum Wert des Eiserns hier. "¡Oh perro! / Ésas que le han pagado son contrarias  / al cielo y al valor de aqueste fierro."  Er als Bösewicht; solle doch sehen, ob er verteidigen wolle den "pérfido Mahoma" (perfiden Muhammad): "Mira por ti, villano; a ver si toma  / tu defensión el pérfido Mahoma."  Sie kämpfen gegen Fünfhundert Mauren. Es sei ja ein "Linda fama" (schöner Ruhm), den die Mauren erwerben, wenn hundert Frauen an ihren Händen sterben! DOÑA SANCHA tritt auf, mit einer großen Anzahl von Mädchen mit Schwertern bewaffnet, die neben OSORIO stehen. DOÑA SANCHA meint zu den schwächlichen Mauren: sie könnten ja den Eintopf nehmen, den die Frauen gekocht hätten: "Llevad de aquesta guisa las mujeres". Dazu NUÑO OSORIO: "Estimo, Sancha, tus valientes manos." (Ich schätze, Sancha, deine tapferen Hände) und DOÑA SANCHA wieder: "Tú eres quien me da valor" (Du bist diejenige, die mir Mut macht), worauf NUÑO OSORIO entgegenet: "Tú eres por quien he de facer del moro estrago" (Du bist es für die ich die Verwüstung des Moors anrichten muss). Der Maure AMIR spricht beim König vor und beschwert sich, dass er von den asturischen Mädchen angegriffen und in die Flucht geschlagen wurde. Es seien auf einem Berg  plötzlich hundert Mädchen erschienen, die im Morgengrauen wie hundert leichte Sonnen aufgingen, zudem hundert Männer mit weißen Waffen. Sie kämpften gegen AUDALLA und seine fünfhundert, in Form eines offenen Mondes. Sein Geschwader sei umzingelt worden mit Armbrüsten und Speeren. Die Mädchen hätten mit Steinen und Schwertern so große Taten, so furchtbare Kunststücke vollbracht,  dass von den fünfhundert, nur hundert entkommen seien. Audalla sei gestorben, der tapferste Mann, der aus Afrika nach Spanien gekommen sei.  Diejenigen, die das Leben geschätzt hätten, seien geflohen durch diese Sierras. Er sei gekommen um sich zu beschweren und Strafe für die Mädchen zu fordern. [113]

Während der Kreuzzüge und der Reconquista würden natürlich Zeichen und Symbole des Islam in Europa entfernt. In seiner Komödie "Valor, fortuna y lealtad" geht es Lope de Vega darum, die falschen Zeichen (des Islams), "arrogantes lunas ser hijas del sol negaban" (arrogante Monde, Töchter der Sonne, die sie leugnen) zu entfernen und die richtigen Zeichen und Flaggen (des Christentums) in Spanien bzw. Europa und am "margen del mar de España" (Rand der spanischen Gewässer) bzw. im Mittelmeer aufzustellen. Nur wenn "la milicia" (das Militär) die Grenzen schütze, können Religion, Frieden, Gerechtigkeit, Wissenschaft blühen: "La religión, la paz y la justicia, / la ciencia y la milicia,  / se verán abrazadas,  / de pacífica oliva coronadas.  / Vivid siglos, vivid, y ¡plega al cielo  / que oyendo el justo celo  / y el ánimo devoto,  / vuestras banderas pongan en el remoto  / margen del mar de España,  / que las colunas baña  / que el tebano llamó fin de la tierra." Der Maure Celén Gazul hatte überall seine islamischen Fahnen und arroganten Halbmonde angebracht: "tenía Celín Gazul / de ricas tiendas formada  / una ciudad populosa,  / una portátil montaña,  / coronada de banderas  / verdes, azules y blancas,  / cuyas arrogantes lunas  / ser hijas del sol negaban." Genutzt hat es ihm nichts, denn im Zuge der Reconquista musste er in einer Schlacht das Leben lassen, islamische Flaggen und Halbmonde wurden wieder entfernt: "Murió a las manos de Tello  / Gazul; dio fin la batalla,  / y yo a lo demás, pues viene  / con diez banderas ganadas,  / ricos despojos y esclavos." Nicht aus einer Art Rassismus werden die islamischen Mauren in Spanien bekämpft, sondern "Porque no creen en Dios  y en su siempre Virgen Madre" (Weil sie nicht an Gott glauben und an seine immerwährende Jungfrau Mutter). Daher hat man auch Schwierigkeiten sie als Männer anzuerkennen: "¿Éstos son moros? Parecen hombres." (Sind das Mauren? Sieht aus wie Männer). [114] 

Hatte Thomas von Aquin den Islam philosophisch widerlegt, Johannes von Damaskus, Nikolaus von Kues und andere die Falschheit des Koran bewiesen, so zeigen Dichter wie Lope des Vega, Calderon und Cervantes, wie sogar Muslime selbst an Mohammed zweifeln und dem Islam den Rücken kehren. In einer anderen Komödie wird die Unsinnigkeit des Islam von Muslimen eingesehen. GAZUL hatte von EL CAPITÁN PIMENTEL erfahren, dass er für das Kreuz und gegen den Koran kämpfe: "Profesión por su cruz hago / de ir contra vuestro Alcorán." Auch GAZUL beginnt zu zweifeln am Koran und an Allah, der ihm inzwischen völlig verrückt erscheint:: "¡Loco estoy, por Alá, de verte loca!" (Verrückt bin ich, für Allah, dich verrückt zu sehen!). Auch Mohammed könne der Teufel holen, bzw. was an Mähne und Schweif befestigt sei: "Ponte a enlazar las crines y la cola. / ¡Por vida de Mahoma! ¡De un villano!"  Auch die Mauren ALQUINDO und CELINDO sind ähnlich wie GAZUL von Allah enttäuscht. Angesichts ihres kurzen Lebens fragen sie "¿Fuese el traidor? (War er der Verräter?). CELINDO meint in Bezug auf den verrückten Allah: "Se escapó; acometió, pero huyó, / que tiene estos falsos modos, / y por en medio de todos / a su Medina volvió." (Er entkam; er eilte, aber er, der diese falschen Modi hat, floh inmitten aller zu seinem Medina zurück).  Selbst ZARO, einst Maurenkönig in Murcia "rey de Murcia", hat sein Königreich verloren, dafür aber ein neues Königreich gefunden: er wolle Christ werden und er bewundere die christlichen Könige und Ritter. Der christliche Gott, möge ihm sein Licht geben, er habe deutlich gesehen, dass sein Prophet (Mohammed), dessen Gesetze er aufgebe, fälschlicherweise eine irreführende Sekte erfunden habe; dass es keine Wahrheit gibt als Christus. Und beim Kreuz seines Banners, schwor er, Christ zu sein. Er werde sein Königreich wachsen lassen, und er werde endlich wieder sein, wer er wirklich sei: "Y espero en la santa mano / de Dios, que su luz me dé, / que ya claramente he visto / que esto de nuestro Profeta, / de cuyas leyes desisto, / es falsa engañosa secta; / que no hay más verdad que Cristo. / Del Maestre, que traté / algunos días, cobré / a su ley esta opinión, / y a la cruz de su pendón, / de ser cristiano juré, / ... que si esto al cristiano soy, /  haré que su reino aumente, / y volveré a ser quien soy." [115] 
 

"Es wurden geistliche Ritterorden, gleich den Mönchsorden, gestiftet. Den Mitgliedern derselben wurde dieselbe mönchische Aufopferung auferlegt, die Entbehrung alles Weltlichen. Zugleich aber übernahmen sie den Schutz der Pilgrime, ihre Pflicht war demnach auch vor allem ritterliche Tapferkeit. Endlich waren sie auch zur Versorgung und Verpflegung der Armen und Kranken verpflichtet. Die Ritterorden teilten sich in diese drei: in den Johanniterorden, Tempelorden und deutschen Orden. Diese Assoziationen unterschieden sich wesentlich von dem selbstsüchtigen Prinzip des Feudalwesens. Mit fast selbstmörderischer Tapferkeit opferten sich die Ritter für das Gemeinsame auf. So treten diese Orden aus dem Kreise des Vorhandenen aus und bilden ein Netz der Verbrüderung über ganz Europa."  - G.W.F. Hegel, Philosophie der Geschichte IV, 2 


Der berühmte Scholastiker Anselmus sagt: »Wenn man zum Glauben gekommen ist, so ist es eine Nachlässigkeit, sich nicht auch durch das Denken vom Inhalt des Glaubens zu überzeugen.« Christliche Philosophie und Wissenschaft wurden geplegt. "Frankreich fing überhaupt damals an, als Mittelpunkt der Christen angesehen zu werden; von dort gingen die ersten Kreuzzüge aus, und von französischen Heeren wurden sie ausgeführt; dahin flüchteten sich die Päpste aus ihren Kämpfen mit den deutschen Kaisern und mit den neapolitanischen und sizilianischen Normannenfürsten, und dort schlugen sie eine Zeitlang ihren bleibenden Wohnsitz auf. – Wir sehen in dieser Zeit nach den Kreuzzügen auch schon Anfänge der Kunst, der Malerei; schon während derselben hatte sich eine eigentümliche Poesie hervorgebracht." [116] 
 
 

22. Renaissance, Kunst und Wissenschaft 

Das Eindringen der gothischen Architektur und des mit ihr verbundenen Studiums der nordisch-einheimischen Natur in Italien war der befruchtende Funken, der neues Leben in die Auffassung der antiken Formen bringen sollte. Ihre Aufnahme und sofortige Umbildung durch die Meister des Florentiner Doms, von Arnolfo di Lapo bis zu Orcagna, Giovanni di Lapo Ghini und Brunellesco, bildeten das erste lebendige Bündnis zwischen Antike und Gothik, bereits zum Geiste der Renaissance gehörig. Nach Dr. Heinrich Baron von Geymüller, Architekt und Mitglied des Institut de France in Paris, sei "die Renaissance - die kirchliche, wie die profane - das grösste Ereignis der Weltgeschichte seit Entstehung des Christentums, tatsächlich auch architektonisch ein Ereignis von gleicher Bedeutung." [117] 
"Die damalige Architektur Frankreichs ist das Ergebnis des innigsten Bundes, der zwischen den zwei reifsten und edelsten Stilen der Christenheit, der französischen Gothik und der italienischen Renaissance, je geschaffen wurde." - Heinrich Baron von Geymüller
Woran lässt sich die Bedeutung der Renaissance für die Länder Europas erkennen? Es hat in diesen Ländern einen enormen Aufschwung in Kunst und Wissenschaft gegeben, der bis heute nachwirkt. Davon nicht betroffen waren allerdings die Länder, die zu dieser Zeit noch von den Osmanen besetzt waren und noch nicht durch die Reconquista, wie oben beschrieben, befreit wurden während der Renaissance und auch der Barock-Zeit. Das waren zum Beispiel Griechenland und alle heutigen muslimischen Länder. Die muslimischen Osmanen in den besetzten Gebieten verhinderten jegliche Entwicklung in Kunst und Wissenschaft. Die Folgen lassen sich so beschreiben: Die Staaten Südosteuropas leiden mehr oder weniger stark unter dem osmanischen Erbe des Klientelismus. Als im Europa der Renaissance die allgemeine Modernisierung begann, verschwand der Südosten des Kontinents gewissermaßen hinter einem eisernen Vorhang. Die osmanische Herrschaft, die in großen Teilen Griechenlands und des Balkans von der Mitte des 15. bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts dauerte, veränderte diese Länder stark: Eine der ersten Maßnahmen der neuen Herrscher war die Vernichtung der alten Aristokratie, da diese die Führung in Aufständen hätte übernehmen können. Als lokale Führungskräfte blieben nur die ursprünglich gewählten Dorfbürgermeister übrig, die sogenannten Muchtare, die die osmanische Regierung vor Ort vertraten. Die osmanische Herrschaft führte dazu, dass die Griechen den Staat nur als Ausbeuter erlebten. Während in Westeuropa ein selbstbewusstes Bürgertum entstand, das sich mit dem eigenen Staatswesen identifizierte, war der Staat für die Griechen gleichbedeutend mit Fremdherrschaft, gegen die es sich zu wehren galt und die man hasste. Steuervermeidung und Diebstahl staatlichen Eigentums waren typische Abwehrreaktionen. [118] 

In Ländern außerhalb der osmanischen Herrschaft wie Italien wiederholt sich dasselbe Schauspiel, das wir in Deutschland gesehen, dass nämlich mehr Selbständigkeit erlangt wird. "Das Kriegführen wurde dort durch die Condottieri zu einem förmlichen Handwerk. Die Städte mussten auf ihr Gewerbe sehen und nahmen deshalb Söldner in Dienst, deren Häupter häufig Dynasten wurden; Franz Sforza machte sich sogar zum Herzog von Mailand. In Florenz wurden die Medici, eine Familie von Kaufleuten, herrschend. Die größeren Städte Italiens unterwarfen sich wiederum eine Menge von kleineren und von Dynasten. Ebenso bildete sich ein päpstliches Gebiet. Auch hier hatten sich eine unzählige Menge von Dynasten unabhängig gemacht; nach und nach wurden sie sämtlich der einen Herrschaft des Papstes unterworfen. Wie zu dieser Unterwerfung im sittlichen Sinne durchaus ein Recht vorhanden war, ersieht man aus der berühmten Schrift Macchiavellis »der Fürst«. Oft hat man dieses Buch, als mit den Maximen der grausamsten Tyrannei erfüllt, mit Abscheu verworfen, aber in dem hohen Sinne der Notwendigkeit einer Staatsbildung hat Macchiavelli die Grundsätze aufgestellt, nach welchen in jenen Umständen die Staaten gebildet werden mussten. Die einzelnen Herren und Herrschaften mussten durchaus unterdrückt werden, und wenn wir mit unsrem Begriffe von Freiheit die Mittel, die er uns als die einzigen und vollkommen berechtigten zu erkennen gibt, nicht vereinigen können, weil zu ihnen die rücksichtsloseste Gewalttätigkeit, alle Arten von Betrug, Mord usw. gehören, so müssen wir doch gestehen, dass die Dynasten, die niederzuwerfen waren, nur so angegriffen werden konnten, da ihnen unbeugsame Gewissenlosigkeit und eine vollkommene Verworfenheit durchaus zu eigen waren. In Frankreich wird die Blüte der Poesie durch die Troubadours sowie die Ausbildung der scholastischen Philosophie bzw. Theologie geplegt, deren eigentlicher Mittelpunkt Paris war; so erhielt Frankreich eine Bildung, "welche es vor den übrigen europäischen Staaten voraus hatte, und welche demselben im Auslande Achtung verschaffte." Als in England der Druck und die Anforderungen von seiten des Königs zu groß wurden, kam es zu Zwistigkeiten, selbst zum Kriege: die Barone zwangen den König Johann, "die magna charta, die Grundlage der englischen Freiheit, das heißt, besonders der Privilegien des Adels, zu beschwören. Unter diesen Freiheiten stand die richterliche oben an: keinem Engländer sollte ohne ein gerichtliches Urteil von seinesgleichen Freiheit der Person, Vermögen oder Leben genommen werden. Jeder sollte ferner die freie Disposition über sein Eigentum haben. Der König sollte ferner keine Steuern auflegen ohne Zustimmung der Erzbischöfe, Bischöfe, Grafen und Barone. Auch die Städte erhoben sich bald, von den Königen gegen die Barone begünstigt, zum dritten Stand und zur Repräsentation der Gemeinen. Dennoch war der König immer sehr mächtig, wenn er Charakterstärke besaß; seine Krongüter verschafften ihm ein gehöriges Ansehen; später jedoch wurden dieselbigen nach und nach veräußert, verschenkt, so dass der König dazu kam, vom Parlamente Subsidien zu empfangen." [119]

In Europa, vor allem in Italien, dann in anderen europäischen Ländern entstehen die bedeutenden Kunstwerke der Renaissance, gemalt von Künstlern wie Andrea Solari, Leonardo da Vinci, Bernadino Luini, Andrea Mantegna, Jan van Eyck, Rogier van der Weyden, Stefan Lochner, Giotto di Bondone, Luca Signorelli, Piero della Francesca, Perugino, Michelangelo, Raffael (Raffaello Sanzio), Sandro Botticelli, Benozzo Gozzoli, Fra Angelico, Pinturicchio, Domenico Ghirlandaio, Filippo Lippi, Filippino Lippi, Albrecht Dürer, Bernard van Orley, Ambrogio da Fossano detto il Bergognone und vielen anderen: "Der Himmel des Geistes klärt sich für die Menschheit auf. Mit der Beruhigung der Welt zur Staatsordnung, die wir gesehen, war noch ein weiterer, konkreterer Aufschwung des Geistes zur edleren Menschlichkeit verbunden. Man hat das Grab, das Tote des Geistes, und das Jenseits aufgegeben. Das Prinzip des Dieses, welches die Welt zu den Kreuzzügen getrieben, hat sich vielmehr in der Weltlichkeit für sich entwickelt: der Geist hat es nach außen entfaltet und sich in dieser Äußerlichkeit ergangen. Die Kirche aber ist geblieben und hat es an ihr behalten; doch auch in ihr ist geschehen, dass es nicht als Äußerlichkeit in seiner Unmittelbarkeit an ihr geblieben, sondern verklärt worden ist durch die Kunst. Die Kunst begeistert, beseelt diese Äußerlichkeit, das bloß Sinnliche mit der Form, welche Seele, Empfindung, Geist ausdrückt, so dass die Andacht nicht bloß ein sinnliches Dieses vor sich hat und nicht gegen ein bloßes Ding fromm ist, sondern gegen das Höhere in ihm, die seelenvolle Form, welche vom Geiste hineingetragen ist. – Es ist etwas ganz andres, wenn der Geist ein bloßes Ding, wie die Hostie als solche, oder irgendeinen Stein, Holz, ein schlechtes Bild vor sich hat oder ein geistvolles Gemälde, ein schönes Werk der Skulptur, wo sich Seele zu Seele und Geist zu Geist verhält. Dort ist der Geist außer sich, gebunden an ein ihm schlechthin andres, welches das Sinnliche, Ungeistige ist. Hier aber ist das Sinnliche ein Schönes und die geistige Form das in ihm Beseelende und ein in sich selbst Wahres. Aber einerseits ist dies Wahre, wie es erscheint, nur in der Weise eines Sinnlichen, nicht in seiner ihm selbst gemäßen Form; und anderseits, wenn die Religion die Abhängigkeit sein soll von einem wesentlich außerhalb Seienden, von einem Ding, so findet die Art Religion im Verhältnis zum Schönen nicht ihre Befriedigung, sondern für eine solche sind ganz schlechte, hässliche, platte Darstellungen das ebenso Zweckmäßige oder das vielmehr Zweckmäßigere. Wie man denn auch sagt, dass die wahrhaften Kunstwerke, z. B. Raphaels Madonnenbilder, nicht die Verehrung genießen, nicht die Menge von Gaben empfangen, als vielmehr die schlechten Bilder vornehmlich aufgesucht werden und Gegenstand der größeren Andacht und Freigebigkeit sind; wogegen die Frömmigkeit bei jenen vorbeigeht, indem sie sich durch sie innerlich aufgefordert und angesprochen fühlen würde; aber solche Ansprüche sind da ein Fremdartiges, wo es nur um das Gefühl selbstloser Gebundenheit und abhängiger Dumpfheit zu tun ist. – So ist die Kunst schon aus dem Prinzip der Kirche herausgetreten. Da sie aber nur sinnliche Darstellungen hat, so gilt sie zunächst als etwas Unbefangenes. Daher ist die Kirche ihr noch gefolgt, trennte sich aber dann von dem freien Geiste, aus dem die Kunst hervorgegangen war, als derselbe sich zum Gedanken und zur Wissenschaft erhob." [120]

Unterstützt und gehoben wurde die Kunst durch das Studium des Altertums, "das Abendland wurde durch dasselbe mit dem Wahrhaften, Ewigen der menschlichen Betätigung bekannt. Äußerlich ist dieses Wiederaufleben der Wissenschaft durch den Untergang des byzantinischen Kaisertums herbeigeführt worden. Eine Menge Griechen haben sich nach dem Abendlande geflüchtet und die griechische Literatur daselbst hingebracht; und sie brachten nicht allein die Kenntnis der griechischen Sprache mit, sondern auch die griechischen Werke selbst. Sehr wenig war davon in den Klöstern aufbewahrt geblieben, und die Kenntnis der griechischen Sprache war kaum vorhanden. Mit der römischen Literatur war es anders, es herrschten hier noch alte Traditionen: Virgil galt als ein großer Zauberer (bei Dante ist er Führer in der Hölle und dem Fegefeuer). Durch den Einfluss der Griechen nun kam die alte griechische Literatur wieder auf; das Abendland war fähig geworden, sie zu genießen und anzuerkennen; es erschienen ganz andre Gestalten, eine andre Tugend, als es bisher kannte; es erhielt einen ganz andern Maßstab für das, was zu ehren, zu loben und nachzuahmen sei. Ganz andre Gebote der Moral stellten die Griechen in ihren Werken auf, als das Abendland kannte; an die Stelle des scholastischen Formalismus trat ein ganz andrer Inhalt: Plato wurde im Abendlande bekannt, und in diesem ging eine neue menschliche Welt auf. Die neuen Vorstellungen fanden ein Hauptmittel zu ihrer Verbreitung in der eben erfundenen Buchdruckerkunst, welche wie das Mittel des Schießpulvers dem modernen Charakter entspricht und dem Bedürfnisse, auf eine ideelle Weise miteinander in Zusammenhang zu stehen, entgegengekommen ist. Insofern sich in dem Studium der Alten die Liebe zu menschlichen Taten und Tugenden kundtat, hat die Kirche daran noch kein Arges gehabt, und sie hat nicht bemerkt, dass in jenen fremden Werken ihr ein ganz fremdes Prinzip entgegentrat. Eine dritte Haupterscheinung, die zu erwähnen ist, wäre dieses Hinaus des Geistes, diese Begierde des Menschen, seine Erde kennen zu lernen. Der Rittergeist der portugiesischen und spanischen Seehelden hat einen neuen Weg nach Ostindien gefunden und Amerika entdeckt. Auch dieser Fortschritt ist noch innerhalb der Kirche geschehen. Der Zweck des Kolumbus war auch besonders ein religiöser: die Schätze der reichen noch zu entdeckenden indischen Länder sollten, seiner Ansicht nach, zu einem neuen Kreuzzuge verwendet und die heidnischen Einwohner derselben zum Christentume bekehrt werden. Der Mensch erkannte, dass die Erde rund, also ein für ihn Abgeschlossenes sei, und der Schiffahrt war das neu erfundene technische Mittel der Magnetnadel zugute gekommen, wodurch sie aufhörte, bloß Küstenschiffahrt zu sein; das Technische findet sich ein, wenn das Bedürfnis vorhanden ist. Diese drei Tatsachen der sogenannten Restauration der Wissenschaften, der Blüte der schönen Künste und der Entdeckung Amerikas und des Weges nach Ostindien sind der Morgenröte zu vergleichen, die nach langen Stürmen zum ersten Male wieder einen schönen Tag verkündet. Dieser Tag ist der Tag der Allgemeinheit, welcher endlich nach der langen folgenreichen und furchtbaren Nacht des Mittelalters hereinbricht, ein Tag, der sich durch Wissenschaft, Kunst und Entdeckungstrieb, das heißt, durch das Edelste und Höchste bezeichnet, was der durch das Christentum frei gewordene und durch die Kirche emanzipierte Menschengeist als seinen ewigen und wahren Inhalt darstellt." [121]
 
 

23. Die Neuzeit; Faust; Hexenprozesse; Spee und Leibniz; Staatsbildung; Aufklärung und Revolution

Ist heute durch die vielen Missbrauchsfälle und die Förderung des Islam in Europa, die Kirche verdorben, so benötigte sie zu Beginn der Neuzeit ebenfalls eine Reformation. "Die Reformation ist aus dem Verderben der Kirche hervorgegangen. Das Verderben der Kirche ist nicht zufällig, nicht nur Missbrauch der Gewalt und Herrschaft. Missbrauch ist die sehr gewöhnliche Weise, ein Verderben zu benennen...  Das Verderben der Kirche hat sich aus ihr selbst entwickelt; es hat eben sein Prinzip darin, dass das Dieses als ein Sinnliches in ihr, dass das Äußerliche, als ein solches, innerhalb ihrer selbst sich befindet."  [122]

Es war nicht nur in der islamischen, sondern mittlerweile auch in der christlichen "Frömmigkeit" Aberglauben. "Gebundensein an ein Sinnliches, an ein gemeines Ding, – in den verschiedensten Gestalten: – Sklaverei der Autorität, denn der Geist als in ihm selbst außer sich, ist unfrei, außer sich festgehalten; – Wunderglauben der ungereimtesten und läppischsten Art, denn das Göttliche wird auf eine ganz vereinzelte und endliche Weise für ganz endliche und besondere Zwecke dazusein gemeint; – dann Herrschsucht, Schwelgerei, alle Verdorbenheit der Roheit und Gemeinheit, Heuchelei, Betrug, – alles dieses tut sich in ihr auf; denn das Sinnliche überhaupt ist in ihr nicht durch den Verstand gebändigt und gebildet; es ist frei geworden, und zwar frei nur auf eine rohe, wilde Weise. – Auf der andern Seite ist die Tugend der Kirche, als negativ gegen die Sinnlichkeit, nur abstrakt negativ; sie weiß nicht sittlich in derselben zu sein und ist daher nur fliehend, entsagend, unlebendig in der Wirklichkeit. Diese Kontraste innerhalb ihrer, – rohes Laster und Begierde und die alles aufopfernde Erhabenheit der Seele –, werden noch stärker durch die Energie, in welcher der Mensch nun in seiner subjektiven Kraft gegen die äußerlichen Dinge, in der Natur sich fühlt, in welcher er sich frei weiß, und so ein absolutes Recht nun für sich gewinnt. – Die Kirche, welche die Seelen aus dem Verderben retten soll, macht diese Rettung selbst zu einem äußeren Mittel und ist jetzt dazu herabgesunken, dieselbe auf eine äußerliche Weise zu bewerkstelligen. Der Ablass der Sünden, die höchste Befriedigung, welche die Seele sucht, ihrer Einigkeit mit Gott gewiss zu sein, das Tiefste, Innerste wird dem Menschen auf die äußerlichste, leichtsinnigste Weise geboten, – nämlich mit bloßem Gelde zu kaufen, und zugleich geschieht dieses für die äußerlichsten Zwecke der Schwelgerei. Zwar ist ein Zweck wohl auch der Bau der Peterskirche, des herrlichsten Baues der Christenheit in dem Mittelpunkte der Residenz der Religion. Aber wie das Kunstwerk aller Kunstwerke, die Athene und ihre Tempelburg zu Athen, von dem Gelde der Bundesgenossen Athens aufgerichtet wird und diese Stadt um ihre Bundesgenossen und ihre Macht bringt, so wird die Vollendung dieser Kirche des h. Petrus und Michel Angelos jüngstes Gericht in der päpstlichen Kapelle das jüngste Gericht und der Sturz dieses stolzen Baues." [123]

Die lutherische Lehre war früher die eigentlich katholische Lehre ohne die Missbräuche, später unterschied sie sich allerding kaum vom Arianismus oder Mohammedanismus. Luther stimmte darin mit der katholischen Kirche überein, dass Christus ein Gegenwärtiges sei, im Geiste. "Der Geist Christi erfülle wirklich das menschliche Herz, Christus sei also nicht bloß als historische Person zu nehmen, sondern der Mensch habe zu ihm ein unmittelbares Verhältnis im Geiste. Indem das Individuum nun weiß, dass es mit dem göttlichen Geiste erfüllt ist, so fallen damit alle Verhältnisse der Äußerlichkeit weg: es gibt jetzt keinen Unterschied mehr zwischen Priester und Laien, es ist nicht eine Klasse ausschließlich im Besitz des Inhalts der Wahrheit wie aller geistigen und zeitlichen Schätze der Kirche; sondern es ist das Herz, die empfindende Geistigkeit des Menschen, die in den Besitz der Wahrheit kommen kann und kommen soll, und diese Subjektivität ist die aller Menschen. Jeder hat an sich selbst das Werk der Versöhnung zu vollbringen. – Der subjektive Geist soll den Geist der Wahrheit in sich aufnehmen und in sich wohnen lassen. Hiemit ist die absolute Innigkeit der Seele, die der Religion selbst angehört, und die Freiheit in der Kirche gewonnen... Auch auf die katholische Kirche hat die Reformation einen wesentlichen Einfluss gehabt: sie hat die Zügel fester angezogen und hat das, was ihr am meisten zur Schande gereichte, das Schreiendste der Missbräuche abgeschafft. Vieles, was außerhalb ihres Prinzips lag, und worin sie bisher unbefangen mitgegangen war, verwarf sie nun, die Kirche machte Halt: bis hieher und nicht weiter; sie trennte sich von der aufblühenden Wissenschaft, von der Philosophie und humanistischen Literatur und hatte bald Gelegenheit, ihren Widerwillen gegen Wissenschaftliches kundzugeben. Der berühmte Korpernikus hatte gefunden, dass die Erde und die Planeten sich um die Sonne drehen, aber gegen diesen Fortschritt erklärte sich die Kirche. Galiläi, der in einem Dialoge die Gründe für und wider die neue Entdeckung des Korpernikus auseinandergelegt hatte (allerdings so, dass er sich für dieselbe erklärte), musste auf den Knien für dieses Verbrechen Abbitte tun. Die griechische Literatur wurde nicht zur Grundlage der Bildung gemacht; die Erziehung wurde den Jesuiten übergeben. – So sinkt der Geist der katholischen Welt im ganzen zurück." [124]

Der Protestantismus mit seiner Bilderstürmerei hat viele ehemals katholische Kirchen schändlich geplündert und verunstaltet und hat daher lange Zeit den "Charakter einer innerlichen Quälerei und einer Jämmerlichkeit in sich gehabt, was heutzutage viele bewogen hat, zum Katholizismus überzutreten, um gegen diese innere Ungewissheit eine förmliche breite Gewissheit an dem imponierenden Ganzen der Kirche zu erhalten." Heute ist der Unterschied zwischen katholischer und evangelischer bzw. protestantischer Kirche eher gering; beide sind mit verantwortlich für die Ausbreitung und Förderung des Islam in Europa; früher waren beide Kirchen an Hexenprozessen beteiligt: "Hiermit hängt auch noch eine weitere wunderbare Erscheinung zusammen, welche der katholischen und protestantischen Welt gemeinschaftlich gewesen. Der Mensch ist ins Innerliche, Abstrakte getrieben, und das Geistliche ist als vom Weltlichen verschieden gehalten worden. Das aufgegangene Bewusstsein der Subjektivität des Menschen, der Innerlichkeit seines Wollens hat den Glauben an das Böse, als eine ungeheure Macht der Weltlichkeit, mitgebracht. Dieser Glaube ist dem Ablass parallel: sowie man sich für den Preis des Geldes die ewige Seligkeit erkaufen konnte, so glaubte man nun, man könne für den Preis seiner Seligkeit durch einen mit dem Teufel gemachten Bund sich die Reichtümer der Welt und die Macht für seine Begierden und Leidenschaften erkaufen. So ist jene berühmte Geschichte von Faust entstanden, der sich aus Überdruss der theoretischen Wissenschaft in die Welt gestürzt und mit Verlust seiner Seligkeit alle Herrlichkeit derselben erkauft habe. Faust hätte dafür, nach dem Dichter, die Herrlichkeit der Welt genossen; aber jene armen Weiber, die man Hexen nannte, sollten nur die Befriedigung einer kleinen Rache an ihrer Nachbarin gehabt haben, wenn sie der Kuh die Milch versetzten oder das Kind krank machten. Man hat aber gegen sie nicht die Größe des Schadens beim Verderben der Milch oder Krankwerden des Kindes usf. in Anschlag gebracht, sondern hat abstrakt die Macht des Bösen in ihnen verfolgt. So sind denn in dem Glauben an diese abgetrennte, besondre Macht der Weltlichkeit, an den Teufel und dessen List in den katholischen sowohl wie in den protestantischen Ländern eine unendliche Menge von Hexenprozessen eingeleitet worden. Man konnte den Angeklagten ihre Schuld nicht beweisen, man hatte sie nur in Verdacht: es war somit nur ein unmittelbares Wissen, worauf sich diese Wut gegen das Böse gründete. Man sah sich allerdings genötigt, zu Beweisen fortzugehen, aber die Grundlage der Prozesse war nur eben der Glaube, dass Personen die Macht des Bösen haben. Es war dies wie eine ungeheure Pest, welche die Völker vorzüglich im sechzehnten Jahrhundert durchrast hat. Der Hauptgrund war die Verdächtigkeit. In gleicher Fürchterlichkeit erscheint dieses Prinzip des Verdachts unter der römischen Kaiserherrschaft und unter der Schreckensherrschaft Robespierres, wo die Gesinnung als solche bestraft wurde. Bei den Katholiken waren es die Dominikaner, welchen, wie die Inquisition überhaupt, so auch die Hexenprozesse anvertraut waren. Gegen sie schrieb der Pater Spee, ein edler Jesuit, eine Schrift (von ihm rührt auch eine Sammlung herrlicher Gedichte unter dem Titel Trutznachtigall her), aus welcher man in diesen Fällen die ganze Fürchterlichkeit der Kriminaljustiz kennen lernt. Die Tortur, welche nur einmal angewendet werden sollte, wurde solange fortgesetzt, bis das Geständnis erfolgte. Wenn die Angeklagte Person aus Schwäche bei der Tortur in Ohnmacht verfiel, so hieß es, der Teufel gebe ihr Schlaf; bekam sie Krämpfe, so sagte man, der Teufel lache aus ihr; hielt sie standhaft aus, der Teufel gebe ihr Kraft. Wie eine epidemische Krankheit haben sich diese Verfolgungen über Italien, Frankreich, Spanien und Deutschland verbreitet. Der ernste Einspruch aufgeklärter Männer, als Spees und andrer, bewirkte schon sehr viel. Mit dem größten Erfolg widersetzte sich aber zuerst Thomasius, Professor zu Halle, diesem durchgreifenden Aberglauben. Die ganze Erscheinung ist an und für sich höchst wunderbar, wenn wir bemerken, wie es noch gar nicht lange ist, dass wir aus dieser furchtbaren Barbarei heraus sind (noch im Jahre 1780 wurde zu Glarus in der Schweiz eine Hexe verbrannt)." Der Jesuitenpater Friedrich Spee gilt auch nach Leibniz als "einer der hervorragendsten Männer seines Ordens"  [125]

Verständlich, wenn Leibniz auf das Urteil eines "bornierten Gelehrten" verzichtet, insbesondere, wenn es von Universitäten stammt, an denen eine materialistisch-mechanistische Weltanschauung verbreitet ist. Heute sind es vor allem die Universitäten, die Versuchskaninchen für zweifelhafte gentechnisch veränderte Pflanzen, Tiere, Medikamente und Impfstoffe (mRNA- und Vektor-Impfstoffe) benötigen. Solche Gelehrten glauben nach Leibniz, "sie hätten das Recht, über alles hochtönend zu reden und sich als Zensoren erheben zu können. Ich werde darum in solchen Dingen stets das Urteil einer geistvollen und unvoreingenommenen Person dem eines bornierten Gelehrten vorziehen." Auch unter heutigen Wissenschaftlern gibt es diejenigen, die gar nicht nachdenken und diejenigen, die von falschen Prinzipien ausgehen wie Ugur Sahin von Biontech mit seinem Bundesverdienstkreuz. In den Komödien der damaligen Zeit wurde viel über Ärzte gespottet, man zeigte den Stadtphysicus, wie er seine goldenen Medaillen vorzeigte, "auch die Frau Doktorin, erschien auf einer Sänfte, die ihre Türken trugen". Von manch einem Wissenschaftler sagt Leibniz "dass er einer der gelehrtesten Männer der Welt gewesen ist, doch nehme ich die Wissenschaften aus, die das Nachdenken fordern; in denen hat er große Fehler gemacht."   [126]

"Erbitterte Eiferer" gab es früher und gibt es heute nicht nur in der Wissenschaft sondern vor allem auf dem Gebiet der Religion, speziell im Islam. Es sind die , "welche alle diejenigen dem Teufel anheimgeben, die nicht mit jeder ihrer Lieblingsvorstellungen übereinstimmen." Wenn man sich heute die muslimischen Eiferer ansieht, ist klar, was sie unter Gott verstehen. Sie verachten vor allem die Christen und "machen aus Gott einen Tyrannen und etwas noch Niedrigeres, indem sie ihm so grausame wie lächerliche Absichten unterstellen. Und wenn man ihnen diesen entsetzlichen Übelstand vor Augen führt, ereifern sie sich in ihren Reden gegen die Vernunft, das heißt gegen die ewige Wahrheit, die Gott selber ist." Erbitterte Eiferer gab es damals auch in der christlichen Kirche - man denke nur an die Hexenprozesse. Leibniz übersetzte das berühmte Buch des Pater Friedrich von Spee, das über die Hexenprozesse aufklärte, ins Französische. "Dieser Pater war ein großer Mann seiner Art, der es verdiente, besser bekannt zu sein, als er es ist." Sein Buch, "das in der Welt viel Aufsehen erregt hat, das aus dem lateinischen Original, das unter dem Titel Cautio criminalis erschien, in viele Sprachen übersetzt wurde und das die Hexenverbrenner sehr aufgebracht hat, ohne dass sie herausbringen konnten, woher es stamme." Der Jesuitenpater Friedrich Spee gilt nach Leibniz als "einer der hervorragendsten Männer seines Ordens". Er entstammte einer westfälischen Adelsfamilie. Der Pater hielt sich gerade in Franken auf, "als man dort wütend alle angeblichen Hexen verbrannte, und begleitete mehrere von ihnen zum Scheiterhaufen. Aus ihren Geständnissen und aus den von ihm angestellten Nachforschungen erkannte er die Unschuld, und das ging ihm so zu Herzen, dass er sich trotz der Gefahr, die das Aussprechen der Wahrheit damals mit sich brachte, zur Abfassung dieses Werkes entschloß ohne jedoch seinen Namen anzugeben." [127]

Worauf es ankommt, ist nach Leibniz eine andere Art der Frömmigkeit. "Ich wünschte sogar, dass das aus einer grundsätzlichen Frömmigkeit heraus geschähe, die Frucht einer wohlverstandenen Wissenschaft wäre anstatt ihr entgegengesetzt zu sein, und das man das schöne Wort eines Heiden bedächte, der sagt, man könne der Gottheit keinen schöneren Lobgesang darbringen als durch Bekanntmachung der wunderbaren Kunstfertigkeit der Natur. Man weiß auch, dass Davids Psalmen und die anderen Gesänge der alten Hebräer alle angefüllt sind mit Zeugnissen für die Bewunderung der Werke Gottes in der Natur: und das die alten Priester und Weisen die größten Philosophen und Naturforscher waren. ... Wenn wir hierüber genügend nachdächten, wäre die Frömmigkeit reiner und wirksamer und hätte im Geist vieler Menschen festere Wurzeln als jetzt, wenn man nur aufgrund von Nachahmung oder Vorgabe darangehen will, Gott zu lieben, ohne das zu kennen, was ihn bewunderungswürdig macht. Daher finde ich, dass die Forderung gewisser Pietisten, die wollen, man solle Gott lieben und dabei gewissermaßen mit der Geistestätigkeit innehalten und seine Eigenschaften und Handlungen nicht wahrnehmen, auf etwas unbegreifliches zielt und geeignet ist, die wahre Frömmigkeit zu zerstören unter dem Vorwand, sie zu steigern." [128]

Besonnenes Handeln in Politik, Erziehung und Wirtschaft funktioniert nach Leibniz aber nur, wenn man über das Wesen des Menschen im Bilde ist. "In einem organischen Körper gibt es nur eine beherrschende und vorzüglichste Einheit, die seine Seele ist. Das ist das Ich in uns, das durchaus über der Mehrzahl der anderen Seelen steht, weil es Geist ist und vermittels universeller, notwendiger und ewiger Wahrheiten urteilt, die weder auf die Sinne noch auf die Herleitung von Beispielen gegründet sind, sondern auf das innere und göttliche Licht der Ideen, die die rechte Vernunft ausmachen." [129] 

In der Neuzeit beginnt auch die Verwandlung der Gewalten, Geschäfte, Pflichten und Rechte, die dem Begriffe nach dem Staate zugehören, und die zu Privateigentum und zu Privatverbindlichkeiten geworden waren, in Staatsbesitz. "Die Rechte der Dynasten und Barone sind unterdrückt worden, indem sie sich mit Staatsämtern begnügen mussten. Diese Umwandlung der Rechte der Vasallen in Staatspflichten hat sich in den verschiedenen Reichen auf verschiedene Weise gemacht. In Frankreich z. B. wurden die großen Barone, welche Gouverneurs von Provinzen waren, die solche Stellen als Rechte ansprechen konnten und gleichwie die türkischen Paschas aus den Mitteln derselben Truppen hielten, welche sie jeden Augenblick gegen den König auftreten lassen konnten, herabgesetzt zu Güterbesitzern, zu Hofadel, und jene Paschaschaften wurden zu Stellen, welche nun als Ämter erteilt wurden; oder der Adel wurde zu Offizieren, Generalen der Armee, und zwar der Armee des Staates verwendet. In dieser Beziehung ist das Aufkommen der stehenden Heere so wichtig, denn sie geben der Monarchie eine unabhängige Macht und sind ebenso nötig zur Befestigung des Mittelpunkts gegen die Aufstände der unterworfenen Individuen, als sie nach außenhin den Staat verteidigen. Die Abgaben hatten freilich noch keinen allgemeinen Charakter, sondern bestanden in einer unendlichen Menge von Gefällen, Zinsen und Zöllen, außerdem in Subsidien und Beiträgen der Stände, welchen dafür das Recht der Beschwerden, wie jetzt noch in Ungarn, zustand. ... Es würde zu weit führen, den Gang der Depression der Aristokratie in den einzelnen Reichen näher zu verfolgen. Das Hauptinteresse war, wie schon gesagt, dass die Privatrechte der Dynasten geschmälert wurden, und dass ihre Herrschaftsrechte in Pflichten gegen den Staat sich umsetzen mussten. Dieses Interesse war dem Könige und dem Volke gemeinschaftlich. Die mächtigen Barone schienen die Mitte zu sein, welche die Freiheit behauptete, aber es waren eigentlich nur ihre Privilegien gegen die königliche Macht und gegen die Bürger, welche sie verteidigten. Die Barone von England nötigten dem Könige die magna charta ab, aber die Bürger gewannen durch dieselbe nichts, vielmehr blieben sie in ihrem früheren Zustande. Die polnische Freiheit war ebenso nichts andres als die Freiheit der Barone gegen den Monarchen, wobei die Nation zur absoluten Knechtschaft erniedrigt war. Man muss, wenn von Freiheit gesprochen wird, immer wohl achtgeben, ob es nicht eigentlich Privatinteressen sind, von denen gesprochen wird. Denn wenn auch dem Adel seine souveräne Macht genommen war, so blieb das Volk noch durch Hörigkeit, Leibeigenschaft und Gerichtsbarkeit von demselben unterdrückt und war teils des Eigentums gar nicht fähig, teils war es belastet mit Dienstbarkeit und durfte das Seinige nicht frei verkaufen. Das höchste Interesse der Befreiung daraus ging sowohl die Staatsmacht als die Untertanen selbst an, dass sie als Bürger nun auch wirklich freie Individuen seien, und dass, was für das Allgemeine zu leisten, nach Gerechtigkeit, nicht nach Zufälligkeit gemessen sei. Die Aristokratie des Besitzes ist in diesem Besitz gegen beide, gegen die Staatsmacht und gegen die Individuen. Aber die Aristokratie soll ihre Stellung erfüllen, Stütze des Thrones zu sein, als für den Staat und das Allgemeine beschäftigt und sich betätigend und zugleich Stütze der Freiheit der Bürger. Das eben ist der Vorzug der verbindenden Mitte, dass sie das Wissen und das Betätigen des in sich Vernünftigen und Allgemeinen übernimmt; und dieses Wissen und dieses Geschäft des Allgemeinen hat an die Stelle des positiven persönlichen Rechts zu treten. Diese Unterwerfung der positiven Mitte unter das Staatsoberhaupt war nun geschehen, aber es war damit noch nicht die Befreiung der Hörigen vollbracht. Diese ist erst später geschehen, als der Gedanke von dem, was Recht an und für sich sei, auftrat. Die Könige haben dann, auf die Völker sich stützend, die Kaste der Ungerechtigkeit überwunden; wo sie aber auf die Barone sich stützten oder diese ihre Freiheit gegen die Könige behaupteten, da sind die positiven Rechte oder Unrechte geblieben. – Es tritt jetzt auch wesentlich ein Staatensystem und ein Verhältnis der Staaten gegeneinander auf. Sie verwickeln sich in mannigfaltige Kriege: die Könige, die ihre Staatsmacht vergrößert haben, wenden sich nun nach außen, Ansprüche aller Art geltend machend. Der Zweck und das eigentliche Interesse der Kriege ist jetzt immer Eroberung, Ein solcher Gegenstand der Eroberung war besonders Italien geworden, das den Franzosen, Spaniern und später auch den Österreichern zum Objekte der Beute dienen musste. Die absolute Vereinzelung und Zersplitterung ist überhaupt immer der Grundcharakter der Bewohner Italiens gewesen, sowohl im Altertume als auch in der neueren Zeit. Die Starrheit der Individualität ist unter der Römerherrschaft gewaltsam verbunden gewesen; aber als dieses Band zerschnitten war, trat auch der ursprüngliche Charakter schroff heraus. Die Italiener sind späterhin, gleichsam darin eine Einheit findend, nachdem die ungeheuerste, zu allen Verbrechen ausgeartete Selbstsucht überwunden worden, zum Genusse der schönen Kunst gekommen: so ist die Bildung, die Milderung der Selbstsucht, nur zur Schönheit, nicht aber zur Vernünftigkeit, zur höheren Einheit des Gedankens gelangt. Deshalb ist selbst in Poesie und Gesang die italienische Natur anders wie die unsrige. Die Italiener sind improvisierende Naturen, ganz in Kunst und in seligem Genuß ergossen. Bei solchem Kunstnaturell muss der Staat zufällig sein. – Aber auch die Kriege, die Deutschland führte, waren nicht besonders ehrenvoll für dasselbe: es ließ sich Burgund, Lothringen, Elsaß und andres entreißen. Aus diesen Kriegen der Staatsmächte entstanden gemeinsame Interessen, und der Zweck des Gemeinsamen war, das Besondre festzuhalten, die besondern Staaten in ihrer Selbständigkeit zu erhalten, oder das politische Gleichgewicht. Hierin lag ein sehr reeller Bestimmungsgrund, nämlich der, die besondern Staaten vor der Eroberung zu schützen. Die Verbindung der Staaten als das Mittel, die einzelnen Staaten gegen die Gewalttätigkeit der Übermächtigen zu schützen, der Gleichgewichtszweck, war jetzt an die Stelle des früheren allgemeinen Zweckes, einer Christenheit, deren Mittelpunkt der Papst wäre, getreten. Zu diesem neuen Zwecke gesellte sich notwendig ein diplomatisches Verhältnis, worin die entferntesten Glieder des Staatensystems alles, was einer Macht geschah, mitfühlten. Die diplomatische Politik war in Italien zur höchsten Feinheit ausgebildet wurden und von da auf Europa übertragen. Es schienen mehrere Fürsten nacheinander das europäische Gleichgewicht schwankend zu machen. Gleich im Beginnen des Staatensystems strebte Karl V. nach einer Universalmonarchie; denn er war deutscher Kaiser und König von Spanien zugleich, die Niederlande und Italien gehörten ihm, und der ganze Reichtum Amerikas floß ihm zu. Mit dieser ungeheuren Macht, welche, wie die Zufälligkeit eines Privatbesitzes, durch die glücklichsten Kombinationen der Klugheit, unter anderm durch Heiraten, zusammengebracht worden, aber des innern wahrhaften Zusammenhanges entbehrte, vermochte er jedoch nichts gegen Frankreich, selbst nichts gegen die deutschen Fürsten und wurde vielmehr von Moritz von Sachsen zum Frieden gezwungen. Sein ganzes Leben brachte er damit zu, die ausgebrochenen Unruhen in allen Teilen seines Reiches zu dämpfen und die Kriege nach außen zu leiten. – Eine ähnliche Übermacht drohte Europa von Ludwig XIV. Durch die Depression der Großen seines Reiches, welche Richelieu und später Mazarin vollendet hatten, war er unumschränkter Herrscher geworden; außerdem hatte auch Frankreich das Bewusstsein seiner geistigen Überlegenheit durch seine dem übrigen Europa voranschreitende Bildung, Ludwigs Prätensionen gründeten sich weniger wie die Karls V. auf seine ausgedehnte Macht als auf die Bildung seines Volkes, welche damals mit der französischen Sprache allgemein aufgenommen und bewundert wurde." [130] 

Ein gemeinsames Interesse der europäischen Staaten nach außen war das "gegen die Türken, gegen diese furchtbare Macht, die von Osten her Europa zu überschwemmen drohte." Es war Nation, die schon viele wichtige christliche Gegenden erobert hatte und "deren Macht auf Eroberung gegründet war, die deshalb fortdauernd Krieg führte und nur Waffenstillstände einging." Die eroberten Länder wurden wie bei allen muslimischen Eroberungszügen unter die Krieger verteilt zu persönlichem Besitz. "Die Blüte der osmanischen Kraft, die Janitscharen, waren den Europäern ein Schrecken. Es wurden dazu schöne und kräftige Christenknaben, hauptsächlich durch jährliche Konskriptionen bei den griechischen Untertanen, zusammengebracht, im Islam streng erzogen und von Jugend auf in den Waffen geübt; ohne Eltern, ohne Geschwister, ohne Weiber" waren sie eine ganz unabhängige und furchtbare Schar. [131] 
 

"Die europäischen Mächte im Osten mussten sämtlich den Türken entgegentreten, Österreich, Ungarn, Venedig und Polen. Die Schlacht bei Lepanto rettete Italien, und vielleicht ganz Europa, vor der Überschwemmung der Barbaren."  - G.W.F. Hegel, Philosophie der Geschichte IV, 3


Einer der sinnlosesten Kriege war der Dreißigjährige Krieg. "Der Kampf endigt ohne Idee, ohne einen Grundsatz als Gedanken gewonnen zu haben, mit der Ermüdung aller, der gänzlichen Verwüstung, an der sich alle Kräfte zerschlagen hatten, und dem bloßen Geschehenlassen und Bestehen der Parteien auf dem Grund der äußeren Macht, Der Ausgang ist nur politischer Natur." Die Fanatiker unter den Protestanten, die Puritaner wie auch die in Münster, wollten den Staat unmittelbar aus der Gottesfurcht regieren, wie ebenso fanatisiert die Soldaten ihre Sache im Felde betend ausfechten mussten.  [132] 
 

"Der Mensch ist nicht frei, wenn er nicht denkt"  - G.W.F. Hegel, Philosophie der Geschichte IV, 3


Das Denken ist jetzt die Stufe, auf welche der Geist gelangt ist. "Es enthält die Versöhnung in ihrer ganz reinen Wesenheit, indem es an das Äußerliche mit der Anforderung geht, dass es dieselbe Vernunft in sich habe als das Subjekt, Der Geist erkennt, dass die Natur, die Welt auch eine Vernunft an ihr haben müsse, denn Gott hat sie vernünftig geschaffen. Es ist nun ein allgemeines Interesse, die gegenwärtige Welt zu betrachten und kennen zu lernen, entstanden. Das Allgemeine in der Natur sind die Arten, die Gattungen, die Kraft, die Schwere, reduziert auf ihre Erscheinungen usw. Es ist also die Erfahrung die Wissenschaft der Welt geworden, denn die Erfahrung ist einerseits die Wahrnehmung, dann aber auch Auffinden des Gesetzes, des Innern, der Kraft, indem sie das Vorhandene auf seine Einfachheit zurückführt. – Das Bewusstsein des Denkens ist aus jener Sophistik des Denkens, die alles wankend macht, zuerst durch Descartes hervorgehoben worden. Wie in den rein germanischen Nationen das Prinzip des Geistes aufgegangen ist, so wurde von den romanischen zuerst die Abstraktion erfasst, welche mit ihrem oben angegebenen Charakter der innerlichen Geschiedenheit zusammenhängt. Die Erfahrungswissenschaft hat daher bei ihnen, gemeinschaftlich mit den protestantischen Engländern, und bei den Italienern vorzugsweise schnellen Eingang gefunden. Es war für die Menschen, als habe Gott jetzt erst die Sonne, den Mond, die Gestirne, die Pflanzen und Tiere geschaffen, als ob die Gesetze jetzt erst bestimmt worden wären, denn nun erst haben die Menschen ein Interesse daran gehabt, als sie ihre Vernunft in jener Vernunft wiedererkannten. Das Auge des Menschen wurde klar, der Sinn erregt, das Denken arbeitend und erklärend. Mit den Naturgesetzen ist man dem ungeheuren Aberglauben der Zeit entgegengetreten sowie allen Vorstellungen von fremden gewaltigen Mächten, über die man nur durch Magie siegreich werden könne... Auch auf die geistige Seite hat sich dann das Denken gerichtet: man hat Recht und Sittlichkeit als auf dem präsenten Boden des Willens des Menschen gegründet betrachtet, da es früher nur als Gebot Gottes, äußerlich auferlegt, im alten und neuen Testament geschrieben, oder in Form besonderen Rechts in alten Pergamenten, als Privilegien, oder in Traktaten vorhanden war. Man hat aus der Erfahrung empirisch beobachtet, was die Nationen als Recht gegeneinander gelten lassen (wie Grotius); dann hat man als Quelle des vorhandenen bürgerlichen wie Staatsrechts, in Ciceros Weise, die Triebe der Menschen, welche die Natur ihnen ins Herz gepflanzt habe, angesehen, so z. B. den Sozialitätstrieb, ferner das Prinzip der Sicherheit der Person und des Eigentums der Bürger sowie das Prinzip des allgemeinen Besten, die Staatsräson. Aus diesen Prinzipien hat man von der einen Seite despotisch die Privatrechte nicht respektiert, dadurch aber andrerseits allgemeine Staatszwecke gegen das Positive durchgeführt." [133] 

Was gerecht und sittlich ist, gehört dem wesentlichen, an sich seienden Willen, "dem in sich allgemeinen Willen an, und um zu wissen, was wahrhaft Recht ist, muss man von Neigung, Trieb, Begierde, als von dem Besonderen, abstrahieren; man muss also wissen, was der Wille an sich ist. Denn Triebe des Wohlwollens, der Hilfeleistung, der Geselligkeit bleiben Triebe, denen andre mannigfache Triebe Feindlich sind. Was der Wille an sich ist, muss heraus aus diesen Besonderheiten und Gegensätzen. Damit bleibt der Wille als Wille abstrakt. Der Wille ist frei nur, insofern er nichts Andres, Äußerliches, Fremdes will, denn da wäre er abhängig, sondern nur sich selbst, – den Willen will. Der absolute Wille ist dies, frei sein zu wollen. Der sich wollende Wille ist der Grund alles Rechts und aller Verpflichtung und damit aller Rechtsgesetze, Pflichtengebote und auferlegten Verbindlichkeiten. Die Freiheit des Willens selbst, als solche, ist Prinzip und substantielle Grundlage alles Rechts, ist selbst absolutes, an und für sich ewiges Recht und das höchste, insofern andre, besondere Rechte danebengestellt werden, sie ist sogar das, wodurch der Mensch Mensch wird, also das Grundprinzip des Geistes. – Die nächste Frage ist aber weiter, wie kommt der Wille zur Bestimmtheit? Denn indem er sich selbst will, ist er nur identische Beziehung auf sich; aber er will auch Besonderes, es gibt, weiß man, unterschiedene Pflichten und Rechte. Man fordert einen Inhalt, eine Bestimmtheit des Willens; denn der reine Wille ist sich sein Gegenstand und sein eigner Inhalt, der keiner ist. So überhaupt ist er nur der formelle Wille. Wie aber spekulativ weiter aus diesem einfachen Willen heraus zur Bestimmung der Freiheit, damit zu Rechten und Pflichten fortgegangen werde, ist hier nicht zu erörtern. " [134] 
 

"Das Bewusstsein des Geistigen ist jetzt wesentlich das Fundament, und die Herrschaft ist dadurch der Philosophie geworden. Man hat gesagt, die französische Revolution sei von der Philosophie ausgegangen, und nicht ohne Grund hat man die Philosophie Weltweisheit genannt, denn sie ist nicht nur die Wahrheit an und für sich, als reine Wesenheit, sondern auch die Wahrheit, insofern sie in der Weltlichkeit lebendig wird. Man muss sich also nicht dagegen erklären, wenn gesagt wird, dass die Revolution von der Philosophie ihre erste Anregung erhalten habe. Aber diese Philosophie ist nur erst abstraktes Denken, nicht konkretes Begreifen der absoluten Wahrheit, was ein unermesslicher Unterschied ist."  - G.W.F. Hegel, Philosophie der Geschichte IV, 3


Der ganze Zustand Frankreichs in der damaligen Zeit ist ein wüstes Aggregat von Privilegien gegen alle Gedanken und Vernunft überhaupt, "ein unsinniger Zustand, womit zugleich die höchste Verdorbenheit der Sitten, des Geistes verbunden ist, – ein Reich des Unrechts, welches mit dem beginnenden Bewusstsein desselben schamloses Unrecht wird. Der fürchterlich harte Druck, der auf dem Volke lastete, die Verlegenheit der Regierung, dem Hofe die Mittel zur Üppigkeit und zur Verschwendung herbeizutreiben, gaben den ersten Anlass zur Unzufriedenheit. Der neue Geist wurde tätig; der Druck trieb zur Untersuchung. Man sah, dass die dem Schweiße des Volkes abgepreßten Summen nicht für den Staatszweck verwendet, sondern aufs unsinnigste verschwendet wurden. Das ganze System des Staates erschien als eine Ungerechtigkeit. Die Veränderung war notwendig gewaltsam, weil die Umgestaltung nicht von der Regierung vorgenommen wurde. Von der Regierung aber wurde sie nicht vorgenommen, weil der Hof, die Klerisei, der Adel, die Parlamente selbst ihren Besitz der Privilegien weder um der Not noch um des an und für sich seienden Rechtes willen aufgeben wollten, weil die Regierung ferner, als konkreter Mittelpunkt der Staatsmacht, nicht die abstrakten Einzelwillen zum Prinzip nehmen und von diesen aus den Staat rekonstruieren konnte, und endlich weil sie eine katholische war, also der Begriff der Freiheit, der Vernunft der Gesetze, nicht als letzte absolute Verbindlichkeit galt, da das Heilige und das religiöse Gewissen davon getrennt sind. Der Gedanke, der Begriff des Rechts machte sich mit einem Male geltend, und dagegen konnte das alte Gerüste des Unrechts keinen Widerstand leisten. Im Gedanken des Rechts ist also jetzt eine Verfassung errichtet worden, und auf diesem Grunde sollte nunmehr alles basiert sein. Solange die Sonne am Firmamente steht und die Planeten um sie herumkreisen, war das nicht gesehen worden, dass der Mensch sich auf den Kopf, das ist, auf den Gedanken stellt und die Wirklichkeit nach diesem erbaut... Alle denkenden Wesen haben diese Epoche mitgefeiert. Eine erhabene Rührung hat in jener Zeit geherrscht, ein Enthusiasmus des Geistes hat die Welt durchschauert, als sei es zur wirklichen Versöhnung des Göttlichen mit der Welt nun erst gekommen." [135] 
 

24. Klassizismus und griechischer Unabhängigkeitskampf gegen die Türken

Besondere Aktualität erhält das Werk von Hölderlin 2021, in dem Griechenland das 200. Jubiläum des Aufstandes gegen die osmanische Herrschaft im 19. Jahrhundert begeht. Der Übersetzer Hölderlins ins Griechische, Lambrou sagt, Hölderlin sei der erste europäische Schriftsteller gewesen, "der die griechische Frage offen zur Sprache brachte - und das viele Jahre bevor der Aufstand tatsächlich ausbrach." Hölderlin ist schon damals in der Lage gewesen als einer der ersten Dichter, die Dinge ganz klar zu sehen, was vielen heutigen Europäern scheinbar immer noch nicht klar ist. In sinnloser Weise unterstützt Europa heute die Türkei, statt Griechenland zu fördern wie es Hölderlin und die anderen philhelenischen Poeten und Schriftsteller getan haben. Kurz nach Ausbruch des griechischen Aufstandes 1821 wird die Neuausgabe des "Hyperion" auf griechisch beschlossen. Die Hälfte der erzielten Einnahmen sollte der "Vereinigung der Philhelenen" in Stuttgart zur "Unterstützung des Befreiungskampfes des bedauernwerten Griechenlands, der geistigen Heimat des Poeten" zur Verfügung gestellt werden. Manche sagen: "Die Türken sind noch heute, was sie im fünfzehnten Jahrhundert waren, in Europa kampierende Tataren." [136]

Die Propyläen am Münchner Königsplatz gelten als das weltweit größte Denkmal für den griechischen Unabhängigkeitskampf gegen die Herrschaft der Osmanen. Heute weiß kaum Jemand, was es mit den Propyläen am Münchner Königsplatz auf sich hat. Florian Knauß, Direkter der Staatlichen Antikensammlungen und der Glyptothek am Königsplatz, weiß von vielen einheimischen Besuchern zu berichten, denen nicht klar sei, "dass sich mit den Propyläen das weltweit größte Denkmal für den griechischen Unabhängigkeitskampf gegen die Herrschaft der Osmanen mitten in der Stadt befindet." Sogar idiotische türkische Hochzeiten nutzen die Propyläen heute als Fotomotiv – "zu Füßen der Reliefs mit Szenen aus dem Unabhängigkeitskrieg." Der Platz ist auch eine Verbeugung vor den drei Säulenordnungen: "die Skulpturensammlung wurde in der ionischen Glyptothek untergebracht, die Antikensammlungen in einem korinthischen Ausstellungsgebäude, und die Propyläen repräsentieren den dorischen Stil. Ursprünglich von Leo von Klenze als Stadttor geplant, war die Stadt aber schon zum Zeitpunkt ihrer Vollendung 1862 weiter nach Westen gewachsen. Alljährlich erinnert hier die griechische Gemeinde Münchens am 25. März mit einer Kranzniederlegung an den Beginn der Revolution, und wenn nicht alles täuscht, kann die kleine Doppelausstellung dazu beitragen, das historische Wissen um diese zweihundertjährige Beziehung aufzufrischen. Der Königsplatz ist Stein gewordener Ausdruck des Philhellenismus von Ludwig I., der, lange bevor er den Thron bestieg, beschloss, aus München eine Stadt zu machen, die man ihrer kulturellen Schätze und Bauten wegen gesehen haben muss. [137]

Bayern drang darauf, den Griechen in ihrem Kampf gegen das Osmanische Reich beizustehen, obwohl der griechische Adel andere Pläne verfolgte als Bauern und Bürger. Mit dem Segen der Großmächte und flankiert von einem Beraterkreis entsandten die Wittelsbacher den erst sechzehnjährigen Prinzen Otto von Bayern, den Zweitgeborenen Ludwigs I. Ende 1832 brach er via Italien in sein Königreich auf, am Ende wurde eine dreißigjährige Regentschaft daraus. Aus dem seinerzeit keine fünftausend Einwohner zählenden Stadt Athen wurde eine Metropole, und jenseits des archäologischen Interesses entfaltete sich ein bayerisch-griechisches Beziehungsgeflecht durch den Aufbau einer Verwaltung, universitärer Lehre, Bautätigkeit und Brauereiwesen, das bis heute fortwirkt. Der Legende nach führte Ludwig I. sogar die „Bayern“- Schreibung ein, als Verbeugung vor dem griechischen Alphabet. Ludwigs Bildungsberater Friedrich Wilhelm von Thiersch hatte maßgeblichen Einfluss nicht nur auf die Ausgestaltung des bayerischen Gymnasiums, er holte auch griechische Kinder und Jugendliche, häufig Kriegswaisen, zur Vorbereitung auf ein Studium an das 1827 gegründete Griechische Lyzeum an der Arcisstraße. Die Ausstellung Hellas in München. 200 Jahre bayerisch-griechische Freundschaft, Staatliche Antikensammlungen und Glyptothek, München ist bis zum 19. September 2021 zu sehen. Bereits 1816 wurde überlegt, die Propyläen zu bauen, doch es dauerte 30 Jahre bis der Auftrag hierzu erteilt wurde. Klenze malte noch vor dem Bau ein Bild der Propyläen, um für sein Projekt zu werben. Als dann König Ludwig I. 1848 abdanken musste, war das Projekt erneut in Frage gestellt – nicht zuletzt, weil München zu diesem Zeitpunkt hier kein Stadttor mehr benötigte, da die Stadt ohnehin schon weit über den Königsplatz hinweg angewachsen war. Klenzes Gemälde unterstrich deutlich die städtebauliche Bedeutung des Baus: Blickt man durch den Säulengang der Propyläen, sieht man die neu entstandene Achse der Brienner Straße, die über den Karolinenplatz mit dessen Obelisken zum Hofgartentor, zum Odeonsplatz und zur Ludwigstraße stößt. Damit sind die Propyläen mit dem Siegestor Teil eines damals neu entstandenen Koordinatensystems, das die Königsresidenz in den Mittelpunkt Münchens rückte. Schließlich wurden die Propyläen dann aus privaten Mitteln von Ludwig I. erbaut – als Zeichen der Freundschaft zwischen Griechenland und Bayern sowie als Denkmal für den Freiheitskampf Griechenlands von 1821 bis 1829, den wittelsbacher König und Sohn Ludwigs Otto von Griechenland und die bayerische Armee. Daher finden sich an den Wänden der Hauptdurchfahrt Namen griechischer Freiheitskämpfer. Nachdem 1854 mit dem Bau begonnen wurde, konnten die Propyläen 1862 noch kurz vor dem Sturz des griechisch-bayerischen Königs Otto eingeweiht werden. Letztlich wurden die Propyläen zum repräsentativsten Stadttor Münchens, der Hauptstadt des neuen Königreichs Bayern. Ihr Name bezieht sich auf die „Propylaia“, den Vorbau am Aufgang zur Akropolis im antiken Athen, die als Tempelbezirk unter Perikles ausgebaut wurde. In München war es der Königsplatz, der einen vergleichbaren Vorbau erhalten sollte. Damit wollte der klassizistische Architekt, Maler und Stadtplaner Leo von Klenze ein Bild des reinen Hellenismus nach Bayern verpflanzen. Von 1862 bis 1928 dienten die Portale und das Haupttor der Propyläen als Durchgänge für den Verkehr. 1928 wurden diese dann aber für den Verkehr gesperrt und die Fahrbahnen seitlich verlegt. [138]

Der Freiheitskampf der Griechen gegen die Türken wurde von vielen Dichtern besungen, so auch von Victor Hugo, Lord Byron, Percy Bysshe Shelly, Johann Ludwig Wilhelm Müller, Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller, Friedrich Hölderlin, Adelbert von Chamisso. Die Griechen wollten endlich ihre Freiheit zurück und alle Türken zum Teufel jagen: "Jagt hinaus die Türkenrotte... Zur fernen Heimat jagt die Türkenschiffe wieder" (Victor Hugo). Die Kirchen sollten wieder aufgebaut und alles, was an die muslimischen Türken erinnerte, sollte aus dem Land verschwinden. Johann Ludwig Wilhelm Müller dichtet: "Der Freiheit Tuba hab ich hell durch Stadt und Land geblasen" Es wird sogar von neuen Kreuzfahrern gesprochen, die gegen die türkischen Barbaren kämpfen sollen - ungeachtet einer Moslem- und Türkenfreundlichen Politik in Europa, die sogar heute noch sämtliche Augen verschließt vor den Greueltaten der Türken gegen Christen (z.B. die grüne Kanzlerkandidatin, die deutsche Bundeskanzlerin und ihr Aussenminister, der in solchen Situationen nur mit den Augen klimpert wie ein Schoßhündchen) und die sogar durch Finanzämter auch noch die türkischen Organisationen (z.B. Ditib) fördert, also die "die der Freiheit Haupt ins Joch ihm helfen beugen, / Und lehren, dass das heilge Kreuz soll vor dem Mond sich neigen." Die Gegner des Philhelenismus, allen voran der österreichische Fürst Metternich, werden scharf kritisiert, so wie man heute die Europäer kritisieren könnte, die Angriffskriege der Türken ungeahndet lassen (z.B. Eroberung von Nordzypern oder Syrien): "Hervor, der du mit frechem Mund die Freiheit nennst Empörung, / Und der Hellenen Heldenkampf bejammerst als Betörung! / Du, der mit feiner Politik du drechselst die Beweise, / dass man die Menschheit würgen kann auf legitime Weise! / Du auch, der jeden Türkensieg verkündet mit Posaunen, / Und was der Griechen Schwert vollbracht, befleckt mit leisem Raunen!" Knechtschaft unter dem Halbmond wird grundsätzlich ausgeschlossen, weshalb in Europa als Symbol auch "kein halber Mond zu sehn" sein sollte. [139]

Viele Denkmäler auf dem Peleponnes, insbesondere in Kalamata, erinnern an diesen Freiheitskampf. Oft werden die Freiheitskämpfer verehrt: "Griechenland bekränzt den griechischen Kampf von 1821". Die großen griechischen Freiheitskämpfer wie Jannis Makryjannis, Kanaris, Theodoros Kolototronis, Nikitas Stamatelopoulos (Nikitaras), Georgios Karaiskakis, Kitsos Tzavellas, Ioannis Kolettis, Ioannis Graf Kapodistrias, Ioannis Gouras, Odysseas Androutsos, Alexandros Mavrokordatos, Mavromichalis, Andreas Metaxas, Yennaios Kolokotronis, wurden immer wieder besungen, in Klöstern hängen ihre Portraits. Ähnlich wie die Freiheitsstatue von Amerika finden sich auch hier große weibliche Statuen mit dem Schriftzug "Elefthería" (Freiheit) und "1821 - with one voice we have decided to live or die for our freedom". [140]

Am Vorabend des griechischen Unabhängigkeitskampfes wurde der Peleponnes von einem türkischen Gouverneur mit Sitz in Tripolis (Arkadien) regiert, während die Halbinsel Mani sechs Jahre zuvor ein unabhängiges Fürstentum unter Petrobey Mavromichalis geworden war. Der Kampf gegen die Türken begann im März des Jahres 1821 gleichzeitig in zwei Gebieten des Peleponnes, in Archaia und auf der Halbinsel Mani, von der aus die Streitkräfte unter Theodoros Kolototronis am Kalamata einnahmen. In der Apostelkirche, der ältesten Kirche Kalamatas, wurde am 23. März 1821 offiziell der Beginn des Freiheitskampfes verkündet. "Am 25. März, der als Datum des Beginns des Kampfes gefeiert wird, verkündete der Erzbischof Germanos von Patras auf dem Agiou-Georgiou-Platz in Patras den Beginn der Erhebung. Die Schlacht von Valtestsi in Arkadien am 13./ 14. Mai bereitete die Einnahme von Tripolis vor und konsolidierte die Unabhängigkeitsbewegung auf dem Peleponnes. Der große Erfolg innerhalb eines halben Jahres seit ihrem Beginn war das Ergebnis der Planung von Kolotronis. Ebenfalls sein Werk war auch der große Sieg von Dervenakia (1822), der den Türken einen entscheidenden Schlag versetzte. 1825 landete Ibrahim Pascha mit einem ägyptischen Heer auf dem Peleponnes und richtete fürchterliche Verheerungen an. Aber der Sieg, den die vereinigte englisch-französisch-russische Flotte im Oktober 1827 bei Navarino über die türkisch-ägyptische errang, war der Beginn der Befreiung des Peleponnes von Ibrahim, während die Ankunft der französischen Flotte mit dem General Maison das Land endgültig von der ägyptischen Geißel befreite.Seit damals hat der freie Peleponnes nicht aufgehört, eine führende Rolle in der Entwicklung des seit 1830 freien griechischen Staates zu spielen." [141]

Die südlich von Pylos gelegene Hafenstadt und Festung Methoni wurde 1500 von den Türken erobert; nach einer langen Belagerung eroberten sie die Stadt "und vernichteten die Bevölkerung", eine typisch türkische Vorgehensweise. Die Venezianer gaben ihre Ansprüche jedoch nicht auf und eroberten die Stadt zurück, konnten sie aber nur bis 1715 halten, als die Türken sie zurückeroberten. "Sie blieb bis 1828 türkisch, als General Maison ihre Übergabe erzwang. Nimmt man dort die Straße nach Norden, so kommt man nach etwa 12 km ins heutige Pylos, "das frühere Navarino, eine Festlandstadt mit dem Charakter einer Inselstadt, mit ihren historischen Denkmälern und ihrem ganz eigenen Lokalkolorit. Sie ist amphitheatralisch an den Hängen des Berges Agios Nikolaos am Südende der Bucht von Navarino erbaut... Am Hafen steht auf dem Platz der Drei Admiräle (Trion Navarchon) zwischen zwei Kanonen, einer türkischen und einer venezianischen, ein pyramidenförmiges Denkmal, auf dem die drei Admiräle der englischen, französischen und russischen Flotte dargestellt sind, die 1827 in der Bucht von Navarino die türkisch-ägyptische Flotte besiegten und vernichteten."  Die türkische Flotte wurde schon einmal in Griechenland versenkt, nämlich 1571 in der Schlacht von Navpaktos (Lepanto), daher versuchten die Türken die Bucht von Pylos besonders zu sichern. Der zentrale Teil des Hafens wird durch die hügelige Felseninsel Sphaktiria abgeriegelt, das 4,5 km lang und 500 bis 1000 m breit ist und das nur zwei schmale Einfahrten an der Nord- und der Südseite freilässt, die durch die beiden Festungen Paliokastro und Niokastro gesichert werden. Niokastro, d.h. die 'neuere' Festung von Navarino, wurde "1573  von den Türken im Süden des Hafens errichtet nach ihrer Niederlage in der Seeschlacht von Navpaktos (Lepanto), um die südliche Einfahrt in die Bucht kontrollieren zu können, nachdem sie an der nördlichen Aufschüttungen vorgenommen hatten und sie so seicht geworden war, dass dort Schiffe nicht mehr in die Bucht gelangen konnten." In der Bucht von Navarino liegen die kleinen Inseln Sphaktiria, Pilos und Marathonissi. Auf dem Hügel Prophitis Ilias im Nordteil der Insel Sphaktiria haben sich Reste einer antiken Ringmauer gefunden, die man den Spartanern zuschreibt, die dort 425 v. Chr. von den Athenern belagert wurden. "An der Ostküste steht in der Nähe des Panagoula-Kirchleins ein Denkmal für die 59 Russen, die in der Seeschlacht von Navarino den Tad fanden, und im Süden befinden sich das Grab des französischen Offiziers des Korps Maison Alex. Mayé, das Kenotaph für die griechischen Freiheitskämpfer Tsamados, Anagnostaras und Sachinis sowie das Denkmal des Philhellenen Graf Santa Rosa, die alle in der Schlacht auf Sphaktiria gefallen sind. Im Inneren der Insel liegt das Grab von Napoleons Neffen Paul Marie Bonaparte (1809-1827). Von den beiden südlicher gelegenen kleinen Inseln trägt die eine, Tsichli-Baba oder Pilos genannt, ein Denkmal für die in der Seeschlacht von Navarino gefallenen Franzosen, die andere, im Hafen gelegene - Chelonaki oder Marathonissi - dagegen das Denkmal für die Engländer."  [142]

Immer wieder mussten sich die Griechen bzw. Byzantiner der Angriffe von Türkenheeren erwehren. Nach dem Fall von Konstantinopel (1452) eroberten die Osmanen die gesamte Peleponnes bis auf die venezianischen Territorien. "Bis 1821 blieb nun die Peleponnes türkische Domäne. 1500 verloren die Venezianer Methóni und Koróni, 1540 Náfplio und Monemvasía. Zwischen 1685 und 1715 fassten die Venezianer noch einmal Fuß, aber selbst der Sieg der vereinigten abendländischen Flotte bei Lepanto (1571) vermochte die Türken nicht dauerhaft von der Halbinsel zu vertreiben; 1669 schlossen sie die Eroberung ganz Griechenlands mit der Besetzung Kretas ab. Die byzantinische Kultur lebte trotz türkischer Unterdrückung in Klöstern und Kirchen weiter. Sprache, Schriftgut, Kunstfertigkeit und Traditionen wurden in geheimen Schulen weitergepflegt." An die Herrschaft der Venezianer erinnern heute prachtvolle Palazzi, an die Türken eigentlich nichts von Bedeutung. "Gegen ihre türkischen Herren rebellierten die Griechen immer wieder; weltweit unterstützt von Hellenenfreunden wie Lord Byron. Aber erst 1821 gelang es, das Türkenjoch abzuschütteln. Fürst Ypsilánti erhob sich in Jasi, General Kolokotrónis eroberte am 21. März 1821 Kalamáta. Am 1. Januar 1822 verkündete im antiken Theater von Epidauros der Erste Griechische Nationalkongress die Unabhängigkeit des Landes. Später zogen noch einmal ägyptische Truppen, "Verbündete der Türken, unter Ibrahim Pascha brandschatzend durch die Peleponnes. Der Sieg der englisch-französisch-russischen Flotte bei Navaríno (1827) erzwang aber endgültig die Anerkennung der Unabhängigkeit Griechenlands durch die Türkei."   [143]

Die Seeschlacht vom 20. Oktober 1821 zählt zu den seltsamsten der Geschichte: "ausgelöst durch Missverständnisse und ausgetragen zwischen Schiffen, die fest vor Anker lagen. 27 britische, französische und russische Schiffe waren in die Bucht entsandt worden, um den Befehlshaber der dort Versorgungsgüter entladenden türkisch-ägyptischen Flotte aus 91 Schiffen an der Weiterfahrt gen Patras zu hindern und zur Aufnahme des von den Alliierten im Londoner Abkommen von 1827 beschlossenen Waffenstillstands zwischen Griechen und Türken zu zwingen... Als ein ägyptisches Schiff zu nahe an einem britischen vor Anker gehen wollte, schickten die Briten ein Boot unter weißer Flagge hinüber, um die Ägypter aufzufordern, weiter entfernt vor Anker zu gehen. Die Ägypter eröffneten das Feuer auf das Boot. Daraufhin entsandte der britische Admiral Codrington ein weiteres Boot zum türkischen Admiral, um ihn aufzufordern, Ruhe zu bewahren. In diesem Moment eröffnete ein ägyptisches Schiff das Feuer auf das französische Flaggschiff. Das erwiderte das Feuer, die Seeschlacht begann. Nach 4 Stunden war die gesamte Flotte der Moslems vernichtet, die Alliierten verloren kein einziges Schiff. 174 christliche und etwa 6000 moslemische Seeleute starben. Unfreiwillig hatten die Alliierten die endgültige Befreiung Griechenlands eingeleitet; denn die Franzosen starteten bald darauf zu einem Feldzug auf dem Peleponnes, die Russen erklärten den nun stark geschwächten Türken den Krieg. Das Londoner Abkommen von 1827 war belanglos geworden, jetzt stand die uneingeschränkte Freiheit Griechenlands auf der Tagesordnung." [144]
 
 
 
 
 
 

Anmerkungen

[1] Johann Gottlieb Fichte, Die Grundzüge des gegenwärtigen Zeitalters, 1806; vgl. Kurse Nr. 661 Philosophie der Geschichte, Nr. 511 Johann Gottlieb Fichte I, Nr. 658 Johann Gottlieb Fichte II, Akademie der Kunst und Philosophie
[2] Ib.
[3] Ib.
[4] Ib.
[5] Ib.
[6] Ib.
[7] Ib.; vgl. Wissenschaftsbriefe / Science Review Letters 2021, 20, Nr. 1262 und FAZ 2021, Nr. 226, Nr. 227, Nr. 229; Reiner Burger 2021: Ferngesteuerter Terror. Düsseldorf, Frankfurt a.M. sowie Kurse Nr. 661 Philosophie der Geschichte, Nr. 614 Sittenlehre III, Nr. 544 Staats- und Rechtslehre I-II, Nr. 641 Staats- und Rechtslehre III, Nr. 644 Staats- und Rechtslehre IV, Nr. 655 Staats- und Rechtslehre V, Akademie der Kunst und Philosophie
[8] Ib.
[9] Ib.
[10] Ib.
[11] G.W.F. Hegel, Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte, Einführung, 1837, 1840; vgl. Wissenschaftsbriefe / Science Review Letters 2021, 20, Nr. 1268  und Kurse Nr. 661 Philosophie der Geschichte, Nr. 551 G.W.F. Hegel I, Nr. 660 G.W.F. Hegel II, Ib. 
[12] Ib. 
[13] I
[14] Ib. ; vgl. Kurse Nr. 545 Sittenlehre I-II, Nr. 614 Sittenlehre III, Nr. 505 Arthur Schopenhauer, Ib.
[15] Ib.
[16] Ib.
[17] Ib.
[18] Ib.
[19] Ib.
[20] Ib.
[21] Ib.
[22] Ib.
[23] Ib.
[24] Ib.
[25] Ib.
[26] Ib.
[27] Ib.; vgl. Kurs Nr. 533 Aristoteles, Ib.
[28] Ib.
[29] Ib.
[30] II
[31] Ib.
[32] Ib.
[33] Ib.
[34] Ib.; vgl. Kurs Nr. 531 Platon, Ib.
[35] Ib.
[36] Ib.
[37] Ib.
[38] Ib.
[39] Ib.
[40] Ib.
[41] Ib.
[42] Ib.
[43] Ib.
[44] Ib.
[45] Ib.
[46] Ib.
[47] Ib..; vgl. Kurs Nr. 531 Platon, Ib.
[48] Ib.; vgl. Kurse Nr. 533 Aristoteles, Nr. 624 Byzantinische Wissenschaft / PhilosophieNr. 350 Byzantinische Kunst und Architektur, Ib.
[49] Ib.
[50] III
[51] Ib.
[52] Ib.
[53] Ib.
[54] Ib.
[55] Ib.
[56] Ib.; vgl. Kurse Nr. 624 Byzantinische Wissenschaft / PhilosophieNr. 350 Byzantinische Kunst und Architektur, Ib.
[57] Ib.
[58] Ib.
[59] Ib.
[60] Ib.
[61] Ib.
[62] Ib.
[63] Ib.
[64] Ib.
[65] Ib.
[66] Ib.
[67] Ib.
[68] Ib.
[69] Ib.; vgl. Kinder, H. & Hilgemann, W. 1976: Atlas zur Weltgeschichte. München, Paris, Milano, Tokio, Madrid, New York, Baarn, Harmondsworth; Wissenschaftsbriefe / Science Review Letters 2016, 15, Nr. 680; FAZ 2016, Nr. 55, p. 6; sowie Kurse Nr. 661 Philosophie der Geschichte, Nr. 320 Romanische Kunst und Architektur, Nr. 350 Byzantinische Kunst und Architektur, Nr. 616 St. Gregor von Nazianz, Nr. 550 Dostojewskij, Nr. 561 Walter Scott. Ib.
[70] Ib.
[71] Ib.
[72] Ib.
[73] Ib.
[74] Ib.
[75] Ib.
[76] IV
[77] Ib.
[78] Ib.
[79] Ib.; vgl. Kurse Nr. 326 Kunst und Architektur der Renaissance, Nr. 558 Calderón de la Barca, Nr. 648 Calderón de la Barca II, Nr. 650 Calderón de la Barca III, Nr. 651 Calderón de la Barca IV, Nr. 563 Miguel de Cervantes I, Nr. 645 Miguel de Cervantes II, Nr. 637 Lope de Vega I, Nr. 638 Lope de Vega II, Nr. 642 Lope de Vega III, Nr. 643 Lope de Vega IV, Nr. 652 Juan Ruiz de Alarcón, Nr. 632 Ginés Pérez de Hita, Nr. 633 Luis Vaz de Camões, Ib.
[80] Ib.
[81] Ib.
[82] Ib.
[83] Ib.
[84] Ib.
[85] Ib.
[86] Ib.; vgl. Anm. 79 und Kurs Nr. 320 Romanische Kunst und Architektur, Nr. 579 St. Albertus Magnus, Nr. 500 St. Thomas von Aquin I, ScG, Nr. 568 Nikolaus von Kues, Ib.
[87] Ib.; zum letzen Mauren Boabdil, Abu Abdallah, der die Alhambra verlassen musste, nachdem Grenada in die Hände der Christen gefallen war, vgl. Kurse Nr. 326 Kunst und Architektur der Renaissance, Nr. 568 Nikolaus von Kues, Nr. 564 St. Augustinus, Nr. 601 St. Augustinus II, Nr. 654 St. Augustinus III, Nr. 545 Sittenlehre I-II, Nr. 614 Sittenlehre III, Nr. 544 Staats- und Rechtslehre I-II, Nr. 641 Staats- und Rechtslehre III, Nr. 644 Staats- und Rechtslehre IV, Nr. 655 Staats- und Rechtslehre V, Nr. 658 Johann Gottlieb Fichte II, Nr. 660 G.W.F. Hegel IINr. 637 Lope de Vega I, Nr. 638 Lope de Vega II, Ib. 
[88] Ib.
[89] Ib.
[90] Ib.; vgl. Anm. 87
[91] Ib.
[92] Ib.; vgl. Kurs Nr. 320 Romanische Kunst und Architektur, Nr. 350 Byzantinische Kunst und Architektur, Nr. 624 Byzantinische Wissenschaft / Philosophie,  Ib.
[93] Ib.
[94] Ib.
[95] Ib.
[96] Ib.; vgl. Johann Wolfgang von Goethe, Tancred. Trauerspiel in fünf Aufzügen, nach Voltaire I und Kurse Nr. 020 Johann Wolfgang von Goethe I-II, Nr. 629 Voltaire I-II, Ib.
[97] Ib.
[98] Ib.
[99] Ib.
[100] Ib.
[101] Ib.
[102] Ib.; zur Scholastik vgl. Kurse Nr. 580 Wilhelm von Conches, Nr. 578 Pierre Abaelard, Nr. 574 Johannes von Salisbury, Nr. 577 Petrus Lombardus, Nr. 576 Gilbert de la Porrée / Gilbert von Poitiers, Nr. 565 Johannes Scotus Eriugena, Nr. 575 Thierry de ChartresNr. 571 Alanus ab Insulis, Nr. 572 Anselm von Canterbury, Nr. 579 St. Albertus Magnus, Nr. 500 St. Thomas von Aquin I, ScG, Nr. 501 St.Thomas von Aquin II,  Sth I., Nr. 502 St.Thomas von Aquin III, Sth. I-II, Nr. 582 St.Thomas von Aquin IV, Sth II-II, Nr. 583 St.Thomas von Aquin V, Sth. III, Ib.
[103] Ib.
[104] Ib.; vgl. Kurse Nr. 599 St. Petrus Venerabilis, Nr. 604 St. Hildegard von Bingen, Ib.
[105] Ib.
[106] Ib.; vgl. Friedrich Schiller, Gedichte I und Kurs Nr. 553 Friedrich Schiller I-II, Ib.
[107] Ib.; vgl. Friedrich Schiller, Gedichte I; Mann, G. & Heuß, A. (Hrsg.): Propyläen Weltgeschichte. Eine Universalgeschichte. Bde 1-10, Berlin , Frankfurt a.M. 1960-1964; Dies.: Summa Historica. Die Grundzüge der welthistorischen Epochen. Berlin, Frankfurt, Wien 1965; Niedermeier, R.: Mohammed vor den Toren. Ein Kampf um Europa. Künzell 2015; Moczar, D. Islam at the Gates. How Christendom Defeated the Ottoman Turks, Manchester/New Hampshire 2008; sowie Kurse Nr. 553 Friedrich Schiller I-II, Nr. 568 Nikolaus von Kues / Nicolaus Cusanus / Nicolai de Cusa, Nr. 552 William Shakespeare II, Nr. 320 Romanische Kunst und Architektur, Nr. 325 Kunst und Architektur der Gothik, Nr. 326 Kunst und Architektur der Renaissance, Nr. 557 Ludovico Ariosto, Nr. 556 Torquato Tasso, Nr. 624 Byzantinische Philosophie, Nr. 350 Byzantinische Kunst und Architektur. Ib.
[108] Ib.; vgl. Friedrich Schiller, Gedichte I und Kurse Nr. 553 Friedrich Schiller I-II, Nr. 621 Lord Byron, Nr. 628 Percy Bysshe Shelly, Ib.
[109] Ib.
[110] Ib.
[111] Ib.; vgl. Lope de vega, El labrador venturoso (Der abenteuerliche Labrador), Comedia famosa; und Kurse Nr. 637 Lope de Vega I, Nr. 326 Kunst und Architektur der Renaissance, Ib.
[112] Ib.; vgl. Lope de Vega, Las Paces de los Reyes y Judía de Toledo; und Kurs Nr. 637 Lope de Vega I, Ib. 
[113] Ib.; vgl. Lope de Vega, Las famosas asturianas; und Kurs Nr. 637 Lope de Vega I, Ib.
[114] Ib.; vgl. Lope de Vega, Valor, fortuna y lealtad; .und Kurse Nr. 638 Lope de Vega II, Nr. 326 Kunst und Architektur der Renaissance, Ib.
[115] Ib.; vgl. Anm. 102, 107; Lope de Vega, El sol parado; und Kurse Nr. 660 G.W.F. Hegel II, Nr. 326 Kunst und Architektur der Renaissance, Ib.
[116] Ib. 
[117] Ib.; vgl. Geymüller, Heinrich Baron von 1898: Die Baukunst der Renaissance in Frankreich. Paris, Wien, Stuttgart.
[118] Ib. 
[119] Ib. 
[120] Ib.; vgl. Kurse Nr. 326 Kunst und Architektur der Renaissance, Nr. 590 Giovanni Bellini, Nr. 656 Andrea Solari, Nr. 657 Bernadino Luini, Nr. 587 Andrea Mantegna, Nr. 595 Jan van Eyck, Nr. 635 Rogier van der Weyden, Nr. 640 Stefan Lochner, Nr. 646 Michael Pacher, Nr. 649 Giotto di Bondone, Nr. 626 Luca Signorelli, Nr. 610 Piero della Francesca, Nr. 596 Perugino, Nr. 522 Raffael (Raffaello Sanzio), Nr. 523 Sandro Botticelli, Nr. 602 Benozzo Gozzoli, Nr. 606 Fra Angelico, Nr. 607 Pinturicchio, Nr. 608 Domenico Ghirlandaio, Nr. 593 Filippo Lippi, Nr. 594 Filippino Lippi, Nr. 589 Albrecht Dürer, Nr. 603 Bernard van Orley, Nr. 615 Ambrogio da Fossano detto il Bergognone, Ib.
[121] Ib.
[122] Ib.
[123] Ib.
[124] Ib.
[125] Ib.; Friedrich von Spee, Cautio criminalis seu de Processibus contra sagas liber, Rinteln 1631 oder auf deutsch: Ders, Gewissens-Buch. Von Prozessen gegen die Hexen, Bremen 1647, vgl. Kurse Nr. 020 Johann Wolfgang von Goethe I-II, Nr. 567 Gottfried Wilhelm Leibniz, Ib.
[126] Ib.; viele Naturwissenschaftler berufen sich auf Leibniz, obwohl an den meisten Universitäten auch heute noch eine mechanistisch-materialistische Weltanschauung vorherrscht: vgl dazu Abschnitt und Anm. 48, 80-82 in Kurs Nr. 567 Gottfried Wilhelm Leibniz, Ib. sowie Zentrum für natürliche Bienentherapie 2021: Mechanistisch-materialistische Sichtweise in der Schulmedizin I-II. Pressemitteilung, Ders. 2021 Mechanistische Medizin III, Ib.; dagegen von Leibniz inspiriert: Michel Angelo Fardella, Animae humanae natura, Venedig 1698; in den Komödien der damaligen Zeit wurde viel über Ärzte gespottet, man zeigte den Stadtphysicus, wie er seine goldenen Medaillen vorzeigte, "auch die Frau Doktorin, erschien auf einer Sänfte, die ihre Türken trugen" vgl dazu auch Jean Baptiste Molière, L'Amour médicin, Paris 1666, die Musik dazu komponierte J.B. Lully für die Premiere 1665 in Versailles 
[127] Ib.; vgl. Anm. 125
[128] Ib.
[129] Ib.
[130] Ib.
[131] Ib.
[132] Ib.
[133] Ib.
[134] Ib.
[135] Ib.
[136] Wissenschaftsbriefe / Science Review Letters 2021, 20, Nr. 1197 und Griechneland-Zeitung 2021, Nr. 762; Robert Stadler 2021: Hommage an einen Dichter der griechischen Freiheit. Griechneland-Zeitung 2021, Nr. 762; Athanassios Lambrou 2021 Friedrich Hölderlin, Gedichte, Gr.-dt., Athen, sowie Kurse Nr. 661 Philosophie der Geschichte, Nr. 554 Friedrich Hölderlin I-II, Nr. 621 Lord Byron, Nr. 622 Victor Hugo, Nr. 623 Johann Ludwig Wilhelm Müller, Nr. 619 Franz Werfel, Nr. 641 Staats- und Rechtslehre III, Nr. 644 Staats- und Rechtslehre IV, Nr. 645 Miguel de Cervantes II, Nr. 648 Calderon de la Barca II, Nr. 552 William Shakespeare. Ib.
[137] Wissenschaftsbriefe / Science Review Letters 2021, 20, Nr. 1238, und Faz 2021, Nr. 150; Hannes Hintermeier 2021: Als Prinz Otto zum Hellenen wurde. Die Münchner Antikensammlungen und die Glyptothek erinnern an die Anfänge der bayerisch-griechischen Freundschaft. München, Frankfurt a.M.
[138] Ib.
[139] Wissenschaftsbriefe / Science Review Letters 2021, 20, Nr. 1252 und E. Karpodini-Dimitriadi 1990, Der Peleponnes, Athen; Carl A. Brandt 1991, Peleponnés, DuMont, Köln; Klaus Bötig 1998: Griechenland, Festland und Peloponnes, Ib.; vgl. Kurse Nr. 622 Victor Hugo, Nr. 621 Lord Byron, Nr. 628 Percy Bysshe Shelly, Nr. 623 Johann Ludwig Wilhelm Müller, Nr. 624 Byzantinische Wissenschaft / Philosophie, Johann Wolfgang von Goethe I-II, Nr. 553 Friedrich Schiller I-II, Nr. 554 Friedrich Hölderlin I-II, Nr. 631 Adelbert von Chamisso, Nr. 350 Byzantinische Kunst und Architektur. Ib. 
[140] Ib.
[141] Ib.
[142] Ib.
[143] Ib.
[144] Ib.
 
 


Die Freiheitsstatue in Kalamata mit dem Schriftzug "Elefthería" (Freiheit) und "1821 - with one voice we have decided to live or die for our freedom" erinnert an den Freiheitskampf der Griechen gegen die Türken

Das ganze Jahr 2021 wird das 200. Jubiläum des Widerstandes der Griechen gegen die Türken gefeiert. Der Freiheitskampf der Griechen gegen die Türken wird von vielen Dichtern besungen, so auch von Victor Hugo, Lord Byron, Percy Bysshe Shelly, Johann Ludwig Wilhelm Müller, Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller, Friedrich Hölderlin, Adelbert von Chamisso. Die Griechen wollten endlich ihre Freiheit zurück und alle Türken zum Teufel jagen: "Jagt hinaus die Türkenrotte... Zur fernen Heimat jagt die Türkenschiffe wieder" (Victor Hugo). Die Kirchen sollten wieder aufgebaut und alles, was an die muslimischen Türken erinnerte, sollte aus dem Land verschwinden. 

Johann Ludwig Wilhelm Müller dichtet: "Der Freiheit Tuba hab ich hell durch Stadt und Land geblasen". Es wird sogar von neuen Kreuzfahrern gesprochen, die gegen die türkischen Barbaren kämpfen sollen - ungeachtet einer Moslem- und Türkenfreundlichen Politik in Europa, die sogar heute noch sämtliche Augen verschließt vor den Greueltaten der Türken gegen Christen (z.B. die grüne Kanzlerkandidatin, die deutsche Bundeskanzlerin und ihr Aussenminister, der in solchen Situationen nur mit den Augen klimpert wie ein Schoßhündchen) und die sogar durch Finanzämter auch noch die türkischen Organisationen (z.B. Ditib) fördert, also die "die der Freiheit Haupt ins Joch ihm helfen beugen, / Und lehren, dass das heilge Kreuz soll vor dem Mond sich neigen." Die Gegner des Philhelenismus, allen voran der österreichische Fürst Metternich, werden scharf kritisiert, so wie man heute die Europäer kritisieren könnte, die Angriffskriege der Türken ungeahndet lassen (z.B. Eroberung von Nordzypern oder Syrien): "Hervor, der du mit frechem Mund die Freiheit nennst Empörung, / Und der Hellenen Heldenkampf bejammerst als Betörung! / Du, der mit feiner Politik du drechselst die Beweise, / dass man die Menschheit würgen kann auf legitime Weise! / Du auch, der jeden Türkensieg verkündet mit Posaunen, / Und was der Griechen Schwert vollbracht, befleckt mit leisem Raunen!" Knechtschaft unter dem Halbmond wird grundsätzlich ausgeschlossen, weshalb in Europa als Symbol auch "kein halber Mond zu sehn" sein sollte. 

Viele Denkmäler auf dem Peleponnes, insbesondere in Kalamata, erinnern an diesen Freiheitskampf. Oft werden die Freiheitskämpfer verehrt: "Griechenland bekränzt den griechischen Kampf von 1821". Die großen griechischen Freiheitskämpfer wie Jannis Makryjannis, Kanaris, Theodoros Kolototronis, Nikitas Stamatelopoulos (Nikitaras), Georgios Karaiskakis, Kitsos Tzavellas, Ioannis Kolettis, Ioannis Graf Kapodistrias, Ioannis Gouras, Odysseas Androutsos, Alexandros Mavrokordatos, Mavromichalis, Andreas Metaxas, Yennaios Kolokotronis, wurden immer wieder besungen, in Klöstern hängen ihre Portraits. Ähnlich wie die Freiheitsstatue von Amerika finden sich auch hier große weibliche Statuen mit dem Schriftzug "Elefthería" (Freiheit) und "1821 - with one voice we have decided to live or die for our freedom". Vgl. Kurse Nr. 622 Victor Hugo, Nr. 621 Lord Byron, Nr. 628 Percy Bysshe Shelly, Nr. 623 Johann Ludwig Wilhelm Müller, Nr. 624 Byzantinische Wissenschaft / Philosophie, Johann Wolfgang von Goethe I-II, Nr. 553 Friedrich Schiller I-II, Nr. 554 Friedrich Hölderlin I-II, Nr. 631 Adelbert von Chamisso, Nr. 350 Byzantinische Kunst und Architektur. Akademie der Kunst und Philosophie / Academy of Arts and Philosophy
 
 



 
 
 


Perugino, Tondo della Vergine col Bambino tra due santi e due angeli, 1490-92, Olio du tavola, Museo del Louvre
 
 
 
 
 


Domenichino (Domenico Zampieri), The Adoration of the Shepherds, 1607-10, Oil on canvas, National Gallery of Scotland

Domenichino war kurzfristig ein Schüler des Denys Calvaert. Um 1595 wechselte er in die Schule der Carracci. Zu seinen Studien gehörten Kopien nach antiken Reliefs und Statuen und der großen Klassiker der Renaissance, beispielsweise Raffaels Hl. Caecilia. Auf Reisen nach Parma, Modena und Reggio lernte er außerdem die Werke von Correggio und Parmigianino kennen, die einen bleibenden Einfluss auf ihn haben sollten. Als Mitarbeiter der Carracci-Werkstatt nahm er zwischen 1598 und 1600 an der Dekoration des Oratorio di San Colombano teil. Nachdem er Zeichnungen nach Raffaels Fresken im Vatikan gesehen hatte, folgte er seinen Freunden (oder Kollegen) Guido Reni und Francesco Albani wahrscheinlich im Frühjahr 1602 nach Rom. Dort trat er in die Werkstatt von Annibale Carracci ein und wurde bald dessen Lieblingsschüler. Domenichino war im zweiten und dritten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts nach dem Weggang von Reni der angesehenste Künstler in Rom, nach 1620 neben Lanfranco. Domenichinos klassischer Stil ist vor allem durch Annibale Carracci und durch die Stanzen Raffaels im Vatikan, sowie durch das Studium der Antike inspiriert. Im Gegensatz zu Reni kombinierte er das mit einer gewissen Lieblichkeit und Süße der weiblichen, kindlichen und Engels-Figuren, bei denen er sich von Correggio und Parmigianino inspirieren ließ. Domenichinos Zeichnung ist klar und sein Farbauftrag erinnert an die venezianische Schule, insbesondere an Tizian. Sein Stil strahlt besonders in den Fresken immer eine gewisse Natürlichkeit aus. Gegen Ende der 1620er Jahre und noch verstärkt bei seinen Werken in der Cappella del Tesoro in Neapel macht sich eine Hinwendung zur bewegteren Dynamik des Barock bemerkbar.Seine ganz große Stärke waren die durch Annibale Carracci angeregten idyllischen Landschaften, die von meist christlichen oder mythologischen Gestalten bevölkert sind. Seine Landschaften hatten einen direkten Einfluss auf jüngere Künstler wie Claude Lorrain und Gaspar Dughet; zu Domenichinos Bewunderern gehörte auch Nicolas Poussin, der ihm ebenfalls viel verdankt. Domenichino gehörte im 18. Jahrhundert zu den meist verehrten Künstlern, fiel aber im 19. Jahrhundert, ähnlich wie Guido Reni und die gesamte Bologneser Schule, in Ungnade. Seit dem späten 20. Jahrhundert ist das Verständnis für die klassische Eleganz Domenichinos und der anderen Carracci-Nachfolger wieder gestiegen. Vgl. Kurse Nr. 670 Annibale Carracci, Nr. 661 Philosophie der Geschichte, Nr. 522 Raffael (Raffaello Sanzio), Nr. 586 Tizian, Nr. 591 Paolo Veronese, Nr. 597 Correggio, Nr. 620 Giovanni Battista Tiepolo, Nr. 647 Peter Paul Rubens, Akademie der Kunst und Philosophie
 
 

Philosophie der Geschichte / Philosophy of History
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Zur Philosophie und Kulturgeschichte von Byzanz, des Mittelalters, der Schule von Chartres, der Renaissance, des Barock, der Aufklärung, des Idealismus, der Romantik vgl. Kurse:Nr. 551 G.W.F. Hegel I, Nr. 660 G.W.F. Hegel II, Nr. 511 Johann Gottlieb Fichte I, Nr. 658 Johann Gottlieb Fichte II, Nr. 509 F.W.J. Schelling I, Nr. 510 F.W.J. Schelling II, Nr. 513 F.W.J. Schelling III, Nr. 505 Arthur Schopenhauer I-II, Nr. 663 Arthur Schopenhauer III, Nr. 531 Platon, Nr. 533 Aristoteles, Nr. 623 Johann Ludwig Wilhelm Müller, Nr. 020 Johann Wolfgang von Goethe I-II, Nr. 673 Johann Wolfgang von Goethe III, Nr. 553 Friedrich Schiller I-II, Nr. 675 Friedrich Schiller III, Nr. 554 Friedrich Hölderlin I-II, Nr. 512 Novalis I, Nr. 671 Novalis II, Nr. 677 Jean Paul, Nr. 667 Romantische Kunst und Philosophie I, Nr. 669 Romantische Kunst und Philosophie II, Nr. 630 Johann Ludwig Tieck, Nr. 631 Adelbert von Chamisso, Nr. 567 Gottfried Wilhelm Leibniz, Nr. 665 Molière, Nr. 622 Victor Hugo I, Nr. 674 Victor Hugo II, Nr. 629 Voltaire I-II, Nr. 679 Laurence Sterne, Nr. 621 Lord Byron I, Nr. 676 Lord Byron II, Nr. 628 Percy Bysshe Shelly, Nr. 561 Sir Walter Scott, Nr. 555 Angelus Silesius, Nr. 634 Hans Sachs, Nr. 619 Franz Werfel, Nr. 680 Nikos Kazantzakis, Nr. 588 Johann Wilhelm Ludwig Gleim, Nr. 550 Fjodor M. Dostojewskij I-II, Nr. 506 Wladimir Solowjew, Nr. 664 Philosophie der Kunst, Nr. 661 Philosophie der Geschichte, Nr. 659 Wissenschaftslehre I, Nr. 666 Wissenschaftslehre II, Nr. 681 Wissenschaftslehre III, Nr. 682 Wissenschaftslehre IV, Nr. 683 Wissenschaftslehre V, Nr. 684 Wissenschaftslehre VI, Nr. 545 Sittenlehre I-II, Nr. 614 Sittenlehre III, Nr. 544 Staats- und Rechtslehre I-II, Nr. 641 Staats- und Rechtslehre III, Nr. 644 Staats- und Rechtslehre IV, Nr. 655 Staats- und Rechtslehre V, Nr. 618 St. Ephraim der Syrer, Nr. 617 St. Cyrill von Alexandrien, Nr. 616 St. Gregor von Nazianz, Nr. 613 St. Gregor von Nyssa, Nr. 612 St. Johannes Chrysostomos, Nr. 611 St. Johannes Cassianus, Nr. 627 St. Basilius der Große, Nr. 625 Theodorus Abucara, Nr. 624 Byzantinische Wissenschaft / Philosophie, Nr. 653 St. Cyprianus, Nr. 609 St. Athanasius der Große, Nr. 605 St. Irenaeus von Lyon, Nr. 604 St. Hildegard von Bingen, Nr. 600 St. Johannes von Damaskus, Nr. 599 St. Petrus Venerabilis, Nr. 581 Bernhard von Chartres, Nr. 580 Wilhelm von Conches, Nr. 578 Pierre Abaelard, Nr. 574 Johannes von Salisbury, Nr. 577 Petrus Lombardus, Nr. 576 Gilbert de la Porrée / Gilbert von Poitiers, Nr. 565 Johannes Scotus Eriugena, Nr. 575 Thierry de Chartres, Nr. 571 Alanus ab Insulis, Nr. 572 Anselm von Canterbury, Nr. 570 St. Hilarius von Poitiers, Nr. 568 Nicolaus Cusanus I, Nr. 568 Nicolaus Cusanus II, Nr. 568 Nicolaus Cusanus III, Nr. 564 St. Ambrosius, Nr. 564 St. Augustinus I, Nr. 601 St. Augustinus II, Nr. 654 St. Augustinus III, Nr. 579 St. Albertus Magnus, Nr. 500 St. Thomas von Aquin I, ScG, Nr. 501 St.Thomas von Aquin II,  Sth I., Nr. 502 St.Thomas von Aquin III, Sth. I-II, Nr. 582 St.Thomas von Aquin IV, Sth II-II, Nr. 583 St.Thomas von Aquin V, Sth. III, Nr. 566 Meister Eckhart, Nr. 562 Dante Alighieri I-II, Nr. 672 Dante Alighieri III, Nr. 558 Calderón de la Barca, Nr. 648 Calderón de la Barca II, Nr. 650 Calderón de la Barca III, Nr. 651 Calderón de la Barca IV, Nr. 563 Miguel de Cervantes I, Nr. 645 Miguel de Cervantes II, Nr. 637 Lope de Vega I, Nr. 638 Lope de Vega II, Nr. 642 Lope de Vega III, Nr. 643 Lope de Vega IV, Nr. 652 Juan Ruiz de Alarcón, Nr. 632 Ginés Pérez de Hita, Nr. 633 Luis Vaz de Camões, Nr. 678 François Rabelais, Nr. 557 Ludovico Ariosto I-II, Nr. 668 Ludovico Ariosto III, Nr. 556 Torquato Tasso, Nr. 552 William Shakespeare I-II, Nr. 559 Wolfram von Eschenbach, Nr. 560 Walter von der Vogelweide, Nr. 662 Gottfried von Strassburg, Akademie der Kunst und Philosophie / Académie des sciences

Nr. 320 Romanische Kunst und Architektur, Nr. 350 Byzantinische Kunst und Architektur, Nr. 325 Kunst und Architektur der Gothik, Nr. 326 Kunst und Architektur der Renaissance, Nr. 586 Tizian, Nr. 591 Paolo Veronese, Nr. 597 Correggio, Nr. 670 Annibale Carracci, Nr. 520 Rembrandt, Nr. 598 El Greco, Nr. 620 Giovanni Battista Tiepolo, Nr. 590 Giovanni Bellini, Nr. 656 Andrea Solari, Nr. 657 Bernadino Luini, Nr. 587 Andrea Mantegna, Nr. 595 Jan van Eyck, Nr. 635 Rogier van der Weyden, Nr. 640 Stefan Lochner, Nr. 646 Michael Pacher, Nr. 647 Peter Paul Rubens, Nr. 649 Giotto di Bondone, Nr. 626 Luca Signorelli, Nr. 610 Piero della Francesca, Nr. 596 Perugino, Nr. 522 Raffael (Raffaello Sanzio), Nr. 523 Sandro Botticelli, Nr. 602 Benozzo Gozzoli, Nr. 606 Fra Angelico, Nr. 607 Pinturicchio, Nr. 608 Domenico Ghirlandaio, Nr. 593 Filippo Lippi, Nr. 594 Filippino Lippi, Nr. 589 Albrecht Dürer, Nr. 603 Bernard van Orley, Nr. 615 Ambrogio da Fossano detto il Bergognone, Nr. 636 Eugène Delacroix, Nr. 639 Bartolomé Esteban Murillo, Akademie der Kunst und Philosophie



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Letzte Bearbeitung:17.12.2022